Ich mache dann mal gleich weiter:
Da ich gestern die Aufnahme von Jean Sibelius "Jedermann"-Schauspielmusik anhörte und sich auf dieser Aufnahme ebenfalls eine weitere Schaupielmusik befindet, möchte ich diese auch vorstellen:
Belsazars Gastmahl (Belsazars gästabud), op. 51
„Belsazars Gastmahl“ basiert auf Hjalmar Procopes (1868 – 1927) gleichnamigen Buch, das 1905 erschienen ist. Procopes Buch basiert auf dem 5. Kapitel des Buchs Daniel im Alten Testament.
Zur Handlung:
Mitten auf dem Stadtplatz von Babylon steht ein Götzenbild, vor dem sich jeder verbeugen muss. Elieser, der jüdische Ratgeber des Königs, erklärt, dass die junge Jüdin Leschanah von Gott für eine wichtige Aufgabe auserwählt wurde: die Ermordung des Königs Belsazar.
Der jüdische Prophet Ben Oni geht an dem Götzenbild vorbei, ohne sich zu verbeugen und wird festgenommen. Die Tänzerin Khadra, Belsazars bevorzugte Sklavin, ist auch anwesend und sie verliebt sich in den Propheten und sie will ihn besitzen, wenn auch nur für eine Nacht und sie ist so von ihm fasziniert, dass sie ihn unbedingt küssen will aber dieser reagiert ablehnend.
In einem Festzug erscheint der König Belsazar und Leschanah, die einen Dolch in der Hand trägt. Belsazar verliebt sich in Leschanah und bringt sie in seinen Palast, die ihm bereitwillig folgt.
Sibelius schildert diese Szene mit einem Marsch mit einer sich stetig steigernden Dynamik. Besonders dominant sind dabei die Schlaginstrumente kombiniert mit dem
schrillen Klang der Piccoloflöte in ihren höchsten Lagen.
In der sternenklaren Nacht ruht Leschanah, die von anderen Sklavinnen umgeben ist, auf ihrem Bett und ihr erscheinen die funkelnden Sterne, als wenn diese miteinander sprechen würden. Musikalisch setzt dies Sibelius mit einem expressiven Solo der Flöte um, begleitet von einem differenzierten Streichergeflecht.
Im Palast ist Leschanah die Favoritin von Belsazar geworden. Sie hält das Zepter des Königs in ihrer Hand, das die Macht verleiht, über Leben und Tod zu entscheiden. Die verdrängte Khadra verspottet Leschanahs bescheidene Herkunft. Leschanah verlangt von Belsazar Khadras Kopf. Dieser kann die Entscheidung nicht beeinflussen, da Leschanah das mächtige Zepter hat aber seine Gefühle zu Leschanah erkalten. Die Entscheidung, Khadra zu töten, kann aber nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Belsazar gewährt Khadra einen letzten Wunsch und veranstaltet ein Fest bei dem Khadra ein letztes Mal vor ihm tanzen kann.
Bei diesem Fest tragen alle schöne Gewänder und es werden erlesene Speisen und Getränke gereicht. Khadra setzt sich neben dem König und die Sklavinnen servieren den Gästen die Speisen. Die Musik erzeugt eine dunkle, lebhafte, aufregende und orientalische Atmosphäre. Auch hier haben die Schlaginstrumente eine wichtige Rolle. Die Musik endet mit Leschanahs Auftritt.
Khadra tanzt ihren „Tanz des Lebens“ auf Rosen und Tigerfellen. In der Musik alterniert ein Duo von Flöte und Klarinette diese anmutige Musik.
Belsazar ist von Khadras Tanz begeistert und gewährt ihrem Wunsch, aus Moses` heiligem Becher trinken zu dürfen. Aus Dankbarkeit tanzt Khadra den „Tanz des
Todes“. Aus einer Kiste holt sie eine Kobra, die sie sich um ihren Hals legt während sie langsam dazu tanzt. Die Schlange beißt sie in ihre Brust und bevor Khadra stirbt, gelingt es ihr noch, aus Moses`Becher zu trinken.
Ein Windstoß durchquert plötzlich den Saal und eine unsichtbare Hand schreibt die Wort „Mene, Mene, Tekel, Parsin“ an die Wand. Belsazar fordert die Weisen auf, die Worte zu deuten. Die sterbende Khadra bittet um mehr Wein und sie versucht, ihre Schmerzen durch Tanzen zu vertreiben. Das Tempo der Musik wird aber immer langsamer . Schließlich fällt Khadra zu Boden. Der Prophet Daniel erscheint, der den Text an der Wand interpretiert. Dieser bedeutet das Ende von Belsazars Herrschaft und dass Belsazar in der kommenden Nacht sterben wird.
In dieser Nacht durchlebt Leschanah einen inneren Kampf, weil sie Belsazar nicht mehr töten will. Der jüdische Ratgeber Elieser erscheint und erinnert Leschanah an ihre Pflicht, den König zu töten. Leschanah lehnt aber ab aber Elieser versucht sie damit zu überzeugen, indem er behauptet, dass Khadra noch am Leben sei und sie sich mit dem König treffen will.
Während dessen wartet Belsazar mit seinem Ratgeber Aspenasi darauf, dass sich die verhängnisvolle Prophezeiung erfüllt. Die Musik dazu ist spannungsvoll, ausgedrückt durch Schzehntel-Figuren in den Streichern und kurzen fanfarenartigen Wiederholungen in der Flöte.
Leschanah erscheint in Belasazars Zimmer und es wird ihr gesagt, dass er sie nicht mehr liebt. Aus dem angrenzenden Saal tönt Khadras „Tanz des Lebens“ herüber.
Belsazar will in den Saal gehen, um Khadras töten Körper anzusehen aber Leschanah versucht, dies zu verhindern. Die Musik wechselt vom „Tanz des Lebens“ zum „Tanz des Todes“. Leschanah zieht ein Schwert und tötet Belsazar. Sie verrät den Festgästen, dass die Juden hinter dieser Tat standen aber Elieser behauptet, dass
Leschanah allein dafür verantwortlich ist und er zieht das Schwert aus Belsazars Brust und tötet damit Leschanah.
Zur Musik:
Die Theatermusik besteht aus 11 Musiknummern, von denen einige wiederholt werden. Es ist vielleicht Sibelius einzigstes Werk, in dem er ausdrücklich ein orientalisches Kolorit musikalisch darstellt. Die erste Aufführung des Schaupiels mit der Musik von Jean Sibelius fand am 7. November 1906 im Schwedischen Theater in Helsinki statt.
Die Premiere wurde mit großem Interesse erwartet. Allerdings wurde das Stück insgesamt eher kühl aufgenommen, wobei Sibelius` Musik schon gelobt wurde. Allmählich konnte sich „Belsazars Gastmahl“ dann doch durchsetzen und es wurde vom November 1906 bis Januar 1907 insgesamt 21 Mal aufgeführt und 1914 erschien es wieder auf dem Programm. Im Jahr 1950 fand die erste Aufführung in finnischer Sprache im Volkstheater „Kansan-Teatteri“ statt.
Sibelius stellte aus der Theatermusik eine Orchestersuite zusammen, die er selbst in einem Konzert am 25. September 1907 dirigierte. Drei Nummern hat Sibelius dabei weggelassen (die Bankettszene, der Beginn des vierten Aktes und der Dialog zwischen Belsazar und seinem Ratgeber Aspenasi). Ebefalls 1907 fertigte Sibelius eine Klavierfassung der Orchestersuite an.
Das Orchester besteht aus Flöte/Piccolo, zwei Klarinetten, zwei Hörnern, Schlaginstrumente (große Trommel, Becken, Tamburin und Triangel) und Streicher.
Procopes Buch „Belsazars Gastmahl“ist thematisch durchaus mit Oscar Wildes „Salome“ (1892) vergleichbar. Wildes Stück wurde 1905 am Finnischen Nationaltheater
aufgeführt und sorgte für viel Aufsehen. 1905 komponierte dann Richard Strauss seine Oper „Salome“, die im folgenden Jahr 1906 uraufgeführt wurde. Im gleichen Jahr komponierte Sibelius die Schaupielmusik zu „Belsazars Gastmahl“ und obwohl man Strauss`Oper und Sibelius` Schauspielmusik nicht miteinander vergleichen
kann, so gibt es zumindest in Khadras Tänzen (Tanz des Lebens und Tanz des Todes) schon gewisse stilistische Ähnlichkeiten zu Salomes „Tanz der sieben Schleier“.
Folgende Aufnahmen aus der verdienstvollen Sibelius-Reihe bei BIS kann ich empfehlen:
Die Suite:
und die erste Aufnahme der vollständigen Schaupielmusik:
Lionel