Igor Markevitch - Vom Glühen der Strukturen

  • Igor Markevitch - Vom Glühen der Strukturen

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    Igor Markevitch gehört wie etwa seine Kollegen und Zeitgenossen Ferenc Fricsay, Antal Dorati oder Karel Ancerl zu jenen Dirigenten, die heute zumeist nur noch Sammlern und eingeschworenen Fans ein Begriff sind, obwohl sie zu ihrer Zeit durchaus bekannt waren und nicht wenige Schallplattenenspielungen hinterlassen haben. Die Gründe hierfür mögen vielfältig sein. Zum einen hatten sie wohl weniger Talent und Neigung zur Selbstdarstellung als vergötterte Pultstars wie Leonard Bernstein oder Herbert von Karajan und waren daher den Marketingmechanismen des Business entsprechend als „Marke“ weniger zu gebrauchen. Andererseits waren ihre Interpretationen nicht primär von klanglicher Süffigkeit oder orchestraler Hochpolitur geprägt, sondern eher, wenn man es so pathetisch formulieren will, von der größtmöglichen Treue zum Komponisten und zum Werk, ohne dabei jedoch in kapellmeisterliche Biederkeit oder Pedanterie zu verfallen. Igor Markevitch insbesondere verstand es, die Strukturen einer Partitur wie in einem Längsschnitt mit dem analytischen Skalpell freizulegen und sie gleichzeitig von innen heraus dramatisch zum Glühen zu bringen. Eine glückliche Kombination aus russischer Dämonie und französischer clarté, den beiden entscheidenden Einflüssen von Herkunft und Erziehung Markevitchs.


    Auch Igor Markevitch ist ein Kind des berühmten Dirigenten-Jahrganges 1912, dem u.a. Sergiu Celibidache, Günter Wand, Kurt Sanderling, Sir Georg Solti, Erich Leinsdorf und Ferdinand Leitner angehören. Geboren wurde er am 27. Juli in Kiew auf dem Schloss der Familie, in dem schon Michael Glinka, ein entfernter Verwandter, seine berühmte Oper „Ivan Susanin/Ein Leben für den Zaren“ geschrieben hatte, ein Werk, das Markevitch später selbst für die EMI aufnehmen sollte. Die Familie siedelte 1914 erst nach Paris um, um sich dann endgültig im westschweizerischen Vevey niederzulassen, wo Igor schon früh als Kind mit seinem Vater Boris, einem Pianisten, vierhändig Klavier spielte und auch öffentliche Konzerte gab. Das musikalische Talent des Jungen fiel dem französischen Pianisten und Komponisten Alfred Cortot als erstem auf und so gab er dem erst Neunjährigen den ersten Kompositionsunterricht. 1926 ermöglichte er dann dem musikalisch Hochbegabten weitergehende Studien bei der berühmten Nadia Boulanger in Paris, wo er u.a. auch die Bekanntschaft von Igor Stravinskys Sohn Soulima machte.

    Die Öffentlichkeit nahm zuerst 1929 von Markevitch Notiz, als dieser sein erstes Werk, ein Klavierkonzert, eigenhändig in London erfolgreich uraufführte. Im Jahr darauf hatte seine Ballett "L´habit du Roi" bei den Ballets Russes von Serge Dhiagilev Premiere, 1931 folgte die Partita für Klavier und Kammerorchester, 1932 dann wohl sein wichtigstes Werk "L´Envol d´Icare" für Orchester. Markevitch begann sich nun immer mehr für das Dirigieren zu interessieren, nahm Unterricht bei Pierre Monteux und dann bei Hermann Scherchen und debutierte 1933 bei Concertgebouw Orchester mit seinem Werk "Rébus". Zu dieser Zeit galt er als eines der hoffnungsvollsten jungen Kompositionstalente, „eine der herausragenden Persönlichkeiten der zeitgenössischen Musik“, wie Bela Bartok ihn nannte. Sein kompositorischer Stil erinnert entfernt an Stravinsky oder Prokofiev, war stark horizontal-polyphon geprägt, erhielt aber teilweise schon Experimente mit aleatorischen Formen (zuverlässige, wenn auch nicht überragende Aufnahmen seiner Werke liegen beim Label "Marco Polo" vor).

    Der Zweite Weltkrieg bedeutete auch für Markevitch einen starken Einschnitt in seinem Leben. Als er sich 1939 in Italien aufhielt, um sein Oratorium "Lorenzo Il Magnifico" zu vollenden, wurde er vom Kriegsausbruch überrascht. Durch den Kriegseintritt Italiens in Florenz festsitzend, schloss Markevitch sich der italienischen Resistenza an. Nach der Befreiung durch britische Truppen im Jahre 1944 wurde er dann mit der Reorganisation des florentinischen Musiklebens betraut. Von nun an arbeitetete er gänzlich als Dirigent, zunächst beim Maggio Musicale Fiorentino vor allem mit der Aufführung von Opern beschäftigt.

    Ab Ende der 1940er Jahre machte er sich als Gastdirigent in den Konzertsälen der Welt einen Namen, wobei ihm nicht nur sein phänomenales Gehör, sondern auch seine absolut klare, bewegliche und elegante Dirigiertechnik eine große Hilfe war. Seine völlig unabhängig voneinander agierenden Hände, unterstützt von kontrollierenden Blicken, machten den Orchestermusikern seine interpretatorischen Wünsche fast immer sofort verständlich. Ihm ging so der Ruf eines hervorragenden Orchestererziehers voraus, der selbst mit einem mittelmäßigen Orchester nach wenigen Proben jedes technisch noch so schwierige Konzertprogramm aufführen konnte. Aufgrund dieser Fähigkeiten war Markevitch ein sehr gefragter Dirigierlehrer, der überall auf der Welt Meisterkurse gab (u.a. auch in Salzburg) und sich auch musikwissenschaftlich beschäftigte. Während seiner Karriere hatte er jeweils nur kurzzeitig dirigentische Chefposten beim Orchestre Lamoureux, in Montreal und Monte Carlo sowie beim Orchester der Accademia Nazionale di Santa Cecilia inne, die Verbreitung und Festigung seines Rufes lag aber vor allem in senen skrupulösen Schallplattenaufnahmen begründet, die erst dann begannen, wenn Markevitch sich sicher war, dass das Ergebnis seinem Perfektionsideal entsprach.

    Als Grundstock einer Markevitch-Sammlung bietet sich die bei der Deutschen Grammophon in der „Original Masters“-Serie erschienene Box „Igor Markevitch – Un véritable Ariste“ an, die sowohl Mono- als auch Stereo-Aufnahmen aus den 1950er und 1960er Jahren vereint, die sein weitgespanntes Repertoire bezeugen (Mozart, Gluck, Cimarosa, Haydn, Schubert, Beethoven, Brahms, Wagner, Kodaly, Gounod, Debussy, Bizet und Tchaikovsky).

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    Bei den Aufnahmen der Symphonien Mozarts (Nr. 34, 35 und 38, Berliner Philharmoniker und Orchestre Lamoureux) und Beethovens (Nr. 3 und 6, diverse Ouvertüren, NBC Symphony Orchestra und Orchestre Lamoureux) nimmt man mit Erstaunen zur Kenntnis, dass Markevitch schon in den 50er Jahren eine Art HIP-Stil avant la lettre pflegte: wenig Pathos, reduzierte Streicher, historisch korrekte Sitzordnung, Heraushebung der Bläserstimmen, die aber dennoch in den Gesamtklang des Orchesters integriert bleiben, schnelle Tempi, insbesondere in den Menuetten Mozarts, die damit dem ursprünglichen Tanztempo wieder angenähert werden. Dabei weiss er aber ganz genau, wie man die so freigelegten Strukturen durch teilweise unmerkliche Tempoverschiebungen, -rückungen und -verzögerungen zum Leben erweckt, ihnen ein hörbares Relief verleiht, wie etwa in der „Leonore III“, wo er bei ca. 11:54 die Streicher mit allmählicher Verzögerung vortasten lässt, bevor sie sich Gruppe für Gruppe crescendierend mit revolutionärem Elan in den Jubeltaumel stürzen. Und doch: Bei aller Bewegung und loderndem Feuer wirkt alles stets kontrolliert, die Musik klingt zwar aufregend, ist aber nicht aufgeregt, sie „schwitzt“ trotz Hitze der Interpretation nicht. Gefühl und Verstand in harmonischem Ausgleich.

    Aus der Fülle seiner Einspielungen, von denen mittlerweile durch die Auswertung der Back-Kataloge wieder viele zugänglich sind (insbesondere in der Universal-„Originals“-Serie), seien stellvertretend folgende Aufnahmen genannt:

    - Berlioz, "La Damnation de Faust"

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    Eine Interpretation aus Feuer und Eis mit einem sich bei den Höhepunkten angemessen hysterisch überschlagenden Orchester und der nötigen Portion Vulgarität, etwa im „Ungarischen Marsch“.

    - Haydn, "Die Schöpfung"

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    Eine erklärte Lieblingsaufnahme Markevitchs mit den Berliner Philharmonikern, strahlend schön in ihrer subtilen und schlichten Gradlinigkeit.

    - Strawinsky- und Prokofiev-Boxen (Philips, EMI)[Blockierte Grafik: http://www.opacmeiga.rbgalicia.org/Datos/Portadas/2525.jpg]

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    Hier ist Markevitch sozusagen auf ureigenstem Terrain, herausragend der „Sacre“, die „Geschichte vom Soldaten“ (mit Cocteau als Erzähler und Ustinov als Teufel) und die „Psalmensymphonie“ (eine Aufnahme aus der UdSSR).

    - Strawinsky: „Sacre“ (Testament, BBC)

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    Wer weniger investieren möchte, dem seien die auch einzeln erhältlichen „Sacre“-Aufnahmen empfohlen, insbesondere die atemberaubend harte BBC-Live-Aufnahme mit dem London Symphony Orchestra, gekoppelt u.a. mit einer „Francesca da Rimini“ von Tchaikovsky, die sich als veritable Höllenfahrt erweist.

    Igor Markevitch starb am 07. März 1983 in Antibes.

    Wie ich bei der Recherche für diesen Artikel feststellen konnte, ranken sich allerdings auch merkwürdige Verschwörungstheorien um die Person Igor Markevitch. Diese beziehen sich allerdings nicht auf seine eher abweisende, verschlossene Persönlichkeit oder seine langjährige Heroinabhängigkeit, sondern kreisen um die Entführung des damaligen italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro. Hinter der Entführung Moros 1978 durch die Brigate Rosse (Roten Brigaden) vermuten einige (linke) Journalisten einen Coup westlicher Geheimdienste, die den aus ihrer Sicht politisch unbequemen Moro aus dem Weg räumen wollten, weil diese im sog. "Historischen Kompromiss" der Christdemokraten Moros mit den italienischen Eurokommunisten unter Berlinguer ein Abrücken Italiens aus der westlichen Allianz in Richtung Neutralität befürchteten. Markevitch, der in erster Ehe mit der Tochter Nijinskys, in zweiter Ehe mit einer Prinzessin aus der einflussreichen Adelsfamilie der Caetani verheiratet war (woraus ein Sohn, der Dirigent Oleg Caetani, hervorging), soll danach seit seiner Zeit in der italienischen Widerstandsbewegung beste Kontakte zum britischen Geheimdienst unterhalten und die Sache des „Westens“ unterstützt haben. Die Rolle Markevitchs, die ihm in diversen Theorien zugeschrieben wird, ist widersprüchlich. Mal wird er als organisatorischer Kopf der Entführung bezeichnet, in dessen Haus Moro versteckt und ermordet wurde, mal als Verhandler mit den Roten Brigaden im Auftrag der italienischen Regierung, da er aufgrund seiner bewiesenen antifaschistischen Gesinnung auch auf Seiten der Linken Ansehen genoss. Ganz verrückt wird es dann bei den Theorien, welche Markevitch als hohen Würdenträger der Rosenkreuzer oder als Großmeister der „Bruderschaft vom Berg Sion“ (bekannt durch den abstrusen Bestseller „Sakrileg“) entlarvt haben wollen. Wie gesagt, alles nur ziemlich abstruse Verschwörungstheorien, die ich mir natürlich nicht zu eigen mache.

    Viele wichtiger ist der Musiker Markevitch und seine akustische Hinterlassenschaft. Wie schätzt ihr die Bedeutung Markevitchs und die Qualität seiner Aufnahmen ein? Welche gefallen Euch, welche gefallen Euch nicht (falls es solche Aufnahmen überhaupt gibt :D )?

    :wink:

    GiselherHH

    "Er war verrückt auf Blondinen. Wäre Helga auch noch adlig gewesen, der gute Teddy wäre völlig durchgedreht."

    Michael Gielen über Theodor W. Adorno, der versucht hatte, Gielen seine Frau auszuspannen.

    Einmal editiert, zuletzt von GiselherHH (22. Mai 2009 um 00:02)

  • Hallo GiselherHH,
    wie ich nach Deinem sehr informativen Beitrag feststelle, besitze ich viel zu wenig Aufnahmen von Markevitch, nämlich nur zwei und die liebe ich heiß und innig. Die eine
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    ganz großartig mit Ustinov und Cocteau, die andere ist die "Damnation", die ich vor allem wegen des Orchesters liebe.
    Dass da jetzt mehr dazu kommen müssen, steht nach Deinem Beitrag fest!

    Vielen Dank dafür
    :wink: Talestri

    One word is sufficient. But if one cannot find it?

    Virginia Woolf, Jacob's Room

  • Ich liebe seine Aufnahme von Gounods Cäcilienmesse, es ist für mich die einzige, die für Komponisten wie Dirigenten Ehre einlegt. Gounods dem Cäcilianismus verpflichtete Messekomposition gewinnt meist einen Anflug von religösen Kitsch. Markevitch hat eine federnde, eher trockene, dafür aber mitreißende und intensive Einspielung vorgelegt, die souverän auf dem Grat des Geschmacksicheren bleibt, ohne irgendwo abzustürzen.

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    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Hallo Giselher,

    meinen Respekt für diesen höchst lesenswerten und aufschlußreichen Artikel über eine faszinierende und viel zu wenig bekannte Dirigentenpersönlichkeit - Chapeau! Leider habe ich bisher nur wenige Aufnahmen von ihm hören können, aber diese (allesamt für extrem wenig Geld von Ramschtischen erworben) zogen mich sehr in ihren Bann. Da wäre zunächst eine Fünfte von Tschaikowsky mit dem LSO, die ich trotz der immensen Konkurrenz ohne langen Zweifel als meine Referenzaufnahme bezeichnen würde. Markevitch findet stets überzeugende Tempi und baut in jedem Satz faszinierende, niemals abreissende Spannungsbögen auf. Man hört bei ihm Nebenstimmen, die sonst vielfach zugekleistert werden. Er findet genau den richtigen Ton, der viel Emotionalität zuläßt, ohne jemals ins Sentimentale abzudriften. Die LSO-Musiker ließen sich von ihm zu beseeltem Spiel animieren. Vor einiger Zeit habe ich beim US-Dschungelfluß die Gesamtaufnahme der Tschaikowsky-Sinfonien aus den 60ern recht günstig bestellt und muß sagen, dass der gesamte Zyklus auf dem sehr hohen Niveau der Fünften liegt. Gerade die ersten drei Sinfonien werden von Markevitch sehr ernst genommen und als vollwertige Meisterwerke vermittelt.

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    Daneben möchte ich eine meiner meist gespielten CDs überhaupt nennen: Die schon mehrfach erwähnte "Damnation" von 1959. Mir gefallen dabei neben dem elektrisierenden Orchesterspiel (man höre nur mal den mitreissenden Rakoczy-Marsch oder den nächtlichen Ritt!) auch die Sänger. Ich frage mich nur, warum man von dem franko-kanadischen Tenor Richard Verreau mit seiner samtig-warmen Stimme ansonsten nie etwas zu hören bekam ?(

    Beste Grüße

    Lavine :wink:

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Hallo Talestri,

    da hast Du ja schon zwei Glanzlichter der Diskographie :thumbup: . Die Einspielung von Strawinskys "Geschichte des Soldaten" durch Markevitch liebe ich auch ganz besonders. Zum einen sind da natürlich die wunderbaren Sprecher und Darsteller wie Cocteau und Ustinov, hinzu kommen noch die hervorragende Aufnahmetechnik und die lebendige, musikantische Phrasierung durch die Instrumentalisten. Rhythmisch absolut präzise, aber dabei nicht starr metronomisierend, sondern richtig jazzig swingend. M.E. immer noch die Referenzaufnahme des Stücks.

    Die "Damnation" mag ich vor allen Dingen wegen des - klanglich gesehen - sehr "französischen" Orchesters (Holzbläser!) und des tollen Chores (insbesondere in Auerbachs Keller, wenn sie als Betrunkene herrlich schräg ihre Gesänge anstimmen).

    :wink:

    GiselherHH

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  • Markevitch und Strawinsky

    Lieber Giselher,

    vielen Dank für die informative Einführung! Gerade habe ich in meiner Sammlung nach Markevitch-Aufnahmen geforscht und bin fündig geworden: Da haben lange ungehört geschlummert zwei Strawinsky-CDs: Apollon musagète, Suiten für kleines Orchester Nr. 1 und 2, 4 norwegische Impressionen, Zirkuspolka, Die Geschichte vom Soldaten (gerade aufgelegt, klingt gut!), Psalmensinfonie.

    Das werde ich demnächst mal genauer untersuchen.

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Merci beaucoup pour votre félicitations, mon Général!

    Der "Grabbeltisch" ist leider ein Schicksal, das Markevitchs Aufnahmen heute mit vielen anderen Einspielungen hervorragender Dirigenten teilen. Allerdings verhilft einem das auch zu wirklichen Schätzen zum Schnäppchen-Preis. Ich habe, um bei Markevitch zu bleiben, dort u.a. wunderbare Aufnahmen von Bizets "Carmen"- und "L´Arlésienne"-Suiten finden können oder seine sehr interessanten Interpretationen von Verdi-Ouvertüren. Die von Dir angesprochenen Tschaikowsky-Aufnahmen gehören wirklich zu den besten am Markt, nicht zuletzt deswegen, weil Markevitch ihn als Symphoniker ernst nimmt und die Symphonien nicht als eine Aneinanderreihung orchestraler Materialballungen und neurasthenischer Ausbrüche begreift, wie das bei manch anderen, weitaus prominenteren Pultstars der Fall ist. Gerade bei einem von sich aus schon so emotional "gesättigten" Komponisten wie Tschaikowsky kommt es m.E. beim Dirigenten darauf an, dass er soviel Geschmack und Urteilskraft besitzt, Gefühle nicht in "Gefühligkeit" umkippen zu lassen, ohne dabei aber kalt und unbeteiligt zu wirken. Das ist eine sehr schwierige Gratwanderung, aber Markevitch beherrscht sie, wahrscheinlich nicht zuletzt durch seine eigenen Erfahrungen als Komponist.

    Was Richard Verreau (1926 - 2005) angeht, habe ich nochmal ein bißchen recherchiert. Der Frankokanadier (u.a. Schüler von Raoul Jobin und Beniamino Gigli) scheint sich karrieretechnisch - abgesehen von ein paar Ausflügen nach Europa - vor allem auf Kanada und die USA konzentriert zu haben (ein Abstecher nach Covent Garden endete wohl nicht allzu glücklich und er wurde auf Betreiben Kubeliks durch einen anderen Tenor ersetzt). Leider musste er sich im Alter von 40 Jahren einer Stimmbandoperation unterziehen, die aber schiefging und seine Gesangskarriere beendete. Auf youtube gibt es einige schöne Clips zu sehen und zu hören.

    :wink:

    GiselherHH

    "Er war verrückt auf Blondinen. Wäre Helga auch noch adlig gewesen, der gute Teddy wäre völlig durchgedreht."

    Michael Gielen über Theodor W. Adorno, der versucht hatte, Gielen seine Frau auszuspannen.

  • Hallo Gurnemanz,

    Deiner Beschreibung nach kann es sich nur um die oben in meinem Einführungsbeitrag abgebildete Strawinsky-Box von Philips handeln, die wirklich ein Juwel der Strawinsky-Interpretation ist (aber leider seit langem vergriffen). Viel Spaß beim Hören und Entdecken!

    :wink:

    GiselherHH

    "Er war verrückt auf Blondinen. Wäre Helga auch noch adlig gewesen, der gute Teddy wäre völlig durchgedreht."

    Michael Gielen über Theodor W. Adorno, der versucht hatte, Gielen seine Frau auszuspannen.

  • Die Tschaikowsky-Symphonien 1-4 habe ich auch von Markevitch, noch auf LP. Absolut feine Interpretationen, da stimme ich euch zu, und da Mravinsky die Erste bis Dritte nicht aufgenommen hat, bleibt Markevitch hier meine erste Wahl.

    Ansonsten habe ich mit ihm viel eher entlegenes Repertoire - viele Dinge, die ich einfach mal wieder hören müsste, um zu den Werken wie den Interpretationen was sagen zu können. Momentan läuft diese:

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    aber das ist wirklich nichts zum Nebenherhören.

    Eine Doppel-LP mit Musik, die für Diaghilevs "Ballets Russes" entstanden ist, spielte Markevitch 1972 ein. Sie enthält

    Poulenc: Les Biches
    Sauguet: La Chatte
    Milhaud: Le Train Beu
    Satie: Jack in the Box
    Auric: Les Facheux

    und will dringend mal wieder gehört werden, wenn die schon bestellte frische Plattenspielernadel eingetroffen ist.

    Eine andere LP mit Chopins 2. Klavierkonzert und De Fallas "Nuits dans les Jardins de l'Espagne", am Klavier die große Clara Haskil, ist mir in bester Erinnerung. Wohingegen seine Berwald-Aufnahmen von 1955 mit den Berliner Philharmonikern (3. und 4. Symph.) nach dem ersten Hören nicht zu meinen Favoriten gehörten - es schien mir, dass diese Werke mehr Feuer vertragen könnten (und dass sie es von anderen Dirigenten auch bekämen). Was treibt sich sonst noch bei mir rum? Ah ja: das Berg-Violinkonzert mit Artur Grumiaux! Das ist nun wieder ganz groß.

    Was mir (ohne jetzt intensiv irgendwo noch mal nachgehört zu haben) zu Markevitch zuerst einfällt, ist ein gewisser Sinn für Schlichtheit und Klarheit, der gerade expressiv Komponiertes um so intensiver erlebbar macht.

    Grüße,
    Micha

  • Hallo GiselherHH,

    ich habe Deinen Eröffnungsbeitrag mit Freude gelesen.

    Ich liebe Igor Markevitch sehr! Er verkörpert für mich den Typus des wahrhaftigen, tiefen Musikers. Das war ein Künstler, der innerlich glühte und loderte, nicht abhängig war von oberflächlicher Bewunderung. Grandios finde ich dabei, wie er diese innere Leidenschaft instinktiv in klare und durchsichtige musikalische Ausdrucksformen zu überführen vermochte. Seine Interpretationen sind geprägt von einer besonderen Musikalität: Rhythmusgefühl, Klangbewusstsein, Raffinement, Präzision, Ästhetik sind Stichworte, die mir einfallen. Trotz einer gewissen Explosivität klingen seine Interpretationen niemals emotional überbordend – immer hat man das Gefühl, dass hier ein kluger, beweglicher und feinsinniger Geist über das Emotionale und Triebhafte wachte und herrschte. „Vom Glühen der Strukturen“ – das trifft es wirklich. Man könnte ihn auch einen "beseelten Analytiker" nennen.

    An Aufnahmen möchte ich hervorheben:

    Berlioz (für mich ist Markevitch geradezu der ideale Dirigent für diesen Komponisten): „La Damnation de Faust“, dann auch unbedingt „Harold en Italie“ und die „Symphonie fantastique“;
    Mussorgsky: „Bilder einer Ausstellung“;
    Prokofiev: „Klassische Symphonie“.
    Natürlich auch den „Sacre“, verschiedene Tschaikowsky-Aufnahmen etc.

    Gruß, Cosima

  • Lieber Giselher,
    Menschenskind, bei solchen Einführungen kann man nicht einmal als eingefleischter Markevitchianer viel ergänzen. Umso mehr Dank dafür, brauch' ich weniger schreiben...! :)

    Was seine Aufnahmen betrifft: Die Berlioz-"Damnation" ist für mich die schönste Aufnahme dieses grandiosen Werks. So klar und dabei dermaßen mit Spannung aufgeladen - das hat sonst niemand geschafft. Außerordentlich sind auch Markevitchs Strawinskij-Aufnahmen, die "Geschichte vom Soldaten" etwa, aber auch die "Psalmensinfonie".

    Wer beide Aufnahmen der "Choéphores" von Milhaud hat, sollte einmal hintereinander die Bernsteins und die Markevitchs spielen. Und ich bin nun wirklich ein Bernsteinianer... Bei Markevitch waltet äußerste Präzision, die Stimmen bedingen einander, die Spannung ist unglaublich. Bei Bernstein: Toller Gesamtklang, aber zuviel "Sound". Sicherlich spannend (weil das Werk so unfaßbar gut ist), insgesamt jedoch viel zu üppig.

    ***

    Unbedingt kennenlernen sollte man aber auch den Komponisten Igor Markevitch. Ich rate, mit "Icare" zu beginnen. Das Werk ist von vollendeter Schönheit. Markevitch hat es in zwei Fassungen herausgebracht, die frühere heißt "L'envol d'Icare". Sie verwendet Vierteltöne. Die Ästhetik ist stellenweise die eines Gamelan. Die Spannung der Ruhe ist vor allem im Tod des Ikaros zu merken: Keine Trauermusik, sondern ein ruhiges Fließen. Gerade dadurch ist die Erschütterung der Zuhörers umso größer - eine ähnliche Situation wie im unaufgeregten Tod von Saties "Socrate".
    In der Zweitfassung, "Icare", hat Markevitch die Vierteltöne getilgt und noch ein paar andere Veränderungen angebracht. Normalerweise kann man sagen, die Zweitfassung sei dem Original über- oder unterlegen. Nicht so hier. Beide Fassungen sind absolut gleichwertig. Zumal die zweite auch nicht "konventioneller" klingt. Das liegt daran, daß Markevitchs Modernität nicht in seinem harmonischen Vokabular liegt, sondern in seiner ästhetischen Haltung, die von allen Einflüssen frei zu sein scheint. Selbst der Einfluß Strawinskijs ist nur peripher.

    :wink:

    Na sdarowje! (Modest Mussorgskij)

  • Weiß übrigens jemand mehr über das "Orchestre Lamoureux" oder "Orchestre des Concerts Lamoureux" (mal heißt es auf den Schallplattenhüllen so, mal so), dessen Chefdirigent Markevitch war? Mir fällt auf, dass es eines von den Orchestern ist, die mir immer nur im Zusammenhang mit einem bestimmten Dirigenten begegnen. Nur: bei Ansermets "Orchestre de la Suisse Romande" beispielsweise weiß ich, warum. Das "Lamoureux" aber hat Markevitch weder gegründet, noch war er besonders lange dessen Chef. Warum scheint es trotzdem so eng mit ihm verbunden?

    Grüße,
    Micha

  • 1Hallo Micha,

    das "Orchestre Lamoureux" wurde 1881 von dem aus Bordeaux stammenden Violinisten Charles Lamoureux (1834 - 1899) gegründet. Lamoureux war ursprünglich Geiger im Orchester der Pariser Oper und begrundete 1881 die "Nouveaux Concerts", die einer breiten Öffentlichkeit das klassische Orchesterrepertoire näherbringen sollten, insbesondere aber die Werke französischer Komponisten (gleichzeitig war Lamoureux aber auch glühender Wagnerianer, der mit seinem Orchester für die Pariser Erstaufführung des "Lohengrin" sorgte). Das Orchester widmete sich seit Beginn des 20. Jhd. insbesondere der französischen Musik der Gegenwart und gestaltete Uraufführungen der Werke von Vincent d’Indy, Paul Dukas, Edouard Lalo, Maurice Ravel, Claude Debussy, Florent Schmitt, Albert Roussel u.a., aber auch die Pariser Erstaufführungen so bedeutender ausländischer Komponisten wie Richard Strauss, Alexandre Borodin, Edward Elgar, Antonin Dvorak, Johannes Brahms und Gustav Mahler.

    Da das Orchester nicht vom französischen Staat subventioniert wird, ist es auf Spenden und Mäzene angewiesen, was im Laufe der Zeit immer wieder zu existenzbedrohenden Finanzkrisen geführt hat. Markevitch war von 1957 - 1961 Chefdirigent und nahm zu dieser Zeit sehr viele Platten auf (insbesondere für die Deutsche Grammophon). Ich schätze mal, dass Markevitch deswegen vor allem sein damaliges Orchester bevorzugt zu Aufnahmen herangezogen hat, weil er mit ihm die Einspielungen schon vorher bei den Konzerten proben konnte und so im Studio nicht mehr so lange an der Interpretation herumfeilen musste, um den gewünschten Grad der Perfektion zu erreichen.

    :wink:

    GiselherHH
    1

    "Er war verrückt auf Blondinen. Wäre Helga auch noch adlig gewesen, der gute Teddy wäre völlig durchgedreht."

    Michael Gielen über Theodor W. Adorno, der versucht hatte, Gielen seine Frau auszuspannen.

  • Wer mich aus anderen Foren kennt, weiß, daß ich gerne weniger über Aufnahmen plaudere als über Live-Erlebnisse. Dank der Gnade meiner frühen Geburt habe ich Igor Markevitch noch live erlebt. Als ich noch in Hamburg lebte, war ich Abonnent bei den NDR-Sinfoniekonzerten, anfangs sehr fixiert auf bekannte Solisten und immer auf der Suche nach Autogrammen. Eines Tages war ein Konzert mit Igor Markevitch als Dirigenten angekündigt, und zwar ohne Solisten, dazu mit einem Programm, das mich unbeleckten Anfänger nicht vom Hocker riß. Ich wollte anfangs nicht gehen, machte mich aber trotzdem auf und hätte mich im nachhinein sonstwohin gebissen, wenn ich mir dieses Ereignis hätte entgehen lassen.

    Ich bitte um Entschuldigung, daß ich meine Eindrücke nicht in Worte fasse. Einerseits ist dies fast 50 Jahre her, andererseits bin ich schlecht im Beschreiben musikalischer Empfindungen. An deren Stelle das Programm, soweit ich es erinnere : Roussel Bacchus & Ariane (kann sein, daß ich mich täusche), Ravel Daphnis et Chloe-Suite (plus Chor). Dazu (und das erinnere ich genau) Saties Parade mit Schreibmaschinengeklapper und Pistolenschüssen.

    Nur wenige Jahre später dann erneut in Hamburg Markevitch mit Haydns Schöpfung, die ich schon von seiner LP-Einspielung her kannte. Ich hatte das Glück, bei allen Proben dabei sein zu dürfen, und erlebte einen Dirigenten, der schon deutlich von Krankheit gezeichnet war. Das darauf folgende Konzert, nur eine Woche später, in dem es u.a. Brahms Tragische Ouvertüre und Berlioz' Symphonie fantastique gab, übernahm denn auch Sixten Ehrling. Pikantes Detail am Rande : In der Nacht nach dem Schöpfungs-Konzert wurde Hamburg von der Sturmflut-Katastrophe heimgesucht.

    Empfehlenswerte Aufnahmen? Tschaikowsky-Sinfonien (inkl. Manfred), Verdi-Requiem, alles von Strawinsky.

    Sune

  • Leider habe ich bisher nur wenige Aufnahmen von ihm hören können, aber diese (allesamt für extrem wenig Geld von Ramschtischen erworben) zogen mich sehr in ihren Bann. Da wäre zunächst eine Fünfte von Tschaikowsky mit dem LSO, die ich trotz der immensen Konkurrenz ohne langen Zweifel als meine Referenzaufnahme bezeichnen würde. Markevitch findet stets überzeugende Tempi und baut in jedem Satz faszinierende, niemals abreissende Spannungsbögen auf. Man hört bei ihm Nebenstimmen, die sonst vielfach zugekleistert werden. Er findet genau den richtigen Ton, der viel Emotionalität zuläßt, ohne jemals ins Sentimentale abzudriften. Die LSO-Musiker ließen sich von ihm zu beseeltem Spiel animieren. Vor einiger Zeit habe ich beim US-Dschungelfluß die Gesamtaufnahme der Tschaikowsky-Sinfonien aus den 60ern recht günstig bestellt und muß sagen, dass der gesamte Zyklus auf dem sehr hohen Niveau der Fünften liegt. Gerade die ersten drei Sinfonien werden von Markevitch sehr ernst genommen und als vollwertige Meisterwerke vermittelt.

    Die von Dir angesprochenen Tschaikowsky-Aufnahmen gehören wirklich zu den besten am Markt, nicht zuletzt deswegen, weil Markevitch ihn als Symphoniker ernst nimmt und die Symphonien nicht als eine Aneinanderreihung orchestraler Materialballungen und neurasthenischer Ausbrüche begreift, wie das bei manch anderen, weitaus prominenteren Pultstars der Fall ist. Gerade bei einem von sich aus schon so emotional "gesättigten" Komponisten wie Tschaikowsky kommt es m.E. beim Dirigenten darauf an, dass er soviel Geschmack und Urteilskraft besitzt, Gefühle nicht in "Gefühligkeit" umkippen zu lassen, ohne dabei aber kalt und unbeteiligt zu wirken. Das ist eine sehr schwierige Gratwanderung, aber Markevitch beherrscht sie, wahrscheinlich nicht zuletzt durch seine eigenen Erfahrungen als Komponist.

    Die Tschaikowsky-Symphonien 1-4 habe ich auch von Markevitch, noch auf LP. Absolut feine Interpretationen, da stimme ich euch zu, und da Mravinsky die Erste bis Dritte nicht aufgenommen hat, bleibt Markevitch hier meine erste Wahl.

    Demnächst zu einem annehmbaren Preis wieder problemlos erhältlich:


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Markevitch begann sich nun immer mehr für das Dirigieren zu interessieren, nahm Unterricht bei Pierre Monteux und dann bei Hermann Scherchen und debutierte 1933 bei Concertgebouw Orchester mit seinem Werk "Rébus".

    Wenn ich vielleicht eine winzige Korrektur anbringen darf: das Debüt Markevitchs als Dirigent fand nicht 1933 (als 21-jähriger) beim Concertgebouworkest Amsterdam, sondern bereits 1930 (als 18-jähriger!) statt. Das Werk "Rébus" kann beim Debüt 1930 nicht auf dem Programm gestanden haben, denn es wurde erst 1931 komponiert und im Dezember 1931 uraufgeführt. Den Unterricht bei Scherchen nahm Markevitch ab 1935.

    (Quellen: "http://www.allmusic.com/artist/igor-ma…q4032/biography" und "http://en.wikipedia.org/wiki/Igor_Markevitch")

    Zu den Markevitch-CDs: Erwähnenswert ist auch seine Zusammenarbeit mit Clara Haskil, deren allerletzte Aufnahmen (Mozarts Klavierkonzerte d-moll KV 466 und c-moll KV 491) er im Oktober und November 1960 dirigierte. Clara Haskil starb kurz darauf am 7. Dezember 1960.

    Es gibt auch noch Einspielungen des Beethoven-Klavierkonzerts Nr. 3, des Chopin-Klavierkonzerts Nr. 2 und von de Fallas "Nächte in spanischen Gärten" mit Haskil und Markevitch.

    Schlichtweg der Wahnsinn ist natürlich Markevitchs Lesart des "Sacre du Printemps" von Strawinsky. Ich besitze zwei Versionen: einmal mit der Tschechischen Philharmonie live am 30. Mai 1959 in Prag:

    und einmal mit dem London Symphony Orchestra live in Edinburgh am 26. August 1962:

    Da gibt es gar kein Vertun: seine Interpretation ist so großartig, dass man zumindest eine davon im Regal haben sollte. Eher vielleicht den BBC-Mitschnitt, der den großen Vorteil der weitaus besseren (Stereo-)Klangqualität hat. Wenngleich Prag 1959 (eine Monoaufnahme) den Reiz geradezu entfesselten, brutalstmöglichen Paukenspiels bietet. Mehr als in diesem Mitschnitt geht in puncto Schlagwerk wirklich nicht. Aber das soll in keiner Weise den BBC-Mitschnitt abqualifizieren, der ebenfalls "Wahnsinn pur" in Sachen Pauken bietet.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

    Einmal editiert, zuletzt von music lover (9. Mai 2022 um 16:09)

  • 2021 erschienen sind folgende Boxen mit jeweils sämtlichen (oder fehlt doch wieder irgendetwas?) Aufnahmen der DG und Philips:

     


    Zwei weitere größere Boxen auf dem Markt:

     

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

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