Ich halte von solchen persönlichen Rankings jetzt nicht so viel, weil jeder nur seine Liste präsentiert, aber die Frage an sich fand ich ganz interessant. Ich erinnere mich nämlich ganz am Anfang, als ich mich mit 16 bei Tamino anmeldete und begann mich mit den Mozartwerken auseinander zu setzen (ach wie gerne würde ich manche Werke nochmal zum ersten Mal hören), da sagte ich mal zu jemanden "Dies erinnert mich an Vivaldis vier Jahreszeiten, nur gefallen mir die Jahreszeiten dann doch besser." Als Antwort kam dann "Ja, du weißt aber schon, dass Vivaldi ein eher zweitrangiger Komponist ist?"
Jene Aussage ging mir nie so ganz aus dem Kopf. Näher dazu befragen konnte ich den Herren dazu leider nicht mehr - er war damals um die 5 Jahre älter als ich. Dass jeder den Komponisten Gewichtungen gibt finde ich logisch, aber interessant wäre, ob man den gemeinsamen Nenner dahinter findet? Bei Mozart könnte man z.B. einwerfen, dass er auch unter extremsten Zeitdruck und erhöhten Erwartungshaltungen und der schieren Masse von Werken immer dieses unheimliche Mindestniveau einhielt und trotzdem in aller Gattungen Meisterwerke schuf. Bei Beethoven könnte man das bei manchen Anektoden auch mal denken, aber eigentlich hat Beethoven letzlich eher um jede Note gekämpft (wie Alfred Einstein es so schön sagte). Bei ihm ist es eher die enorme Wandlung seiner Kompositionen in Richtung der Romantik, das Persönlicher-Werden in seinen Werken, welches ihn so hochgewichtig macht. Es heißt oft Beethoven hätte einfach fortgeführt, was Mozart anfing - da bin ich aber anderer Meinung, diesen Kelch würde ich Schubert zuschieben. Schubert ist für mich DER Übergangskomponist und ganz subjektiv auch für mich nach Mozart der Größte. Was seine Gewichtung in der Musik aber so schrecklich einschränkt ist sein kurzes Leben, zusammen mit seinen relativ wenigen Werken (oder vielleicht auch der Tatsache, dass er am meisten Lieder schuf - ein Genre was an und für sich schon wenig Gewicht bei Klassikhörern hat. Die sind meistens halt... 'nett').
Einen Bach einzustufen fällt mir schwer, denn er ist ohne jeden Zweifel unverzichtbar für fast die gesamte Klassik - aber ich kenne wenige Menschen, die Bachs Musik im Allgemeinen mögen. Eher vereinzelte Werke - meistens die Choralwerke - und ansonsten ist man sich dann darüber einig, dass er einen schönen Kontrapunkt inne hatte und eben unverzichtbar sei. Händels Musik gefällt mir persönlich meilenweit besser, aber das Gedankenspiel, wie der Musikverlauf ohne Händel wohl gegangen wäre, erscheint mir jetzt weniger krass, wie bei Bach. Und da kommen wir an noch so einen Punkt, der die Gewichtung schwer macht:
Am wenigsten Gewicht bekommen letzlich die Komponisten, die zwar vielleicht sehr schöne Musik schrieben, aber wenig bis gar nichts für die Musikentwicklung taten. Das finde ich oft mehr als schade. Letztens hörte ich gerade wieder ein Werk von Hummels welches mich euphorischst begeistert hat. Beim 'schwedischen Mozart' Kraus ist es ähnlich - der hat zwar einen sehr deutlich eigenen Stil begangen, der wurde aber nach ihm nicht weiter beachtet/verwendet, also steht er da irgendwie recht einsam dar - seine Musik aber ist genial. Ebenso weise ich immer gerne auf den fast vollständig vergessenen Komponisten Pixis hin, der wunderbare Musik schrieb - aber so unbekannt ist, dass das meiste nichtmal eingespielt ist. Auch dafür gibts genug mögliche Gründe (z.B. dass er sich den Großteil seines Lebens zurückzog und mit dem Komponieren aufhörte).
Fazit: Bei einem subjektiven Ranking, wüsste ich auch sofort wen ich unverzichtbar, und wen nur ganz nett fände. Bei der objektiven Seite scheint es dagegen schwer, die wirklichen Gründe zu finden, und letztlich kann man über die allgemein empfundene Bedeutung von Komponisten zumindest eines sagen: Is' halt so.
