Beiträge von philmus

    mein Lieblings-Youtube-Kanal vom HR-Symphonieorchester hat mal wieder einen rausgehauen: ein Konzert mit Schumann und Kodaly...

    das Violinkonzert von Schumann also... Ein mir noch unbekannter Constantin Carydis hat es mit für mich normalerweise viel zu gemächlichem Tempo geschafft, meine zuletzt gewachsenen Zweifel an diesem Spätwerk auszuräumen: das ist wirklich sehr berührend in den Zwischentönen, wow, und auch sehr schön gegeigt von Sayaka Shoji:

    Schumann: Violinkonzert ∙ hr-Sinfonieorchester ∙ Sayaka Shoji ∙ Constantinos Carydis
    Robert Schumann: Violinkonzert d-Moll ∙I. In kräftigem, nicht zu schnellem Tempo 00:00 ∙II. Langsam 15:13 ∙III. Lebhaft, doch nicht schnell 20:53 ∙hr-Sinf...
    www.youtube.com

    Eigentlich ist mit dieser Szene das Nachfolgende ja alles schon klar. Der Wechsel dann zum Morgengrauen, zum einzigen wirklichen Liebesduett und zum Aufbruch - ist er nicht eigentlich richtig gemein? Wiegt Wagner damit nicht alle noch einmal in eine vermeintlich hoffnungsfrohe Sicherheit, in eine Schein - Idylle, die aber letztlich nur scheitern kann? Der Faden ist schließlich bereits abgerissen und wir wissen es. Aber wir lassen uns schließlich gerne mal betrügen.

    vielleicht so, wie wir einen Alptraum, der als Vorahnung daherkam, mit dem Morgenlicht verscheuchen?

    aber die grosse Idee gewinnt.

    DAS ist allerdings "nebulös". wattn für ne "große Idee"?

    Klar ist aufwärts steigen theoretisch anstrengend, aber praktisch eben nicht. Die Muskeln wollen es

    Das ist wirklich ne interessante Dynamik: dahin zu kommen, dieses "Wollen" der Muskeln auch zu fühlen, hat schon was euphorisches.

    Da steht so viel gesellschaftliches Zeugs dazwischen, also der grundsätzliche Strafcharakter körperlicher Arbeit in der sog. "Leistungs"gesellschaft z.B.

    ein Teil von mir fragt sich dann meist, wieviel davon durch vorherigen Drogenkonsum hervorgerufen oder eben vom Flow in die Euphorie gepuscht wurde

    ich würde das nicht überbewerten, auch wenn natürlich der geniale Jazzer auf Koks oder Speed und die Psychedelic-Rocker auf Gras oder LSD nicht immer nur Klischees sind: die Hilfsmittel, aus der reinen Leistungsschau in eine Art wirklich musikalischen Flow zu kommen, sind vielfältig.

    Aus eigener Erfahrung würde ich sagen, dass es durchaus immer möglich ist, das im "nüchternen" Zustand zu schaffen, es bedarf dazu halt anders als auf Drogen (die einen einfach irgendwohin katapultieren, was ja auch manchmal schiefgeht...) einer bewussten Entscheidung, in den Flow zu gehen. Wenn man das einmal mitgekriegt hat, braucht man keine Drogen mehr. und, da wir hier beim Thema "Alter" sind: die Musiker, die mit ihrem Job alt werden, sind doch auch meistens die, die das mit den Drogen seit möglicherweise Jahrzehnten nicht mehr brauchen.

    Manchmal habe ich eine Art Flow Zutand erlebt, in dem alles wunderbar geklappt hat und ich mich wohl gefühlt habe, aber das war eher bei Solo-Spiel, nicht im Orchester, obwohl es da auch mal vorkommen konnte,

    Deswegen kam von mir auch eher die Richtung Solo-Improvisation, also etwas, wo so etwas wie "Flow" auch Platz hat, sich im klanglich-melodisch-harmischen Ergebnis niederzuschlagen... Obwohl ich es auch in der Band erlebt habe, wo Vieles festgelegt ist.

    richtig. Über die Sologeige kann ich nur sagen, dass mich das etwas gleichförmige (wenn auch noch dezente) Dauervibrato nicht so ganz befriedigt...

    Klassische/musische Bildung hat aktuell nicht so die Superlobby (Stichwort: Stellenwert der Musikunterrichts an Schulen).

    das könnte noch ein richtiges Problem werden: zur Standardbildung der gefühlten Wissenselite gehört es zunehmend nicht mehr, mal was auf dem Klavier gespielt zu haben, mal in einem klassischen Konzert gewesen zu sein, überhaupt einen groben Schimmer von Musikgeschichte mitbekommen zu haben. Von daher fehlt dann die Wertschätzung für den Krempel, den wir hier zelebrieren, zumal man ja auch fürn Stoneskonzert annähernd elitäre 250 € ausgeben kann...

    Aber wie Rosamunde hier einen besonders daneben liegenden Vergleich überzeugend mit einem nicht zu widerlegenden Sachargument förmlich "in der Luft zerreißt", das ist schon bemerkenswert.

    Auch damit hast Du ein nicht stichhaltiges Beispiel förmlich "in der Luft zerrissen". Sehr gut, wenn ich das so sagen darf,

    sind wir hier beim Hahnenkampf oder was? bitte nochmal den Zweck des Forums und die - regeln studieren..

    Liebhaber der Klassik können sich eine lethargische "mir doch egal"-Haltung nur bedingt leisten, wenn eben ein großer Teil der Bevölkerung kein Interesse mehr an Klassik hat und somit Finanzierungen gekappt werden.

    ebent.

    der Klassikszene ist es aber durchaus wichtig, dass das Publikum sich reproduziert und Kohle reinkommt - sonst werden noch mehr Einrichtung von der Schließung betroffen sein als eh schon. 'Die' stehen nicht unter Zugzwang, wir (Klassikliebhaber:innen) schon. Denen ist das egal, wenn Konzerthäuser dicht machen und Orchester aufgelöst werden, uns möglicherweise nicht. Und das ist der kleine aber feine Unterschied.

    der zitierte Yacht- oder Golfclub erwartet nicht, von der Gesamtgesellschaft über Subventionen, Rundfunkbeiträge etc am Laufen gehalten zu werden.

    (auch wenn er das im Kapitalismus natürlich letztendlich auch wird, aber das ist eine andere Baustelle)

    Dann wird modern noch interpretiert, wie letztens bei Rossini, dass der Komponist es mit dem Glauben nicht ernst genommen haben kann, dabei klingt die Musik eben so, wie sie klingt, weil der Komponist es mit dem Glauben ernst nahm.

    man vergisst auch schnell, dass der Glaube dazu führen kann, dass man es mit dem ganzen Ernst des Lebens nicht mehr so ernst nimmt. Nennt man auch "heitere Gelassenheit".

    Im 19. Jhd. hat man die Divergenz von Text und Musik offenbar nicht so empfunden, wie die auf Wikipedia genannten Zeugnisse zu berichten wissen:

    Zitat

    Die Psalmkantate wurde zu Lebzeiten des Komponisten häufig aufgeführt und auch vom selbstkritischen Mendelssohn als eine seiner besten Kirchenkompositionen eingeschätzt. Robert Schumann urteilte, das Werk sei „die höchste Stufe, die er [Mendelssohn] als Kirchenkomponist, ja die neuere Kirchenmusik überhaupt, erreicht hat“.

    ich finde, Schumann hat Recht. Für mich ist gerade die Abwesenheit von oratorienhafter Dramatik eine echte Qualität dieser Psalmkantate(n).

    Wnn man die Wurstfinger von Perlman oder Vengerov betrachtet

    jaja, die Wurstfinger von Segovia fallen mir als Gitarrist natürlich sofort ein... aus eigenem Begreifen bzw Befingern kann ich aber nur sagen, dass eine ordentliche Spannweite schon Vorteile hat, vor Allem bei improvisierten Fingersätzen beim Vom-Blatt-Spiel oder überhaupt beim Improvisieren.

    Mit genug Vorbereitung lassen sich natürlich viele Probleme mit ausgefeiltem Fingersatz lösen.