Beethoven: Klaviersonate Nr. 8 c-Moll op. 13 "Pathétique"
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Liebe Freunde der Beethoven-Sonaten,
eine kurze Anmerkung vorab: die folgende Einführung habe ich in ihrer Essenz bereits einmal zu einer anderen Zeit, in einem anderen Forum in einer weit entfernten Galaxis veröffentlicht. Für die Verwendung bei Capriccio habe ich sie lediglich ein wenig überarbeitet- und aktualisiert. Ich hoffe, Ihr seht mir dieses Recycling nach ;+)
Zum Beispiel kannte ich zum damaligen Zeitpunkt Brautigams Aufnahme nicht, konnte sie nicht kennen, da sie noch nicht erschienen war ;+)
Nun zum Kern der Rede:
Grande Sonate Pathetique. So ist Beethovens achte Klaviersonate überschrieben- und anders als in vergleichbaren Fällen stammt der Beiname in diesem Fall vom Komponisten selbst. Unter den 32 Klaviersonaten Beethovens ist die "Pathetique" beim Publikum sicherlich eine der beliebtesten und die Melodie des Adagio cantabile dürfte- ähnlich wie der Kopfsatz der Mondscheinsonate, oder das C-Dur Präludium aus dem Wohltemperierten Klavier - zu den Melodien gehören, die unzählige Male bearbeitet und arrangiert wurden; von mehr oder weniger großen Meistern ihres Faches. Zu den letzteren gehört sicher Billy Joel der die Melodie in "This Night" verwendete.
Beethoven schrieb die Sonate zwischen 1798 und 1799 und widmete sie einem seiner Gönner dem Fürsten Carl von Lichnowsky. Was könnte Beethoven mit dem Epiteton "Pathetique" im Sinn gehabt haben? Der Begriff pathetisch oder sein Pedant Pathos sind- zumindest im Deutschen- nicht mehr unbedingt positiv besetzt. Was aber ist an op. 13 pathetisch? Im damaligen Sprachgebrauch war eine Komposition dann pathetisch, wenn sie "in einem erhabenen u. deshalb harmoniereichen, kräftigen Style, ohne alle Süßigkeit und bloße Annehmlichkeit gehalten ist", so Gustav Schilling 1837 in seiner "Encyclopedie der gesammten musikalischen Wissenschaften".
Auch der Tonart c-moll wurde damals ein spezifischer Charakter zugeschrieben: "klagend" (Rousseau), "traurig" (Mattheson), aber auch als "wütend" und "rasend" (Quantz). Interpretiert man das Adjektiv "pathetisch" auf diese Weise, so bedeutet pathetisch nichts anderes als leidenschaftlich- und leidenschaftlich im Sinne von emotional geht es in der Sonate op. 13 definitv zu. Ob man in der Sonate einen Spiegel von Beethovens persönlicher Lebensituation (die beginnende Taubheit) sehen möchte, ist Spekulation.
Spekulieren kann man auch über die Frage, ob die Tonart c-moll für den Komponisten eine besondere Bedeutung besaß. Jedenfalls verwendete Beethoven diese Tonart noch einige Male. Darunter die fünfte Symphonie, das dritte Klavierkonzert oder auch die letzte Klaviersonate op.111.
Charles Rosen schreibt (2002) dazu:
"Beethoven in C minor has come to symbolize his artistic character. In every case, it reveals Beethoven as Hero. C minor does not show Beethoven at his most subtle, but it does give him to us in his most extrovert form, where he seems to be most impatient of any compromise".
Zurück zu op. 13:
Die Sonate ist dreisätzig:
Grave - Allegro di molto e con brio:
Der Kopfsatz beginnt mit einer langsamen Einleitung: Ein wuchtiger Akkord eröffnet das Stück. Erst nach dieser Introduktion folgt das eigentliche erste Thema. Der ganze Satz ist düster und temporeich, regelrecht gehetzt und endet wie er begonnen hat mit einem wuchtigen Akkord- dazu passt die Bezeichnung: di molto e con brio. Eine Streitfrage klang bereits im anderen Thread an. Die Gretchenfrage lautet in diesem Fall: Wie hältst Du es mit der Wiederholung der Grave-Introduktion? Lässt sich bei vielen älteren Aufnahmen feststellen, dass die Interpreten auf die Wiederholung häufig verzichten, so spielen die meisten Pianisten diese Einleitung heute mit. Andras Schiff hat zu dieser Frage im Beiheft seiner neuen Aufnahme der Sonate auch Stellung genommen- sehr überzeugend wie ich finde. Warum ist die Wiederholung der Wiederholung eigentlich überhaupt von Belang? Lässt man die Wiederholung weg, stimmen für mein Empfinden die Proportionen des Satzes nicht mehr.
Adagio cantabile
Das berühmte Hauptthema (sicher eine der schönsten Melodien Beethovens) wird dreimal wiederholt unterbrochen durch zwei kurze Episoden, die die idyllische Stimmung ein wenig trüben. Uneingeschränkte Heiterkeit gibt es auch hier nicht. Friedrich Gulda hebt bei seiner Amadeo-Einspielung die Begleitfiguren der linken Hand derart hervor, so dass man erst gar nicht in Versuchung kommt die Melodie zu genießen
Rondo. Allegro
Das Thema des abschließenden Rondos erinnert an das zweite Thema des ersten Satzes. Formal handelt es sich um ein Rondo mit der Form ABACABA. In seiner Stimmung schließt das Rondo wieder an den Kopfsatz an. Düster und wild.
Aufnahmen:
Einspielungen der "Pathetique" gibt es wie Sand am Meer. Aus der Fülle eine Aufnahme besonders herauszuheben fällt nicht leicht. Welche Aufnahmen schätzt Ihr besonders?
Oder vielleicht hängt Euch die "Pathetique" zum Halse heraus?
Herzliche Grüße
Christian