Beiträge von Sadko

    Wenn die Jugend wüßte, wenn das Alter könnte ...

    Vielleicht sind wir auch so in unseren jungen Jahren gewesen: arrogante Alleswisser, die sich selber als tolerant und weltoffen betrachteten.
    Dabei belehrt uns die Etymologie, daß "tolérer" von tolerare: ertragen, dulden, kommt. Im 14ten Jht bedeutete es: mit mehr oder weniger Geduld etwas Unangenehmes ertragen,
    Man ist nicht tolerant, wenn man nur das erträgt, was einen nicht stört.

    Was hat das mit dem Thema zu tun? Die Etymologie von "tolerant" ist mir bekannt, ich kann gut genug Latein. Und da ich massive Störungen während einer Aufführung nicht toleriere (und es ist vollkommen wurscht, ob sie von einem Behinderten oder einem Nicht-Behinderten kommen), bin ich Deiner Meinung nach intolerant - da kann ich nichts machen.
    Das übertriebene Rücksichtnehmen auf diverse Leute ist wirklich mühsam (hat es früher nicht gegeben), ich mache da nicht mit.

    Sonntag, 28.4.2019 Oper Graz
    Karol Szymanowski: Król Roger

    Schön, dafür habe ich mir gerade gestern eine Karte gekauft!

    Ich habe die Oper schon letztes Jahr (15. Juni 2018) in Bratislava gesehen:
    Laut meinem Archiv in dieser Besetzung:

    Gaj, Łukasz --- Pasterz
    Gerwatowski, Marek --- Dworzanin
    Korybalska, Monika --- Diakonisa
    Kuflyuk, Stanisław --- Roger
    Kutnik, Piotr --- Syn
    Oleś-Blacha, Katarzyna --- Roksana
    Ozimkowski, Jacek --- Arcykaplan
    Rokoczy, Joanna --- Dworzanka
    Sobierajski, Adam --- Edrisi
    Tokkozhina, Malika --- Cień Roksany
    Wolińska, Monika --- Król Roger / Dirigent

    Also freue ich mich auf andere Sänger und eine andere Inszenierung (auch wenn ich das Stück letztes Jahr ein bisschen langweilig gefunden habe - aber ich bin gerne bereit, mein Urteil zu ändern :) )

    Oh sorry! Ich habe offenbar Deine Antwort zwar gelesen, aber nicht gleich geantwortet, und dann habe ich nicht mehr daran gedacht.
    Aber besser spät als nie :D

    Ja, das war eher Zufall. Das Füchslein ist mir halt zuerst über den Weg gelaufen. Übrigens habe ich das in einer sehr berührenden Inszenierung in Frankfurt erlebt, da war das Füchslein so eine Art Punkermädchen: pubertär, ziemlich frech und dazu durchaus verletzlich. Die Beziehung zum Förster wurde da recht sublim ausgespielt.

    Wenn ich mich erinnere: Die Welt der Kinder/Jugendlichen (Tiere) gegen die Welt der Erwachsenen (Menschen).

    Danke für Deine Infos! Das klingt gut! :)

    Ich habe mir den Trailer angeschaut, das schaut nach einer sehr interessanten und sehr gelungenen Arbeit aus. Und vor allem ist sie ganz anders als die Inszenierungen, die ich schon kenne. Ich denke, mir hätte diese Produktion sehr gut gefallen, wenn ich sie live gesehen hätte. Die Regisseurin und der Dirigent sagen im Trailer sehr richtige Dinge!

    Das kann ich so pauschal nicht sagen. Generell ist mein Eindruck, dass sich einige (nicht alle) Begleiter nicht für die Aufführung interessieren. Rascheln, Husten, am Rollstuhl hantieren, tratschen, am Handy hantieren, am Platz herumwetzen, teilweise läutende Handys, mitsingen (!) etc.

    Wieviele unerfreuliche Erlebnisse: Ich gehe jetzt nicht mehr so oft in die Staatsoper, aber früher war ich mehrmals pro Woche dort. Ich halte nach Möglichkeit Abstand zu den Rollstühlen, aber das ist leider nicht immer möglich (die Rollstühle befinden sich unmittelbar im Stehplatzbereich). Ich habe nicht Buch geführt, aber ich bleibe dabei, dass die "Störquote" bei den Rollstuhlfahrern samt Begleitern höher ist als beim Durchschnittsbesucher.

    Lieber Wolfram!
    Danke für Deine Antwort!

    Kein Problem, dass Du die Rusalka nicht kennst. Ich hätte natürlich optimalerweise für den Start dieses Threads eine Oper wählen sollen, die hier jedem bekannt ist. Aber da ich mir zur Rusalka schon etwas Konkretes überlegt hatte und den Text nur kopieren brauchte, habe ich damit begonnen.

    Als ich letztes Jahr diese Gedanken niedergeschrieben habe, wollte ich verdeutlichen, dass Rusalka eine extrem grausame Geschichte ist, die im Tarnmantel einer harmlosen Märchenoper daherkommt. Wer nur Rusalkas wunderschönes "Lied an den Mond" hört und den Kontext nicht beachtet, könnte ja wirklich denken, dass es sich um ein harmloses Märchen handelt. Aber meiner Meinung nach ist die Rusalka die psychisch grausamste Oper - denn Rusalka rennt sehenden Auges ins Verderben und hat dann überhaupt keinen Ausweg mehr, egal was sie tut. Es gibt hier einfach keine Lösung, alles ist Hoffnungslosigkeit. Genau das macht meiner Meinung nach die Tragik dieses Stücks aus. Und um zu verdeutlichen, dass hier eine äußerst grausame Geschichte erzählt wird, habe ich mir überlegt, wie ich das möglichst drastisch zeigen kann.

    In der Münchner Inszenierung von Martin Kušej wird der Wassermann (Rusalkas Vater) als Fritzl (Kinderschänder, Vergewaltiger seiner Tochter) gezeigt. Ich habe diese Produktion leider nicht gesehen, aber ich denke mir, dass man den Wassermann nicht so auf diese Art zeigen muss (aber kann!). Ja, Rusalka ist von ihm sehr abhängig, aber im Grunde tut der Wassermann nichts Böses, er kann sie ja nicht aufhalten. Im wesentlichen ist der Wassermann machtlos und kann seiner Tochter nicht helfen, obwohl er gerne würde. Daher bin ich auf die Idee mit dem Alkoholiker gekommen.
    Vergessen sollte man nicht, dass der Wassermann in den slavischen Märchen generell eine sehr unsympathische Figur ist. Dvořák hatte nur wenige Jahre vor der Rusalka die - sehr hörenswerte - symphonische Dichtung Vodník ("Wassermann") geschrieben, in der ein Wassermann das Kind einer (von ihm vergewaltigten) jungen Frau tötet und ihr den Leichnam vor die Haustür schmeißt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dvořák bei der Arbeit an der Rusalka nicht an seine kurz zuvor geschriebene symphonische Dichtung gedacht hat. Ich schließe aus, dass der Wassermann der Oper ganz anders ist als der Wassermann der symphonischen Dichtung. Insofern halte ich es für falsch, den Opern-Wassermann als gütige Vaterfigur darzustellen. Der hat auch eine dunkle, bedrohliche Seite.

    Ich denke, man kann diese Oper verstehen als die Tragödie einer jungen Frau, die den falschen Weg einschlägt und daran zugrundegeht (und der Prinz auch).
    Die Musik Rusalkas hebt sich ab von der Quasi-Volksmusik ihrer Schwestern, daher passt für mich, dass Rusalka einen ganz anderen Charakter hat (belesen und schüchtern vs. modebewusst und oberflächlich).

    Wie gesagt, ich habe volles Verständnis, wenn man mit meinem Vorschlag nicht einverstanden ist - aber gerade zum Diskutieren und Austauschen unterschiedlicher Sichtweisen ist dieser Thread ja gedacht. :D
    Wir können aber gerne über eine andere Oper reden, die Dir gut bekannt ist. Oder auch andere Opernfans möchten sich beteiligen. :)

    Ihr als Regisseure - wie Ihr bestimmte Opern inszenieren würdet

    Liebe Opernfans!
    Die Idee zu diesem Thread hat sich vor ein paar Tagen im Gespräch mit Wolfram entwickelt:

    Wir sollten gemeinsam Opern inszenieren oder zumindest - falls es niemand finanzieren möchte, auch der Capriccio-Trägerverein nicht - einen Thread eröffnen: "Wie ich bestimmte Opern inszenieren würde" :D

    Ganz im Ernst, wäre für einen Satirebereich gar nicht mal schlecht. :D

    Jaaa, genau daran habe ich gedacht :thumbup: Vor einem Jahr habe ich übrigens ein ganz ernsthaftes Rusalka-Konzept überlegt, in dem Rusalka eine junge Frau ist, die sozusagen in ein falsches Milieu kommt, der Wassermann ein alkoholsüchtiger Kriegsflüchtling und die Fremde Fürstin eine Undercover-Kriminalagentin. War total ernst gemeint, für mich funktioniert das gut. Aber ich hab den Entwurf meinen Freunden gezeigt, die darüber den Kopf geschüttelt haben und ihn für Mist befunden haben. ;( Also vielleicht doch fürs Satire-Forum :D

    Vielleicht wäre auch ein Thread 'Wie würdet ihr XY inszenieren' gar nicht schlecht.


    Wer sich gerne Opern anschaut, wird sich wohl auch Gedanken machen, was man an einer bestimmten Inszenierung verbessern könnte. Vielleicht macht man sich auch Gedanken, wie generell ein bestimmtes Stück inszeniert werden könnte. Das Schöne am Musiktheater ist ja unter anderem, dass die Vorgaben relativ gering sind und der Regisseur das Publikum mit seiner persönlichen Sicht, die sich nicht mit der üblichen decken muss, überraschen kann. Und selbst bei sehr klassischen Inszenierungen sind untereinander große Abweichungen möglich.

    In diesem Thread sollen persönliche Inszenierungsideen vorgestellt werden. Wer eine Idee hat, wie man ein bestimmtes Stück auf die Bühne bringen kann (vielleicht teilweise von einer selbst gesehenen Inszenierung beeinflusst), ist herzlich eingeladen, seine Ideen hier zu posten und die Texte der anderen zu kommentieren. Es kann sich dabei um ein ganz konkretes Konzept handeln oder nur um eine Idee zu einem Bühnenbild oder einer bestimmten Personenregie, da ist alles möglich. Zudem ist die Auswahl nicht nur auf Opern beschränkt, es können selbstverständlich auch Musicals, szenische Oratorien, Operetten etc. genannt werden. (Der Thread steht übrigens mit Absicht im Forum "Aufführungspraxis" und nicht im Forum für Satire.)

    Lediglich zwei Bitten:

    • Bitte geht respektvoll mit den Ideen anderer um. Kritik ist sehr willkommen, aber bitte sachlich und nicht persönlich. Optimal wäre es, wenn sich in Diskussionen über eine fiktive Inszenierung gemeinsam ein tieferes Verständnis dieses Werks ergäbe.
    • Ich bitte, hier von Grundsatzdiskussionen über die Aufführungspraxis abzusehen, denn der Thread soll nicht unübersichtlich werden. Für Grundlegendes bitte auf diesen Thread ausweichen. Danke!

    Ich beginne und stelle das Rusalka-Konzept vor, das ich vor genau einen Jahr spontan aufgeschrieben habe:


    Ort und Zeit: Jahr 2018, in einer Stadt etwa von der Größe Wiener Neustadts

    gestrichen: Ballett, die Szenen mit Heger und Küchenjunge

    Vorgeschichte:
    Der Vater hat im Irakkrieg seine Frau verloren und ist Hals über Kopf mit seinen vier kleinen Töchtern nach Österreich geflüchtet und hat versucht, sich hier ein neues Leben aufzubauen. Die Kriegserlebnisse sind an ihm nicht spurlos vorübergegangen, der gelernte Handwerker ist alkoholabhängig geworden, spricht nur schlecht Deutsch und gilt in seiner Umgebung als Sonderling.

    1. Akt:
    Die schüchterne 16jährige Rusalka interessiert sich im Gegensatz zu ihren drei Schwestern nicht für Mode und Fashion, sondern liest gern und schreibt selbst Geschichten. Sie fühlt sich in ihrer Umgebung mit den oberflächlichen Schwestern und dem alkoholkranken Vater unwohl und will dringend weg, weiß aber nicht, wie und wohin. Am Bahnhof hat sie eine Clique älterer Jugendlicher beobachtet mit einem Gruppenanführer, dessen Äußeres und dessen Anerkennung in seiner Gruppe sie sofort begeistern. Sie wird jedoch von ihm nicht beachtet, außerdem passt sie mit ihren schönen langen Haaren gar nicht zu ihm und seiner Umgebung. Sie erzählt dem Vater davon, er will sie nicht gehen lassen, denn in sie setzt er seine Hoffnungen: Sie soll studieren und erreichen, was er nicht geschafft hat und wozu ihre Schwestern zu dumm sind (er möchte, dass sie so wird wie seine im Krieg ermordete Frau). Dennoch kann er sie nicht zurückhalten.
    Um ihr Äußeres zu verändern, sucht sie eine Friseurin auf, die ihr einen Kurzhaarschnitt verpasst. Diese Friseurin arbeitet aber auch als Bordellbesitzerin und ist immer auf der Suche nach neuen jungen Frauen. In Rusalka findet sie eine passende und stellt sie gleich nebenbei einem Kunden für eine Nacht zur Verfügung. Von diesem Erlebnis an ist Rusalka traumatisiert und kann nicht mehr sprechen.
    In ihrem neuen Erscheinungsbild begibt sie sich in die Nähe des Bahnhofes und zieht sofort die Aufmerksamkeit besagter Clique auf sich. Der Gruppenleader bedeutet den anderen, sich zu entfernen, denn er möchte mit dem stummen Mädchen, das ihn sofort begeistert hat, allein sein. Die beiden gehen in den benachbarten Park und Rusalka erlebt ihr "zweites Mal", diesmal wirklich toll. Die Warnrufe des Vaters "Verloren bist du, Rusalka!" hören die beiden nicht oder wollen sie nicht hören.

    2. Akt:
    Die beiden kennen sich jetzt eine Woche und sind glücklich. Er ist zwar etwas irritiert von ihrem Trauma, das ihre Stimmlosigkeit auslöst, aber es ist kein großes Problem, bis eine neue Frau auftaucht, die den Burschen sofort sehr offensiv umschwärmt. Dieser ist hin- und hergerissen.
    Rusalkas Vater hat sich auf den Weg zum Bahnhof gemacht und ist entsetzt, seine so belesene und kluge Tochter in einer Clique, die den ganzen Tag am Bahnhof herumlungert, zu sehen. Erst der Anblick des Vaters lässt sie ihre Stimme wiederfinden, sie klagt ihm, dass ihr Freund sie von Tag zu Tag weniger anschaue und sich der geheimnisvollen Fremden zugewendet habe.
    Die beiden beobachten, dass der Freund gemeinsam mit der Fremden von einem Bahnhofsklo zurückkommt. Rusalka wirft ihm zu Recht Untreue vor, er stößt sie von sich. Rusalka möchte sich in die Arme des Vaters flüchten, dieser prügelt im Alkoholrausch auf sie ein und beschimpft auch den Burschen, seine Tochter verführt zu haben. Er nimmt sie mit sich.
    Der Bursche wendet sich verzweifelt an die Fremde, die sich aber sofort von ihm abwendet. Ihre Liebe war nur vorgetäuscht, denn sie ist in Wahrheit Polizistin, die undercover versucht hat, einen angeblichen Drogenboss auszuforschen. Der Bursche ist aber nicht der Gesuchte, daher ist er für sie uninteressant. Er bleibt allein zurück und verzweifelt, denn seine "Freunde" gibt es auch nicht mehr.

    3. Akt:
    Rusalka ist wieder zu Hause, fühlt sich aber noch unwohler als früher. Ihre Schwestern interessieren sich nicht für sie, sie denkt ununterbrochen an den Burschen und sucht heimlich - denn der Vater hat es verboten - die Friseurin/Bordellbesitzerin auf, diese möchte ihr aber auch nicht helfen. Nur die Ermordung des geliebten Burschen würde sie dazu bringen, der kranken Rusalka Geld für notwendige medizinische Versorgung zu geben. Für Rusalka kommt das nicht in Frage.
    Den verzweifelten Burschen treibt es wieder in jenen Park nahe des Bahnhofes, in dem er Rusalka kennengelernt hat und zum einzigen Mal in seinem Leben wirklich glücklich war. Dort treffen sich die beiden und erinnern sich an früher (was ja auch durch in der Musik ausgedrückt wird). Alles würde er geben, um der Geliebten ein letztesmal nah sein zu dürfen. Sie warnt ihn vor ihrer unbehandelten Krankkeit, die dem anderen bei Körperkontakt den Tod bringt.
    Ihm ist das egal, er möchte nichts anderes mehr. Die beiden küssen sich ein letztesmal, er stirbt. Für Rusalka ist das Leben sinnlos geworden, sie stürzt sich vor den nächstbesten einfahrenden Zug.
    Ihr Vater hat das Geschehen aus der Ferne beobachtet und brüllt "Du bist verloren, Rusalka!".


    Was sagt Ihr dazu? Kritik ist sehr willkommen. Ich sage nicht, dass man diese Oper so inszenieren muss, aber vor einem Jahr ist mir mein Konzept sehr angemessen vorgekommen. Heute sehe ich manches anders, ich finde meine damalige Idee nur teilweise gut.

    Auf interessante Diskussionen und spannende Ideen :D
    Sadko

    Sadko, und noch immer weiß ich nicht, warum du die Rollstuhlfahrer-Begleiter zu den größten Störenfrieden in der Oper zählst. Das Beispiel mit der blinden Frau stammt ja von mir.

    Ich habe gar nichts gegen Rollstuhlfahrer und ihre Begleiter. Ich habe auch nichts gegen sie, wenn ich Ihnen in der Oper begegne, denn mir ist generell jeder interessierte Konzert-/Opernbesucher willkommen. Aber ich fühle mich durch Leute, die durch ihr Verhalten den Musikgenuss beinträchtigen, gestört, ganz egal ob es sich um Rollstuhlfahrer, deren Begleiter, Kinder, Alte, Tätowierte, Ausländer, Behinderte etc. handelt. Und da meiner Erfahrung nach die Rollstuhlfahrer-Begleiter eher ein störendes Verhalten an den Tag legen als andere Besucher, weiche ich den Rollstühlen nach Möglichkeit aus. Und weil das eben leider nicht immer möglich ist, bezeichne ich die Rollstuhlfahrer-Begleiter genauso wie die Eltern mit Kindern als größte Störfaktoren, aber wie ich geschrieben habe: "auch da gibt es solche und solche. "

    Generell finde ich es interessant, dass der Aufstand derer, die die Störer verteidigt haben, dann losgegangen ist, als die Rede auf körperlich Behinderte gekommen ist. Wenn man - teilweise zurecht - über alte Opernbesucher und - ganz zurecht - über Huster etc. schimpft, stört das niemanden.

    Aber generell sollte man toleranter sein, wenn man ins Konzert (inkl. Oper) geht. Das gilt insbesondere im Umgang mit Personen, die spezielle Bedürfnisse haben (wie man heutzutage sagt). Und nochmal zusätzlich, wenn man selbst auf einem Platz sitzt, der an einen solchen Personenkreis gerichtet ist. Unsere Gesellschaft ist zum Glück auf dem Solidaritätsprinzip aufgebaut. Allerdings ist das sehr idealisiert gedacht, und nimmt leider immer weiter ab. Immerhin bist Du ( Sadko) ja selbst einer, der durch Nutzung eines 5 Euro Platzes für eine enorm aufwändige und teure Produktion von diesem Solidaritätsprinzip profitiert. Wer sich jedenfalls durch die Anwesenheit anderer Menschen empfindlich gestört fühlt, sollte vielleicht besser zuhause bleiben.

    Keine Sorge, ich fühle mich in Gesellschaft anderer Menschen sehr wohl, ich bin überhaupt niemand, der sich gern lang zu Hause vergräbt. Im Gegenteil. Aber ich würde nur gern jede Aufführung ungestört erleben - was natürlich eine Utopie ist, weil das quasi nie der Fall ist und Geräusche aus dem Publikum ja auch irgendwie "dazugehören", genauso wie das Umblättern der Musiker etc. Aber es geht darum, dass nicht mehr gestört werden darf als wirklich unvermeidlich.
    Und ich glaube, es gibt ein Missverständnis, ich frequentiere nämlich keineswegs Plätze, die für "Personen mit speziellen Bedürfnissen" gedacht sind. Ich bin in der Oper immer am ganz normalen Stehplatz, den jeder benützen kann (auch über 90jährige, die es dort auch gibt!). Und auch im Konzert sitze/stehe ich dort, wo auch jeder andere reguläre Besucher sitzt/steht.

    Was ich übrigens sehr störend finde, sind piepsende Hörgeräte. Ich habe mal während eines gesamten Konzert immer einen sehr hochfrequenten Ton gehört, da bin ich sehr empfindlich. Meine (ältere Begleitung) hat dies dagegen garnicht gehört. Ich denke mal, dass das technisch vermeidbar ist. Da ist dann auch der Hörgerätenutzer verantwortlich, dafür zu sorgen, dass dies im Konzert nicht passiert. Dies ist also etwas anderes als die zuvor beschriebenen "Fälle".

    maticus

    Ja, damit werde auch ich manchmal konfrontiert. Generell hat man gute Chancen, wenn man die Störer freundlich bittet, Ruhe zu geben (viele sind sich ja des Problems gar nicht bewusst, reagieren überrascht und unterlassen die Störung gleich). Wenn man zB neben jemandem sitzt, der ununterbrochen seinen Dreitagebart massiert, kann man ihn ja freundlich bitten, das nicht zu tun. Mit Freundlichkeit hat man generell viel Erfolg - wer stört, tut das ja nur äußerst selten absichtlich.
    Jene arroganten Personen, die dann darauf nicht reagieren oder das Störverhalten sogar verstärken oder anfangen, mich zu beschimpfen (auch schon erlebt), behandle ich aber sofort möglichst unfreundlich und direkt. Das zeigt dann auch ziemlich oft Wirkung. Den besonderen Härtefällen, die auch darauf nicht reagieren, kann man nur großräumig ausweichen, und in ganz besonderen Fällen (wenn zB, wie letztens in der Wiener Staatsoper, ein offensichtlich betrunkener Besucher während der Vorstellung beginnt zu randalieren und andere Besucher grundlos zu bedrohen) hilft es, den Billeteur zu verständigen.

    Mühsam sind übrigens auch die Stinker. Das ist dann zwar keine akustische Störung, aber auch eine sehr massive.

    Wie komme ich dazu , Deine Unverschämtheiten nicht weiter zu lesen ? Indem ich hier nicht mehr mitlese . Ich finde Deine Ichbezogenheit unerträglich .

    Ehrlich gesagt ist mir egal, ob Du hier liest und postest oder nicht, aber wer sich über meine angebliche Ichbezogenheit aufregt, aber gleichzeitig das Recht für sich in Anspruch nehmen möchte, andere Besucher massiv zu stören, ist mindestens ebenso ich-bezogen wie ich (was ich übrigens nicht bin, aber das ist nicht Thema).

    Babies und Kleinkinder: Da gebe ich Dir recht, das ist seitens der Eltern eine Rücksichtslosigkeit, denn die Kinder sind ja noch gar nicht in der Lage, sich ruhig zu verhalten. Ich habe allerdings auch schon ca. Vierjährige erlebt, die z.B. einen Parsifal mucksmäuschenstill durchhiellten (vermutlich Theaterkinder :D ). Mein eigener Sohn (OK, der ist 40, aber geistig und autistisch behindert) macht schon mal kuriose und z.T. auch recht laute Geräusche, versteht aber, dass er, wenn er das nicht lässt, die Aufführung sofort verlassen muss (er ist total scharf auf Oper, es ist noch nie vorgekommen). Irgendwo ist da eine Grauzone, wo die Kleinen lernen, dass sie still sein müssen; das muss man dann wohl mal aushalten.

    Ja, das finde ich auch. Es ist sehr erfreulich, dass es auch solche 4jährige gibt, die es schaffen, so lange Zeit Ruhe zu geben und sich die Aufführung anzuhören (habe ich auch schon erlebt) - obwohl man jetzt diskutieren könnte, ob ein Parsifal vielleicht an Kindesmisshandlung grenzt =O :D
    Und nebenbei freut es mich, dass Du Deinen Sohn so selbstverständlich an Musik bzw am "normalen" Leben teilhaben lässt. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist es aber nicht.
    In der Oper in Bratislava gibt es übrigens eine Frau, die mit ihrem offenbar geistig behinderten Sohn sehr viele Aufführungen besucht. Das gestaltet sich zwar etwas mühsam, weil er doch ziemlich oft unkontrollierte Laute von sich gibt. Wenn das passiert, verlässt sie mit ihm mittlerweile die Aufführung. Das finde ich ja noch im Rahmen. Früher war es mit den beiden deutlich schlimmer, zum Beispiel hat er in die Zauberflöte eine wirkliche Blockflöte mitgenommen und hat darauf während (!!!!) der Vorstellung gespielt. Das habe ich aber sofort abgestellt, seitdem ist das nicht mehr vorgekommen.

    Blinde: Da gebe ich Dir bedingt recht - es kann nicht sein, das eine permanent geflüsterte Szenenbeschreibung andere Besucher massiv stört. Andererseits sollten natürlich auch Blinde die Möglichkeit haben, live an einer szenischen Aufführung teilzunehmen. Hatte mich neulich im MIR gewundert, dass so viele Blinde da waren - dann fand ich heraus, dass es eine spezielle Vorstellungen dieser Produktion (Les pêcheurs des perles) mit Audiodeskription war; das MIR nennt das HÖR.OPER, man erhält eine Art Headset.

    Selbstverständlich sollen Blinde die Möglichkeit haben, live einer Aufführung teilzunehmen - und ich denke, dass insbesondere blinde Menschen über ihre vorhandenen Sinne mehr als Sehende wahrnehmen. Wenn ich das so lese, beschleicht mich aber der Verdacht, dass die Szenenbeschreibung für den Blinden womöglich eher störend war. In der Barlog-Salome gibt es eine (sehr gelungenes!) Bühnenbild, sonst passiert eigentlich nicht viel bzw. gar nichts, das irgendwie von der üblichen Salome-Praxis abweicht. Also gibt es keinen Grund, während der Aufführung irgendetwas zu erklären, das man nicht im vorhinein bzw. im nachhinein erklären hätte können.

    Schwerbehinderte mit Absaugvorrichtung: Das macht halt von Zeit zu Zeit so ein Pump- und Schlürfgeräusch, nicht sonderlich laut, aber für die nahebei Sitzenden zweifelsohne nervig (ein Freund von mir ist vor ein paar Jahren an ALS gestorben, der hatte zuletzt so eine Apparatur am Rollstuhl). Wenn der darauf Angewiesene ein Opernfan ist, kann man ihm das ja nicht verwehren, das muss man dann auch aushalten. Häufig wird man das wohl kaum erleben.

    Das bezweifle ich, aber ich verstehe auch Deine Sicht!

    Reservierte Rollstulhlpätze: Das hat zwei Seiten - erstens: Menschen mit Behinderung werden, aufgrund ihrer Behinderung, häufiger als andere geplante Termine nicht einhalten können; das ist Pech, und zwar vor allem auf deren Seite. Zweitens: Dass verkaufte Plätze frei bleiben, obwohl andere Leute gerne dort sitzen würden und draussen bleiben müssen, ist ja kein spezielles Rollstuhlfahrerproblem! Lösung: Wer 10 Minuten vor Beginn der Aufführung nicht "eingecheckt" hat, verliert den Anspruch auf seinen Platz. (Nur mal so in den Raum geworfen ;) )

    Die Idee wäre ja wirklich gut, aber leider kann sie in der Praxis kaum funktionieren, weil die Stehplätze für einen Rollstuhl verändert werden müssen. Es wird der Boden vorne angehoben und hinten gesenkt, und es werden die Stangen zum Aufstützen entfernt. Im Notfall könnten dort Leute stehen, aber erstens ist das dann viel viel unbequemer als normal, und zweitens ist es angeblich (es wurde mir erzählt) aus feuerpolizeilichen Gründen gar nicht gestattet.
    Ich hätte dafür andere Lösungsmöglichkeiten:

    • Wer einen Rollstuhlplatz gekauft hat, muss am Tag der Aufführung anrufen und bestätigen, dass er den Platz in Anspruch nimmt. Wer bis zwei Stunden vor Beginn nicht anruft, verliert seinen Platz.
    • oder/und: Die Rollstuhlplätze kosten 54 Euro statt 4 Euro. Wer dann auch wirklich kommt, erhält 50 Euro zurück.

    Vielleicht sollte ich diese Möglichkeiten der Staatsoper vorschlagen.

    Eine "Frechheit" finde ich nur Deine Anspruchshaltung und Dein Auftreten hier. Du gibt meist nur 5 Euro für ein Ticket aus, bei den Rollstuhlplätzen handelt es sich um 4 Euro Plätze. Bist Du denn einer der Bedürftigen, die solche preisgünstigen Plätze nötig haben und für die solche Plätze gedacht sind? Man hat auf solche Plätze per se keinen Rechtsanspruch (halt nur so lange die Plätze noch frei sind), und Du solltest m. E. eher dankbar sein, dass Du für einen solch nahezu unverschämt billigen Preis in den Genuss einer Opernaufführumg kommen kannst. Das wird vom Steuerzahler genauso mitfinanziert wie die Plätze für Behinderte und Arme. Darüber solltest Du mal nachdenken.

    Natürlich wäre es wünschenswert, wenn für Blinde eine Lösung in Form von Kopfhörerkommentierung oder ähnlicher technischer Hilfsmittel angeboten werden könnte. Aber solange das nicht der Fall ist, hat man auch geflüsterte Kommentare vom Begleiter hinzunehmen, solange dies diskrekt geschieht, und insbesondere, wenn man selber auf einem 5 Euro Platz sitzt.

    maticus

    Nein, das ist sicherlich keine Frechheit. Egal wie viel jemand zahlt (ob es - wie ich in der Staatsoper - 1,60 sind oder wie andere 200 Euro), die Regeln gelten für alle. Eine Bevorzugung finanzkräftigerer Besucher wäre ungerecht.
    Für was ich dankbar bin und für was nicht bzw. über was ich nachdenke und über was nicht, ist meine Sache - aber: Für die Mittelmäßigkeit der Aufführungen in Wien muss man nicht dankbar sein, und nur weil man über eine Sache nachdenkt, kommt man noch lange nicht zum selben Ergebnis wie Du.
    Selbstverständlich "hat" man störende Kommentare nicht hinzunehmen. Konsens sollte unter allen Besuchern sein, dass man sich im Konzert oder in der Oper ganz leise verhält (also auch nicht raschelt, hörbar atmet etc.). Wer das nicht tut, verhält sich ganz einfach rücksichtslos. Und das ist ein Merkmal des immer weiter um sich greifenden Egoismus. So schauts aus.
    Die persönliche Freiheit des einen fängt bekanntlich dort an, wo die Freiheit des anderen aufhört - und als Besucher einer Veranstaltung möchte ich diese ungestört erleben. So einfach ist das.
    Und wer die Aufführung stört, hat in der Aufführung nichts verloren - auch wenn es sich um eine Frau handelt, die meint, ihrem blinden Mann etwas erklären zu müssen. Insofern halte ich das auf die Tränendrüse drückende Beispiel von Hudebux für unpassend.

    Das lass bitte schön bleiben. Das fände ich höchst unanständig von Dir. Ich sehe ein, dass das den eigenen Hörgenuss einschränkt. Aber da muss man die Zähne zusammenbeissen, finde ich.

    Und Du lass bitte Deine Verhaltensvorschriften schön bleiben. Da muss man eben nicht die Zähne zusammenbeißen und die Belästigung still erdulden. Wie komme ich dazu?!

    Danke für Eure beiden Schilderungen! (die ich mit umso mehr Interesse gelesen habe, da ich leider nicht nach Frankfurt fahren kann, es geht sich nicht aus).

    Ich kann mir gut vorstellen, dass die Akustik im oberen Rang besser als im Parkett ist. Im Parkett gibt es oft ein paar wenige gute Plätze, auf den anderen geht das Orchester (und die Sänger) eher unter. Und ja, je öfter man (gute) Inszenierungen sieht, desto mehr Details entdeckt man. :)

    Ich freue mich, dass die Oper Frankfurt eine Oper des tollen und zu unrecht selten gespielten Komponisten Franz Schreker aufführt und dass Ihr beide in den Genuss einer (oder zwei) Aufführungen gekommen seid! Das Programm der Oper Frankfurt finde ich generell spannend.
    Ich habe den Fernen Klang 2015 in Graz gesehen und erinnere mich noch gerne daran. Unlängst war er ja auch in Lübeck zu erleben (aber leider ohne mich).

    Gesangsleistungen zu beurteilen (oder auch nur zu benennen) scheint mir nicht gegeben... Erst gegen Ende des Abends ließen sich beide Hauptdarsteller zwei-, dreimal vom Orchester übertönen (wen wundert's: es dürfte mein c. 20. Opernbesuch in Frankfurt gewesen sein - nie zuvor meine ich einen derart üppig besetzten Orchestergraben ausgemacht zu haben!!). Letzteres schien dem anschließend jubelnden Publikum nicht mehr die Bohne zu stören, zumal Fritz-Darsteller Ian Koziara noch zwei, drei berückend schöne hohe Piani gelungen waren.....

    Dazu möchte ich kurz anmerken: Lass Dich nicht davon beeindrucken, dass andere möglicherweise mehr Fachkenntnis oder was auch immer haben. Letzlich zählt, wie Dir der Abend gefallen hat, daher ist Dein Eindruck gleich viel wert wie der von jemandem, der ein abgeschlossenes Gesangsstudium hat oder der jahrelang im Orchester gespielt hat oder der Zeitungskritiker ist oder der seitenweise Opernberichte in einem Forum schreibt :D

    "Der Begriff Kleinkind bezeichnet die Lebensphase des Menschen des zweiten und dritten Lebensjahres." (Wikipedia). Wann hast Du denn zuletzt Kleinkinder im Konzert erlebt?

    Im Konzert nicht, aber in der Oper mehrmals. Vorgestern war ich in der Wiener Volksoper bei Hoffmanns Erzählungen, vier Reihen vor mir eine Familie (Vater, Mutter und mindestens eine Tochter, die ich auf vier Jahre geschätzt habe, die zu Beginn der Aufführung ununterbrochen gehustet hat. In dieser Inszenierung ist es so, dass ca. 5 Sekunden Musik ist, dann wird ca. 2 Minuten lang gesprochen, und dann beginnt erst die Oper. Da in der ersten Minute der Vorstellung ca. alle 10 Sekunden ein sehr deutliches und vor allem ungedämpftes Husten zu vernehmen war, das (wie ich vom Stehplatz aus gesehen habe) eindeutig von besagter Tochter gekommen ist, habe ich während der gesprochenen Passage (hier stört es ja nicht, aber ansonsten stimme ich Felix Meritis zu) nach vorne gezischt, die Tochter hat sich umgedreht, ich habe möglchst grantig geschaut und den Finger auf den Mund gelegt um anzudeuten, was gemeint war. Das hat gewirkt, ab da war die weitere Vorstellung weitgehend Ruhe.
    Gestern in der Wiener Staatsoper (Salome) ein Bub (2-3 Jahre) irgendwo auf der Galerie, der Lärm gemacht hat. Der Vater wollte offenbar mit dem Kind die Vorstellung verlassen, ist Richtung Tür gegangen, dann wollte das Kind doch bleiben, ist wieer zurück zum Platz, der Vater nach. Dann nach kurzer Zeit wieder Richtung Tür, zwar nicht besonders schnell, aber doch. Dann waren wir die Störquelle los. Und das alles natürlich während der Aufführung. Ich habe mich zwar bemüht, darauf nicht zu achten, aber trotzdem habe ich mich gestört gefühlt.
    Und: Mitte Jänner war ich in der Volksoper bei einem Ballett zur Ravel-Fassung der Bilder einer Ausstellung. Und irgendwo in einer Loge plärrt ein Baby (!!!) während der Aufführung. Die Mutter sitzt daneben und tut nichts. Irgendwann ist sie dann endlich verschwunden. Und das ist eine Frechheit. Wie kommen die Ausführenden und das Publikum dazu, das über sich ergehen zu lassen?!?!?

    Oder stören deren Eltern auch dann besonders, wenn sie ihre Kinder zu Hause gelassen haben?

    Das ist eine rhetorische Frage :D

    Da muss ich widersprechen :D
    Ich bin froh, dass ich gesund bin und nicht auf fremde Hilfe angewiesen bin. Ich finde es begrüßenswert, dass die Staatsoper und andere Häuser auch Rollstuhlfahrern oder sonstigen Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, die Möglichkeit bietet, Aufführungen zu besuchen. Das ist toll und soll bitte so bleiben!
    Es kann aber nicht sein, dass Rollstuhlfahrer und/oder ihre Begleitungen die Aufführung stören. Wäre ich in dieser Salome gewesen, in der die Begleiterin der Rollstuhlfahrerin während der Aufführung die Szenerie erklärt hätte, dann hätte ich die Begleiterin zum Schweigen gebracht, da bin ich sicher. (Und wie soll ich mir das mit der Absaugung vorstellen?)
    Wenn ich für eine Aufführung zahle, dann sehe ich gar nicht ein, wieso ich mir sie durch Leute, die Ruhe geben, vermiesen lassen soll.
    Zu den Rollstühlen noch allgemein: Einige Rollstuhlplätze (mindestens 10) befinden sich in der Wiener Staatsoper im Bereich des Galeriestehplatzes. Und zwar nicht irgendwo am Rand, sondern genau im Bereich der besten Stehplätze. Das heißt, für die Reservierung eines einzelnen Rollstuhles werden genau 9 begehrte Stehplätze in den Bereich eines Rollstuhls umgewandelt. Bis vor ein paar Jahren wurden nur maximal 5 Galerie-Rollstuhlplätze verkauft, mittlerweile können es bis zu 10 (?) sein, und bei begehrten (und auch weniger begehrten) Vorstellungen ist das auch der Fall. Das Problem ist, dass die Plätze (die sehr billig sind, nämlich nur 4 Euro) oft reserviert werden, aber dann die Rollstuhlfahrer nicht zur Aufführung erscheinen. Und das ist eine absolute Frechheit. Es kommt wirklich häufig vor, dass zum Beispiel 6 Rollstuhlplätze reserviert sind, dann aber nur 3 Rollstühle erscheinen. Die anderen Plätze bleiben frei - und damit sind 3x9, also 27 begehrte Stehplätze futsch. Und das kanns echt nicht sein. Da sollte man unbedingt durchgreifen und Konsequenzen einführen für diejenigen Rollstuhlfahrer, die reservieren, aber dann nicht kommen ohne abzusagen.

    Besser wäre es, wenn ein in der Nähe sitzender Zuhörer eingreifen würde.

    Da stimme ich vollkommen zu! Aber meiner Erfahrung nach sind die meisten Zuschauer zu faul/feig/schüchtern, um einzugreifen. Es gibt Leute, die sich in der Pause bei mir beschweren, wie laut es in ihrer Umgebung ist - aber dass sie selbst etwas dagegen unternehmen, fällt ihnen nicht ein.

    Ja, das neue Linzer Musiktheater ist super. Danke, dass Du hier darauf aufmerksam machst! Ich bin regelmäßig dort, das nächstemal am 11. Mai (Medea von Cherubini). Das Musiktheater hat mit dem Linzer Bruckner-Orchester unter dem Chefdirigenten Markus Poschner ein ziemlich gutes. Die Akustik im Haus ist auf manchen Plätzen super, auf manchen gar nicht.

    Die Stückauswahl gefällt mir ziemlich gut (okay, 2019/20 ist für mich etwas enttäuschend), am besten hat mir dort Death in Venice von Benjamin Britten gefallen (Mai-Juli 2018). Eine tolle Produktion mit dem grandisosen Hans Schöpflin als Aschenbach. Auch die Elektra (es gibt am 26. April die letzte Vorstellung) war wirklich super.

    Verschweigen soll man allerdings nicht, dass es dort seit Dezember Probleme gibt, da die Stadt Linz die Finanzierung einstellen wollte, weil das Theater ja offiziell ein Landestheater ist - eine reichlich absurde Begründung, da ja trotzdem die Linzer massiv vom Theater profitieren. Wer sich informieren möchte: Einfach nach "Linz liebt sein Theater" das Internet durchsuchen!

    (Eine Bitte an die Moderation: Vielleicht könnte man diesen Thread umbenennen und an einen anderen Ort als das Komponistenforum verschieben, aber ich weiß momentan auch nicht, wohin er am besten passen würde. Danke!!)

    Hinweis:
    Dieser Thread befand sich urspr. in "Klassik - Komponisten und Werke von der Aufklärung bis zur Gegenwart - Komponisten" und lautete zunächst "Linz besuchen". Der Thread wurde umbenannt, s. o. und in "Allgemeines und Aktuelles - Allgemeine Themen" verschoben.
    Lionel - Für die Moderation -

    Edit: Vielen Dank fürs Verschieben und Umbenennen! So kann der Thread besser gefunden werden. :)

    Also langsam zum Mitschreiben:

    Diskursprodukt: Die älteren Opernbesucher machen den meisten Krach.
    Ich: Manche schon, aber tendentiell machen meiner Meinung nach die Eltern von Kleinkindern sowie die Begleiter von Rollstuhlfahrern den meisten Krach, aber nicht alle ( = "da gibt es solche und solche ^^ ")
    Du mir gegenüber: Was soll das platte Klischee?
    Ich: Ich habe doch darauf hingewiesen, dass das nicht auf alle zutrifft.
    Du: Was ist die Gesamtaussage des Satzes?

    Die Gesamtaussage ist, dass die Eltern von Kleinkindern sowie die Begleiter von Rollstuhlfahrern die größten Störfaktoren sind - das ist eine Verallgemeinerung, und zwar eine zulässige Verallgemeinerung, weil sie oft zutrifft. Ich gehe mit hoher Wahrscheinlichkeit öfter als Du in die Oper und ins Konzert, daher kann ich das auch beurteilen. Ich habe dezidiert darauf hingewiesen, dass das weder auf alle Eltern von Kleinkindern noch auf alle Begleiter von Rollstuhlfahrern zutrifft, daher können wir uns die Diskussion sparen und wieder zur Tagesordnung übergehen. :cincinbier:

    (Und außerdem machen die Alten mit ihren Bonbonpapierchen, ihrem Geröchel und ihren fiepsenden Hörgeräten den meisten Krach und meinen dann noch - groteskerweise! - flüsternde Kinder auszischen zu dürfen, um im nächsten Gespräch zu bedauern, dass ja kaum junge Menschen kommen!) :evil:

    Da muss ich die älteren Opernbesucher in Schutz nehmen. Ja, manche stören wirklich in der von Dir beschriebenen Art, aber die meisten verhalten sich ruhig, und manche sind auch wirklich sehr angenehme Gesprächspartner und Stehplatzbekannte.
    Die größten Störfaktoren sind meiner Meinung nach die Eltern von Kleinkindern sowie die Begleiter von Rollstuhlfahrern - aber auch da gibt es solche und solche. ^^

    Mo., 22. April 2019: WIEN (Staatsoper): Richard Strauss, Salome

    Die Salome-Inszenierung in Wien ist das, was ich als "alt, aber gut" bezeichne. Ich bin ja wirklich nicht als Bewahrer des Alten bekannt, und hinsichtlich Operninszenierungen schon gar nicht, aber unsere Salome mag ich. Die Premiere war 1972, die Regie stammt von Boreslaw Barlog, die Ausstattung von Jürgen Rose, und auch wenn ich nicht beurteilen kann, inwieweit die uraprüngliche Regie noch exerziert ist, wünsche ich mir noch einen möglichst langen Verbleib dieser Produktion im Repertoire. Das Jugendstil-Bühnenbild bietet einen ästhetischen Rahmen, der ganz perfekt zum Stil dieser Oper passt. Wenn sich der Vorhang hebt, ehe die drei Einleitungstakte erklingen, die ja schon von allein die Stimmung perfekt malen, und der Blick auf das Bühnebild fällt, fühlt man sich sofort in die Salome-Atmosphäre hineinversetzt. Dass die Produktion vor ein paar Serien frisch ausgeleuchtet wurde und die Bühne während der Schlussszene in immer kräftigeres Rot getaucht wird, verleiht der Vorstellung einen eigenen Reiz. Insgesamt: Diese alte Produktion ist super, unbedingt behalten. Vermutlich handelt es sich um die beste der noch vorhandenen "alten" Wiener Inszenierungen.

    Hingegangen bin ich wegen Michael Boder, der ja mein Lieblingsdirigent ist, denn er erbringt jedesmal grandiose Leistungen und deckt genau jenes Repertoire ab, das ich am liebsten höre (Musik des 20. und 21. Jahrhunderts). Boder stellt sich selbst aber nie in den Vordergrund wie manch gehypter Pultstar (Thielemann, Nelsons, Petrenko, Currentzis etc.), sondern dient ganz der Musik und den Sängern. Seine Dirigate zeichnen sich sowohl durch äußerste Präzision aus als auch durch einen durchgängigen dynamischen Bogen (nie zerfällt ihm irgendetwas) und eine schrittweise aufgebaute Spannung. Man kann sicherlich debattieren, ob Boder oder Metzmacher der bessere Dirigent ist, aber seitdem ich die Elektra von beiden hintereinander gehört habe, fällt es mir nicht schwer, mich für Boder zu entscheiden. Der Mann ist grandios, er soll bitte noch sehr oft in Wien dirigieren. Auch heute wurden meine sehr hohen Erwartungen erfüllt. Boder geht recht langsam (aber keinesfalls zu langsam, es hat exakt 1h42min gedauert) an das Werk heran und führt die Aufführung mit auffallender Genauigkeit und gleichzeitig mit Gefühl für diese wunderbare Musik, da wird jeder einzelnen Phrase (zum Beispiel: "Sprich mehr, sprich mehr, Jochanaan, und sag mir, was ich tun soll?") zu ihrer Ausgestaltung verholfen. Der Schleiertanz war ein musikalisches Vergnügen. Ich habe schon verschiedene Salome-Dirigenten erlebt (am schlimmsten der furchtbare Andris Nelsons), und auch wenn Peter Schneider und Simone Young tolle Dirigenten sind, hat Michael Boder sie - heute einmal mehr - übertroffen.

    Leider gereichte die Sängerschar einem angeblichen ersten Haus nicht zur Ehre. Am besten war noch Jörg Schneider, der mit zwar eher leiser, aber schöner Stimme einen ausgezeichneten Narraboth gab. Mit guten Narraboth-Interpreten werden wir in Wien ja nicht gerade verwöhnt (man denke an Lippert, Talaba und Osuna), aber Schneider war die seit längerem beste Besetzung dieser herausfordernden und oftmals unterschätzten Rolle. Dass er im Herbst den Herodes übernehmen wird, gefällt mir allerdings gar nicht; wieso will er nicht bei dem Repertoire bleiben, das zu ihm passt? In Rollen wie Tamino, Jaquino, Maler/Neger etc. passt er super, aber dass es für den Aegisth überhaupt nicht reicht (es war brighella-artig und sonst nichts), haben wir ja schon vor ein paar Monaten gehört. Aber der Narraboth ist ja wirklich nicht wie wichtigste Figur dieser Oper. Diese verkörperte Herwig Pecoraro, und: naja. Der Herodes wird ja entweder von einem ausgeschrieenen Heldentenor oder von einem Charaktertenor gesungen, ich bekenne mich als Fan der Interpretation durch einen ausgeschrieenen Heldentenor, aber Pecoraro ist das Schulbeispiel eines tollen Charaktertenors. Im Rahmen seiner stimmlichen Möglichkeiten hat er das Beste getan, und das ist positiv gemeint! Dass er über die in den Noten verzeichnete Tiefe bei "Sie ist ein Ungeheuer, Deine Tochter. Ich sage Dir, sie ist ein Ungeheuer!" nicht verfügt (da geht es bis zum a der Kleinen Oktave, bitte nachschauen, wer es nicht glaubt) ist vollkommen verzeihlich und wird außerdem durch die Tatsache in den Schatten gestellt, dass er einer der sehr wenigen Herodes-Interpreten ist, die bei der kniffligen Stelle "Steh nicht auf, mein Weib, meine Königin" NICHT eingehen. Dass er über das hohe b verfügt ("Man tööööte dieses Weib!") ist nichts Neues, aber heute musste er zwischen "töte" und "dieses" Luft holen, was ich bei ihm noch nicht erlebt habe. Überhaupt dünkte es mich heute als würden seine Kräfte beginnen abzunehmen. Kein Wunder, er ist Jahrgang 1957. Die Stimme klang heute durchwegs leiser als gewohnt, hat dank seiner exzellenten Technik aber noch immer denselben Charakter wie eh und je. Ich persönlich mag seine ganz eigenartige Stimme sehr sehr gerne, zum Beispiel als Wirt im Rosenkavalier ist Pecoraro unverzichtbar. (Detail am Rande: Pecoraro singt den Herodes seit 2014 (davor war er ein ganz toller Erster Jude), anfangs mit "Der junge Syrer, er war sehr schön". Mittlerweile wurde ihm - wie mir erzählt wurde, verursacht durch meinen damaligen Forumstext, es heiße korrekterweise "Der junge Syrier", erzählt - dass er ein "i" einfügen soll, was er mittlerweile auch macht.) Die zweitwichtigste Rolle ist die Titelrolle, und das, was Gun-Brit Barkmin heute abgeliefert hat, war mit einem Wort grauenhaft und eine Zumutung. Ja, ihre Stimme ist schön, sie macht die Rolle ganz nett, und man könnte eigentlich nichts bemängeln, wäre da nicht die Tatsache, dass die Dame nur einen geringen Teil der Töne dorthin setzt, wo sie hingehören (und bitte: Die Salome ist doch nicht einmal halb so schwer zu lernen wie der vertrackt komponierte Herodes!!). Was soll das? Dieses Problem hatten wir bei ihr schon öfters, zuletzt als Chrysothemis. Es ist furchtbar, wenn zahlreiche Töne ca. einen Viertelton zu hoch gesungen werden. Grauenhaft. Früher hätte man sie ausgepfiffen oder ausgebuht, was auch heute angebracht gewesen wäre. Jane Henschel war die Herodias, und keifen kann sie wirklich gut. Für viel mehr reicht ihre Stimme nicht mehr, aber das ist in dieser Rolle auch nicht wirklich notwendig. (Dennoch besser, wenn Stimme auch noch vorhanden ist, wie zum Beispiel bei Iris Vermillion). Markus Marquardt als Jochanaan legte eher gemütlicher an, die Gefährlichkeit eines religiösen Hasspredigers strahlte er nicht aus, dafür hörte man ein wirklich schönes "Er ist in einem Nachen...". Stimmlich erweckte er den Eindruck, etwas auf Sparflamme unterwegs gewesen zu sein, aber eingedenk seines gar nicht guten Kreon (Oedipus Rex) im Sommer 2018 in Dresden war das heute eine gute Leistung. Seine Stimme ist für das Haus recht klein, aber er beging nicht den Fehler, sie größer machen zu wollen als sie ist. Die zahlreichen Nebenrollen waren recht unterschiedlich, darunter fiel Wolfgang Bankl als Erster Soldat am positivsten auf, Alexandru Moisiuc als Erster Nazarener am negativsten. Die wunderschönen Passagen des Ersten Nazareners einem Sänger mit dieser scheppernden, knarrenden, aber bedauerlicherweise lauten Stimme anzuvertrauen ist eine Schnapsidee. Aber dank Michael Boder verließ ich das Haus trotzdem in positiver Stimmung.

    Danke für Deine Schilderung der drei Eindrücke! :)

    Braunfels' Johanna würde mich sehr interessieren, aber mir wurde schon erzählt, dass es lange nicht Braunfels' bestes Werk ist. Und wenn das Orchester dann auch noch patzt, wird es mühsam. Aber immerhin hast Du ein sehr seltenes Werk erlebt, also wenigstens für die Statistik :thumbup:

    während die schauspielerische Leistung von Marta Márquez (Gértrude) besonders lobend hervorzuheben ist.

    Das nenn ich mal einen elegant formulierten Verriss!

    Bogdan Baciu hab auch ich in Hamburg als Geisterbote gehört, aber ich kann daran mich nicht mehr wesentlich erinnern..

    Schön, dass sich diese informative Diskussion entwickelt hat! Und - wie schon gesagt - schön, dass ich mit meiner Janáček-Begeisterung gar nicht allein bin! :)

    Ich mag Janáček und Debussy. Zwar schätze ich Janáček allgemein höher ein, aber auch Debussy steht bei mir hoch im Kurs. Es liegt mir aber fern, die beiden gegeneinander auszuspielen. Den Vergleich bzw. die Wertung mit Clair de lune habe ich deshalb gezogen, weil ich mir am Vormittag gedacht hatte, ich könnte doch mal Clair de lune am Klavier ausprobieren. Also habe ich die Noten gegoogelt und ausgedruckt, bin aber nach einem schnellen Überfliegen draufgekommen, dass das Stück deutlich schwieriger zu spielen ist als ich vermutet hatte, was sich dann auch bestätigt hat, als ich es probiert habe (Ich bringe mir seit einem halben Jahr mehr oder weniger autodidaktisch Klavier bei, bin zwar nicht sonderlich konsequent dabei, aber es bereitet mir viel Freude.) Ich bin dann zurück zu Schumanns Album für die Jugend gegangen, das für meine derzeitigen Fähigkeiten weit besser geeignet ist :D
    Weil ich beim Schreiben des vorigen Beitrags noch Clair de lune im Kopf hatte, habe ich diesen Vergleich gezogen. Die beiden Stücke haben ja allerdings keinen unähnlichen Charakter, denke ich.

    Es ist seine Einmaligkeit, die mich so beeindruckt, seine so gänzliche Unverwechselbarkeit

    Ja, damit hast Du genau das beschrieben, was auch mich beeindruckt!

    Ich habe mittlerweile auch mindestens vier Opern von ihm komplett mindestens einmal gehört. Und das heißt etwas bei mir! Für Sadko heißt das natürlich nichts ... :pop: [oder irgendein anderer Smiley.]

    Das ist super! :D Ich nehme es zum Anlass, auch mindestens vier Janáček-Instrumentalstücke kennenzulernen, die mir bisher unbekannt sind. Aber ich habe Glück, schon diesen Donnerstag (25. April) werde ich in Wien seine beiden Streichquartette live hören (hier angekündigt). Darauf freu ich mich!