Höre dieser Tage locker die ACT Piano Works Reihe durch, kopiere das nun hierher, um an passenderem Ort daran anschließen zu können.
Alles anzeigenGestern noch:
Piano Works I: Joachim Kühn - Allegro Vivace
Den 1944 in Leipzig geborenen Jazzpianisten Joachim Kühn habe ich erstmals als Jugendlicher mit der LP „Coryell Catherine Kühn Live!“ (Elektra 1980) wahrgenommen, die mit Kühns über zehn Minuten langem energievollem Klaviersolo „O.D.“ eröffnet wird.
2005 startete Siegfried Lochs Jazzlabel ACT eine “Piano Works” CD Reihe mit einer „Allegro Vivace“ betitelten, von Joachim Kühn am 12.6.2003 im Studio La Buisonne (Frankreich) auf einem Steinway Flügel aufgenommenen CD (ACT 9750-2).
Persönlicher Höreindruck:
Kühn geht bei acht der elf Stücke der knapp über eine Stunde langen CD von Fremdvorlagen aus, in die er seine Improvisationen einbettet. Sein markanter gestochener Anschlagsstil verstärkt den Eindruck intellektueller, durchdachter, stets souveräner, professionell routinierter Improvisationskultur. Ein paar intuitiv eindringlichere Stücke ragen aber heraus.
Den Anfang machen Couperin und Bach, von diesem eine Chaconne, der 5. Satz aus der 2. Violinpartita d-Moll, das längste Stück der CD, über zwölf Minuten lang. Die Tracks 3 bis 5 gehören Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur KV 622. Beim wie man meinen möge unantastbaren „2. Satz“ zeigt sich die Klasse Kühns, der seiner Improvisation einen harmonisch jazzoideren überraschenden Swing-Groove gibt.
Mit einem Titel, dem intuitiven „Lonnie´s Lament“, würdigt Kühn die Saxophonlegende John Coltrane, mit zwei („She And He Who Is Fenn Love“ und „Allotropes, Elements Different Forms Or Same“) dem Freezazzpionier Ornette Coleman, mit dem er auch live musiziert hat. Kühn gibt „Allotropes, Elements Different Forms Or Same“ einen interessantem, reduziertem Flow.
Die CD rundet sich mit drei Eigenkompositionen Kühns ab. „The Night“ ist hektisch, „Invisible Portrait“ wirkt auf mich wie eine Märchengeschichte und „Mar Y Sal“ groovt sich – endlich auf dieser CD - ordentlich mitreißend ein.
Gestern dann die zweite CD...
Piano Works II: George Gruntz - Ringing the Luminator
Der Schweizer Jazz-Pianist, Komponist, Arrangeur und Bandleader George Paul Gruntz, geboren 1932 in Basel, gestorben 2013 in Allhwil, hat erst mit 72 Jahren, am 4. und 5.12.2004 in der Reformierten Kirche Witikon in Zürich, seine erste Klavier-Solo-Produktion aufgenommen (CD ACT 9751-2) – ein Steinway Flügel, 15 Stücke, knapp über 68 Minuten lang so wie ich sie höre kraftvolle, ganz direkt ansprechende Jazzimprovisationen.
Der Luminator ist eine von Jean Tinguely (1925-1991) geschaffene fast 25 Meter lange und an die fünf Tonnen schwere Lampenskulptur, der Gruntz die ersten drei Stücke der CD widmet, zusammengefasst eben unter dem Titel Ringing the Luminator: Movement 1 Poetry of Wheels, Movement 2 Poetry of Lights und Movement 3 Poetry of Links – ähnlich einer dreisätzigen Sonatine zwei rasche Stücke außen, ein ruhiges innen. Mitreißend brennen die Räder im Jazzrockgroove von Movement 1, irisierend leuchtet es in Movement 2 und Movement 3 ist ein flotter Calypso.
Es folgen selbstbewusst intensive Improvisationen teils über Vorlagen von Kollegen, teils Eigenes.
Balladesk sind Ill Used Illusions (Gruntz), My Foolish Heart (Victor Young), Delusions Redeemed (Gruntz) und I Loves You Porgy (George Gershwin) gehalten, sprunghaft die beiden Ecarroo Takes (nach einer Komposition des Posaunisten Ray Anderson), energisch funkig swingend Well You Needn't (nach dem Bebop-Pionier Thelonious Monk), sanft rhythmisch Blue Daniel (nach dem Stan Kenton Posaunisten Frank Rosolino) und Meeting Point (Gruntz), gut groovt ein Intermezzo (Gruntz), verträumt gibt sich Under One Moon (Andreas Vollenweider) und in die Improvisation über Dizzy Gillespies Klassiker A Night in Tunisia mischen sich chinoise Elemente.
Besonders gut ans Ohr gehen Movement 1 Poetry of Wheels, Intermezzo, Under One Moon, A Night in Tunisia und Meeting Point.
Für mich interessant ist es dann auch immer, den Originalen nachzugehen, Aufnahmen der Komponisten oder andere Interpreten mit den Standards zu hören, teilweise diese überhaupt erst damit kennenzulernen.