Wenn man die Arie als Einzelstück, als Konzertstück außerhalb des Opernkontexts nimmt, empfinde ich genau dieses konkrete Konzert von Asmik Grigorian als die beste Interpretation, die ich je gehört habe. Das ist atemberaubend gut, aber auch atemberaubend sensibel gesungen und stellt die gesamte Tragik der Figur kondensiert in diese eine Szene dar. Das ist natürlich bei Tschaikowskis Briefszene (bei unserem Arien-Ranking nicht zu Unrecht unangefochten auf Platz 1) irgendwo auch schon vorgebildet, aber die Opern-Tatjana hat danach auch noch zwei Akte, um diese Tragik vollends zu entfalten. Hier stellt Asmik Grigorian alle Facetten in zwölf Minuten dar, und das auf ergreifende Weise. Ich habe auch das Gefühl, dass sie bei jedem Wort wirklich fühlt, was sie da singt, und das auch dem Publikum vermittelt. Besonders exquisit ist das Tenuto auf "Bit mozhet" (09:34).
Ihre Frankfurter Manon war auch großartig und berührend gesungen. Ich halte sie überhaupt für eine hervorragende Sängerin, habe sie schon in sehr jungen Jahren als Pique-Dame-Lisa in Graz erlebt, wo sie die spätere Entwicklung schon deutlich erahnen ließ - aber nicht in allen mir zugänglichen Mitschnitten finde ich sie so exzeptionell überzeugend wie in dieser einen Tatjana-Arie und wie in der Frankfurter Manon.
Liebe Grüße,
Areios