Brahms - Ein deutsches Requiem, op. 45

  • Brahms - Ein deutsches Requiem, op. 45

    Ihr Lieben,

    wenn man überlegt, welches die bedeutendsten Werke in der Musikgeschichte auf dem Gebiet "Geistliche Musik" sind, gehört neben der h-Moll-Messe oder dem Weihnachtsoratorium oder der Matthäus-Passion mit Sicherheit auch Brahms' Deutsches Requiem dazu. Dabei stellt sich die Frage, wie "geistlich" dieses Werk überhaupt ist. Denn im Gegensatz zum großen Bach war Brahms nicht derjenige, der seine Komposition mit "Soli Deo Gloria" unterschrieben hätte. Zu oft hat er im Leben Enttäuschungen erlebt, die ihn an eine alles lenkende Übermacht samt dessen Institution Kirche glauben ließ. Trotzdem atmet dieses Werk einen übernatürlichen Geist und ist gerade in protestantischen Kreisen überaus bedeutend.


    Entstehung

    Anlass zur Komposition, die sich wie andere Werke Brahms', über mehrere Jahre hinstreckte und viele Kompositionspausen enthielt, war der Tod seines Mentors und Freundes Robert Schumann im Jahr 1856. Doch bis zur Uraufführung in der endgültigen Fassung 1869 in Leipzig vergingen noch 13 Jahre. Bis zum Jahr 1861 arbeitete er an den ersten beiden Sätzen, legte dann das Werk aber erst einmal beiseite. Vier Jahre später, 1865, verliert Brahms als 32-Jähriger seine Mutter, was für ihn nach Schumanns Tod ein zweiter schwerwiegender Schicksalsschlag war.
    Er nimmt die Arbeit wieder auf und schickt Clara Schumann 1866 das bis dahin sechssätzige Werk, was sie wenige Tage nach Erhalt der Partitur so kommentiert:

    Ich bin ganz und gar erfüllt von Deinem Requiem, es ist ganz gewaltiges Stück, ergreift den ganzen Menschen in einer Weise, wie wenig anderes.
    Der tiefe Ernst, vereint mit allem Zauber der Poesie, wirkt wunderbar, erschütternd und besänftigend.

    Ein Jahr später waren in Wien erste Teile des Werkes zu hören. Allerdings mutete man dem Abonnementpublikum nur drei Sätze zu. Der Rest wurde mit Schuberts Rosamunde aufgefüllt. Die Meinung des Publikums war überwiegend ablehnend.
    Seine "erste" Uraufführung erlebte das Werk am Karfreitag 1868 in Bremen. Es gab allerdings ein Problem, das der Dirigent Reinthaler an Brahms wie folgt schrieb:

    Es fehlt aber für das christliche Bewußtsein der Punkt, um den sich alles dreht, nämlich der Erlösungstod des Herrn. 'Ist Christus nicht auferstanden, so ist Euer Glaube eitel', sagt Paulus.

    Deshalb wurde in der Bremer Aufführung die Sopran-Arie aus dem Messias "Ich weiß, dass mein Erlöser lebet" eingefügt. Zwei Wochen später, als das Konzert wiederholt wurde, diente Agathes Arie aus dem Freischütz "Wie nahte mir der Schlummer" als Lückenfüller.
    Brahms' Absicht war es aber nicht daran gelegen, Reinthalers Kritikpunkt aufzugreifen. Er hatte die Texte selbst aus der Bibel zusammengestellt, mit dem Ziel, in dem Werk nicht den Toten hinterherzutrauern, sondern die Hinterbliebenen zu trösten. Es sollte also ein Requiem für den Menschen sein, weshalb er auch mit dem Gedanken spielte, das "Deutsche" aus dem Titel zu nehmen und das Werk "Des Menschen Requiem" zu nennen.
    Nach den Bremer Aufführungen arbeitete Brahms am Werk weiter und fügte als siebten Satz noch die Sopran-Arie "Ihr habt nun Traurigkeit" ein, sicher in besonderem Gedenken an seine Mutter ("Ich will euch trösten, wie einen eine Mutter tröstet").

    Seine "zweite" und damit richtige Uraufführung in der kompletten und endgültigen Form erlebte das Werk dann am 18.02.1869 im Gewandhaus in Leipzig unter Carl Reinecke. Der Erfolg war riesig, Brahms wurde in Europa als bedeutender Komponist anerkannt und das Werk wurde in den nächsten zehn Jahren allein in Deutschland einhundert Mal zur Aufführung gebracht.


    Musik

    Das Werk ist siebensätzig und wird von zwei thematisch verwandten Chorsätzen eingerahmt. Der Chor ist generell der wichtigste Bestandteil des Werkes, da er in jedem Satz vorkommt und die Inhalte transportiert. Im Folgenden gehe ich einmal komplett durch das Werk, als Vorlage dient mir ein selbst erstellter Hörfaden für Konzertbesucher.

    I. Ziemlich langsam und mit Ausdruck; F-Dur

    Der Satz kommt komplett ohne Geigen aus, was eine besondere Klangfarbe im Orchester ausmacht. Das Vorspiel beginnt in tiefer Lage, die Streicher werden mehrfach geteilt, die Melodieeinsätze sind fugiert. Der Chor setzt im gespannten piano ein und fährt a cappella fort.

    Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.

    Es entspinnt sich ein Dialog zwischen Chor und Orchester.

    Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.

    Die Tonart wird etwas tiefer und abgedunkelt, die Tränen werden mit Seufzerbewegungen dargestellt. Der Rhyhthmus wird beschleunigt und die Stimmung hellt sich auf, wenn die Freuden besungen werden.

    Sie gehen hin mit Weinen...

    Wieder das Orchestervorspiel, der Chor setzt sich drauf.

    ...und tragen edlen Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.

    Wieder werden die Freuden besungen, musikalisch identisch wie beim ersten Mal. Danach kommt der A-Teil noch einmal in veränderter Form mit einer Coda, die verklärt im pianissimo endet.


    II. Langsam, marschmäßig; b-Moll

    Mit tiefen, wuchtigen Bässen und fahlen Akkorden in den Streichern setzt ein Trauermarsch im Dreivierteltakt ein. Das Vorspiel wird wiederholt, der Chor begleitet:

    Denn alles Fleisch, es ist wie Gras und alle Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blume.
    Das Gras ist verdorret und die Blume abgefallen.

    Ein Orchesterzwischenspiel bäumt sich auf und der Chor wiederholt den Teil im Forte. Mit den durchgehenden motorischen Paukenschlägen wirkt die Musik sehr beklemmend und einschüchternd. Es folgt ein Trio-Teil in der "Versunkenheitstonart" Ges-Dur, die Stimmung hellt auf.

    So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis auf die Zukunft des Herrn.
    Siehe ein Ackermann wartet auf die köstliche Frucht der Erde und ist geduldig darüber bis er empfahe den Morgenregen und den Abendregen.

    Wie in einem Menuett einer Sonate (dieser Satz war ursprünglich für eine Sonate für 2 Klavier konzipiert) wird nun der erste Teil notengetreu wiederholt.
    Den Abschluss bildet ein ausgedehnter Freudenteil (B-Dur). Zunächst bestätigt der Chor in Anbetracht des menschlichen Körpers, der verwesen muss:

    Aber des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit.

    Die Ewigkeit wird durch das langgezogene "E" von "Ewigkeit" ausgedrückt. Danach setzt zunächst der Bass als Solo-Stimme ein, danach folgt der Tutti-Chor.

    Die Erlöseten des Herrn werden wiederkommen und gen Zion kommen mit Jauchzen.
    Ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird weg müssen.

    Es herrscht eine ausgelassene Freudenstimmung. Nur bei Schmerz und Seufzen hält die Musik kurz inne, wird jedoch von den "wird weg müssen"-Rufen wieder verdrängt und es kann weitergefeiert werden. Der Satz endet selig und verklärt wie nach einer langen Party... ;+)


    III. Andante moderato; d-Moll

    Zum Chor gesellt sich nun der Solo-Bariton, der sofort einsetzt.

    Herr, lehre doch mich, dass ein Ende mit mir haben muss, und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss.

    Wenn der Chor wieder mit diesem Text einsetzt, setzt auch der unerbittliche walking bass ein, der die Ausweglosigkeit des Lebens symbolisiert, das mit dem Tod enden muss. Wieder setzt der Bariton ein, fast nur rezitativisch vom Orchester begleitet:

    Siehe, meine Tage sind eine Handbreit vor dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir.

    Der Chor wiederholt das wieder. Das "Nichts" ist auskomponiert, die Musik sackt in sich zusammen und der Bariton muss von vorne beginnen. Die Stimmung wird im Chor nervös und angespannt bei "und ich davon muss". Kurzes Aufbäumen vom Orchester, aber es hat keinen Zweck und fällt erneut in sich zusammen, die Musik kommt zum absoluten Stillstand.
    Mit neuem Einsatz der Bariton:

    Ach, wie gar nichts sind alle Menschen, die so sicher leben.
    Sie gehen daher wie ein Schemen, und machen ihnen viel vergebliche Unruhe;
    sie sammeln und wissen nicht, wer es kriegen wird.

    Wieder wiederholt der Chor, bevor der Bariton die entscheidende Frage stellt:

    Nun Herr, wes soll ich mich trösten?

    Ab jetzt herrscht die pure Verzweiflung. Alle rufen völlig aufgeregt und ohne Ausweg diese Frage in den Raum, die Verzweiflung steigert sich immer mehr, bis das Orchester auf einem verminderten Akkord ohne Auflösungsabsicht stehenbleibt.
    Aus der Tiefe baut sich nun jedoch die Lösung auf und der Chor erhebt sich aus der Asche:

    Ich hoffe auf dich.

    Es folgt auf kleinem Raum ein großes crescendo und mündet in eine Fuge (D-Dur).

    Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand und keine Qual rühret sie an.

    Diese Fuge ist sehr außergewöhnlich, da sie sich musikalisch überhaupt nicht von der Stelle bewegt. Schuld daran ist ein riesiger Orgelpunkt, der die gesamte Fuge über stehen bleibt. Die Kontrabässe spielen unablässig ein D und bilden somit die starke Hand Gottes, die nichts entweichen lässt. Die Musik versucht, wegzukommen, aber der Orgelpunkt hält sie gnadenlos fest. Der Satz endet gewaltig und kulminierend (keine Qual) im strahlendsten D-Dur.


    IV. Mäßig bewegt; Es-Dur

    In diesem Satz lässt Brahms den Zuhörer ins Paradies schauen.

    Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth.
    Mein Herz und Seele freuet sich in dem lebendigen Gott.

    Die Musik ist lieblich und schön, wie von einer anderen Welt.
    Auch hier wird noch einmal gefeiert:

    Wohl denen, die in deinem Hause wohnen. Die loben dich immerdar!

    Durch mehr Bewegung in den Stimmen wird Gott gelobt. Das letzte "immerdar" wird lange ausgehalten und verhallt im pianissimo. Im Schlussteil wird das Anfangsthema aufgegriffen. Der gesamte Satz ist eine Art Ruheinsel im Werk.


    V. Langsam; G-Dur

    Es folgt die Sopran-Arie, die ja erst als letztes Stück ins Werk gefunden hat.

    Ihr habt nun Traurigkeit, aber ich will euch wiedersehen und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.
    Sehet mich an: ich habe eine kleine Zeit Mühe und Arbeit gehabt und habe großen Trost funden.

    Die Musik ist im ganzen Satz sehr unaufgeregt und fließt relativ gleichmäßig dahin.
    Der Chor singt im ganzen Satz nur:

    Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.

    Für mich ist das der vielleicht schönste Satz, der unmittelbar in seiner Schlichtheit ins Herz geht und tröstlich wirken kann.


    VI. Andante; c-Moll

    Es folgt der dramatischste Satz des Werkes, vielleicht so etwas wie ein "Dies Irae".
    Der Chor setzt nach einer kurzen Orchesterintonation sehr geheimnisvoll ein:

    Denn wir haben hier keine bleibende Statt, sondern die Zukünftige suchen wir.

    Wieder kann man den "walking bass" als treibendes Element erkennen. Das Suchen wird symbolisiert durch das Suchen nach einer Grundtonart. Das c-Moll wird immer nur gestreift, nie richtig als feste Tonart bestätigt.
    Der Bariton setzt wieder ein:

    Siehe, ich sage euch ein Geheimnis. Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden.
    Und das Selbige plötzlich in einem Augenblick zu der Zeit der letzten Posaune.

    Mit der Posaune werden jetzt die Dinge unaufhörlich in Gang gesetzt. Der Chor imitiert mit lauten Rufen die Posaune, das Tempo beschleunigt sich zum Vivace. c-Moll ist jetzt als Tonart manifestiert.

    Denn es wird die Posaune erschallen und die Toten werden auferstehen unverweslich.

    Ein letztes Mal meldet sich der Bariton (als Evangelist) und verweist auf die Schrift:

    Dann wird erfüllet werden das Wort, das geschrieben steht.

    Der Chor setzt wieder mit dem "Posaunenthema" ein:

    Der Tod ist verschlungen in den Sieg.
    Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?

    Mit provozierenden Fragen reizt der Chor den Tod und die Hölle sehr siegessicher. Die Musik peitscht sich jetzt immer mehr auf, die Hölle wird angeschrieen und am Ende steht der strahlende und lange Sieg. Aus diesem "Siegesakkord", der vielleicht als Höhepunkt im gesamten Werk verstanden werden kann, entspringt sogleich in der nächsten Fuge der Dankgesang (C-Dur).

    Herr, du bist würdig zu nehmen Preis und Ehre und Kraft,
    denn du hast alle Dinge erschaffen und durch deinen Willen haben sie das Wesen und sind erschaffen.

    Diese Fuge ist Brahms' Hommage an die Alte Musik (Alla-Breve-Takt, lange Notenwerte). Die Musik sollte schwingen, aber trotzdem kraftvoll sein. Die verschiedenen Ausdrücke der "Kraft" kann man gut nachvollziehen.


    VII. Feierlich; F-Dur

    Das Orchester schreitet schrittweise auf- und abwärts, der Sopran setzt in hoher Lage ein, gefolgt vom Bass und vom Tutti-Chor:

    Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben, von nun an.

    In einer Einstimmigkeit meldet sich nun der Geist zu Wort:

    Ja, der Geist spricht, dass sie ruhen von ihrer Arbeit, denn ihre Werke folgen ihnen nach.

    Hier kann man vielleicht die gesamte Intention Brahms' nachvollziehen. Die Toten sind nicht für immer weg, sie leben in ihren Werken weiter. Das wird auch für ihn persönlich eine Sicherheit gewesen sein, denn an die Unsterblichkeit der Seele schien er ja nicht so recht zu glauben.
    Das Werk endet thematisch identisch wie der erste Satz und schließt so den Kreis.


    Ihr merkt, dass für mich dieses Werk sehr wichtig ist, weil es mir so viel gibt und mich emotional immer wieder so sehr mitnimmt und beschäftigt.
    Am Totensonntag durfte ich es erstmals im Konzert singen und es war ein grandioses Erlebnis. Man arbeitet richtig mit der Musik mit und natürlich war das Hemd danach völlig durchgeschwitzt. :D

    Nun interessieren mich natürlich eure Meinungen zum Werk und alles, was ihr dazu zu sagen habt.
    Zuletzt möchte ich noch meine Lieblingsaufnahme vorstellen. Nachdem ich mir meine sieben Aufnahmen in den letzten Tagen noch einmal angehört habe, ist diese als klarer Sieger vom Platz gegangen:

    Häggander, Lorenz, RSO Leipzig & Chor, Kegel

    Die Chorleistung ist grandios, eine so klare und deutliche Aussprache hab ich sonst nicht gehört.
    Außerdem ist das Orchester unter Herbert Kegel gigantisch, gerade in den dramatischen Passagen wird man förmlich weggefegt. Wahnsinn! :juhu:

    So, jetzt seid Ihr dran!


    Liebe Grüße,
    Peter.

    Alles kann, nichts muss.

  • Hallo Peter,

    sehr schöner Eröffnungsbeitrag. Die vor Dir vorgestellte Aufnahme habe ich auch, aber leider hat diese mich auf dem "falschen Ohr" erwischt. Mindestens gut, keine Frage, aber persönlich bevorzuge ich immer noch folgende Karajan-Aufnahme:

    Bis dann.

  • Endlich der ersehnte Thread. Tolles Entre. Sehr lebendig + gut lesbar geschriebene Einleitung. :juhu:

    Zitat

    wenn man überlegt, welches die bedeutendsten Werke in der Musikgeschichte auf dem Gebiet "Geistliche Musik" sind, gehört neben der h-Moll-Messe oder dem Weihnachtsoratorium oder der Matthäus-Passion mit Sicherheit auch Brahms' Deutsches Requiem dazu

    und natürlich auch - unter Rubrik Chorwerke - die Johannnes Passion, das Mozartsche Requiem und Nonos Canto Sospeso.

    Ich mag das Deutsche Requiem. Und werde allmählich zum Dt.-Requiem-Junkie..

    Zitat

    Aus der Tiefe baut sich nun jedoch die Lösung auf und der Chor erhebt sich aus der Asche:
    Ich hoffe auf dich.
    Es folgt auf kleinem Raum ein großes crescendo


    ja, das ist eine megageil - irgendwie-ganz-typisch-Brahms-komponierte Überleitung in die Hammerfuge dieses Requiems.

    Zitat

    und mündet in eine Fuge (D-Dur).

    Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand und keine Qual rühret sie an.
    Diese Fuge ist sehr außergewöhnlich, da sie sich musikalisch überhaupt nicht von der Stelle bewegt. Schuld daran ist ein riesiger Orgelpunkt, der die gesamte Fuge über stehen bleibt. Die Kontrabässe spielen unablässig ein D und bilden somit die starke Hand Gottes, die nichts entweichen lässt. Die Musik versucht, wegzukommen, aber der Orgelpunkt hält sie gnadenlos fest. Der Satz endet gewaltig und kulminierend (keine Qual) im strahlendsten D-Dur
    .

    Ja diese Fuge hat eine sehr zwielichtige Wirkung auf den Hörer; auch der drohende Paukenwirbel. Sie vermag die Spannung, die sich in diesem Satz aufgebaut, nicht zu lösen, sondern verstärkt diese sogar. Sie ist eher Beschwörung als Verheißung und das drückst Du ja indirekt in Deiner Beschreibung aus... diese Fuge beeindruckt - nach meiner Erfahrung - noch mehr als "Herr Du bist würdig" vom Satz VI.

    Zitat

    Hier kann man vielleicht die gesamte Intention Brahms' nachvollziehen. Die Toten sind nicht für immer weg, sie leben in ihren Werken weiter. Das wird auch für ihn persönlich eine Sicherheit gewesen sein, denn an die Unsterblichkeit der Seele schien er ja nicht so recht zu glauben. Das Werk endet thematisch identisch wie der erste Satz und schließt so den Kreis.

    Ja - ich habe ganz ähnlichen Eindruck. Brahms Deutsches Requiem artikuliert keine Metaphysik, sondern Remineszens an Metaphysik, die nicht mehr möglich scheint......

    Ich habe zahlreiche Mitschnitte und heute gibt es wieder eine Radioübertragung aus Berlin. Meine Favoriten daraus sind momentan:

    Leipzig, 25.11.01 Luisi; Passow, Trekel; MDR Sinfonieorchester
    Salzburg, 15.08.08 Muti; Kühmeier, Mattei, Wiener Philharmoniker
    München, 22.11.09 Siemens; Spiesser, Brendel; Münchner Symphoniker
    Hamburg, 10.04.09 Young; Mikneviciute, Koch, Philharmoniker Hamburg (Young gefällt mir sehr hinsichtlich der Tempi, leider ist der Klang von Orchester + Chor zu breiig und undifferenziert, haben vermutlich auch Tonmeister verbockt; schade..)

    Ich hoffe, da kommen noch viele Favoriten dazu...
    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Endlich der ersehnte Thread. Tolles Entre. Sehr lebendig + gut lesbar geschriebene Einleitung.

    Dem möchte ich mich unbedingt anschließen! Danke für diesen interessanten Thread.

    Ich kenne das Brahms-Requiem noch gar nicht so lange, bin erst durch meine Beschäftigung mit Fischer-Dieskau vor einiger Zeit darauf gestoßen. Umso mehr freue ich mich, hier nun etwas mehr über das Werk an sich zu erfahren. Die Kegel-Aufnahme habe ich mir kürzlich bestellt, ich bin schon sehr gespannt darauf.

    Insofern kann ich auch inhaltlich leider auf die Schnelle nichts beitragen (hoffentlich später...), möchte aber vermerken, dass dies eines der für mich essentiellen Werke ist - ein Requiem von umglaublicher Schönheit, Beseeltheit und Kraft. Neben der Klemperer-Aufnahme mit FiDi, die ich schon sehr schätze, liebe ich vor allem Kempe.

    FiDi ist hier einfach grandios (seine Interpretation empfinde ich als vollendet - darf ich das so sagen?), auch die Grümmer finde ich ausgezeichnet mit ihrer klaren, reinen Stimme.

    Gruß, Cosima

  • Das perfekte B-Requiem:
    Hab ich noch nicht gefunden.

    Immer stimmt irgendwas nicht.

    Mal ein zu flacher Bariton oder eine brontal tremolierende Sopranistin, mal ein eiernder oder amerikanisch deutschelnder Chor, mal ein langweiliges Dirigat, mal zu krasses Blech oder zu blasse Streicher, oft auch erstaunliche Tempi oder mindere Tonqualität.

    Klemperer mit herausgehämmerten Posaunen im 2. Satz, aber einer Frau Schwarzkopf, die selbst ES-Verteidiger ihr Mandat niederlegen lässt, Giuilini mit einem unglaublichen Sängerpaket, aber aus irgend einem Grund nicht genug Spitze in des Todes Stachel, Kegel auf dem Weg zum Bahnhof, wo er wohl noch einen Zug zu erreichen sucht, Sinopoli...äh..., Barenboim, den man offenbar sowas live machen lassen muss, weil er im Studio einschläft und so fort.

    Was gäbe man nicht für eine vollkommene Aufnahme.
    Gelegentlich überkommt eine der Wunsch, sich seine Lieblingssätze aus verschiedenen Einspielungen zusammenzubasteln.


    audiamus

    "...es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen." - Johannes Brahms

  • @ Peter: sehr schöne Einleitung und Beschreibung; vielen Dank!!

    Meine momentanen Lieblingseinspielungen:

    Celibidache ist zwar langsam; er »buchstabiert«; dem Werk bekommt es trotzdem gut.
    Der vierte Satz ist meine Lieblings-Passage – wie schrieb Peter: eine »Ruhe-Insel«. Genau! :juhu: :juhu: :juhu:

    Es grüßt
    Maurice_Hol

  • Es gibt noch eine Sparversion für 2 Flügel + Pauken von Heinrich Poos. Davon habe ich einen fetzigen Mitschnitt aus Köln vom 02.06.07 unter Huber mit dem WDR Rundfunkchor Köln. Quasi das Dt. Requiem für Arme oder die "schottische" Version desselben. Ein Korrespondent mailte mir mal, es klänge ihm zu sehr nach Chorprobe.. finde ich aber nicht...

    Bald dürfte die Übertragung vom 22.11.09 aus Berlin unter Janowski zu Ende sein (er braucht selten viel Zeit und die Musiker freuen sich ob des früheren Feierabends). Werde den Stream bald rüberziehen und bin gespannt auf das Ergebnis...

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Noch nicht genannt wurden glaube ich diese Einspielungen:

    Chor, Orchester und Dirigat wie ich finde nahezu perfekt, die Solistin vielleicht nicht immer ganz souverän, aber das wertet die CD genausowenig entscheidend ab wie die zeitbedingt mäßige Klangqualität

    gerne höre ich auch hin und wieder hier hinein:


    Von den ansonsten genannten Aufnahmen kenne ich nur Celibidache und Kempe nicht, kann mir aber beide als sehr lohnenswert vorstellen (aber ich habe vor, meiner Sammelleidenschaft zukünftig mehr in der Breite zu frönen und nicht mehr jeder guten Aufnahme bereits vorhandener Kompositionen hinterherzujagen - obwohl ?( )

    Gruß
    Henning

    Stattdessen sind Sie Knall und Fall mitten im Unterricht vom Gymnasium abgegangen.
    GULDA: Ja, ich hab' gesagt, Herr Professor, darf ich aufs Klo, und bin nicht wiedergekommen. Ich glaub', es war in der Mathematikstunde .
    Warum sind Sie nicht in der Pause gegangen?
    GULDA: Das wär' ja fad gewesen. Keiner lacht. Die Tür ist eh offen. Ich wollte schon, daß es prickelt.

  • Ich kenne und liebe das Deutsche Requiem auch und möchte mich dem allgemeinen herzlichen Dank für den tollen Eröffnungsbeitrag natürlich ebenfalls anschließen.
    Zu Beginn habe ich mich ziemlich schwer getan mit diesem Stück, es schien mir langsam, archaisch und furchtbar zäh. Ich muss gestehen, dass ich diesen spröden, zähen Eindruck bei vielen Werken von Brahms hatte und habe, anders als die anderer Komponisten haben mir seine Stücke eigentlich nie beim ersten Hören gefallen, immer erst beim konzentrierten Wieder-und-Wieder-Hören. So ging es mir eben auch mit dem Deutschen Requiem, dafür liebe ich es jetzt umso mehr, es ist so eine emotionale, tieftraurige und gleichzeitig tröstende Musik. Ich höre das Requiem übrigens fast jedes Jahr zu Allerheiligen, der ganze Klnagcharakter ist doch irgendwie der einer Novemberfeiertagsabendsstimmung!
    Die ergreifendste Aufnahme, die ich kenne, ist die unter Willem Mengelberg:

    Sie entstand 1942 in Amsterdam. Während ganz Europa in Schutt und Asche gelegt wird, während Millionen Menschen elendig verrecken in Schützengräben, bei Luftangriffen und in Trümmerwüsten, singt der Chor im Amsterdamer Studio Brahms´ ergreifende Totenklage. In noch keiner Aufnahme habe ich die emotionale Kraft dieser Musik und ihre Betroffenheit so gespürt wie in dieser. Schon allein, wie Mengelberg die Pauken zu Beginn des zweiten Satzes spielen lässt, dann der Streichereinsatz - da schnürt es einem die Kehle zu. Mengelberg und sein Chor sind hervorragend, ebenso die Sopranistin Jo Vincent, eine wahre Stimme vom Himmel, der Bariton max Kloos ist allenfalls Durchschnitt, aber das ist bei dieser existenziellen Musikerfahrung auch egal. Der große Wermutstropfen ist leider die Aufnahmetechnik. Das Orchester hört man kaum, den Chor, als ob er im Nebenraum sänge... Das ist keine Aufnahme, um Brahms´ Musik zu genießen, sondern um sie zu durchleben und zu durchleiden.
    Eine Meinung der Brahms-Spezialisten hätte ich gerne zu dieser Aufnahme:

    Ich habe sie mir, offen gestanden, nicht wegen der Musik gekauft, sondern wegen der Sopranistin, von der ich unbedingt eine Aufnahme haben wollte. Ich tue das ganz, ganz selten, mir CDs in erster Linie wegen einem Interpreten und nicht wegen der Musik zu kaufen. Hier brachte mich dieser Kauf aber dazu, mich endlich einmal genauer mit dem Deutschen Requiem zu beschäftigen, das ich nur flüchtig kannte, und zu entdecken, was für ein geniales Werk das eigentlich ist. Ich habe inzwischen einige Vergleichseinspielungen gehört, aber ich kann trotzdem noch nicht beurteilen, wie diese Guttenberg-Aufnahme denn nun einzuschätzen ist.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Kegel auf dem Weg zum Bahnhof, wo er wohl noch einen Zug zu erreichen sucht,

    Hm, was hast Du gegen die Kegel-Einspielung? Mir gefällt die Aufnahme ausnehmend gut. Häggander und Lorenz sind in Topform, der Rundfunkchor Leipzig ist kraftvoll und wirkt zugleich sehr spirituell, das RSO Leipzig ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben und Kegel bietet eine schlackenlos-analytische, glasklare und erfrischend unpathetische Lesart - die zügigen Tempi tun dem Werk IMO sogar eher gut. Meine bescheidene Meinung ... :D

    Zitat

    Sinopoli...äh...,

    äh ... äh ... äh ... hm ... äh ... JA!!!! Sinopoli hat Lucia Popp!!! äh .. äh... äh..... und sonst nix ...

    Ich habe dann noch diese:

    Die ist richtig gut! HIP halt, etwas, hm, wie soll ich sagen, ---- nasal. Schlank ohne dünn zu wirken, herb ohne schroff zu wirken. Nicht so architektonisch-dekonstruktiv wie Kegel und doch wird jedes Detail hörbar herausgearbeitet - ohne daß sich der Hörer dabei in einem Präparationskurs im medizinischen Grundstudium wähnen muß.

    Ich bin mit Kegel und Herreweghe eigentlich ziemlich glücklich.

    Adieu,
    Algabal

    p.s.: Previn (Price/Ramey), Karajan (Janowitz/Waechter) und Barenboim (Williams/Hampson) hab ich abgestoßen.

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Es gibt noch eine Sparversion für 2 Flügel + Pauken von Heinrich Poos. Davon habe ich einen fetzigen Mitschnitt aus Köln vom 02.06.07 unter Huber mit dem WDR Rundfunkchor Köln. Quasi das Dt. Requiem für Arme oder die "schottische" Version desselben. Ein Korrespondent mailte mir mal, es klänge ihm zu sehr nach Chorprobe.. finde ich aber nicht...

    Die eigentliche "schottische" Version stammt von Brahms selbst und ist allein für ein Klavier zu vier Händen. In dem raffinierten Klaviersatz bringt Brahms nicht nur Chor- und Orchesterstimmen sondern auch noch Sopran- und Bariton-Solo unter. Er schrieb dazu an seinen Verleger gleichermaßen selbstironisch und selbstbewusst:

    "Ich habe mich der edlen Beschäftigung hingegeben, mein unsterbliches Werk auch für vierhändige Seelen genießbar zu machen. Jetzt kann´s nicht untergehen. Übrigens ist es ganz vortrefflich geworden."

    Die Noten dieser Fassung kann man hier sehen: "http://brahms-institut.de/web/bihl_noten…ka4h_s_001.html"

    Schon 1871 gab es im Haus von Sir und Lady Thompson in London eine Privataufführung dieser Fassung mit zusätzlichem Chor und Sologesang, was eine merkwürdige Mischfassung von Brahms' Original und seinem eigenen Arrangement für Klavier zu vier Händen ergibt. Bis heute wird diese sogenannte "Londoner Fassung" immer wieder als angeblich originale Brahms-Fassung aufgeführt oder aufgenommen. Der Musikwissenschaftler Dr. Michael Struck sagte in einem Vortrag über Brahms' vierhändige Arrangements dazu:

    "Daher ist es ein ziemlich skurriles Missverständnis, was seit einiger Zeit bei Einspielungen des Deutschen Requiemsauf CD und bei manchen Aufführungen des Werkes in Sparbesetzungen geschieht, bei denen das Orchester durch Brahms’ vierhändiges Klavierarrangement ersetzt wird. Denn nun hört man alle gesungenen Partien doppelt – gespielt und gesungen –, und das ist zweifellos nicht im Sinne des Erfinders. Allerdings geht jener zweifelhafte Gebrauch bereits auf die erste private Londoner Aufführung des Werkes zurück, die in den Räumen von Sir und Lady Thompson im Jahre 1871 stattfand. Prompt fühlten sich einige CD-Produzenten und eine ganze Reihe von Konzertveranstaltern dazu berechtigt, von der „Londoner Fassung“ des Werkes zu sprechen. Doch dieser Fassungs-Stolz ist genaugenommen eben ein „Fassungs“-Schwindel – und macht den Kenner ein wenig fassungslos... "

    Viele Grüße,

    Christian

  • es ist so eine emotionale, tieftraurige und gleichzeitig tröstende Musik.

    Ich finde bei Brahms Requiem gerade gut, dass es zwar tieftraurig ist, aber mich nicht tröstet, wohl auch gar nicht trösten will oder wie seht ihr es?

    Deswegen finde ich auch die Kegel-Aufnahme so schlüssig, die ohne jedes Pathos auskommt, - klar, analytisch-nüchtern, aber dabei keinesfalls emotionslos.

    Hm, was hast Du gegen die Kegel-Einspielung? Mir gefällt die Aufnahme ausnehmend gut. Häggander und Lorenz sind in Topform, der Rundfunkchor Leipzig ist kraftvoll und wirkt zugleich sehr spirituell, das RSO Leipzig ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben und Kegel bietet eine schlackenlos-analytische, glasklare und erfrischend unpathetische Lesart - die zügigen Tempi tun dem Werk IMO sogar eher gut. Meine bescheidene Meinung ...

    ....der ich mich voll anschließen kann. Seit ich Kegel habe, sind meine anderen Aufnahmen ungehört geblieben, so dass ich die erst wieder hören muß, um zu ihnen etwas sagen zu können. Herreweghe steht jedoch seit längerem schon auf meiner Wunschliste.

    :wink: Matthias

  • Lieber Christian- serh interessant, was Du da über die" zwei Klaviere- Schwindel-Fassung" schreibst! 8|
    Ich mag die Aufnahme mit "Accentus" eigentlich gerade um der kleinen Besetzung und Transparenz willen als Alternative zum grossen Chor und Orchesterklang sehr gerne- aber mit diesen Informationen........ ?(
    Ich habe letztes Jahr hier noch eine Steigerung dessen erlebt: eine Fassung für Orgel und Percussion, eingerichtet von einem Chorleiter, der Geld sparen musste. Mir hat das (bis auf das Sopran-Solo meiner Gesangsprofessorin) absolut nciht gefallen, aber es gab begeisterte Zustimmung.


    Lieber Matthias, ich finde das Brahms-Requiem zwar auch nicht emotional, schon gar nicht im plakativen oder gar aufdringlichen Sinne, aber trotzdem oder gerade deshalb sehr tröstend.
    Und überhaupt nicht tieftraurig. :shake:
    Sehr wahrhaftig und direkt und auch stellenweise regelrecht spröde- wenn ich das etwa mit Mozart, oder Fauré oder Verdi oder gar Berlioz vergleiche.

    Und besonders das Bariton-Soli mit Chor mit seinem Memento mori "Herrr, lehre doch mich!" hat auf mich eine noch stärkere Wirkung als der ausdrücklich tröstende Text des Sopran-Solos "Ich will euch trösten" oder der Trost-Chor "Wie lieblich sind deine Wohnungen".
    Ich glaube, dass der Text in diesem Werk ausgesprochen wichtig ist und gerade auch für Menschen, die nicht so fest im Christentum verwurzelt sind , Trost sein kann. In diesem Text-Sinne vielleicht mehr als ein nach streng katholischer Liturgie gesungenes lateinisches Requiem.

    Für mich ist das Brahms Requiem ganz eng mit dem (sehr frühen) Tod meines Vaters verknüpft und hat mich damals so getröstet, dass ich sogar einen Satz daraus als Grabinschrift gewählt habe.

    Brahms ist für mich überhaupt keine Tränen-Trauer-Musik sondern die Gegenwelt zur Trauer- die conditio humana und die feste Burg.

    F.Q.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Endlich der ersehnte Thread. Tolles Entre. Sehr lebendig + gut lesbar geschriebene Einleitung. :juhu:

    und natürlich auch - unter Rubrik Chorwerke - die Johannnes Passion, das Mozartsche Requiem und Nonos Canto Sospeso.

    Sorry fürs OT, aber: Il Canto Sospeso ist kein "geistliches", sondern ein politisches (Gedenk-)Werk. Nono dürfte - als Marxist - wohl auch Atheist gewesen sein.

    Hinein gehört in die Liste aber für mich auf jeden Fall noch die "Transfiguration" von Messiaen!

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Zitat

    Sorry fürs OT, aber: Il Canto Sospeso ist kein "geistliches", sondern ein politisches (Gedenk-)Werk. Nono dürfte - als Marxist - wohl auch Atheist gewesen sein.

    ich habe deshalb auch die Rubrik Chorwerke gewählt.. der Begriff geistliches Werk verkleinert mir zu sehr das Dt. Requiem, weil Brahms Meisterwerk sich nicht darin erschöpft (Peter hat ihn ja selbst in der Einleitung bereits in Frage gestellt) ... ja, vielleicht war Nono Atheist, wie es der eher konservative Brahms gewesen ist... Nebenbei: Bachs Johannes Passion hat - nach meinen Dafürhalten - durchaus auch politische Dimensionen... ich bin sogar geneigt B.A. Zimmermanns "Requiem" und "Ekklesiastische Aktion" auch noch der Rubrik "wichtige Vokalwerke" zuzurechnen.... aber das geht jetzt zu sehr in Richtung OT...

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Zitat

    Ich finde bei Brahms Requiem gerade gut, dass es zwar tieftraurig ist, aber mich nicht tröstet, wohl auch gar nicht trösten will oder wie seht ihr es?

    ganz genauso. Nach meinen Dafühalten gilt das sogar für einen großen Teil des Brahmswerkes überhaupt (egal ob Brahms sich so verstanden wissen wollte) und ich halte das für einen nicht unwesentlichen Moment des Wahrheitsgehaltes des Dt. Requiems: Die Verweigerung jedweder affirmativen Metaphysik.

    Zitat

    serh interessant, was Du da über die" zwei Klaviere- Schwindel-Fassung" schreibst! 8|
    Ich mag die Aufnahme mit "Accentus" eigentlich gerade um der kleinen Besetzung und Transparenz willen als Alternative zum grossen Chor und Orchesterklang sehr gerne- aber mit diesen Informationen........ ?(

    Die Infos von Christian sind für mich auch sehr interessant.. ich musste beim Lesen sogar etwas schmunzeln.. aus den gleichen Gründen wie FQ mag ich auch die Klavier-Sparversion., egal ob mit oder ohne Schwindel-Infos....

    Zitat

    Ich habe letztes Jahr hier noch eine Steigerung dessen erlebt: eine Fassung für Orgel und Percussion, eingerichtet von einem Chorleiter, der Geld sparen musste. Mir hat das (bis auf das Sopran-Solo meiner Gesangsprofessorin) absolut nciht gefallen, aber es gab begeisterte Zustimmung.


    also mit Orgel (ich hasse die Orgel) anstelle von Klavier würde ich sofort Sodbrennen bekommen und den Saal fluchtartig verlassen, um nicht mitzuerleben wie das DT. Requiem mir versaut wird :D ....

    Zitat

    Aufnahme mit "Accentus"


    was ist das für eine Aufnahme, Infos wären sehr interessant...


    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Für mich gibt es nichts Tröstenderes als das Sopransolo im Brahms - Requiem. Und da bin ich ganz und gar bei Cosima :

    Niemand nach Elisabeth Grümmer hat das Solo eindringlicher, weiblicher, suggestiver, seraphischer gesungen als sie.

    Der junge Fischer - Dieskau, Chor und Orchester unter Rudolf Kempe musizieren auf vergleichbarem Niveau : Für mich die Referenzaufnahme schlechthin.

    Dass selbst hochgelobte Spitzensoprane wie Natalie Dessay, die ich kürzlich hier live erlebte, sich oft nicht anders zu helfen wissen, als mit outriertem, maniriertem Gesang dem Ausdrucksgehalt des 5. Satzes beizukommen, spricht Bände und somit für die überragende Leistung einer Grümmer !


    Ciao. Gioachino :juhu:

    miniminiDIFIDI

  • Für mich gibt es nichts Tröstenderes als das Sopransolo im Brahms - Requiem. Und da bin ich ganz und gar bei Cosima :

    Niemand nach Elisabeth Grümmer hat das Solo eindringlicher, weiblicher, suggestiver, seraphischer gesungen als sie.

    Der junge Fischer - Dieskau, Chor und Orchester unter Rudolf Kempe musizieren auf vergleichbarem Niveau : Für mich die Referenzaufnahme schlechthin.


    Ich schließe mich Euch ohne Vorbehalte an.

    Alex


    "In the year of our Lord 1314 patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the field of Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen. And won their freedom."

  • Zitat
    serh interessant, was Du da über die" zwei Klaviere- Schwindel-Fassung" schreibst! 8|
    Ich mag die Aufnahme mit "Accentus" eigentlich gerade um der kleinen Besetzung und Transparenz willen als Alternative zum grossen Chor und Orchesterklang sehr gerne- aber mit diesen Informationen........ ?(

    Die Infos von Christian sind für mich auch sehr interessant.. ich musste beim Lesen sogar etwas schmunzeln.. aus den gleichen Gründen wie FQ mag ich auch die Klavier-Sparversion., egal ob mit oder ohne Schwindel-Infos....

    Ich wollte natürlich auch nicht Eure Freude an der Fassung trüben. Mich interessiert hier genausowenig wie in anderen Fällen, ob etwas "original", "authentisch" oder sonstwas ist, sondern nur, ob es gut ist. Allerdings halte ich es schon für einen Etikettenschwindel, wenn z.B. hier:

    wieder einmal so getan wird, als sei die Fassung für Klavier zu vier Händen (hier sogar an zwei Klavieren gespielt, was mit Brahms' Arrangement noch weniger zu tun hat) plus Chor und Solisten von Brahms. Wenn man mit dem Adjektiv "original" o.ä. wirbt, sollte auch Originales drin sein. Aber natürlich kann sich auch hinter einem falschen Etikett eine gute Sache verbergen. Ich habe im konkreten Fall allerdings Zweifel, weil ja wie gesagt in Brahms' Klaviersatz die Gesangsstimmen schon vorhanden sind und gesungen also verdoppelt werden, was mir wenig sinnvoll erscheint.

    Viele Grüße,

    Christian

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