• Hi Michael,

    danke für deinen Beitrag. Ich bin auch wirklich niemand, der sich auf Bücher verlässt. Sofern ich die Möglichkeit habe, gehe ich die Stimmen mit Spielern durch. Aber es gibt doch einen Unterschied zwischen Bläsern und Streichern: auf dem Cello oder der Geige kann man alles selbst ausprobieren und rausfinden. Zu einem Oboisten kann ich nicht gehen und ihn fragen: welche Multiphonics kann man eigentlich spielen? Man ist auf die größtenteils tollen Bücher angewiesen, darf sich aber natürlich nicht alleine darauf verlassen. Und dass die Multiphonics auch ausführbar sind und toll klingen, beweisen die beigelegten CDs (ja mir ist klar: anderes Instrumente, andere Rohre = andere Schwierigkeiten).
    Ich bin aber erstaunt, wie viele Multiphonics auf der Flöte klappen, die ich aus dem Buch von C. Levine habe.

    Insofern ist meine Methode: lieber erstmal Mut haben und dann in den Proben schauen, was klappt und sich bei problematischen Fällen schon vorher Alternativen überlegen!
    Wenn man sich gar nicht's traut, wird's auch öde: man stelle sich vor, wie unerschöpfend Geigenmusik wäre, wenn nicht einmal Virtuosen wie Vivaldi, Paganini etc. die Technik über gewöhnliche Maß hinausgeführt hätten.

    Ich glaube übrigens auch, dass nicht immer die Bücher schuld sind. Ich kenne auch Leute, die auf dem Cello mal eben Doppelgriffe über 2 1/2 Oktaven schreiben. ;+) Man muss die Bücher halt richtig lesen und auch eine Vorstellung vom Instrument haben... Bei der Flöte kann ich z. B., obwohl ich keinen Ton darauf spielen kann, mittlerweile ganz gut abschätzen, was grifftechnisch gut liegt und was nicht und dementsprechend passieren mir solche "Fehler" wie unmögliche Triller nicht mehr so häufig. Mit der Oboe muss ich mich noch mehr beschäftigen...

    Bernd: Ich freue mich und bin gespannt, ob die Multiphonics klappen! :)

    Viele Grüße,

    Ralph

  • Das Buch von dem "gewissen Veale" (den ein Streicher absolut nicht kennen muss) ist schon die Standardlektüre, wenn es um *moderne* Spieltechniken der Oboe geht. Nur sollte man sich darüber im Klaren sein, dass es sich oft um Spieltechniken handelt, die man im normalen Tagesbetrieb nicht einfach mal so nebenbei erlernt, sondern vielmehr um eine Praxis, die der üblichen Form meines Broterwerbs eher unzuträglich ist. Entweder weder.......

    Herzliche Grüße

    Bernd

  • Hi Ralph,

    Zitat

    Aber es gibt doch einen Unterschied zwischen Bläsern und Streichern: auf dem Cello oder der Geige kann man alles selbst ausprobieren und rausfinden.


    Mhhhmm, bist Du sicher? Alles?
    Bitte entschuldige:

    Vieles, aber sicher nicht alles! :D
    Oder bist auch Du ein Luftgeiger wie viele Dirigenten?

    So nach dem Motto, frei nach Volker Pispers: Eunuchen, Sie wissen, wie es geht.....

    Zitat

    Zu einem Oboisten kann ich nicht gehen und ihn fragen: welche Multiphonics kann man eigentlich spielen?


    Nicht? Warum? ?(

    Zitat

    Insofern ist meine Methode: lieber erstmal Mut haben und dann in den Proben schauen, was klappt und sich bei problematischen Fällen schon vorher Alternativen überlegen!


    Sehr gut, da hast Du völlig recht.

    Zitat

    Wenn man sich gar nicht's traut, wird's auch öde: man stelle sich vor, wie unerschöpfend Geigenmusik wäre, wenn nicht einmal Virtuosen wie Vivaldi, Paganini etc. die Technik über gewöhnliche Maß hinausgeführt hätten.


    Öhäm, das war aber immer noch Musik von praktizierenden Instrumentalisten, welche genau wußten, was wirklich möglich ist und wie es klingen kann....die brauchten keine Bücher...Eventuell gab es Probleme, wenn ein Geiger nicht die Finger von Paganini hatte, aber jedenfalls konnte dieser es vormachen. Das ist etwas anderes, als Bücher zu zitieren........ ;+)

    Zitat

    Man muss die Bücher halt richtig lesen und auch eine Vorstellung vom Instrument haben...


    Das sollte das mindeste sein, kommt aber oft, wie Du schon beschrieben hast, nicht vor. Ich frage mich dann immer, was für eine Berechtigung der entsprechende Komponist dann hat, sich Komponist nennen zu dürfen.
    Ich nenne mich ja auch nicht Torwart, nur weil ich FIFA 2011 beherrsche.......
    Und da bin ich Eunuch, denn ich war wirklich mal Torwart, aber ich kann es nicht mehr............. ;+) :D

    Zitat

    Mit der Oboe muss ich mich noch mehr beschäftigen...


    Gute Idee.... :hide:

    Nicht böse sein, bitte.

    :wink:

    Michael

  • Nicht? Warum?

    Er wird dir keine nennen können. Es gibt Hunderte, von denen er selbst nichts weiß, bis er erst einmal den Griff gesehen und ausprobiert hat.

    Öhäm, das war aber immer noch Musik von praktizierenden Instrumentalisten, welche genau wußten, was wirklich möglich ist und wie es klingen kann....die brauchten keine Bücher...Eventuell gab es Probleme, wenn ein Geiger nicht die Finger von Paganini hatte, aber jedenfalls konnte dieser es vormachen. Das ist etwas anderes, als Bücher zu zitieren........

    Natürlich. Wenn man das Instrument selbst beherrscht, ist das natürlich immer noch am besten. Aber wer kann schon alle Orchesterinstrumente spielen? Für den Oboe spielenden Komponisten von 1815 wäre es also m. E. besser gewesen, ein fiktives Buch von Paganini zu lesen, als für die Geige nur 1. Lage zu schreiben.
    Und was damals ein Doppelflageolett war, ist heute hinsichtlich der Besonderheit/Virtuosität eben ein Multiphonic. Natürlich nur für Spieler, die sich auch mit solcher (neuer) Musik beschäftigen. Ein Rockgitarrist kann schließlich auch (meistens) kein Albeniz spielen.

  • Zitat

    Nur sollte man sich darüber im Klaren sein, dass es sich oft um Spieltechniken handelt, die man im normalen Tagesbetrieb nicht einfach mal so nebenbei erlernt, sondern vielmehr um eine Praxis, die der üblichen Form meines Broterwerbs eher unzuträglich ist. Entweder weder.......


    oder.

    Bernd hat recht. Und ich bleibe auch dabei, daß es einem Komponisten gut zu Gesicht stünde, wenn er Werke schreiben würde, welche wenigstens vom Großteil der Profis ohne große Probleme gespielt werden können.

    Lieber Ralph, Du bist doch eigentlich Praktiker!
    Darf ich mal anfragen, an welchen Prof. Du geraten bist?

  • Zitat

    Aber wer kann schon alle Orchesterinstrumente spielen?


    Nicht spielen......VERSTEHEN!

    Du wirst jetzt wütend, aber bitte vergesse nicht, daß Du im Studium m.E. lernen solltest, die verschiedenen Instrumente zu verstehen.
    Du mußt sie nicht selber spielen können.

    Aber Du mußt auch nicht solch etwas behaupten:

    Zitat

    auf dem Cello oder der Geige kann man alles selbst ausprobieren und rausfinden

    Zitat

    Für den Oboe spielenden Komponisten von 1815 wäre es also m. E. besser gewesen, ein fiktives Buch von Paganini zu lesen, als für die Geige nur 1. Lage zu schreiben.


    Er hätte auch alle andern Lagen gekannt.....

    Preisfrage: von welchem Instrument kam Berlioz her, warum sind seine Baßlinien oft so ungewohnt?

  • Lieber Ralph, Du bist doch eigentlich Praktiker!

    Mittlerweile habe ich auch Freude am experimentieren gefunden. 8+)

    Ich probiere auch ganz unterschiedliche Dinge aus. Dafür studiert man ja schließlich.
    Diese "Sinfonische Fantasie" z. B., im Januar fertig gestellt, ist ganz klassisch im Satz und hinsichtlich der technischen Anforderungen:

    http://www.cdeclan.de/sf.pdf

    ... wirkt aber dadurch natürlich auch wesentlich konservativer.

    Dieser Quartettsatz:

    http://www.dgsp-rheinland-pfalz.de/streichquartett.pdf

    ... ist ein bisschen ungewöhnlicher in der Satztechnik und recht virtuos, verlangt aber keine Spieltechniken, die "einen Großteil der Profis" überfordern würden.

    Aber ab und zu mal ein Stück mit Multiphonics und anderen ungewöhnlichen Klängen muss doch auch mal sein, oder?
    So wie der Welt doch ohne die Musik Lachenmanns auch was fehlen würde, auch wenn man sie nicht immer hören muss.

  • Du wirst jetzt wütend, aber bitte vergesse nicht, daß Du im Studium m.E. lernen solltest, die verschiedenen Instrumente zu verstehen.
    Du mußt sie nicht selber spielen können.

    Aber Du mußt auch nicht solch etwas behaupten:

    Hi Michael,

    ich hoffe, das kam jetzt nicht so rüber, als dass ich die Instrumente nicht verstehen lernen wollte!
    Im Gegenteil. Dafür sind aber ja die Bücher extrem nützlich. Du tust jetzt den Autoren der Bücher auch ein wenig Unrecht, wenn du quasi behauptest, sie gingen an der spielpraktischen Realität vorbei. Die Bücher sind von sehr versierten Praktikern sehr sorgfältig verfasst worden.

    Dass ich behaupte, dass man auf der Geige (und auf dem Cello, was ja nach demselben Prinzip funktioniert) alles ausprobieren kann, liegt daran, dass ich auch selbst Geige spiele. Man hat einen Bogen und vier Saiten. Mit ein bisschen Fantasie kann man auf alle möglichen Ideen selbst kommen. Sprünge, Lagenwechsel, alle denkbaren Flageoletts, Dämpfer, Bogentechniken...
    Ein Holzbläser hat teilweise für einen Ton 5 verschiedene Griffe, von denen er aber nur einen (denjenigen, der nach konventionellem Schönheitsideal am "besten" klingt, d.h. auch klangfarblich möglichst nah an den übrigen) kennt. Und Multiphonic-Griffe hat man erst recht nicht auswendig im Kopf. Von daher finde ich es nur legitim, mit Büchern zu arbeiten...

    Gute Nacht!

  • Zitat

    die "einen Großteil der Profis" überfordern würden

    Ach ja, was soll ich sagen...Das meiste überfordert nicht, aber der Aufwand, um einen gewissen Effekt zu erziehlen, steht leider meistens in keinem Verhältnis zur künstlerischen Notwendigkeit............. :cursing:

    Und jetzt bitte nicht ein FFFFFT mit einer Caprice von Paganini vergleichen, bei Paganini jedenfalls ist der Aufwand meistens gerechtfertigt und war und ist auch immer noch aktuell, was das Ausloten der Geige angeht.

    Zitat

    Man hat einen Bogen und vier Saiten. Mit ein bisschen Fantasie kann man auf alle möglichen Ideen selbst kommen. Sprünge, Lagenwechsel, alle denkbaren Flageoletts, Dämpfer, Bogentechniken...


    Ja sicher, ich weiß, daß Du Geige spielst.
    Aber Du bräuchtest das ja gar nicht.
    Und in jedem Falle kannst Du nicht alles nachvollziehen...ich würde mit einem solchen Argument, was auf der anderen-extremen- Seite von dem Argument mit dem Buch steht, wirklich vorsichtig sein.
    ;+)

    Zitat

    Und Multiphonic-Griffe hat man erst recht nicht auswendig im Kopf. Von daher finde ich es nur legitim, mit Büchern zu arbeiten...


    Falls ich als Komponist solche Spielweisen als existenziell für mein neues Werk erachten würde, dann würde ich als erstes ein Gespräch suchen mit Spezialisten, die das drauf haben.

    Das wäre mir vor einer Buchlektüre am wichtigsten.

    Danach wäre ich wohl eher in der Lage, zu erkennen, was wirklich lohnend und was u.U. überflüssig wäre.

    Jedenfalls würde ich sehr genau darauf achten, diesen Schritt als erstes zu tun, bevor ich Profis abkanzeln würde, daß sie das überfordern würde.

    Ich bin berufsbedingt halt immer noch Praktiker, und auch ich bediene Komponisten wie Dich irgendwie und vielleicht irgendwann.
    Und Du wirst nicht unzufrieden sein, das kann ich Dir versprechen, denn wir geben alle unser bestes.

    Wir normalen Profis können eigentlich nur unsinnige Anweisungen nicht ab.
    Und dafür habe ich Dir einige Beispiele gegeben.

    Übrigens habe ich bisher in den letzten 25 Jahren noch immer alle Spielanweisungen hinbekommen, aber die klangen u.U. nicht so, wie der Komponist sich das vorgestellt hat.

    Ich empfehle dann immer, Rostropowitsch oder Palm zu engagieren, nur sind die leider entweder zu tot oder zu teuer.
    Oder beides.

    ;+)
    Michael

  • Ich würde mir wünschen, daß Du zwar kompetent und auch belesen bist, was Effekte in Kompositionen angeht, diese aber nicht überstrapazierst.
    Das ist auch gar nicht mehr in Mode..........

    Du redest manchmal wie viele dieser Komponisten aus den 80er Jahren in Köln, welche ich zur Genüge kannte und welche viel Effekte und wenig Aussage hatten.
    Viele Bücher, immer 'ne unumstößliche Meinung...aber Musik?

    Jetzt mal was anderes:
    Wie gefällt dir Glanert?

    Ich kenne Glanert selber, habe einiges von Ihm gespielt und er ist nicht nur ein toller Typ sondern auch ein Komponist, der genau weiß, was er da schreibt und wie er es orchestriert.

    Glanert ist ein Meister, den ich wirklich schätze und bewundere!

    In diesem Sinne eine gute Nacht!

    :wink:

    Michael

  • Zitat

    So wie der Welt doch ohne die Musik Lachenmanns auch was fehlen würde, auch wenn man sie nicht immer hören muss.


    Bitte nicht böse sein, aber ich gehe da nicht d'accord.

    Der Welt würde etwas fehlen ohne Cage, ja sogar ohne Boulez oder Zimmermann, sicher ohne Charlie Parker oder Bill Evans..........., ohne die Beatles, und sogar ohne Udo Jürgens........

    Aber ohne Lachenmann wäre die Welt für mich dieselbe wie eben auch noch.........

    Sorry, nur mein Geschmack........
    Ohne Glanert wäre für mich schon wesentlich schwerer zu beantworten.

    Ich glaube, Du mußt Dich erstmal richtig freischwimmen, das kann Jahre dauern, dafür ist ein Studium ja auch da.
    Ich wünsche Dir das allerbeste dazu, Du hast es verdient, denn Du bist sehr begabt und tüchtig.

    Keine Schleimerei, ich meine das ernst.

    Und alles andere meine ich nicht böse und es entspringt keiner Geringschätzung, was Du da machst und ausprobierst.

    Ich bin einfach nur auf einem anderem Dampfer, auch Berufs- und Altersbedingt.

    Das geht schon in Ordnung, wir können uns gerne fetzen.
    Du weißt aber hoffentlich, daß ich Dich sehr schätze und daß ich deswegen kein Blatt vor den Mund nehmen möchte.


    ;+) :D :D :hide:

    P.S:

    Zitat

    Du tust jetzt den Autoren der Bücher auch ein wenig Unrecht, wenn du quasi behauptest, sie gingen an der spielpraktischen Realität vorbei. Die Bücher sind von sehr versierten Praktikern sehr sorgfältig verfasst worden.


    Aber ich habe doch eben oben geschrieben, daß mir aus solchen Büchern zitiert wurde aus unberufenem Komponistenmunde in den 80ern und 90ern, und Bernd hat ganz ähnliches von sich gegeben.
    Also ich kann nicht nur Hänschen klein auf dem Cello, und die "sehr versierten Prakitker", also, ganz ehrlich.............nein, das nehme ich spätestens nach Bernds Ausführungen nicht mehr ernst.
    Oder willst Du Musik für Spezialisten schreiben, welche nur von Spezialisten aufgeführt werden kann, wenn überhaupt?

    Ich gehörte z.B. zu den Unglücklichen :angel: , welche in den 80er Jahren all das neuentdeckte-noch nicht mal von Ihm selber komponierte Zeug-von Scelsi auf und uraufführte in Köln. Das ist heute völlig irrelevant und unwichtig, und es kommt auch nicht in irgendwelchen Statistiken vor, aber ich war dabei.
    Und das meiste war für mich Humbug, Augenwischerei, Effekt....nichts weiter.

    Einiges weniges erschien mir lohnend, aber das war es dann auch.

    Jedenfalls kannst Du einem ernsthaft und profimäßig agierenden Instrumentalisten keine gößere Beleidigung zukommen lassen als vor Ihm aus Büchern zu zitieren, um Deinen Argumenten Gewicht zu geben.

    Das hat mit mir nichts zu tun, ich sage Dir das nur, damit Dir das nicht noch Probleme verursacht.

    Hiermit kennst Du die Spielregeln, glaube und hoffe ich, besser.

    Egal, was Dir Dein Prof. erzählt..........
    In dem Augenblick, wo ein Instrumentalist erkennt, daß ein gewisser Toneffekt, sollte er noch so schwer sein, notwendig ist, wird er Dir aus der Hand fressen.

    Er wird alles machen, auch Kopfstand.

    In dem Moment, wo ein Instrumentalist merkt, daß ein Effekt blödsinnig ist, unmöglich zu spielen ist und nur dem Ego des Komponisten dient, ist es entweder eine Frage des Geldes, des Geschlechts (Ob für oder wieder.... :hide: ) oder der Nationalität. :hide: , ob er schreiend davonläuft oder es versucht zu kaschieren.

    Darüber solltest Du Dir im klaren sein.

  • Hallo Ralph,

    Zitat

    Ich probiere auch ganz unterschiedliche Dinge aus. Dafür studiert man ja schließlich.

    Natürlich darfst und sollst du Verschiedenes ausprobieren! Und du suchst im Hinblick auf Instrumente, mit denen du nicht so vertraut bist, ja auch den Kontakt zu Praktikern, nämlich hier! Das finde ich erst einmal sehr begrüßenswert!

    Trotzdem solltest du noch mal über die Herausforderungen, die du den Interpreten deiner Musik zumutest, nachdenken. Deine Kompositionen sollen die Leute ja eventuell sogar gerne spielen, oder?

    Zu Studienzeiten war ich mal an der Uraufführung eines mit "Parcus" betitelten Oboentrios des Wuppertaler Komponisten Werner Weiand beteiligt. Weiand ist vielleicht zu Unrecht nicht so bekannt geworden; jedenfalls fand ich seine mit einem großen Orchester unterlegten "Vier ersten Lieder" (die heißen wirklich so! :D ) richtig gut. Aber spätestens nach der 8. Probe hätte ich ihn mitsamt seinem Trio auf den Mond schießen können! Wir hatten insgesamt 15 oder 16 Sitzungen, in denen wir ausschließlich damit beschäftigt waren, die Stimmen einigermaßen übereinander zu bekommen. Und es ist auf Dauer unglaublich ätzend, wenn man sich überhaupt kein bisschen freispielen kann. So etwas wie Spielfreude kommt da hinten und vorne nicht auf.
    Ich glaube auch nicht, dass "Parcus" nach dieser Uraufführung jemals wieder angerührt wurde. Und so ist das mit vielen dieser aasig schweren zeitgenössischen Werke. Die werden einmal aufgeführt, und nachher mag sich kein Musiker mehr freiweillig daran abquälen. Eigentlich könnte man sie nach der Erstinterpretation auch gleich in die Tonne kloppen... :hide:

    Und umgekehrt gibt es genug Musik, bei der ich richtig heiß darauf bin, sie mal unter die Finger zu bekommen! Warum ist das wohl so?

    Herzliche Grüße

    Bernd

  • P.S.: Nachdem ich mir die Stimme noch einmal etwas genauer angeschaut habe, behaupte ich mal, dass mehr als 50% aller Profiorchesteroboisten nicht in der Lage sind, sie auszuführen. Auch mein letzter Hochschullehrer hätte sie definitiv nicht spielen können!

    Beste Grüße

    Bernd

  • Dieser Quartettsatz:

    http://www.dgsp-rheinland-pfalz.de/streichquartett.pdf

    ... ist ein bisschen ungewöhnlicher in der Satztechnik und recht virtuos, verlangt aber keine Spieltechniken, die "einen Großteil der Profis" überfordern würden.

    Ach ja, was soll ich sagen...Das meiste überfordert nicht, aber der Aufwand, um einen gewissen Effekt zu erziehlen, steht leider meistens in keinem Verhältnis zur künstlerischen Notwendigkeit............. :cursing:

    Hallo, Michael!

    Was meinst Du eigentlich zur Cellostimme in Takt 57 (der letzte Takt auf Seite 11)?

    Ich habe ja schon lange nicht mehr Cello "praktiziert", aber ich sehe hier einen ziemlichen Fingerbrecherakkord über alle 4 Saiten (2. Lage (?)) und dann - innerhalb einer Achtelpause - einen beherzten Wechsel in einen Daumenlage-Doppelgriff auf den beiden oberen Saiten (bei Tempo 69, gerechnet auf punktierte Viertel - auf Achtel bezogen wäre das Tempo 207!).

    Mir kommt das schon sehr, sehr schwer vor, oder unterschätze ich da "Euch Profis"?

    Gruß,

    Normann

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Hallo Normann,

    Zitat

    Hallo, Michael!

    Was meinst Du eigentlich zur Cellostimme in Takt 57 (der letzte Takt auf Seite 11)?

    Ich habe ja schon lange nicht mehr Cello "praktiziert", aber ich sehe hier einen ziemlichen Fingerbrecherakkord über alle 4 Saiten (2. Lage (?)) und dann - innerhalb einer Achtelpause - einen beherzten Wechsel in einen Daumenlage-Doppelgriff auf den beiden oberen Saiten (bei Tempo 69, gerechnet auf punktierte Viertel - auf Achtel bezogen wäre das Tempo 207!).


    Der Akkord ist absolut kein Fingerbrecher, der Fingersatz aufgebaut von dem tiefen E aus, also der zweite Lage(ganz richtig) , wäre 1-3-0-4.
    Der schnelle Wechsel in die Daumenlage mit Daumen auf C und 2.Finger auf As stellt auch kein Problem dar.
    Dann ziehst Du den zweiten Finger von As auf A als langsames Glissando.

    Muß man können, natürlich, aber es ist für mich z.B. kein Problem.
    Da gibt es wesentlich schwierigere Stellen in der Celloliteratur.

    Zitat

    Mir kommt das schon sehr, sehr schwer vor, oder unterschätze ich da "Euch Profis"?


    Allerdings...... ;+)
    Erheblich ;+) :D :angel:
    Ich mache Dir diesen Lagenwechsel in unter einer Sekunde....... 8+)

    :wink:
    Michael

  • Hi Michael,

    ich glaube, du hast dich da gestern in was reingesteigert, was gar nicht mehr so viel mit mir zu tun hat und wo ich dir auch bei vielen Punkten recht geben würde. ;+)

    Fassen wir mal zusammen, was ich "verbrochen" habe:

    a) Ich habe in einer Oboenstimme Multiphonics notiert, die ich aus einem Buch entnommen habe.
    b) Ich habe anschließend einen Instrumentalisten (Bernd) nach der Spielbarkeit der Stimme gefragt.

    Das Vorgehen ist eigentlich ganz normal. Du schließt da vielleicht zu sehr von deinem Instrument auf andere. Ein Cellist braucht jemanden, der fürs Cello aus Büchern schreibt, in der Tat nicht ernstzunehmen! Die Bücher für Blasinstrumente, etwa das von Veale, sind allerdings mittlerweile fast schon "Klassiker", die jeder professionelle Instrumentalist daheim hat und auf die er sich bei außergewöhnlichen Griffen beruft. Ich zitiere Heinz Holliger:

    "Das Erscheinen dieses ersten wirklich fundierten Kompendiums neuer Spieltechnik der Oboe erfüllt mich mit großer Genugtuung. Zu lange haben sich Komponisten, Interpreten und Musikwissenschaftler mit Publikationen begnügen müssen, die den Ansprüchen auf Genauigkeit und gleichzeitige Praxisbezogenheit nicht haben genügen können. Ich wünsche mir, daß möglichst viele Komponisten und Interpreten sich mit diesem neuen Buch beschäftigen werden, damit für Ungefähres und für Halbwissen kein Raum mehr sein wird."

    Wenn ich für Flöte Multiphonics schreibe, berufe mich ich auch immer auf das Buch von Levine. Fast immer klappen die Multiphonics sehr gut. Die jeweiligen Instrumentalisten wären aber natürlich nie von selbst auf solche Griffe gekommen.

    Im Übrigen: Würde sich ein so seriöser Musiker wie Veale im Ernst die Mühe machen, hunderte von Multiphonics auf ihr Frequenzspektrum zu untersuchen und alle möglichen Informationen wie auch Schwierigkeitsgrade anzugeben, wenn die Multiphonics ausschließlich von ihm auf seinem eigenen Instrument funktionieren würden?
    Kaum vorstellbar.

    Ich will mich hier gar nicht fetzen und meine auch nichts böse, möchte nur richtig stellen!

    Ich würde mir wünschen, daß Du zwar kompetent und auch belesen bist, was Effekte in Kompositionen angeht, diese aber nicht überstrapazierst.

    Ich bin auch gar nicht so der Effektkomponist. Wenn du dir die Partitur ansieht: da sind über weite Strecken gar keine "Effekte" notiert.

    Glanert kenne ich übrigens leider nicht, werde mich aber mal informieren!!

    Bernd: Was genau denkst du denn sind die Hauptschwierigkeiten der Oboenstimme? Das wäre für mich sehr hilfreich zu wissen!
    Danke!

  • Lieber Normann,
    mir ist es grundsätzlich lieber, wenn jemand erstmal komponiert und dann Fragen stellt.

    Du mußt Dich also nicht verstecken!

    Mein lieber Freund Stefan Esser, dessen Cellosonate- für mich geschrieben- von mir für Genuin aufgenommen wurde, hat mich über Jahre immer wieder gefragt.
    Gefragt, was klanglich sinnvoll ist, was mir persönlich liegt.

    Wir haben die verrücktesten Doppelgriffe zusammen ausprobiert, Doppelgriffe, welche vielleicht gerade mir liegen, anderen hingegen weniger.

    Und er hat wirklich alles ausprobiert, auch in seinen Solowerken für Cello.
    http://rapidshare.com/files/41944748/Esser.rar
    Am Ende war das alles, nach Rücksprache, überhaupt nicht mehr so kompliziert wie nach dem ersten Entwurf.
    Zwar immer noch schwierig, aber klanglich und technisch adäquat umsetzbar und klanglich stimmig.

    Also, alles im Lot! :wink:

    Michael

  • Hallo Ralph,

    Zitat

    ich glaube, du hast dich da gestern in was reingesteigert, was gar nicht mehr so viel mit mir zu tun hat und wo ich dir auch bei vielen Punkten recht geben würde


    nein, ich habe mich in etwas hereingesteigert, was sehr wohl mit Dir zu tun hat.

    Das ganze Drumherum über diesen Veale kenne ich nicht, aber es ist anscheinend mit Vorsicht zu genießen.

    Zitat

    Würde sich ein so seriöser Musiker wie Veale im Ernst die Mühe machen, hunderte von Multiphonics auf ihr Frequenzspektrum zu untersuchen und alle möglichen Informationen wie auch Schwierigkeitsgrade anzugeben, wenn die Multiphonics ausschließlich von ihm auf seinem eigenen Instrument funktionieren würden?


    HUNDERTE von Multiphonics?

    Für mich ist es nun ganz klar, daß er entweder einen Großteil davon nur auf seinem Instrument herstellen konnte oder es ein Wunschdenken ist. So nach dem Motto: Das muß eigentlich gehen.
    Für wen ist eigentlich dieser Veale, den ich überhaupt nicht kenne, ein seriöser Musiker?

    Jedenfalls, für welchen Stil?


    Und dazu habe ich ja schon etwas geschrieben..........

    Zitat

    "Das Erscheinen dieses ersten wirklich fundierten Kompendiums neuer Spieltechnik der Oboe erfüllt mich mit großer Genugtuung. Zu lange haben sich Komponisten, Interpreten und Musikwissenschaftler mit Publikationen begnügen müssen, die den Ansprüchen auf Genauigkeit und gleichzeitige Praxisbezogenheit nicht haben genügen können. Ich wünsche mir, daß möglichst viele Komponisten und Interpreten sich mit diesem neuen Buch beschäftigen werden, damit für Ungefähres und für Halbwissen kein Raum mehr sein wird."

    Wenn ich für Flöte Multiphonics schreibe, berufe mich ich auch immer auf das Buch von Levine. Fast immer klappen die Multiphonics sehr gut. Die jeweiligen Instrumentalisten wären aber natürlich nie von selbst auf solche Griffe gekommen.


    Sicherlich ist da vieles interessantes und neues dabei, aber es kommt , denke ich, immer darauf an, in welcher Menge man solche Sachen in seine Kompositionen einbaut.

    Daß ein Spezialist wie Holliger sich freut, sei unbenommen, aber ob das Praxisbezogen ist, sei mal dahingestellt.

    Und ob dies für einen musikalischen Gehalt in größerer Anhäufung notwendig wäre, das bezweifle ich auch.

    Ein nettes Gespräch mit z.B. Musikern des Ensemble Modern wäre m.M. nach viel wichtiger als irgendwelche Bücher.

    Zitat

    Glanert kenne ich übrigens leider nicht, werde mich aber mal informieren!!


    Einen der erfolgreichsten Komponisten der Gegenwart nicht zu kennen, ist schade.
    Schön, wenn Du Dich informieren möchtest.

    :wink:

    Michael

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