Wenn ich beim Lesen Musik höre, dann geht das nur mit rein instrumentalen Stücken, die mir bekannt und außerdem möglichst einfach sind. Trotzdem bleibt das letztlich Hintergrund, und ich merke immer wieder, daß das Hirn diese Berieselung zwar nicht ganz ausschaltet, aber ziemlich unterdrückt. Im allgemeinen vermeide ich es daher, bei der Lektüre auch noch zu lauschen, es sei denn, es geht um irgendwelche Kurzinformation oder dergleichen. Und ja, wenn ich genauer hören will, setze ich Kopfhörer auf, um sonstige Umwelteinflüsse einigermaßen auszuschalten. Und auch, um niemanden zu stören, der vielleicht gerade keine Lust auf Opern- und Konzertschall hat.
Beiträge von Waldi
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Danke, lieber Areios, für die Wiederbelebung dieses hochinteressanten Threads und insbesondere für das schöne Lemnitz-Beispiel. Vermutlich ist das die Aufnahme von 1949. Faszinierend ist die Zartheit, eine Stimme voller Seele, eher hell, aber auch zu dunkleren Tönen fähig - das Gegenteil einer "weißen" Stimme, wie wir sie gegenwärtig so oft hören. Man spürt auch, daß die Lemnitz ihr Potential gar nicht ausschöpft. Das getragene Tempo erfordert von der Sängerin eine gute Technik. Obwohl die Lemnitz ihren Höhepunkt damals wohl schon hinter sich hatte, verrät sie kaum Mühe. Das hinter einer solchen Rollenauffassung stehende Frauenbild - verletzlich, zurückhaltend usw. - mag den Jüngeren veraltet scheinen, aber es hört sich betörend an. Bevor ein Einwand kommt: Die Lemnitz als NS-Parteimitglied etc. klammere ich jetzt vollständig aus, es geht nur um die Stimme und die Rollenauffassung, nicht um den realen Menschen T.L. .
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Von dieser Bellezza-"Traviata" kenne ich nur ein paar Auszüge, aber die haben mich nicht zum Kauf gereizt. Vielleicht sollte ich noch einmal hineinhören...
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Simmel war Wiener, allerdings deutscher Abstammung. Österreich hat aber noch andere Glanzlichter aufzuweisen, etwa:
Fritz Habeck: Der einäugige Reiter, 1963, und Schwarzer Hund im goldenen Feld, 1973.
Käthe Recheis: Der weiße Wolf, 1982.
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Ich würde Simmel jedenfalls berücksichtigen, freilich nur mit wenigem aus seinem OEuvre.
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NAXOS 2016
Susan Alexander-Max spielte im Jahr vor ihrem Tod vier Hauptwerke Clementis ein: Op.50, Nr. 2 und 3 (sie zählten zu den letzten Klavierveröffentlichungen des Komponisten und sind Cherubini gewidmet), publiziert 1821, entstanden aber wahrscheinlich früher (allerdings nehme ich an, daß Clementi, wie er es pflegte, die Werke weiter bearbeitet hatte). Nr. 3 ist eine dramatische Dichtung, "Didone abbandonata" und wohl die anspruchsvollste Schöpfung Clementis. Der von der Pianistin in den früheren Editionen benützte Rosenberger-Nachbau wäre diesem Werk kaum angemessen gewesen. Sie wählte daher einen Broadwood-Flügel von 1816 aus der berühmten Cobbe Collection in Hatchlands House (Surrey). - Die Sonate op.1, Nr.3 ist ein Geniestreich aus Clementis Lehrzeit. Im Beitext wird der melodische Chame hervorgehoben, und ich kann das nur bekräftigen, es gibt kaum etwas Anmutigeres aus dieser Zeit. Den Abschluß bildet die Sonate op.8, Nr.2, die in Wien entstand, also zu der Zeit, als Clementi sich dem legendären Weihnachtswettbewerb mit Mozart stellte. Kaiser Joseph II. fällte bekanntlich das Urteil, daß die Konkurrenten gleichwertig gewesen seien. Ich glaube ihm das gerne und ich könnte mir denken, Mozart hat sich für sein abfälliges Urteil nachher hoffentlich ein bißchen geschämt. Für die beiden letztgenannten Stücke wählte Alexander-Max ein anderes Instrument der Cobbe Collection, ein 1794-95 gebautes "Grand piano" der Fa. Longman & Broderip, an der Clementi selbst beteiligt war und die er kurz darauf zur Gänze übernahm. Das Klavier befand sich im Besitz Joseph Haydns, der es von seiner Englandreise nach Wien brachte, und kam erst 1806 in die englische Sammlung. Der Klang ist traumhaft schön. Diese CD gehört zu meinen besten Erwerbungen im heurigen Jahr.
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Zur Zusatzfrage: Hier habe ich "Der rote Tod" in Verdacht.
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Nächster Versuch: A = Alexander v. Zemlinsky?
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Ich probiere einen Schuß ins Blaue: Komponist A = Kurt Weill ??????
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Stimmt genau.
Aber es geht um einen konkreten Teil des "Rosenkavaliers". Welcher ist es?
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Als Wiener hat man bei einem solchen Rätsel natürlich Startvorteile. Bei D habe ich zwar Mozart vermutet, war aber nicht sicher genug, um ihn auch zu nennen.
Ein anderes Rate-Zitat, vermutlich auch nicht sehr schwer:
"Nun, da soll noch einmal ein böser Spötter kommen und behaupten, dem großen X falle nichts Einfaches mehr ein! Ein Viertelhundert Takte, euphorisch nur Tonika und Dominante und ein so göttlicher Einfall, daß sogar...der Walzerkönig von der schönen blauen Donau neidisch werden könnt'. ich sag's immer, ein Tausendsassa ist der X, und sein Rezept ist unfehlbar: erst etwas, das selbst die gescheitesten Leut' nicht kapieren, und gleich drauf etwas, das auch die dümmsten Rindviecher nachsingen können. Dann kommen sich die gescheiten Leut' recht dumm vor, und die dummen meinen, sie wären gescheit."
Wer ist X? Auf welches Musikstück bezieht sich dieser - parodistisch gemeinte - Text?
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Richard Strauss - Ariadne auf Naxos - Wr.Philharmoniker???
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Der gelackmeierte Erik ist schon ein ziviler Jäger. Was sollte ein Infanterist am stillen Fjord?
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Im Werk ist ein Jäger, aber dort, wo er im Stück daheim ist, wäre er Jeger.
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Veroneskes Breitwandspektakel ist natürlich Geschmackssache, aber - mein Eindruck - verglichen mit anderen Aufführungen der letzten Jahre in der Arena ist der Künstlerischen Leiterin, Cecilia Gasdia, mit dieser "Carmen" eine Aufführung wie aus einem Guß gelungen. Kostüme und Kulissen von Qualität, mit der Garanca eine Carmen der Extraklasse - sie singt nicht nur toll, sondern hat auch die nötige Ausstrahlung, nicht die Vulgärkoketterie, mit der sich etliche andere in dieser Rolle behelfen müssen. Eine Charakterstudie einer gesellschaftlichen Außenseiterin, die sich absolut nicht den sozialen Konventionen unterwerfen will - ein sehr moderner, aktueller Typ, natürlich zum Scheitern verurteilt. Ein Pauschallob für das übrige Ensemble, alles gleichzeitig vorzügliche Schauspieler. Brian Jagde als Don José ist das Gegenteil von stilistischer Eleganz (wie dieser Part oft interpretiert wird), aber als geistig wenig beweglicher Bauer, der mit seiner ungewohnten Umwelt nicht fertig wird und deshalb in der Gewalt endet, da ist er vollkommen riollendeckend. Auch er ein Typ, der aktueller nicht sein könnte (man denke an die Serie der Frauenmorde nicht nur in diesem Jahr). Natürlich kann man die Blumenarie "schöner" singen, aber das wäre in dieser Inszenierung verkehrt. Das Grelle, Reißerische wird bewußt vermieden, auch musikalisch seitens des Orchesters, keine Karajan-Effekte (nichts gegen dessen "Carmen", die auch verehre). Hier wird ein fast unterschwelliger Verismo demonstriert, der von Anfang an beklemmend wirkt, aber nie vordergründig wird und einen eigenartigen Kontrast zur Optik des romantisierenden Farbenzaubers darstellt. Ich spüre hier die Brüchigkeit des gesellschaftlichen Glanzes, die Spannungen hinter der "Folklore". Bezeichnend, daß Escamillo nicht als jugendlicher Feschak (Typus Erwin Schrott) daherkommt, sondern als reifer, abgebrühter Typ zynischer Männlichkeit. Während José in seiner Naivität nichts begreift, hat Escamillo auf Grund seiner amoralischen Einstellung keine Probleme, die verschiedenen sozialen Welten zu verbinden - es wäre ohnehin nur auf Zeit.
Ich verstehe schon, daß man die "Carmen" lieber "fetzig" haben will. Ich mag eine solche Version ja auch, aber es gibt eben viele Möglichkeiten...