Moin,
es dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben, dass Otto Klemperer an einer bipolaren Störung litt, die mit den Jahren heftiger wurde und zum Lebensende dann wieder abflachte.
Monate höchster Aktivität im manischen Zustand folgten ebenso Monate tiefster Depression, wo er nur schwer zu Auftritten zu bewegen war. In den 50igern, als er von Ende 1953 bis Ende 1957 mehr oder minder in Dauerdepression unterschiedlicher Tiefe lebte, brachte die finanzielle Not der Familie und das fördernde Umfeld in London, Amsterdam und Köln ihn zum Arbeiten und zu besten Resultaten.
Vorher erlebte er eine manische Phase von ca. 1947 bis Ende 1951, die er größtenteils in Budapest verlebte.
Die Anekdoten über ihn geben kaum Auskunft, wie es "drinnen" ausgesehen haben muss. Es gibt dafür auch kaum Belege; Briefe sind nicht ergiebig, jedenfalls die bisher veröffentlichte Auswahl. Der Biograf Peter Heyworth deutet manches an, ist aber als Brite zurückhaltend und diskret.
Wer aber "Die Welt im Rücken" von Thomas Melle gelesen, hat, ein Autor, der seine Bipolare Störung in dem Roman verarbeitet, der bekommt eine Ahnung von der Hölle, in der Menschen mit dieser Störung leben müssen.
Melle erspart uns nix, den Rausch des Manischen, wo er der Größte der Welt ist, und die Depression in der, so die Statistik 15% aller "Bipolaren" dann den Freitod wählen.
Er erspart auch nicht die geschlossene Anstalt und das Leben mit anderen "Durchgeknallten" aller Couleur, dem Verprellen von Freunden/Freundinnen, das sich Lächerlich machen und das tagelange auf dem Sofa liegen und zu nix sich aufraffen können, während die Wohnung vergammelt, die Pflanzen auf dem Fensterbrett eingehen und Antidepressiva fett und aufgeschwommen machen und sie vernebeln zusätzlich das "Resthirn".
Ein beeindruckendes Buch, nix für sensible Gemüter.
Gruß aus Kiel