• Kabarett wär´ nett!

    Das sagte eine gute Freundin früher immer, wenn ich fragte, was der Abend uns denn noch bescheren möchte? „Kabarett wär´ nett!“ Naja, ich war schon froh, nicht den zweitausendsten Liederabend aufsuchen zu müssen, der wieder so eine fürchterlich aufstrebende Dudelschnepfe in irgendeine Wasserburg oder ein wahnsinnig verschwiegenes Foyer verschlagen würde. Und uns mit ihr.

    Doch auch das Kabarett hat so seine Örter. Alles ist möglich, überall kann man landen, wenn man nicht aufpaßt. Stadthalle, Schulaula, Unibibliothek, Theaterkantine, Luftschutzkeller, Turnhalle, Dorfdisco, Altenheim, Edekaparkplatz, Scheunendachboden, Familiensauna oder Bahnhofsklo.

    Und manchmal sogar in eigens für das Kabarett eingerichteten Anstalten. Wir haben da in Düsseldorf natürlich das „Kom(m)ödchen“ und in Kölle insbesondere das „Senftöpfchen“. Aus letzterem bin ich bei oder genauergesagt vor Richard Rogler einmal rausgeflogen, weil ich nicht einsah, meine Jacke für teuer Geld an der Garderobe abzugeben. Kabarett beginnt nicht erst, wenn das Licht ausgeht…

    Ich habe einen Thread für zunächst alle Vertreterinnen und Vertreter dieses Genres aufgemacht, weil es doch womöglich eher wenige Namen gibt, die einen ganzen Thread allein füllen können.

    Beginnen möchte ich nun allerdings mit einem Mann, bei dem das sicher möglich wäre und dem man bei uns am Niederrhein wohl nicht entfliehen kann, wenn man ein wenig sprachverbunden und am ganz normalen Wahnsinn unsres Alltags interessiert ist.

    Wenn man durch den Gang im Duisburger Hauptbahnhof geht, meint man immer, man ist schon in Oberhausen, so lang ist Gang.“

    Ich kenne ihn, seitdem ich etwa zehn, zwölf Jahre alt war. Meine Mutter hörte seine Platten. Der sprach immer so schnell und dudelte auf seiner fürchterlichen kleinen Orgel, auf der er eingestandenermaßen nur vier Akkorde strategisch geschickt über sein umfassendes Liedschaffen zu verteilen wußte.

    Wir waren in eigentlich fast allen seiner Programme. Als ich besagte gute Freundin erstmal mit seinem Werk vertraut gemacht hatte und wir ihn zehnmal oder häufiger gesehen hatten, meinte sie irgendwann zu mir: „Ich werde sehr traurig sein, wenn Hüsch mal sterben wird.“

    Hanns Dieter Hüsch ist gestorben, am Nikolaustag 2005, nachdem er sich von einem Schlaganfall im November 2001 nicht mehr erholen konnte.

    Ihm war nicht vergönnt, sein „Rentnerdasein“ so zu verbringen, wie er sich das immer gewünscht hatte: „Einfach mal Zeit haben, nirgendwohin müssen, am Rhein sitzen und die Schiffe zählen.“

    Auch „seinen“ Lear hat er nicht mehr gespielt. Aber er hat sonst eigentlich alles andere gemacht, was man so machen kann.

    Salonlieder, politische Lieder, Kinderlieder, religiöse Lieder, niederrheinische Lieder.

    Kurze Texte, lange Texte, noch längere Texte, Bühnenprogramme und Bücher.

    Er hat den „Vätern der Klamotte“ seine unverwechselbare Stimme geliehen („Was muß Wachtmeister Knickebein hier sehen!!!!“).

    Er hat demonstriert und gepredit, gestritten und versöhnt, sich lustig gemacht und in Schutz genommen. Er hat zu Menschen und für Menschen gesprochen und geschrieben. Und doch immer ein loses Mundwerk gehabt, einen gnadenlosen Blick auf liebenswerte und weniger liebenswerte menschliche Schwächen.

    Und er hat Hagenbuch erfunden, den unbestechlichen Verrückten mit dem kerngesunden Weltbild, von dem wir alle noch was lernen können.

    Alles weitere wird man bequem im Netz zu finden wissen, besonders diese Seite sei empfohlen:

    "http://www.h%c3%bcsch.org/html/home.html"

    Folgende CDs der in meinen Augen reifsten und rundesten Programme Hüschs, die ihn auf der Höhe seines Könnens zeigen:

    1986

    1987

    1989

    1992

    1994

    Eigentlich ist jede einzelne davon unentbehrlich für den eigenen Gefühls- und Gedankenhaushalt.

    Hüsch hat auch Programme gespielt, die der "Klassischen Musik" gewidmet waren (z.B. "Mein Mozart" 1996 mit Musikern der Heidelberger Symphoniker). Er hat die Beggar´s Opera textlich zusammengehalten und etwa Schuberts "Häuslichen Krieg" lebendig werden lassen.

    Hanns Dieter Hüsch ist eine eigene Kategorie. Man hat das "literarisches Kabarett" genannt, was er gemacht hat, in Abgrenzung zum politischen Kabarett, das ähnlich führend sein guter Freund Dieter Hildebrandt bis heute noch verkörpert.

    Aber im Grunde ist Hanns Dieter Hüsch die Ein-Mann-Revolution innerhalb jeglicher Spartenzuweisung. Hüsch ist eines zu aller Zeit, in jeder Situation seines Lebens gewesen: anders.

    Die wenigen, die nicht so sind wie die meisten, das müßten die meisten sein!“

    Ein Ziel aufs Innigste zu wünschen.


    Liebe Grüße,

    Alex.


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • Oh wie schön, ein Kabarett-Thread!!! Ich liiieebe Kleinkunst (wozu ich übrigens auch Tim Fischer zähle).

    Hans-Dieter Hüsch habe ich auch schon als Kind gesehen, weil ich immer so begeistert war von "Scheibenwischer" haben mich meine Eltern früh in solche Veranstaltungen mitgenommen. Ja, ja, das Salatblatt.....

    Ach, in diesem Thread habe ich auch endlich die Gelegenheit meinen absolut liebsten Kabarettisten noch einmal vorzustellen (erwähnte ihn schon an anderer Stelle):


    Josef Hader!!!!!!!!

    Er hat so einen herrlichen melancholischen Humor, sehr zynisch mitunter und zum Teil mit kafkaesken Einschlägen, die dem Kopf erlauben sich in Sprachbildern zu verlieren. Ach, mal einen Abend mit dem plaudern dürfen, das wäre was.


    Ich habe erst kürzlich eine DVD von ihm erworben, die von Kritikern als "pulp fiction auf der Kleinkunstbühne " bezeichnet wurde, da konnte ich natürlich nicht wiederstehen 8+) :



    LG Mia

  • Das ist aber fein, daß wenigstens ein Mensch mal geantwortet hat. Josef Hader ist mein Fall nun leider ausnahmsweise einmal nicht (ich denke alle Österreicher sind so?), aber Du hast mich neugierig gemacht, Mia. Eventuell kenne ich den auch nicht gut genug.

    Vielleicht darf ich noch ein paar weitere, mir interessant erscheinende Namen in die Runde (die aus derzeit nicht sehr vielen Leuten zu bestehen scheint) werfen?

    Da ist selbstverständlich - above all - Volker Pispers. Der "Finanzminister" im Kabinett Kabarett. Er verbindet Tagesaktualität mit sehr gekonnten Sprachspielen (die er aber nicht so fürchterlich und billig übertreibt wie etwa Willy Astor) und einer Prise Zynismus, ohne die nichts geht in unserer total bekloppten Welt da draußen. Das ist, für die wenigen, die ihn nicht kennen, Volker Pispers:

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    Früher habe ich Matthias Deutschmann mit seinem unvermeidlichen Cello Pispers bedenkenlos zur Seite gestellt; die beiden sind wohl gut befreundet, man sieht den einen dauernd im Programm des jeweils anderen sitzen. Aber Deutschmann hat zumindest meine Erwartungen leider nicht erfüllt.

    Dafür sind in jüngster Zeit einige erfreuliche U40er nachgerückt.

    Über Florian Schröder kann man denken, was man will, immerhin bedient er wieder dezidiert politische Themen.

    Ebenfalls politisch und ebenfalls mit recht großer Fernsehpräsenz sind Claus von Wagner und vor allen Dingen auch Mathias Tretter unterwegs. Die beiden machen auch sehr viel gemeinsam, hier ein link zu jedem:

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    Ein Fall für sich ist Hagen Rether aus Essen (was an sich ja schon ein Schicksal ist). Ihn könnte man das selbsternannte "Gewissen" des gegenwärtigen Kabaretts nennen. Man mag ihn oder kann ihn gar nicht leiden. Hier ein schönes, scharfes Stückchen Rether:

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    Und nun? Kommt hier mal jemand rein...? Oder lacht Ihr über Mario Barth? :P

    G WvSt.


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • Und noch ein Mensch antwortet.

    Josef Hader ist mein Fall nun leider ausnahmsweise einmal nicht (ich denke alle Österreicher sind so?), aber Du hast mich neugierig gemacht, Mia. Eventuell kenne ich auch nicht gut genug.

    Natürlich sind alle Österreicher so! Ich schätze Mario Barth sehr, sein subtiler Humor ist unübertrefflich. Ist er Deutscher? :D

    Beste Grüße,
    :wink:
    Renate

    Unsre Freuden, unsre Leiden, alles eines Irrlichts Spiel... (Wilhelm Müller)

  • Hagen Rether ist wirklich unglaublich, das beste Rezept für schlechte Tage. Dann ziehe ich mir oft ein paar Videos mit ihm rein, eines hat bei mir sogar ein Lesezeichen ... so ein Gesicht bekommt man, wenn man 80 Jahre liebt, oder so ähnlich heißt es da .. genial!

    Liebe Grüße vom eifelplatz, Chris.

  • Lieber Graf, Du nennst da einige Namen, die mir noch ganz unbekannt sind. Dank deshalb für die schönen Anregungen!

    Hanns Dieter Hüsch allerdings ist mir seit Jahrzehnten vertraut, einer der Größten!

    Da ist selbstverständlich - above all - Volker Pispers. Der "Finanzminister" im Kabinett Kabarett. Er verbindet Tagesaktualität mit sehr gekonnten Sprachspielen (die er aber nicht so fürchterlich und billig übertreibt wie etwa Willy Astor) und einer Prise Zynismus, ohne die nichts geht in unserer total bekloppten Welt da draußen. Das ist, für die wenigen, die ihn nicht kennen, Volker Pispers:

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    Den habe ich erst in diesem Jahr kennengelernt. Das hier war ein großer Erfolg auf unserer letzten Lehrerkonferenz: "

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    " (kennst Du das schon, Audi?), und 2010 werde ich mich mit ein paar Kollegen aufmachen, Volker Pispers in Mannheim aufzusuchen. Der ist nicht nur witzig, sondern auch gescheit!

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Liebe amelia grimaldi,

    ist angekommen: Ösis sind keineswegs eindimensional, sondern in vielen Varianten vorrätig. Jetzt ganz neu das allgemeinverständliche, ungrantlerische, ohne Verletzungsgefahr sprachgewandte, selbstmordungefährdete und wirklich witzige Modell N.N. :D Ich schlage sofort zu!

    Und nochmal zu Volker Pispers:

    Den habe ich erst in diesem Jahr kennengelernt. Das hier war ein großer Erfolg auf unserer letzten Lehrerkonferenz: "

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    Genau meine Meinung, lieber Gurnemanz. Pispers ist sozusagen (für anderthalb Stunden) der personifizierte gesunde Menschenverstand der Republik. Er weiß, was er kann, läßt, was nicht sein muß, und das beste ist: Er spielt kein Instrument :D !

    Sein Instrument ist allenfalls die deutsche Gegenwartssprache, die er in vielen Registern gekonnt zu handhaben weiß, seine Noten stehen im Wirtschaftteil der großen seriösen Zeitungen und seine Darbietung entbehrt glücklicherweise jener anlaßlosen Eitelkeit, die manche an Selbstüberschätzung leidende, aber dafür weitgehend komik- wie talentfreie "Kollegen" aus der Comedy an den Tag oder den Abend legen.

    Mit lieben Grüßen an alle Kabarettgänger und -pilger (viel Freude nächstes Jahr in Mannem),

    Euer Alex.


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • Hagen Rether ist wirklich unglaublich, das beste Rezept für schlechte Tage.

    Ja, Hagen Rether steht für diese frische Generation der Kabarettisten, die den Zeigefinger zuhause lässt und wenn schon, dann eher durch den Mittelfinger ersetzt und die nicht altbacken belehrt. Und wer Hagen Rether sagt, der muss auch Rainald Grebe sagen:

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    Und in diesem Zusammenhang darf schließlich auch Andreas Rebers nicht fehlen.

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    Und in der Tat: Volker Pispers hat das politische Kabarett herüber gerettet und dem Mümmelgreis Dieter Hildebrandt oder dem abgehalfterten Bruno Jonas entrissen. Letztere haben längt vergessen, dass Kabarett auch zum Lachen anregen darf...

    LG
    C.

    „Beim Minigolf lernte ich, wie man mit Anstand verliert.“ (Element of Crime)

  • Das Brett'l kann ganz schnell auch zur Plage werden, wenn's nur noch wohlfeiles Gesinnungskabarett zum Besten gibt, ihr wisst schon, wenn alle gleich loskichern, kaum dass der Mensch auf der Bühne Stoiber oder Merkel gesagt hat. Vollends unerträglich ist mittlerweile der Scheibenwischer, der aktuell von Richling verwest wird, dessen Kasperliaden meine Schmerzgrenze schon lange überschritten haben.

    Gut bis saugut ist neben dem schon mehrfach gepriesenen Volker Pispers noch Georg Schramm, der als Rentner Dombrowski, wie es sich gehört, nach allen Seiten austeilt und dabei einen sagenhaften Furor entwickelt, dass die Heide wackelt - Erkenntnisgewinn inklusive, und das hat man ja nicht so oft im Kabarett, leider.

    Den Hader finde ich auch klasse, weil er sich nicht davor fürchtet, die Erwartungen der Gesinnungsschulterklopfer im Publikum gnadenlos zu unterlaufen, Gratispointen verweigert und damit dem sich prima und kritisch und auf der richtigen Seite fühlenden Publikum den Spiegel vorhält. Der Hader ist noch einer, bei dem es richtig weh tun kann, so wie's Polt zu seinen besten Zeiten konnte (und sicher immer noch kann). Hader ist sozusagen der Helge Schneider des Kabaretts, ein total eigenständiger Typ, der sich nix scheisst, wie man in Österreich zu sagen pflegt.

    Was den alten Hüsch angeht, muss leider gesagt werden, dass er seine schändlichen Synchronisationen bzw. Voice-Overs von Laurel & Hardy und den sog. Vätern der Klamotte besser unterlassen hätte. Als Kind fand ich das auch lustig, aber wenn ich da heute zufällig mal drüber stolpere und leider nicht überhören kann, dann schmerzt es nur noch.

    "Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu versengen."
    -- Georg Christoph Lichtenberg

  • Ich liiiiiebe Humor.

    Ich wollt schon längst geantwortet haben, allein: die Zeit ist bei irdischen Geschwindigkeiten doch irgendwo absolut und in letzter Zeit auch etwas Mangelware. Daher, liebes Gräferl, ein paar unsortierte Gedankenfetzen meinerseits. Schauste halt, was de damit so anfangen kannst. Ich

    Volker Pispers trifft den Nagel auf den Kopf, schlägt mir aber etwas auf den Magen. Diese oberlehrerhafte Attitüde mit dieser beredten Gelehrsamkeit und seine Fragen-Antwort-Spielchen, all das lässt mich allzu schnell erahnen, wie verdammt blöd ich bin. Ich mag ihn, aber ertragen kann ich ihn nicht lange.

    Mit Matthias Deutschmann habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht. Mit großartigen Auftritten begann er, inzwischen trifft er meinen Nerv nicht mehr.

    Hagen Rether ist eine Klasse für sich. Und was für eine. Der Mann am Flügel polarisiert und polemisiert, doch heiligt der Zweck nicht die Mittel? Wer glaubt, bei Hagen Rether hie und da ein entspanntes Schmunzeln von sich geben zu können, der täuscht sich. Meist ist einem gar nicht nach Lachen zumute - als ich Rethers "Vater unser" zum ersten mal vernahm, trieb es mir Tränen in die Augen. Wer das nachvollziehen möchte, bitte:

    "

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    Ich muss leider schon wieder schließen, komme aber wieder. :P

    :wink:
    Wulf

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Zitat

    vom Barbirolli
    Und in diesem Zusammenhang darf schließlich auch Andreas Rebers nicht fehlen.


    Unbedingt, lieber Carsten, ich erinnere mich zuuuu gerne an eine Stelle. Rebers steht mit seiner Quetschkommode da, spielt und meint: "So klingt ein gedeckter Scheck!" :mlol:


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • Diese oberlehrerhafte Attitüde mit dieser beredten Gelehrsamkeit

    Das geht mir auch so. Nach zwei Minuten wird's nervig.
    Mein Favorit bei den Aktuellen: Olaf Schubert.
    Ein wirklicher Wortkünstler. Vielleicht nicht immer so tief in der Thematik, die Art kann man mögen oder auch nicht, doch er scheint mir einer der intelligentesten Vertreter seines Faches zu sein und beobachtet chirurgisch.
    Wenn man's ihm auch nicht anmerkt. :D

    "...es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen." - Johannes Brahms

  • Jaa! Den Schubert mag ich auch sehr. Es ist zwar kein neues Prinzip die Juwelen dadurch noch glänzender erscheinen zu lassen, indem man den Rest zeitlich dehnt, der bei Schubert manchmal einer Suche auf unwirtlichem Wortgestammel-Gelände nach eben diesem Juwel gleicht. Doch bei Schubert erwische ich mich immer wieder, wie ich den künstlich aufgebauten Spannungsbogen mitlaufe, um am Scheitelpunkt Schuberts Worteruptionen zu lauschen. Das sind Umschreibungen, Neologismen der seltensten und humorigsten Art. Eine ganz andere Art von Kabarett.

    Natürlich hat das Ganze Grenzen und erschöpft sich auch bald. Doch noch freue ich mich wie ein Kind auf einen Auftritt des Karo-Pollunders.

    :wink:
    Wulf

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Ich lach auch gern mal. Bei Kabarett eigentlich weniger.
    Nun hab ich mir überlegt, woran das liegen kann, da hier doch Verständige, mit der Fähigkeit zum Humor Begabte rundheraus sagen: Wir mögen Kabarett. Was ist da bei mir falsch gelaufen?

    Bei youtube bin ich letztens über die Dokumentation "Pop 2000" gestolpert. Da sagte dann Annette Humpe (Ideal) etwas über Hintergründe der NDW und der dazu gehörigen Jugendbewegung. Viel Reaktion auf die die Ausläufer der 68er und der Friedensbewegten, Selbstgestrickten. Ja, dachte ich bei mir, da zähl ich dann wohl dazu - zu denen, die mit dieser letztlich selbstgenügsamen, moralschweren Rechthaberei wenig anfangen und eine hedonistische Poserei und Abgrenzung zum Jutebeutel durchaus vorziehen konnten. Kurzum: Kabarett? Bitte nicht!

    Insofern stellten sich mir auch stets die Nackenhaare auf, wenn ich dann die politisch korrekten Spaßmacher heraufziehen sah. Nicht mit mir!
    Das ist natürlich arg einseitig. Man wird auch älter . . . also mehr per Zufall habe ich mal bei Volker Pispers nicht reflexartig umgeschaltet und - gelacht. Ich fand das geistreich, nicht abgehoben oder zu arg vom moralischen Ross herab gesprochen. Nun habe ich auch sonst nicht viel mit Lehrern zu tun, also halte ich das zugegeben Lehrerhafte an ihm auch aus. zumal, wenn es von Selbstironie gebrochen ist - dies ist mir ohnehin wichtig. Ist keine Selbstironie im Spiel, schalte ich weiterhin gerne um.

    Nun fehlt mir wirklich jede echte Kenntnis zu diesem weiten Feld. In der Zwischenzeit habe ich im TV manche Kabarettisten und Spaßunterhalte angesehen. Die Wertungen fallen naturgemäß unterschieldich aus. Mario Barth ist nur als Phänomen interessant; Nuhr hat einen lustigen Namen, den man prima in Sendungstiteln verarbeiten kann; Schubert ist mir zu anstrengend (ich komme nicht so weit, mir seine "Worteruptionen" anzuhören); Wischmeier ist mir (den höre ich auf Radio Eins ab und an) zu gewollt; Horst Evers (den höre ich auf Radio Eins ab und an) finde ich sehr unterhaltsam - das ist auch der einzige, bei dem ich mir sogar mal einen Live-Besuch vorstellen könnte, derzeit. Von Hans Liberg habe ich mal Auszüge eines vermutlich alten Programms gehört (er sagte häufig "so basic"), das war nett. Nur zu Rogler, Jonas, Hildebrandt, Riechling usf. reicht es bei mir nach wie vor nicht, das wird wohl auch nichts mehr.

    Hüsch kenne ich auch von den "Vätern der Klamottenkiste", ansonsten kaum. Wenn ich aber den liebevollen (ein passender scheinendes Wort finde ich nicht) Eingangsbeitrag lese, werde ich daran wohl arbeiten müssen.
    Danke für die Anregungen!

    :wink:

    Jein (Fettes Brot, 1996)

  • Neben Hagen Rether schätze ich ganz besonders eine Größe der Vergangenheit:

    Georg Kreisler!

    Was er mit Klavier und Sprache macht- das ist einfach großartig: Ich nenne mal einige meiner Lieblinge: "Heute geh´n wir wieder ins Konzert", "Musikkritiker", "Tauben vergiften im Park", oder "Zwei alte Tanten tanzen Tango mitten in der Nacht"

    Herzliche Grüße, :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Und er hat Hagenbuch erfunden, den unbestechlichen Verrückten mit dem kerngesunden Weltbild, von dem wir alle noch was lernen können.

    Hagenbuch hat jetzt zugegeben, dass der Graf, jene merkwürdige Mischung aus Minna von Barnhelm und Götz von Berlichingen, beide aus altem, ja mehr noch, aus abgestandenem, so Hagenbuch wörtlich, abgestandenem Adelsgeschlecht aus der Linie, der gemeinsamen Linie derer von und zu und hin und weg Wetter vom und zum und hin zum und weg vom Strahl, dass also jener Graf, der liebevoll die Seinen, und damit seien nicht seine, Hagenbuchs, so Hagenbuch, sondern vielmehr jene Seinen des Grafen gemeint, hier vorgestellt, zwar liebevoll ihn, Hagenbuch, so Hagenbuch wörtlich, erwähnt, doch nicht weiter ausgeführt habe.

    Nicht weiter ausgeführt.
    Ihn, Hagenbuch. Ihn, Hagenbuch!

    Eine Unverschämtheit seitens des Grafen, eine Unverschämtheit.

    Er, Hagenbuch, so Hagenbuch wörtlich, sei vielmehr durch den Grafen, der doch seinerzeit immerhin Flandern und die benachbarten Provinzen bereist, obwohl Flandern, so Hagenbuch, mit ihm, Hagenbuch selbst, nicht das Geringste zu tun habe, nicht das Geringste, ebenso die benachbarten Provinzen und dennoch! durch eben nämlichen Grafen, jener merkwürdigen Mischung aus Minna von Barnhelm und Götz von Berlichingen, nicht nur nicht weiter ausgeführt, sondern vielmehr viel weniger in Betracht gezogen worden, als es ihm, Hagenbuch, zustehe.

    Nicht nur nicht weiter ausgeführt, sondern wenig in Betracht gezogen.
    Er, Hagenbuch!

    Hagenbuch, so Prager und Kretzschmer heute, sei nach diesen Feststellungen, die er, Hagenbuch, stante pede und nolens volens – auf stante pede, so Hagenbuch, sagen Prager und Kretzschmer heute, habe Hagenbuch bestanden, während nolens volens seinem, Hagenbuchs, eigenen Willen entsprungen, da bestehe ein Unterschied, ein gewaltiger Unterschied, so Hagenbuch, sagen auch Prager und Kretzschmer – die er also stante pede und nolens volens habe hinnehmen müssen und die er sofort seinem Freund, dem Ganzheitsdichter Matti Terpentinen mitgeteilt, in tiefste Depression verfallen, aus der er, Hagenbuch, so Prager und Kretzschmer heute, sich nur habe am eigenen Schopfe herausziehen können.

    Am eigenen Schopfe.
    Wie einst Münchhausen, welcher auch, gleich Minna von Barnhelm oder Götz von Berlichingen, der gemeinsamen Linie derer von und zu und hin und weg Wetter vom und zum und hin zum und weg vom Strahl entsprungen.
    Wie einst Münchhausen.

    Oder ein Lama.


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    "...es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen." - Johannes Brahms

  • Viel zu spät meine erste, viel zu lapidar hingeworfene Antwort:

    Derzeit ist Grebe mein absoluter Favorit, wobei es auf mich wirkt, als kämen da jetzt akute Stimmprobleme. Des wär nu wirklich schad, denn die assoziative Subversivität vom Rainald, gepaart mit dieser abgefahrenen Stimme, die mog i hoid!

    Pispers sehe ich ähnlich wie Wulf oder Audi: grundbegabt, mit einigen feinen Pointen, aber einer viel zu gleichförmigen, leicht naseweisen Masche. Haben Sie das auch schon mitbekommen??

    Schramm ist für mich abgestürzt, seit er sich institutionaliseren mußte. Live und in seinen Einzelauftritten, insbesondere in den Bundeswehr- und Touristenrollen, große Klasse, inzwischen nur noch ein mittelmäßiger Den-aufs-durchschnittliche-Wort-auswendig-gelernten-Text-Runterbeter. Sehr, sehr schade!

    Richling ist schlicht die Pest für mich, unerträglich, unlustig, aufdringlich, hochnotpeinlich (dann wirklich lieber den Barth! - Kennt Ihr den Grebe-Barth? Ein Traum). Ähnlich schlimm mittlerweile Dieter Nuhr, der Mann mit dem Exklusivvertrag mit dem ZDF.

    Wer auch nicht mehr so recht da ist, aber irrwitzig begabt (ich glaub auch, leicht behämmert): Reiner Kröhnert. Wer halt Erich Böhme und Hans-Jochen Vogel parodiert, kommt irgendwann ein wenig aus der Mode, tja!

    Mein absoluter Liebling ist und bleibt aber der Polt Gerhard - auch wenn er sich im Alter einige Peinlichkeiten geleistet hat. Das ist der Wahnsinn, diese Präsenz und diese tiefschwarze Seele mit ihrem einzigartigen Timing!

    Wie heißt der Mensch am Pianoforte mit Pferdeschwanz? Den find ich nur anstrengend. Gerade gesehen und daher ediert: Des is der Rether. Nun ja, bislang nur als reichlich platt erlebt. Womöglich weitere Kostproben notwendig.


    So, ein erstes "Listing" (hach, mein erweiterter Wortschatz, das Frühenglisch zahlt sich langsam aus)

    vom Christian

    "Scheiter', Haufen!"

  • Ihn, Hagenbuch. Ihn, Hagenbuch!

    Jaaa, Hagenbuch! :juhu: :juhu: :juhu:

    À propos Hüsch, den muß man hören und sehen, drum: Kennt jemand diese DVD:

    ?

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

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