Beiträge von Cherubino

    Bringen wir eine Geschichte, die heute nicht mehr möglich wäre, obwohl es sooo lange nicht her ist, dass sie sich zugetragen hat.

    Ich fürchte fast, so eine Geschichte wäre heute immer noch möglich (wie in einem anderen Bereich bei dieser Geschichte um die spanische Nationalspielerin). Und es würden sich heute immer noch genug Menschen finden, die sagen, die Dame solle sich doch nicht so anstellen.

    Hallo zusammen,


    man kann sich auf arte.tv einen Eindruck von Joana Mallwitz bei ihrem Einstandskonzert beim Konzerthausorchester Berlin am 31.8.2023 machen. Mir hat der Weill am besten gefallen, aber auch der Prokofjew und der Mahler sind sehr gelungen. Ihre Energie beim Dirigieren macht Lust darauf, mal beim Musikmachen mitzumachen unter ihrer Leitung .... das überträgt sich zu 100 % auf das Orchester ...

    Gruß Benno

    Vielen Dank für diesen Hinweis, sehr interessant! Joana Mallwitz kenne und verfolge ich spätestens seit ihren beeindruckenden Mozart-Dirigaten in Salzburg vor drei Jahren mit Interesse und Sympathie. Den Eindruck, den du da formulierst, hatte ich auch immer, wenn ich sie dirigieren gesehen habe. Mallwitz macht ja gerade richtig Karriere und ist allgegenwärtig. Dazu trägt sicher auch ihr modernen, unprätentiöses und authentisches Auftreten bei. Umso merk- und diskussionswürdiger wirkte auf mich das offizielle Foto des Konzerthausorchesters, mit dem sie vor ein paar Wochen als neue Chefdirigentin präsentiert wurde und auf dem sie in einer karajanesken Licht-Inszenierung hingestellt wird, die völlig aus der Zeit gefallen wirkt und bei einem älteren Mann nur noch peinlich wäre.

    Von Saint-Saëns´ Streichquartett habe ich mich weiter treiben lassen und bin ich Venedig gelandet: Was hat Saint-Saëns in der Zeit des ersten Streichquartettes denn noch so geschrieben? Ach ja, die Barcarolle op. 108, die habe ich auch schon lange nicht mehr gehört. Gesagt getan. Und dann: Barcarolles habe ich doch letzte Woche erst sehr schöne kennen gelernt: Die von Gabriel Fauré. Und jetzt genieße ich ein paar Stücke aus dem neuen Album von Marc-André Hamelin, das jetzt eigentlich hier zu sehen sein sollte:

    Da ich Saint-Saëns sehr mag, von seinen Streichquartetten aber noch nichts kenne, bin ich neugierig geworden und höre jetzt zum ersten Mal:


    Camille Saint-Saëns

    Streichquartett Nr. 1 e-moll op.112


    Viotti-Quartett

    ...und die empörten, überschießenden Reaktionen des Publikums zeigen, dass diese Leute ganz gut verstanden haben, dass genau sie gemeint sind.

    Gehört habe ich in dem Video zwei Männer (deren Alter oder Hautfarbe ich so nicht einschätzen kann). Ich glaube nicht, dass diese Leute das gesamte Publikum repräsentieren.

    Ich beziehe mich einzig und allein auf das, was im verlinkten Artikel wiedergegeben wird. Dort wird berichtet, in welcher Art und Weise sich die Wut auf Vladimir Jurowski ausgedrückt hat: "Wie kann ein Dirigent sich so instrumentalisieren lassen, dass er sich neben Klimaklebern auf den Boden setzt, wir sind alle zutiefst schockiert", schimpfte eine aus Deutschland angereiste Besucherin gegenüber dem BR. Ein weiterer Besucher regte sich darüber auf, dass sich Jurowski "als Gast in der Schweiz" so repräsentiere: "Das verstehe ich überhaupt nicht."


    Weiter vorne im Text heißt es unter anderem "[...] antworteten Zuhörer mit teils aggressiven Gegenrufen wie "Maul halten" oder "Raus hier" [...]", "Wütende Einzelstimmen aus dem Publikum unterbrachen die Aktivisten jedoch, manch einer verließ demonstrativ den Saal". Das ist das, was ich über die Reaktionen des Publikums weiß. Offenbar waren diese Reaktionen sehr emotional und richteten sich auch gegen den Dirigenten.

    Aus Sicht der Klimaaktivisten adressieren sie hier ihr Anliegen an genau das richtige Publikum: Die Verursacher, die alten weißen Männer, die Boomer, die Reichen und Elitären, die Ignoranten und Arroganten.

    ...und die empörten, überschießenden Reaktionen des Publikums zeigen, dass diese Leute ganz gut verstanden haben, dass genau sie gemeint sind.


    Der Hinweis oder die Frage, wo eigentlich ein innerer Bezug herzustellen ist zwischen dem Anliegen des Protestes und der Veranstaltung, die da gestört wurde, wurde gestern hier im Forum übrigens konsequent ignoriert. Reaktionen kommen erst, wenn man die inhaltliche Ebene weglässt. Ich halte das für symptomatisch.

    RT nicht fern von Luzern, diesmal bei den Lederhosen:

    https://www.br.de/nachrichten/…n-staatsorchester,TpIg8R2

    Wenn sich das wirklich so zugetragen hat, bin ich absolut bestürzt. Die Reaktionen des Publikums, dass sich gegen Jurowski gewandt hat, sind indiskutabel. Der Dirigent ist der Chef des Konzerts, die Zuhörer sind Zuhörer und sonst nichts. Wenn Jurowski den Demonstranten das Wort erteilt, hat niemand das Recht, das zu kritisieren. Ich hoffe, die die den Saal verlassen haben, wurden nicht mehr eingelassen.

    Dabei finde ich diese Art des Protests abwechselnd abgeschmackt-infantil und ermüdend-sinnlos. Auch dieser Klimakleberei kann ich nichts abgewinnen, allerdings sind die Reaktionen darauf wie auch hier, derartig primitiv, aggressiv und hasserfüllt, dass ich nicht anders kann als in dubio pro Demonstranten zu sein.

    Die Reaktionen des Publikums, die da zitiert werden, sind wirklich unter aller Kanone. Ich habe es gestern Nachmittag schonmal geschrieben: Da fühlten sich offenbar die Richtigen angesprochen...

    Beim niederländischen Radio habe ich etwas Interessantes gefunden - Brahms historisch: "Hörte Brahms in seiner Orchestermusik lieber das altmodische Naturhorn oder das damals supermoderne Ventilhorn? Aus welchem Holz waren die Flöten gefertigt? Spielten sie straff im Tempo oder eher sanft? Nach vier Jahren Forschung darüber, wie Brahms' Musik damals geklungen haben muss, schließt Johannes Leertouwer sein Forschungsprojekt mit einer Promotion an der Universität Leiden ab. Die zum Teil verblüffenden Ergebnisse, wie die Verwendung "gleitender Töne", die größere Freiheit der einzelnen Orchestermitglieder und die viel flüssigere Verwendung der Tempi, kommen in diesem letzten Konzert einer vierteiligen Reihe zum Tragen. Leertouwer entstaubt die Partituren, entfernt den vergilbten Firnis und gibt Brahms' Musik die Farbe zurück, die Brahms selbst für sie vorgesehen hatte".


    Was ist davon zu halten? Ist das wirklich neu, neue Forschung, neues Musizieren? Oder nur Klappern, das zum Handwerk gehört, um Konzerte zu bewerben? Was ist von den (klingenden) Ergebnissen zu halten? Mich erinnert das etwas an ein ähnliches Forschungsprojekt zu Richard Wagner und dem Gesangsstil seiner Zeit, das Kent Nagano gerade zur Grundlage einer "Rheingold"-Einstudierung gemacht hat.


    Brahms volgens Johannes Leertouwer en Shunske Sato
    Dirigent, violist en onderzoeker Johannes Leertouwer duikt in het werk van Brahms.
    www.nporadio4.nl

    Eine musikalische Zeitreise, nicht nur nach London 1792, sondern auch nach Paris 1938 - so klang das also damals in Frankreich:


    Joseph Haydn

    Sinfonia concertante B-Dur Hob. I:105


    Roland Charmy, Myrtil Morel, André Navarra, Fernand Oubradous

    Orchestre de la Societe des Concerts du Conservatoire

    Charles Münch

    Dann gab es natürlich die Pflege von Kulturstätten - ich erinnere dabei besonders an Bach in Leipzig: von den 1950er Jahren bis zum Mauerfall wurden permanent Aufnahmen gemacht und vermarktet.

    Bach in Leipzig und der Thomanerchor sind vielleicht der Bereich der klassischen Musikpflege in der DDR, der am besten erforscht ist und am häufigsten in der Berichterstattung thematisiert wird. Dort war es offenbar so, dass die Kulturpolitik naheliegenderweise ein großes Interesse daran hatte, den berühmten Komponisten Bach für ihre Kultur- und Traditionspflege zu vereinnahmen als eine der ganz großen, berühmten historischen Persönlichkeiten, die auf dem Gebiet der DDR gelebt und gewirkt hatten, dass sie aber auch ein Problem hatte mit der stark an die Kirche gebundenen Bach-Pflege in Leipzig. Bach war aber nun einmal kein Revolutionär gewesen und hatte einen großen Teil seiner Arbeit kirchlichen Institutionen und religiösen Inhalten gewidmet. Für die Verantwortlichen rund um den Thomanerchor war es ein jahrzehntelanger Balanceakt, auf der einen Seite so weit auf die Politik zuzugehen, dass der Fortbestand der Institution gesichert blieb, und auf der anderen Seite die kirchliche Prägung der Institution beizubehalten, die den Verantwortlichen in Leipzig durchaus wichtig war. Bei diesem Balanceakt sind nicht alle sauber geblieben: Thomaskantor Hans-Joachim Rotzsch musste nach dem Ende der DDR seinen Posten räumen, als bekannt wurde, dass er seit seiner Amtsübernahme Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen war.

    Die Durchführung beginnt so wie ich es höre mitten in der blühenden Natur und führt dann auch durch eine Kathedrale. Spannend ist immer wieder mitzuverfolgen, wohin die Steigerungen führen – zu Neuansätzen oder zu Entladungen auf Hochplateaus.


    Das Finale gibt dem Werk ein Gleichgewicht der Ecksätze. Das monumentale Hauptthema lässt Polyphem oder Fafner aus der Höhle, es geht dann aber auch durch herrlich blühende Natur, und es gibt spannende Orchesterkämpfe.

    "Hitzewelle tötet – Überschwemmungen: Es ist jetzt Zeit!": Mitten im dritten Satz von Anton Bruckners "Romantischer" Sinfonie enterten zwei Klimaaktivisten [...] das Podium im Luzerner Kultur- und Kongresszentrum (KKL) und störten den Auftritt des Bayerischen Staatsorchesters, das gerade auf Europa-Tour ist" berichtet heute der Bayerische Rundfunk. Die Reaktionen sind unterschiedlich: Für das Lucerne Festival als Veranstalter ist vor allem wichtig, zu betonen "dass die Protestierer nicht von außen in den Saal eindrangen, sondern zwei "gekaufte Tickets" besessen, sich also zunächst auf ihren Sitzplätzen befunden hätten". Der Dirigent Wladimir "

    Jurowski beendete den dritten Satz und wandte sich dann ans Publikum, er habe den Aktivisten "sein Wort gegeben", sie dürften ihr Anliegen vortragen, dafür würden sie im Gegenzug danach den Saal verlassen". Er hatte also offensichtlich Verständnis für das Anliegen der Aktivisten und hat sich damit beim Publikum so richtig unbeliebt gemacht: "Wie kann ein Dirigent sich so instrumentalisieren lassen, dass er sich neben Klimaklebern auf den Boden setzt, wir sind alle zutiefst schockiert", schimpfte eine aus Deutschland angereiste Besucherin gegenüber dem BR. Ein weiterer Besucher regte sich darüber auf, dass sich Jurowski "als Gast in der Schweiz" so repräsentiere: "Das verstehe ich überhaupt nicht." Da fühlten sich offenbar die Richtigen angesprochen...

    Reden lassen? Klimakleber-Eklat beim Bayerischen Staatsorchester
    Heftiger Unmut des Publikums, aber ein überaus verständnisvoller Dirigent: Beim Gastauftritt des Orchesters der Bayerischen Staatsoper im schweizerischen…
    www.br.de

    Wurde Krauss nicht irgendwo Nachfolger des nicht so richtig linientreuen Knappertsbusch? Also A=Clemens Krauss

    Genau. Als Kna in München wegen Aufmüpfigkeit gefeuert wurde, kam Hitlers erklärter Lieblingsdirigent dran. Kein Wunder, daß er ihn nicht ausstehen konnte. Fehlt noch C. Der hatte einen berühmten Onkel.

    Michael Gielen?


    Oder spielt die Geschichte früher? (Da wären wir ja schon frühestens in den 1950ern).



    EDIT: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. Auf Gielen bin ich nur gekommen, weil ich ich Onkel und Vater verwechselt habe. Hans Pork wird wohl recht haben mit Moralt.