Beiträge von Cherubino

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    Um (grötenteils neuere) Aufnahmen von Fagottmusik ging es auch in der neusten Folge von "Blind gehört" mit dem Fagottisten Theo Plath - für alle, die manchmal Fagottmusik hören, sicherlich interessant zu lesen.:

    Blind gehört Theo Plath | concerti.de
    Fagottist Theo Plath hört und kommentiert Aufnahmen von Kollegen, ohne dass er weiß, wer spielt.
    www.concerti.de

    Plaths Kommentare haben meistens viel Substanz, da kennt sich jemand sichtlich aus und reflektiert über die eigene Arbeit und die der Kollegen. Das bringt es aber auch mit sich, dass beim bloßen Lesen manchmal Fragen offenbleiben. Da würde ich mir dann wünschen, mit dem Musiker zusammen vor diesen Aufnahmen zu sitzen und nochmal nachfragen und nachhören zu können, wie das eine oder andere genau gemeint ist.

    Hier heute die Erstbegegenung mit diesem schon im letzten Jahr erschienen Album des jungen Fagottisten Mathis Kaspar Stier (Solofagottist beim WDR-Orchester in Köln):


    Ganz persönlich hätte ich immer gern ein wenig mehr Material und dessen Ausbreitung für das Konzept der Dekadenz. Mein Musterbeispiel ist Debussys Le Martyre de Saint Sébastien. Mit anderen Worten, es gehört wenigstens eine Nuance Tod, Untergang, Verfall oder Leiden dazu - Werte, die im Großen und Ganzen negativ konnotiert sind. Diese können wie ja (vielleicht) auch beim Debussy-Beispiel mit Glauben, Moral, Charakterstärke durchaus verknüpft sein. Aber vielleicht bin ich da zu einseitig fixiert. Vielleicht tun's auch Sinnlichkeit, Üppigkeit, Reichtum, Verschwendung allein, solange der Blick in die Zukunft nicht verheißungsvoll ist oder schlicht unterbleibt, also der Kopf in den Sand gesteckt wird.

    Ja, ich glaube in der Tat, die tun´s auch für Dekadenz oder décadence, wie das zeitgenössisch dann gerne vornehm französisch heißt. Für mich ist das eine ausgesprochene Vorkriegsmusik: Die Sensiblen unter den Zeitgenossen, die Künstler, spüren schon, dass die Welt, in der sie aufgewachsen sind und leben, nicht mehr lange bestehen wird. Aber sie wissen selbstverständlich nicht, was danach kommt, es liegt einfach nur dieses dumpfe Gefühl von Krise, Untergang, Umbruch in der Luft. Sie reagieren darauf durch eine Flucht aus der Welt in eine übergroße, bis an den Rand des Möglichen getriebene Verfeinerung. Das entspricht (gerade im Paris der Jahrhundertwendezeit) einer extrem kultivierten, weltabgewandten Lebensweise, zu der "Sinnlichkeit, Üppigkeit, Reichtum, Verschwendung" gehören - die Welt geht ohnehin bald unter und das Elend dieser Welt ist kein Stoff für die Kunst der Pariser Salons. Da erfreut man sich an immer feiner ausgehörten Akkorden, immer raffinierteren Klangkombinationen, immer subtileren Harmonien, Artikulationen, Phrasierungen.

    Ravels Musik der Jahre vor dem Ersten Weltkrieg ist für mich ein Prototyp dieser Art Pariser décadence - und ich finde es spannend, wie der selbe Ravel in den Jahren nach dem Krieg dann Formen findet, den Zusammenbruch, den Untergang, der tatsächlich gekommen war, musikalisch darzustellen und zu verarbeiten ("La Valse", "Bolero"...).

    Sowas kommt bei Capriccio halt gut an.

    Die Geschichte habe ich schonmal gelesen. Der junge Komponist war Camille Saint-Saens und es ging um seine Tarantelle op.6. Die Reaktion der Anwesenden kann ich nicht wirklich nachvollziehen, von allen Saint-Saens -Stücken, die ich kenne, ist diese Tarantella dasjenige, das mir am wenigsten gefällt. Es ist eine Nervensäge. Grins1

    A Berry und C Ludwig?

    Ja, genau um die beiden ging es. Und die Pointe, die die Geschichte erst richtig witzig macht, liegt natürlich darin, dass die beiden miteinander verheiratet waren.


    Und noch witziger wird das Ganze dann, wenn man hört, wie Walter Berry es selbst erzählt und Klemperer nachmacht. Hier, ungefähr ab Minute 33:

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    Dann geht es wohl vielleicht eher in Richtung Mozart. Allerdings weiß ich nicht, welche Opern er da live aufgeführt hat. Und dreistrophig mit möglichen Variationen? Öh, ich schwimme gerade mal wieder. Ich befürchte, ich muss ein weiteres Nachdenken auf morgen verschieben.


    Oder vielleicht ein letzter Versuch:


    C = Freni?

    Nein, auch Freni ist es nicht.


    Nochmal zum Sortieren: Ein Sänger erzählt Anekdoten aus seiner Zusammenarbeit mit Klemperer. In einer dieser Anekdoten, die er erzählt, kommt auch eine Sängerin vor. Bei ihr handelt es sich aber nicht um die Damen Jurinac, Silja oder Freni.

    Okay, dann kommt hier also das neue Rätsel, gerade extra für euch abgetippt:

    Ein bekannter Sänger (A) erzählt in einem Interview, das der eine oder andere hier sicherlich schon gesehen hat, auf einen bestimmten Dirigenten (B) angesprochen folgende Geschichten: „Mit B habe ich ja so ungeheuer viele Geschichten erlebt. Er hat zum Beispiel einmal eine konzertante [Titel einer Oper] gehabt, aber ohne Dialog. Und bei [einer Arie aus dem Stück] hat er gesagt: „Vor der dritten Strophe sagen Sie: Und jetzt mit Variationen“. Ich habe mir gedacht: „Das passt gar nicht, kein Mensch redet hier, und in der Royal Festival Hall versteht sowieso kein Mensch, was ich da sage“. Wir haben gedacht, das vergisst er eh. Wir kommen also zur dritten Strophe und er wartet... und ich schaue schon in die andere Richtung, aber er wartet noch immer, und plötzlich sagt er: „Nun, und jetzt?“ Dann sag ich halt: „Und jetzt mit Variationen“. „Na sehn Sie!“.

    Ich habe auch mit [Sängerin] C und mit B viel gemacht. Wir haben die ganzen Schallplattenaufnahmen damals zusammen gehabt. Ich plaudere noch ein bisschen: Die C hatte ihre Arie aufgenommen und beim Abhören war sie hochkonzentriert und B hat das nicht so interessiert, die Technik, das wollte er nicht. Er wusste, man muss es machen, aber er wollte nie. Und mitten im konzentrierten Abhören sagt er: „Sagen Sie, Frau C, sind sie eigentlich glücklich verheiratet?“. Die C war ganz raus und sagte „Ja ja, doch Herr Doktor, ich bin glücklich verheiratet“. „Mhm… schade“… Nach drei Minuten sagt er: „Na, sagen Sie, Frau C, ist eigentlich Herr A glücklich verheiratet?“. Er war schon böööse…“

    Ich verspreche euch: Die Geschichte wird lustiger, wenn ihr die Auflösung habt! ;)

    Klingt fast wie ein Orchesterstück.

    Finde ich auch. Könnte es mir durchaus in größerer Besetzung auch sehr gut vorstellen.

    Finde ich auch und ich kann mir auch gut eine Kammerorchesterfassung vorstellen. Der Artikel vom SWR beschriebt das so, wie ich es beim Hören auch empfinde: "Doch die beschauliche Besetzung täuscht. Gekonnt spielt Ravel mit den Klangfarben: Mal entsteht ein filigranes Gewebe, ein anderes Mal scheint sich das Septett zu einem ausgewachsenen Orchester auszudehnen. Auf einmal ist man umhüllt von Musik".

    Der Artikel vom SWR ist wirklich sehr schön! Kurz, informativ und gut geschrieben! Es heißt darin unter anderem: "Das Unternehmen Pleyel hatte ebenfalls eine neue Harfe auf den Markt gebracht. Um das neue Instrument zu bewerben, gab die Firma extra eine Komposition bei Claude Debussy in Auftrag – kein schlechter Einfall, fand auch das Konkurrenzunternehmen Erard. Das kopierte einfach die Marketingstrategie und beauftragte Maurice Ravel mit einem Werk". Ist das Werk von Debussy, auf das hier angespielt wird, "Danse sacrée et danse profane"? Komponiert im April/Mai 1904, uraufgeführt im November 1904 - das kommt zeitlich gut hin, wenn Erard dann als Antwort darauf im Sommer 1905 den Auftrag an Ravel gegeben hat.

    Genau diese Aufnahme habe ich gestern ja auch gehört (und werde sie heute vielleicht noch einmal hören, die Kantate ist ja kurz). Wie hat sie dir gefallen?

    Na ja, es ist halt eine Solokantate ... gefällt mir weder besonders gut noch irgendwie schlecht. Gute Bachsche Qualität!


    Das Herzstück ist wohl die "Erbarme dich"-Arie, und die finde ich ganz ausgezeichnet.

    Ich hatte jetzt auch eher gemeint, wie dir die Stimme und Gestaltung von Christoph Genz gefällt... ich finde, er macht das sehr fein.


    Was die Kantate an sich angeht, so wird sie ein bisschen überschattet von der Kreuzstab-Kantate: Auch eine Solokantate, auch aus dem Jahr 1726 (nur drei Wochen vorher), aber nicht nur "gute Bachsche Qualität", sondern eines der über den ohnehin schon hohen Standard Bachs herausragenden Monumente.

    Vielen Dank, Mauerblümchen, für die Wahl dieses Stückes! Da sind wir wieder in den französischen Gleisen, in denen dieses Projekt begonnen hat! Grins1

    Ich habe Ravel "Introduction und Allegro" vor zweieinhalb Jahren über den YouTube-Kanal des Oslo Philharmonic Orchestra kennen gelernt. Hier spielt die Soloharfenistin des Osloer Orchesters Birgitte Volan Håvik den Harfenpart:

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    Seitdem habe ich das kurze Stück immer wieder einmal gehört, muss aber zugeben, dass es sich nie so richtig im Kopf festgesetzt hat. Ich könnte jetzt nicht im inneren Ohr abrufen, wie es klingt. Ich finde Gurnemanz´ Beschreibung als "bezaubernd" aber sehr treffend: Ja, das ist eine zarte, bezaubernde Musik, eine Musik zum Wohlfühlen.

    Genau diese Aufnahme habe ich gestern ja auch gehört (und werde sie heute vielleicht noch einmal hören, die Kantate ist ja kurz). Wie hat sie dir gefallen?

    Die Sendung "Stimmen hören" in Ö1 (kann außerhalb von Österreich eventuell über Internet gehört werden) ist heute Victoria de los Angeles gewidmet (14:05 - 15:30)

    Die Sendung kann man noch bis Donnerstag online anhören und (mit den entsprechenden Hilfsmitteln) auch herunterladen. Ich habe das schon getan, bin aber noch nicht dazu gekommen, die Sendung zu hören. Im Link kann man auch die Playlist der in der Sendung gespielten Aufnahmen lesen:

    Lyrischer Solitär von der iberischen Halbinsel | DO | 02 11 2023 | 14:05
    Victoria de los Angeles - universell auf der Opernbühne, unermüdlich als Botschafterin der Musik ihrer Heimat.
    oe1.orf.at

    Das ist gut! Zur Aufnahme ist im Thread zum Werk einiges zu lesen. Ich habe sie vor einigen Jahren wegen zwei der Solisten (Malin Hartelius und Oliver Widmer) gekauft und habe Suppés Requiem dann auch nur in dieser Aufnahme gehört. Offenbar hat sie besonders breite Tempi, weihevoll und feierlich, wie es zu einer Totenmesse ja auch passt. Ich habe mir immer schonmal vorgenommen, auch eine der anderen Aufnahmen von Suppés Requiem (es gibt inzwischen ja doch eine ganze Handvoll) zu hören, um eine andere Perspektive auf das Stück kennen zu lernen, habe das bisher aber nie getan. Das Requiem selbst ist ein tolles Stück, zu dem ich, seit ich es zum ersten Mal gehört habe, immer wieder zurückkehre: Sehr italienisch, dramatisch, effektvoll, melodiös, mit breiten Vokalsoli vor allem für den Bass und einer eigenen Mischung aus opernhaften und archaischen Elementen. Suppés Requiem ist zwanzig Jahre älter als das von Verdi, diesem aber in vielen Momenten (und auch in der fast identischen Länge) schon sehr ähnlich. In anderen Momenten, vor allem in den souveränen Fugen an den genau entsprechenden Stellen kommt dann die Wiener Tradition des Mozart-Requiems durch. Vielleicht könnte man sagen, dass Suppé das stilprägende Vorbild von Mozart aufgreift und in die emotionale Sprache seiner Zeit überführt.