Beiträge von Matthias Oberg

    Hallo Konrad,

    das finde ich interessant. Ich frage mich, wieso ich in der Literatur zur Dichterliebe dazu so wenig bislang gefunden habe? Der Übergang von "Am leuchtenden Sommermorgen" zu "Ich hab im Traum geweinet" war allerdings mir auch als weniger für mich überzeugend musikalisch vermittelt aufgefallen, als die sonstigen Übergänge. Ich werde nach der Hampson/Sawallisch-Aufnahme fanden.

    Wir sollten dann wohl auch diese Lieder mitberücksichtigen und das für und wieder ihrer Einbeziehung, bzw. Streichung konkret diskutieren.

    -------------------

    Hallo Syrinx,

    du hast recht, ich habe zu undifferenziert meine Einschätzung zusammengezogen. Salzburg und Edinburgh finde ich auch wesentlich differenzierter als die Studioaufnahme, dennoch bleibe ich dabei, dass auch sie mir zu einseitig zu schön bleiben, insofern insbesondere eine Distanz vom lyrischen Ich, ohne die die Ironie auch des Schumannschen Werks nicht transportierbar ist, für mich auch bei diesen beiden nicht hörbar wird. Aber das diskutierenen wir wohl auch besser bei den Besprechungen der einzelnen Lieder.

    Wenn wir jetzt Werk- und Aufnahmebesprechungen auch in diesem Thread verbinden, würde ich dennoch vorschlagen, dass wir jeweils bei jedem einzelnen Lied uns zunächst einmal auf die Werkbesprechung konzentrieren und dann die Interpretationen dieses Lieds vergleichen.

    :wink: Matthias

    Meine eigene wissenschaftliche Arbeit auf völlig anderen Feldern läßt mir leider wenig Zeit, auch noch Musikwissenschaftliches zu lesen. So habe ich die Mahler-Werke zwar alle in zahlreichen Einspielungen, die ich auch relativ oft höre, habe aber wirklich noch kein einziges Buch zu Mahler gelesen. Das geht doch vielleicht anderen ähnlich. Insofern fände ich allgemeine Werkeinführungen schon nützlich - und sei es zur Erinnerung oder um für die weitere Diskussion einen Minimalstand an Kenntnissen verallgemeinert voraussetzen zu können. Überflüssig finde ich sie also nicht, sondern so ein bischen Volkshochschule einen tollen Service.

    Ganz ausgezeichnet fände ich in dem Zusammenhang auch, wenn die Vielbelesenen einen Thread über Mahler-Literatur eröffnen könnten, in dem Mahlerinteressierte erfahren können, was man aus dem großen Berg an Literatur auf jeden Fall lesen sollte, was z. B. eurer Meinung nach wirklich gute Werkbesprechungen der Symphonien liefert.

    Bei Einführungsthreads muß ich mich also hier zurückhalten, werde aber später gerne mich aktiv beteiligen.

    In dem Zusammenhang möchte ich noch anmerken, dass niemand enttäuscht sein sollte, wenn die Resonanz nicht sofort so hoch ist. Es gibt schon jetzt mehr mich Interessierendes, zu dem ich gerne beitragen würde, ohne so schnell genug Zeit zum Nachhören und Schreiben zu finden. Und eigene Eröffnungsprojekte habe ich auch noch vor. Ich meine sogar, wir sollten uns zu Anfang ruhig darauf konzentrieren, erst einmal hier und da ein paar solide Möbel in die leeren Hallen zu schieben. Die Zeit, es sich auf ihnen gemeinsam gemütlich zu machen, kommt schon noch.

    :wink: Matthias

    Sehe ich auch so. Die größere Differenzierungsmöglichkeit, wenn es mindestens bis 5 geht - einschließlich der Möglichkeit, halbe Punkte oder was auch immer zu vergeben - sollte auch bestehen bleiben.

    Ansonsten finde ich diesen Kommentar aber durchaus beispielhaft. Wo findet dann aber die Diskussion der Interpretationen statt? Wirklich in einem dritten Thread? Ist das gewollt? Oder dann doch lieber im Werk-Thread?

    :wink: Matthias

    Von Wunderlich/Giesen gibt es noch eine dritte Aufnahme der "Dichterliebe", aus Salzburg, live, die mir am meisten von den drei zusagt.

    Ich teile aber die Einschätzung des Chorknabens. Das ist zu schön und auch in der Identifikation mit dem lyrischen Ich zu eindimensional, zu wenig die wechselnden Gefühlslagen des enttäuschten Liebenden zum Ausdruck bringend. Diese Eindimensionalität finde ich übrigens nicht nur bei Wunderlich, sondern auch bei Giesen. Abgesehen davon, dass ich nach wie vor meine, dass eine nur über die Identifikation mit dem lyrischen Ich erfolgende Interpretation weder dem Werk Heines, noch dem Werk und der eigenen Ironie Schumanns gerecht wird. Aber das können wir ja dann konkreter bei der Beschäftigung mit den einzelnen Liedern diskutieren.


    :wink: Matthias

    Die Herreweghe-Interpretation des Lieds von der Erde halte ich auch für geglückt. Ebenso kann ich Zwielichts Einschätzung von Blochwitz und Remmert teilen. Beide gefallen mir in diesem Kontext sehr gut.

    Von der 4. in der Stein-Bearbeitung habe ich die Aufnahme des Thomas Christian Ensemble:

    Christiane Oelze habe ich als richtig klasse in Erinnerung, das Ensemble als präzise, aber nicht allzu bewegend. Liegt es an der Aufnahme oder der Steinschen Bearbeitung? - Nun fehlt mir bei der Bearbeitung eine Vergleichsmöglichkeit und ich müßte beide CDs auch noch einmal hören, um meinen erinnerten Eindruck zu überprüfen und um hier mehr mitteilen zu können als nur diese pauschalen Urteile.


    Mahlers Bearbeitung von Schuberts "Der Tod und das Mädchen" habe ich auch einmal gehört. Ich habe an sich nichts gegen solche Orchesterbearbeitungen von Kammermusikwerken, aber hier gewinnt m.E. das Werk keine neue Dimension, verliert jedoch für mein Gefühl deutlich an Intensität. Mahler hat es wohl wirklich einfach aus besonderer Liebe zu diesem Werk orchestriert, um es selbst aufführen zu können.


    :wink: Matthias

    Dass ECM mit Jan Garbark u.a. eher Elegischem das deutsche Bild von skandinavischem Jazz geprägt hat - auch in der Verbindung mit den Coverfotos weiter menschenleerer Naturansichten - ein Bild, das heute von Act erweitert, wird um den mir zumeist zu glatten Nils Landgren und die vielen poppig trällernden Damen - , sollte nicht übersehen lassen, dass es auch einen ganz anderen Jazz in Skandinavien gab und gibt, der zumeist anderswo, bei Stunt und den vielen kleineren skandinavischen Labeln herauskam.


    Doch manchmal verirrte sich sogar so ganz anderes aus Skandinavien aus Versehen, - einer Unaufmerksamkeit von Manfred Eicher? auf ECM, z.B. diese beiden von Krakatau:

    Zwei meiner liebsten ECM- Platten mit wilden postcoltranesken Bläsern, schräg-psychedelischer E-Gitarre und viel Power von Drums und Percussion. Nicht untypisch für viel skandinavischen Jazz ist auch dies, gerade für das, was heute dort an Hochinteressantem sich tut. Nicht untypisch ist sie auch insofern, da man im skandinavischen Jazz schon sehr früh häufig Bezüge zum einheimischen, wie von anderswo aufgeschnapptem oder einfach selbst ausgedachtem Folk und sehr früh zu allerlei Weltmusik fand. So gibt es auch hier viel psychedelisches Fantasie-Asien zu hören. Nach diesen beiden Platte war dann aber für diese tolle dänisch-schwedische Band Schluß bei ECM.


    Auch Steve Lake konnte als Produzent öfter Musik bei ECM unterbringen, die dem gewohnten ECM-Bild und Klangideal widersprachen, z.B. die letzten Aufnahmen von Hal Russell.


    Leider scheint sich das Spektrum bei den Jazzveröffentlichungen nach meiner Wahrnehmung einzuschränken.


    Natürlich sind noch eine ganze Reihe von Musikern, die ich überaus schätze bei ECM, z.B. Enrico Rava, Stefano Bollani, Thomasz Stanko, Bobo Stenson, Paul Bley. Deren CDs sind auch nach wie vor sehr gut. Aber die für mich viel interessantere Stimmung ihrer Liveauftritte finde ich nur noch sehr abgedämpft bei ECM. Auch mal Wilderes, Aggressiveres oder der wunderbare Humor etwa bei Ravas/Bollanis Liveauftritten kommt allenfalls noch sehr gedämpft rüber. Rava, Bollani, Paul Bley machen m.E. ihre interessanteren Aufnahmen schon lange parallel anderswo. Auch der famose Louis Sclavis, der immer für Überraschungen gut war, ist abgewandert. Ich wünschte mir, die genannten würden das auch ganz tun. Ich glaube, ihren Aufnahmen würde das gut tun. Doch hat ECM über die Jahre einfach einen vergleichsweise erstklassigen Vertrieb aufgebaut und eine Hörerschaft ausgebildet, die halt einfach "ECM-Platten" kauft. Das gibt man als Musiker natürlich auch nicht so gerne auf. Denn was nützt die genialere CD, die nirgendwo besprochen und in Läden ausgelegt wird und bei JPC oder Amazon nicht gelistet ist. Selbst wenn man wie Sclavis und Rava bei Label Bleu aufnehmen kann, der Markt für Jazz-CDs ist in Frankreich kleiner als in Deutschland und hier läßt der Vertrieb und die Öffentlichkeitsarbeit selbst dieses inzwischen nicht mehr soo kleinen Labels sehr zu wünschen übrig.


    Derzeit versucht Stunt Records, das größte skandinavische Jazzlabel aus Dänemark, das mit Sundance über einen guten eigenen Vertrieb verfügt und gut mit Kapital aus staatlichen Subventionen und aus anderen Branchen ausgestattet ist, mit massiver Unterstützung des dänischen Staates energisch in den deutschen ud europäischen Markt reinzukommen. In Frankreich bei den Absatzzahlen, wie ich gehört habe, inzwischen schon mit einigem Erfolg. Auf Stunt kommt überwiegend guter Mainstream raus, also nicht nur etwas für die Neutöner-Freaks, aber auch die werden gelegentlich mit vorzüglichem versorgt. Aber dem ECM- und heute auch Act -bestimmten deutschen Skandinavienbild entspricht kaum eine Aufnahme. Außerdem werden häufig internationale Stars zu Aufnahmen skandinavischer Bands dazugeholt. Zudem erscheinen hier die CDs mit den Preisträgerkonzerten des höchstdotierten europäischen Jazzpreises, dem Jazzpar-Price. Die Liste der Preisträger ist vorzüglich und diese Aufnahmen sind m.E. alle bis jetzt auch in den reichen Diskographien der Preisträger ganz ausgezeichnet geworden. Zu den Regeln dieser Preisträgeraufnahmen gehört, dass die Preisträger neben Wunschpartnern aus ihren eigenen Projekten oder mit denen sie immer schon einmal zusammenspielen wollten, auch skandinavische Musiker dazuladen müssen.


    Es wird interessant zu sehen sein, ob es Stunt Records gelingt, das sehr einseitige Bild vom skandinavischen Jazz in Deutschland zu verändern und darüber in der Folge auch kleinere Label mit ausgefallenerer Musik sich Öffentlichkeit und eine Marktniesche in Deutschland erschließen können.


    :wink: Matthias

    Geoff Keezer ist ja einer der jüngsten aus der Talentschmiede von Art Blakeys Jazz Messengers. Dort habe ich ihn auch zum ersten mal gehört und war gleich fasziniert von diesem damals noch blutjungen Virtuosen, der aber auch gleich dieses eigene, gewisse Extra hatte, Spielfantasie auch in schon so oft gehörten Hardbob-Standars, z.B. indem er ungewöhnliche rhythmische Bezüge aus dem Latin in solche Klassiker einfügte.


    Ich habe mir jetzt mal meine erste CD von ihm herausgesucht, die mir beim Wiederhören noch genauso gut gefällt. Damals war er erst 22, aber seine Spielintelligenz läßt das kaum vermuten:


    Zu seinen tollen Rhythmen tragen hier auch James Genus (b), Tony Reedus (dr), der damals auch noch blutjung gewesen sein muß, und bei 3 Titeln Rudy Bird (perc) bei. Stückauswahl, Eigenkompositionen und seine Soli sind excellent.


    Nicht jede CD, die ich danach von ihm gehört habe, hat mir so gut gefallen. Besonders gut fand ich jedoch auch sein Piano-Duo mit Harold Mabern. Aber ich habe ihn dann auch bald etwas aus den Augen verlohren und kenne noch gar nicht sehr viel von ihm. Danke, Miguel, dass du mich an ihn erinnert hast.


    :wink: Matthias

    Da mache ich auch gerne mit:


    "Lange Zeit bin ich früh aufgestanden"

    Sonntag 24.5. Maldoror

    Montag 25.5. Laller

    Dienstag 26.5. Zwielicht

    Mittwoch 27.5. Rideamus (bin aber flexibel)

    Donnerstag 28.5. audiamus

    Freitag 29.5. Amfortas

    Samstag 30.5. Frank Pronath

    Sonntag 31.5. Achim

    Montag 1.6. Micha

    Dienstag 2.6.

    Mittwoch 3.6. Fairy Queen

    Donnerstag 4.6.

    Freitag 5.6.

    Samtag 6.6.

    Sonntag 7.6. Matthias Oberg

    Montag 8.6

    Dienstag 9.6.

    Mittwoch 10.6.

    Donnerstag 11.6


    Wenn wir mehr werden, als hier schon Tage aufgeführt sind, können weitere TeilnehmerInnen ja einfach Tage anfügen.

    Ich bin gespannt, was mich erwartet: Krimi? Maritimes? Kombination aus beidem, bis das Blut aus den Speigatten fließt? Oder Herzzereissende Love-Story voller Verwicklungen? Gar der Selbsterfahrungsbericht einer capricciösen multiplen Persönlichkeit? :D

    :wink: Matthias

    Da ich mich seit einiger Zeit sehr für die portugiesische Jazzszene interessiere, war es unvermeidlich, auch auf den Fado (und andere "traditionelle", aber eben auch traditionell offene Formen portugiesischer Musik zu kommen), denn es gibt hier einige musikalische und personelle Überschneidungen, wie auch zu einigen neueren portugiesischen Komponisten. Dazu später andernorts einmal gerne mehr.

    Jedenfalls konnte ich mit Grundstimmung und Weltgefühl des Fado gleich viel anfangen. Soweit vom Blues doch gar nicht entfernt, empfand ich, wenn auch weicher, lyrischer, wie die portugiesische Sprache selbst, und etwas von abbröckelnder Dekadenz und auf charmante Weise ermattet - eben die Musik eines alten Landes, das seine große Epoche vor sehr langer Zeit hatte.

    Misia finde ich, was die Stimme und den Ausdrucksreichtum angeht, auch großartig: In ihrer Generation sicherlich eine der besten. Leider gefallen mir bei den neusten Veröffentlichungen die Arrangements auch weniger und werden mir die Pop-Einflüsse zu groß. Ich würde daher auch besonders zu ihren ersten Aufnahmen raten.

    Portugiesisch und das wieder anders klingende Brasilianisch sind für mich sogar vieleicht die schönsten Gesangssprachen. Ich kann es leider nicht, habe aber das Glück, dass beides in meinem Umfeld relativ viel gesprochen wird, was ich immer gerne höre. Über die Erlernbarkeit habe ich völlig gegensätzliche Auffassungen gehört. Mein wichtigster Lehrer in der Philosophie hat nach der Revolution einige Jahre in Coimbra gelehrt und meinte, der Spracherwerb wäre kein Problem, aber der konnte sich in seiner Zeit im Europaparlament auch mit fast allen fließend in ihrer Landessprache verständigen. Aber auch mein Lehrer in der Entwicklungsökonomie und -soziologie, der in seiner eigenen Muttersprache ein starker Stotterer ist, spricht Portugiesisch und Brasilianisch nicht nur völlig fließend, sondern auch sein Stottern ist dann seltsamerweise völlig verschwunden. Er hat mir auch wunderbar die Unterschiede zwischen beiden Sprachklängen vormachen können.

    Sorry, dass ich jetzt etwas OT geworden bin.

    :wink: Matthias