Temeswar - Timisoara - Temeschwar: Berichte aus der Oper
"Tosca" am ORT Timisoara, 18. Dezember 2021
(Fast) alles gemahnte an alte Zeiten: Menschen in besserer Garderobe, alle festlich gestimmt, man durfte sogar zum ersten Mal seit mehr als einem Jahr seinen Mantel abgeben, also wie in Vor-Corona-Friedenszeiten, zumindest so ungefähr. Das tat schon mal gut, wenngleich das Anhören einer Oper mit angebrachtem Mund-Nasen-Schutz noch immer nicht vergnügungssteuerpflichtig ist: sei's drum. Der Abend tat dem Publikum sicht- und fühlbar wohl.
Lacrimoara Crustescu ist eine Kraft des Hauses, hübsch anzusehen und mit einer wohlklingenden, modulationsfähigen, gut tragenden Stimme ausgestattet. Sie hat die Tosca mit Sicherheit schon ungezählte Male gesungen, das merkt man und es gefällt: souveräne Leistung, da wackelt nichts, alles immer sorgsam vorbereitet und ausgeführt.
Alin Stoica sang den Cavaradossi als Gast, normalerweise ist er wohl in Bukarest. Als Recondita armonia erst einmal geschafft war, fiel die Anspannung sichtbar von ihm ab und es gelangen ihm sehr schöne Phrasen und tröstend sichere Spitzentöne: das haben wir, wie der mich begleitende Ehemann dankbar bemerkte, auch schon sehr viel schlechter gehört. E lucevan le stelle wäre so, wie Stoica es souverän gestaltete, auch an jedem anderen Opernhause eine bejubelte Leistung gewesen. Ein schönes Erlebnis.
Der Star war natürlich Zeljko Lucic als Scarpia. Etliche seiner Landsleute waren zur moralischen Unterstützung angereist, aber natürlich bekommt auch das normale hiesige Publikum so eine Berühmtheit nur selten zu sehen und zu hören: die Spannung war also fühlbar. Lucics Konzeption des Scarpia kann man sich bei youtube ansehen; er singt ihn im 1. Akt als einen polternden, verschlagenen Gewaltmenschen. Sein Te Deum hat mich nicht sonderlich beeindruckt. Er wurde aber im 2. Akt phänomenal besser. Alleine schon der Beginn, wo man immer hofft, es werde dann doch einmal die große Scarpia-Arie kommen (warum Puccini die nicht geschrieben hat...), mit den von Lucic textlich fein abgestimmt gestalteten sehnsuchtsvollen Bemerkungen zu der in der Ferne singenden Tosca: das war höchst eindrucksvoll. Und dann natürlich alles danach: Vorladung der Tosca, Vorführung von Cavaradossi, sichtbar stärker werdender Druck auf Tosca etc.: das war alles stimmlich und schauspielerisch souverän gestaltet und von den beiden anderen Protagonisten ergänzt und sekundiert. Eine sehr, sehr gute Leistung und für uns alle eine ziemliche Erholung...
Mitte Januar wird die Tosca in der selben Besetzung, inkl. Zeljko Lucic als Scarpia, hier wiederholt.
Grüße!
Honoria Lucasta