Rihm, Wolfgang – Vom Innersten zum Äußersten

  • "Dionysos" in Heidelberg

    Im Juli 2010 wird bei den Salzburger Festspielen die Oper "Dionysos" von Wolfgang Rihm uraufgeführt:

    Ingo Metzmacher, Musikalische Leitung
    Pierre Audi, Regie
    Interpreten: Johannes Martin Kränzle, Mojca Erdmann, Elin Rombo, Matthias Klink, Virpi Räisänen
    Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
    Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor

    Koproduktion mit De Nederlandse Opera Amsterdam und der Staatsoper Unter den Linden Berlin - im Zweifelsfall ist ein Flug nach Berlin+Übernachtung und Opernticket immer noch billiger als Salzburg :stern:

    Wenn ich nichts übersehen habe, wurde diese Uraufführung 2009 hier nicht weiter besprochen, auch das (mir noch gänzlich unbekannte) Werk selbst nicht.

    Demnächst nun kommt es zur deutschen Erstaufführung der "Opernphantasie" in Heidelberg:

    Besetzung

    Musikalische Leitung: Yordan Kamdzhalov
    Regie: Ingo Kerkhof
    Bühnenbild: Anne Neuser
    Kostüme: Inge Medert
    Dramaturgie: Julia Hochstenbach
    Chorleitung: Jan Schweiger
    N.: Holger Falk
    u. a. m.
    Philharmonisches Orchester Heidelberg
    Chor und Extrachor des Theater und Orchester Heidelberg

    Premiere am 08.02.2013. Näheres hier: "http://www.theaterheidelberg.de/spielplan/event/1132/Dionysos"

    Kennt jemand das Werk? Könnte sich das lohnen?

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Nietzsche und Rihm in Heidelberg

    Könnte sich das lohnen?

    Die Frage habe ich mir selbst beantwortet, war in der Premiere und ein paar Tage darauf auch in der zweiten Vorstellung. Ja, es hat sich gelohnt!

    Eigentlich hatte ich vorgehabt, einen Bericht hier einzustellen; stattdessen hier wenigstens der Hinweis auf eine Rezension der Rhein-Neckar-Zeitung, in der die Premiere sehr positiv beschrieben wird, und es gibt im großen und ganzen auch meine Eindrücke wieder, denn ich konnte eindrucksvolles Musiktheater erleben:

    "http://www.rnz.de/rnzKulturRegio…_Labyrinth_.php"

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
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    Helmut Lachenmann

  • ET LUX
    für Vokalensemble und Streichquartett [2009]


    Das Werk ist nun auf CD zu haben - mit dem Huelgas-Vokalensemble und dem Minguet Quartett unter Paul van Nevel:

    Ich fand es hörenswerter als manche der Streichquartette von Rihm. Viele "fast" tonale Klänge, "fast" meditative Klangfortschreitungen, viel Ensembleklang bei acht Stimmen, wenig Solo- oder Teilensembleanteil. Ein sich langsam drehendes Kaleidoskop von "fast" vertrauten Klängen.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ich war gestern in der Bielefelder Inszenierung der Kammeroper "Jakob Lenz" und bin hellauf begeistert. :thumbup: War leider die letzte Vorstellung. :/ Das Theater war zudem lediglich zu ca. 3/4 gefüllt. Kam jedoch beim Publikum sehr gut an und es gab viele "Bravo"-Rufe. Evgueniy Alexiev (Jakob Lenz) war in jeglicher Hinsicht großartig. :verbeugung1: Die Textverständlichkeit war sehr gut und ich musste daher nur selten mal einen Blick auf die Übertitel werfen. Dennoch würde mich das Libretto mal sehr interessieren, um einfach beurteilen zu können, ob es sich um eine werktreue Inszenierung handelte oder nicht. Bin mir aber ziemlich sicher, dass das ein oder andere nicht im Libretto stehen dürfte. Ich fand die Einführungsveranstaltung auch sehr interessant (die Bezüge zu Goethe, etc.). Die Referentin ging mir etwas zu sehr auf die Musiktheorie ein, von der ich ja nun mal nichts verstehe, aber zum Teil auch wiederum interessant war. Da hieß es z. B., wenn ich mich recht entsinne, dass für jede reelle Person (also drei Personen: Lenz, Pfarrer Oberlin und Kaufmann) ein Cello und für die 6 vorhandenen Stimmen je ein Bläser stünde. Wäre mal interessant, sich dies im Nachhinein erneut anzuhören. Die Referentin meinte übrigens, dass die Oper zwar nur 1h20min dauert, man jedoch am Ende "fix und fertig" sei. ^^ Kann ich jedoch nicht bestätigen. Ich fand' s einfach nur packend und interessant. Gut, das Ende war tatsächlich ein wenig schrill, aber ansonsten empfand ich die Musik als regelrecht genial. Ich hatte zunächst die Befürchtung, die Musik könnte irgendwann als nervend und anstrengend empfunden werden, aber dem war nicht so. Bin also äußerst positiv überrascht und es macht Lust auf mehr. Schade, dass diese Oper so selten aufgeführt wird.

    "Welche Büste soll ich aufs Klavier stellen: Beethoven oder Mozart?" "Beethoven, der war taub!" (Igor Fjodorowitsch Strawinsky)



  • Heyhey, ich war auch dort! Sehr eindrucksvoll, wenn auch nicht ganz so stark wie letzthin die Inszenierung in Köln (Quasimodo und ich berichteten hier darüber). Wenn ich mal nicht nur Handy habe, schreibe ich zu Bielefeld vielleicht auch noch was...

    Adieu
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Heyhey, ich war auch dort! Sehr eindrucksvoll, wenn auch nicht ganz so stark wie letzthin die Inszenierung in Köln (Quasimodo und ich berichteten hier darüber). Wenn ich mal nicht nur Handy habe, schreibe ich zu Bielefeld vielleicht auch noch was...

    Adieu
    Algabal

    Würde mich sehr freuen, wenn du, als Rihm-Kenner, mal etwas ausführlicher darüber berichtetest. :jaja1: Ich habe diese Oper ja nun zum ersten Mal gesehen.

    Habe noch diesen Artikel v. 10.06.18 gefunden:

    https://www.nw.de/kultur_und_fre…der-Buehne.html

    "Welche Büste soll ich aufs Klavier stellen: Beethoven oder Mozart?" "Beethoven, der war taub!" (Igor Fjodorowitsch Strawinsky)



  • Dieses Album hat ein User in einem anderen Forum kurz vorgestellt und irgend etwas war dran, dass ich es mir direkt bei Qobuz herunter geladen habe. Vielleicht war es der Satz, dass besagter User sich früher immer die Neuerscheinungen von Rhim gekauft hat. Habe ich bei U2 ja früher auch immer gemacht und für mich war ja Geste zu Vedova quasi eine Neuerscheinung. Hatte ich vorher schließlich noch nie etwas von gehört. ;-)) 10 Euro fand ich okay, auch wenn die CD nicht besonders lang ist.

    Besonders die beiden Streichquartete in G und 1968 gefallen mir gut. Es sind Jugendwerke die ich immer wieder gerne höre, weil sie nett und angenehm zu hören sind. Sehr eingängig. Angeblich sollen sie ja Bezüge zu Beethovens Streichquartett Werken haben. Da ich mich mit Beethovens Streichquartetten bisher nicht beschäftigt habe, kann ich dazu aber nichts sagen.

    Genauso gut gefallen mir aber uch die beiden neueren Stücke. Epilog und Geste zu Vedova. Sie fordern den Hörer
    mehr heraus. Es ist eindeutig modernere Musik, die genauso eingängig ist und für meine Ohren tolle und abwechlungsreiche Klänge bietet. Ich bin mir gerade nicht sicher, ob Klangfarben hier wirklich das richtige Wort ist. :)
    Besonders das Stück "Epilog" gefällt mir. Ich höre es auch gerade, während ich tippe und wie Rihm Nähe und Distanz herstellt im letztenDrittel. Klasse! Das Stück macht wirklich Spaß und ist echt kurzweilig! Das ist ein Stück das würde ich gerne mal live hören. Allerdings, dass Rhim hier eine Beziehung zu Schuberts Spätwerk herstellen soll, wie Amazon behauptet, dass höre ich jetzt nicht heraus.

    Viele Grüße, Michael

  • Nachdem ich die letzten zwei Tage beim Heidelberger Streichquartettfest ziemlich viel von Rihm gehört habe, genauer vom Streichquartettschaffen von Rihm, habe ich heute eine der wenigen vorhandenen CDs mit Orchesterwerken von Rihm hervorgezogen. Meine Kenntnis dieses Bereichs seines Schaffens ist (noch) recht dünn. Ich kenne weder die ersten beiden noch die 3. Symphonie. Einzig die Annäherung Vers un symphonie fleuve III habe ich seinerzeit (vor ca 30 Jahren) mal auf Band mitgeschnitten und auch mehrfach gehört.

    Heute also das Konzert in einem Satz für Cello und Orchester, 2005/2006 komponiert. Dieses Werk ist noch einmal eine Wiederbeschwörung des spätromantischen Solistenkonzertes, natürlich mit zeitgenössischen Einsprengseln, aber doch unverkennbar von Mahler/Berg beeinflusst bis hin zum "ersterbenden" Ende. Der Livemitschnitt entstand 2007 mit Tanja Tetzlaff als Solistin ("Im Falle des Cellokonzertes...fiel mir zuerst auf, wie schwer zu spielen es ist - und wie im Grunde genommen hoch romantisch, ganz cellistisch im Sinne der weitgeschwungenen Linien und der Ausdrucksbreite") und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter Peter Ruzicka. Mit Gewinn gehört.

    ,,Musik wie aus einem anderen Jahrhundert. Oder besser gesagt: ein süffiges Cellokonzert, das manchmal klingt wie eine Hommage an Bergs Violinkonzert. Grandios gespielter Eklektizismus ..." (FonoForum, Mai 2012)

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Nachdem die 1. und 2. Symphonie von Wolfgang Rihm (die ich noch nicht kenne) ziemlich kurze Werke sind, ist seine 3. Symphonie für Sopran, Bariton, gemischten Chor und Orchester ein ausladendes Werk Mahler'scher Dimensionen. 67 min gibt die website des Verlages an. Das Werk wurde für die Berliner Philharmoniker geschrieben und von diesen am 15.11. 1979 uraufgeführt. Die Solisten waren Inga Nielsen und Gerhard Faulstich, Dirigent Michael Gielen.

    Wie Eleanore Büning in ihrer Lesung erwähnte, scheint von dieser UA entweder kein Tondokument zu existieren oder es modert in irgendeinem Rundfunkarchiv herum. Eigentlich unglaublich, wo gefühlt jede einzelne Mahleraufführung dieses Orchesters schon irgendwo auf CD gebannt wurde.

    Aber wie ich gerade entdeckt habe, gibt es auf youtube ein Video des gesamten Werkes vom Radio Filharmonisch Orkest & Groot Omroepkoor mit Anna Palimina (s) und Miljenko Turk (b) unter Markus Stenz.

    Und der erste Hördurchgang bestätigt, dass es sich hier um ein Werk in der Tradition Bruckner-Mahler-Berg-Hartmann-Pettersson handelt.

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  • Oh wow, danke! nachdem die Rihm-Edition bei Hänssler offenbar eingestellt worden ist, hatte ich die Hoffnung schon aufgegeben, die 3. jemals hören zu können …

    mercie!

    Adieu

    Algabal

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  • Zum ersten Mal gehört:

    Wolfgang Rihm

    Dis-Kontur

    SO des BR

    Leif Segerstam

    Ja, hier lässt er es ordentlich krachen, der Wolfgang. Das Stück beginnt mit den Hammerschlägen, mit denen der letzte Satz von Mahlers Sechster aufwartet, aber nicht zwei oder drei, sonder derer viele. Dazu weitere Schlagzeugbatterien und brutistische atonale Orchestermusik, die teilweise auch als Erläuterung des Begriffs "Kakophonie" dienen könnten.

    Bernhard Uske schreibt in das Orchester 10/2008: Es wäre die perfekte Musik zu Filmen Andrej Tarkowskijs Musik zu Bildern von Fabrikruinen im Niemandsland von Industriewüsten: rostig und brachial. So klingt Dis-Kontur, eines der zentralen Werke, mit denen 1974 der damals 22-jährige Wolfgang Rihm das avantgardistische Establishment aufschreckte. Eine rohe, mit knallend-hämmernden Schlägen beginnende Musik, die in düsterem Klangkolorit weit zerklüftet sich zu einem hybriden, rhythmisierten Klangklumpen auswächst, der an den Marsch aus Alban Bergs Drei Orchesterstücken op. 6 erinnert. Zuletzt schrumpft der rohe Klangkorpus wieder, um in letzten schussartigen Trommelschlägen zu enden. "

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  • Die vier Orchesterstücke Nähe fern 1-4 von Wolfgang Rihm entstanden um 2010 für das Luzerner Sinfonieorchester. Sie sind die Auseinandersetzung des Komponisten mit den vier Symphonien von Johannes Brahms und wurden im Rahmen des Lucerne Festivals mit den jeweiligen Brahms-Werken gekoppelt uraufgeführt. Ergänzt durch das nach dem ersten "Nähe Fern" eingefügten Orchesterlied "Dämmung senkte sich von oben", das auch von Brahms vertont wurde, ergab sich ein fünfsätziges Werk, das Rihm inoffiziell als seine Luzerner Symphonie bezeichnete und das im Sommer 2012 mit den hier auch musizierenden Musikern aufgeführt wurde. Nähe Fern 1-4 sind zwischen 10 und 12 min lang und wenn es auch keine direkten Zitate gibt, so doch jeweils so deutlich Anklänge, dass das jeweilige Brahms-Werk klar "hervorschimmert". Nichtsdestotrotz ist es natürlich ein Rihm-Werk in einer modernen Tonsprache, aber vermutlich für viele Hörer "genießbarer" als frühere Orchesterstücke. Mir gefällt es ziemlich gut und es macht gespannt auf die demnächst erscheinende CD mit dem um die gleiche Zeit entstandenen "Jagden und Formen".

     

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  • Die oben genannten Werke kenne ich allesamt noch nicht. Dafür habe ich gestern abend erstmals Rihms Kammeroper Jakob Lenz gehört und gesehen, in einer packenden und tief beeindruckenden Aufführung im Nationaltheater Mannheim (Regie: Calixto Bieito, Dirigent: Franck Ollu).

    Hochexpressive Musik, komponiert in den 1970ern, als auch das nicht minder ausdrucksstarke 3. Streichquartett entstand. "Im Innersten" ist auch der Ort, an dem das Drama stattfindet.

    Eine Premierenkritik, aus der klarer wird, was auch gestern erlebt werden konnte: https://www.nmz.de/online/unheime…heater-mannheim.

    Musikalisch erinnert mich manches an die freitonale Phase bei Schönberg, z. B. in Erwartung.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Helmut Lachenmann

  • Nächstens (angekündigt eigentlich für den vergangenen Februar) wird eine erste Biographie oder sowas über Wolfgang Rihm erscheinen. Verfasserin: Eleonore Büning ...

    Adieu,
    Algabal

    Schautamal: war für 2012 angekündigt und nun ist es 2022 erschienen. Mit anderem Cover:

    Nett zu lesen. Und informativ.

    Adieu

    Algabal

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  • Schautamal: war 2013 angekündigt und nun ist es 2022 erschienen.

    Bin mir nicht sicher, ob das jetzt erschienene Buch nicht eine überarbeitete Neuauflage ist. Das alte Coverbild finde ich, äh, neckischer.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Helmut Lachenmann

  • Nee, ist es nicht (also keine überarbeitete Neuauflage). EB erklärt ziemlich ausfûhrlich, warum sie das (zum 60. von Rihm geplante) Buch damals nicht hat (fertig)schreiben können. Es ist tatsächlich original jetzt 2022 (zum 70.) erst erschienen.

    Adieu

    Algabal

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