Ich habe die Sendung am Sonntagabend auch gesehen und ich hatte schon den Eindruck, dass Mayer da live gespielt hat. Er hat nicht nur sein vorbereitetes Stückchen vorgespielt, um seine neue CD zu bewerben, sondern auch mit dem Moderator Götz Alsmann improvisiert. Das war so gemacht, dass es schlecht vom Band kommen konnte.
Ich bin bei Mayer allerdings, genau wie Bernd, etwas hin- und hergerissen. Die Art und Weise seiner Vermarktung einmel außen vor gelassen, die Programmgestaltung seiner Solo-Alben (mit der ich des öfteren meine Probleme habe) auch einmal außen vor gelassen, ist Mayer natürlich einer der besten Oboisten seiner Zeit, aber, wie viele große Künstler, einer mit Polarisierungspotential. Technisch und musikalisch ist Mayer phänomenal, da kann es gar kein Herumkritteln geben. Er orientiert sich bei seinem Spiel nach eigener Aussage stark an der menschlichen Stimme (nimmt ja auch gerne Arien oder Chöre auf, in denen er dann die Gesangsstimme spielt), und das hört man seinem Ton deutlich an, finde ich. Mayer klingt immer sehr weich, sehr warm, er spielt mit viel Legato, es ist der einschmeichelnde Klang einer gut geführten und schön timbrierten Singstimme. Es klingt aber völlig "unoboenhaft". Der Ton wirkt wie glatt poliert, das etwas quäkige, enge, nasale, das den typischen Klang der Oboe ausmacht, fehlt bei ihm fast völlig. Pointiert gesagt: Mayer schafft es, seine Oboe so wenig nach Oboe klingen zu lassen wie möglich. Wenn man den Klang der Oboe gerne mag, ist das eine angreifbare Entscheidung! ;+)
Um noch einen Vergleich zu bringen, zwischen den zwei vielleicht bekanntesten Oboisten der letzten Jahrzehnte: Von den klnglichen Eigenheiten, von denen Heinz Holliger für viele Ohren zu viel hatte, hat Albrecht Mayer wiederum zu wenig. Beide aber haben einen sehr charakteristischen, unverwechselbaren Ton und stellen gewissermaßen entgegengesetzte Extreme dar, was auf einer Oboe tonlich möglich ist.
Das heißt natürlich nicht, dass nicht beide großartige Musiker waren und sind, es soll eher heißen, dass beide Extreme verkörpern, denen man sich ungern uneingeschränkt anschließt. Das ist mein persönlicher, laienhafter, Höreindruck von Albrecht Mayer.