VERDI: Ernani – Kommentierte Diskographie

  • Liebe Alexa !

    Irrtum - Ihr seid zu fünft.

    6!

    Besonders gut gefällt mir Sherill Milnes auch als Athanael:

    Aber das gehört ja eigentlich in diesen verwaisten Thread...

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • [quote='Honoria Lucasta',index.php?page=Thread&postID=76700#post76700]
    Sherill Milnes (ein in Europa meist nicht wirklich geschätzter Sängter, sehr zu Unrecht!)


    :!: :!: :!: :!: :!:
    Verzeihung, aber das mußte jetzt mal sein.


    Liebe Honoria und Mina,

    da bin ich gerne mit von der Partie! Für mich ist Sherrill Milnes einer der ganz großen, der noch viel mehr geschätzt werden sollte. Ich fand ihn auch als Rigoletto toll oder ganz besonders auch in Andrea Chenier. :vv:

    „Orchester haben keinen eigenen Klang,den macht der Dirigent"
    Herbert von Karajan

    „nicht zehn Prozent meiner Musikleute verstehen so viel von Musik wie diese beiden Buben“.
    Karajan nach einem Gespräch mit den Beatles George Harrison und Ringo Starr.

  • TKM 2002, Live- und Rundfunk-Aufnahme Mailand 1969

    Eine Aufführung mit großen Namen, mit Einschränkungen einen guten Eindruck hinterlassend, denn ich höre sozusagen keinen mitreißenden Lavastrom, sondern korrekte Leidenschaft. Die Stimmen passen dafür aber recht gut zusammen.
    Gianandrea Gavazzeni und das RAI-Orchestra di Milano machen ihre Sache routiniert und richtig, doch vielleicht eine Spur zu äußerlich. Bruno Prevedi, zu Unrecht ziemlich vergessen, in der Titelrolle ist kaum schlechter als die bekannteren Tenöre. Kaum glaublich, daß dieses helle Organ ursprünglich als Bariton begann. In der Farbkraft kommt er nicht ganz an Bergonzi und Kollegen heran, aber die Stimme ist gut geführt und im Timbre passend. Prevedis Pech war wohl, daß er der Generation der 1920er Jahre angehörte, in der es Spitzentenöre gab wie Schwammerln nach warmem Sommerregen. Da waren ein paar eben noch besser. Aber ich werde Ausschau nach anderen Aufnahmen Prevedis halten, denn er überzeugt mich hier, daß ein Wiederhören lohnt. Boris Christoff als Silva: Jetzt weiß ich, wer offenbar Ruggero Raimondis Vorbild war. Statt des erwarteten rauhen Böslings gibt Christoff einen wirklich edlen Granden, der eben leider nur nach anderen Maßstäben lebt, aber trotz dieser irgendwie einnimmt. Peter Glossop singt den Don Carlo mit schöner Stimme, aber nicht so persönlichkeitsstark, wie ich es gern hätte. Das stimmt aber zu Montserrat Caballé als Elvira, die natürlich dramatische Forza nicht unter ihre Stärken zählt und manchmal mehr Kunstgesang bietet, sich aber dann erstaunlich gut in die Rolle findet. Für eine nicht ideale Besetzung eine beeindruckende Leistung! Die kleineren Rollen sind gut besetzt.

    Insgesamt ein ziemlich kultivierter "Ernani". Der Einwand schmälert aber nicht das respektable Niveau. Die Tonqualität ist meist gut, an einigen Stellen aber doch etwas verschleiert. Letztlich kein absolutes Spitzenprodukt, aber interessant genug nicht nur für ausgesprochene Ernanisti.

    Liebe Grüße

    Waldi

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Ich vermisse unter den bisherigen Nennungen eine der beiden besten Aufnahmen, die ich kenne (die andere ist die mit Price, Bergonzi und Schippers). Vermutlich kennt die keiner, weil es die schon seit Langem nur für Mondpreise gibt:

    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/511mGvWcgDL._SL500_AA300_.jpg]

    Lamberto Gardelli fand hier genau das richtige Maß für die Leidenschaftlichkeit der Oper und den notwendigen Abstand zum Schwulst, und wenn auch den Herren niemand unterstellen würde, dass sie für das Handwerk der subtilen Darstellungskunst geboren wurden, so sind sie doch solide rollendeckend. Bei Laszlo Kováts kommt sogar noch ein profunder Bass hinzu, der sich vor niemandes Organ zu verstecken braucht.

    Das eigentliche Wunder der Aufnahme aber ist die Elvira von Sylvia Sass, die von Anbeginn an mit einer Leidenschaft und Präsenz bei der Sache ist, mit der sie alle Konkurrentinnen, sogar Leontyne Price, deutlich überragt, und sie bringt auch das Material dafür mit. Warum diese Frau nicht mindestens so erfolgreich war wie Anna Moffo (die ich mag), wird mir ewig schleierhaft bleiben, denn sie brachte alle Voraussetzungen dafür mit: Aussehen, Stimme, Talent in bester Ausfertigung. Lag's doch am Managament?

    Sehr gut gefällt mir auch die Tonmischung, die einmal nicht versucht, das Geschehen studiomäßig zu glätten, sondern den Eindruck einer Live-Darbietung mit allen dazu gehörenden Schärfen erhält. In einer Oper, in der die Banda eine so bedeutende Rolle spielt, ist dieser Vorteil nicht zu verachten.

    Ich habe die Aufnahme seinerzeit als Teil einer Verdi-Gesamtedition der DG/Universal bekommen. Vielleicht wird die ja wieder aufgelegt, aber für die derzeitig angekündigten Boxen zog man leider die blasse Bonynge-Aufnahme vor. Jedenfalls sollte man die Aufnahme kennen, wenn man wissen will, wie ERNANI klingen kann und sollte.

    Will jemnd mal eine allgemeine Einführung zu dieser Oper schreiben?

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Den Gardelli-"Ernani" habe ich noch auf LP und daher schon ewig lang nicht gehört. Das Pech dieser Aufnahme war auch, daß ich sie seinerzeit immer unmittelbar mit Schippers verglich, der doch eine Klasse höher angesiedelt ist und zu meinem Präge-"Ernani" wurde. Was mir bei den Ungarn nicht so gefiel: Für den Carlo wünsche ich mir eine kräftige, tragende, nicht zu helle Stimme. Lajos Miller aber ist aber ein eher heller Bariton, auch wenn er sonst schön singt. Aber das mag eine persönliche Marotte von mir sein.
    Die Einführung zu schreiben, würde mich reizen, aber im Moment reicht es nicht zu solchen Aktivitäten. Dringende Diplomarbeiten warten, und gestern hat man mein Gift-Niveau wieder auf Höchststand gebracht, was mich doch einigermaßen einbremst.

    :wink: Waldi

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Die Einführung zu schreiben, würde mich reizen, aber im Moment reicht es nicht zu solchen Aktivitäten. Dringende Diplomarbeiten warten, und gestern hat man mein Gift-Niveau wieder auf Höchststand gebracht, was mich doch einigermaßen einbremst.

    :wink: Waldi

    Lieber Waldi,

    danke für die Rückmeldung, die ich - leider in jeder Hinsicht - gut verstehen kann.

    Was die Einführung betrifft, so hat das Verdi-Jahr doch gerade erst angefangen, und es würde mich sehr freuen, wenn Du Dich als besonders guter Kenner und Schreiber weiterhin in das Projekt einbringst.

    Es ist ohnehin nicht an mir, hier etwas zu reservieren oder zu verhindern, aber vielleicht zu ermutigen?

    Liebe Grüße und gute Besserung

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Wenn es nicht gleich heute sein muss, sondern erst in den nächsten Tagen, könnten ich anbieten, eine Einleitung für "Ernani" zu schreiben.

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    Il mare, il mare! Quale in rimirarlo
    Di glorie e di sublimi rapimenti
    Mi si affaccian ricordi! Il mare, il mare!
    Percè in suo grembo non trovai la tomba?

  • Es muss sicher nicht gleich heute sein, und zwei einander ergänzende Einleitungen im Abstand von Monaten wären ja auch nicht falsch. Waldi braucht ja wohl noch Zeit, fürchte ich.

    Es gäber aber auch noch andere Opern, die bisher "nur" kommentierte Diskografien haben. I DUE FOSCARI und ATTILA , zum Beispiel.

    Und I MASNADIERI ist immer noch ganz frei, falls Ihr es nicht doch den Streifenpeter auch noch machen lassen wollt.

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • "Attila" traue ich mir zu, was "I Masnadieri" betrifft, würde ich gegebenenfalls ein wenig ergänzen, je nach dem, wie ausführlich die Einführung ausfällt, ich glaube aber nicht, dass ich da genug Wissen oder Zugriff diesbezüglich habe.

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    Il mare, il mare! Quale in rimirarlo
    Di glorie e di sublimi rapimenti
    Mi si affaccian ricordi! Il mare, il mare!
    Percè in suo grembo non trovai la tomba?

  • Liebe Teresa,

    Für den "Ernani" bringst Du zweifelsfrei die besseren Voraussetzungen mit, also nur zu!

    :wink: Waldi

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    Homo sum, ergo inscius.

  • 1847, so entnehme ich dem Beiheft der unten angegebenen Aufnahme, wurde der König sogar von einem Alt gesungen. 1981 wiederholte man das in einem Konzert mit Sutherland, Pavarotti und Marilyn Horne - aber wohl eher der Kuriosität wegen.

    MYTO 2005

    Eine Live-Wiedergabe aus der Mailänder Scala 1969, allerdings keine Rundfunkaufnahme, leider! Die Tontechnik ist sichtlich semiprofessionell und läßt vor allem in der Balance zwischen Orchester und Stimmen bzw. den Stimmen untereinander natürlich einiges zu wünschen übrig (trotzdem ist das Ergebnis für diese Umstände erstaunlich gut). Außerdem habe ich den Verdacht, daß beim Remastering möglicherweise eine kleines bißchen zu viel herausgefiltert wurde. Es sollte für mein Gefühl, aber das mag auch eine Täuschung sein, um eine Spur wärmer klingen.

    Ansonsten ist das aber eine eindrucksvolle Vorstellung. Es war Placido Domingos erster Ernani und zugleich sein Debüt an der Scala. Wenn man seine damals mühelos strahlende Höhe genießt, kann man kaum glauben, daß er davor einmal Bariton gesungen hatte. Obwohl er hier noch nicht über alle Nuancen verfügt, die ihn später auszeichnen sollten, ist er doch nahe an einer Idealbesetzung. Seine Elvira ist die auch noch junge Raina Kabaivanska, die ihre geläufige Gurgel beweist (auch bei ihr wundert man sich, daß sie früher Mezzo war) und hier vielleicht etwas härter im Ohr ankommt als in Wirklichkeit (man muß da auch vergleichen zwischen der Aufführung und dem als Bonus angefügten Ausschnitt aus der Generalprobe). Meine unterschwellige Kritik soll aber nicht verdecken, daß ich diese Sängerin hier und auch sonst sehr schätze.
    Den Silva singt Nicolai Ghiaurov, edel, stur und verbohrt, nicht ganz so hinreißend wie Raimondi, aber dennoch großartig. Als Don Carlo war Piero Cappuccilli vorgesehen, der aber erkrankte. Für ihn sprang Carlo Meliciani ein, der ihn würdig vertritt. Jeder Zoll ein König, mit fülligem, warm dahinströmendem Organ. Fast zu wenig Tyrann und nur großmütiger Herrscher und Verehrer.
    Ausgezeichnet das Dirigat von Antonino Votto. Da steckt wirklich die ganze Erfahrung eines Spitzendirigenten im italienischen Fach drin, der mit dem Scala-Musikern die richtigen Partner hat.

    Als Extra-Bonus gibt es noch drei Kurzinterviews mit Domingo, Kabaivanska und Ghiaurov.

    Da kann man die kleinen Mängel schon hinnehmen (auf der Cover-Rückseite ist übrigens fälschlich angegeben, daß Meliciani den Silva und Ghiaurov den König singt; im Beiheft steht es aber richtig).

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Ernani auf deutsch

    Hallo,
    vor einigen Jahren habe ich eine deutschsprachige Aufnahme mit Annelies Kupper, Otto von Rohr, Karl Kronenberg und Heinrich Bensing entdeckt und fand es interessant, eine so selten gespielte Oper mal auf deutsch zu hören. Dass die Übersetzung sehr veraltet klingt, ist dabei das geringste Manko. Weit enttäuschender war, dass die vier Hauptdarsteller nach dem Motto "Ich kann lauter als Du" agierten und dieser Ernani mehr gebrüllt als gesungen klingt. Rollenporträts sind da überhaupt nicht zu erkennen.
    Ich war sehr enttäuscht.
    Schöne Grüße
    wegan

  • URANIA 2006 (andere Ausgaben finden sich bei Andromeda, Bongiovanni, Myto, LIving Stage und Cantus Classics)

    Es handelt sich um den Mitschnitt einer MET-Aufführung im Dezember 1956, leider offenbar nur halbprofessionell. Die Stimmen kommen an sich sehr gut heraus, das Orchester hingegen weniger (erst im Schlußakt wird es deutlich besser).
    Dimitri Mitropoulos hat anfangs mitunter etwas eilig, begleitet dann aber mit Gefühl und läßt die Protagonisten gut zur Geltung kommen. An die Interpretation durch Schippers reicht er dennoch nicht heran.
    Der Abend wird eindeutig von den Herren dominiert. Cesare Siepi singt einen Silva in Überform, was bei diesem wunderbaren Sänger etwas heißen will! Ein Grande, den zu hassen, wirklich schwer fällt. Leonard Warren gibt einen wunderbaren König, dessen Imposanz man die Großmut fast nicht abnehmen möchte. Sich gegen diese machtvollen Stimmen zu behaupten, bedarf eines nicht weniger potenten Tenors in der Titelrolle. Mario del Monaco war an diesem Tag offenbar in blendender Verfassung. Natürlich singt er keinen eleganten Ernani, aber den seine Männer beherrschenden Banditen, den heißspornigen Edlen und Eifersüchtler, den trifft er vollkommen überzeugend. Seine vokale Kraft ist voll Farbe oder noch deutlicher: voll farbiger Glut.
    Der Schwachpunkt ist hingegen die Elvira Zinka Milanovs, die möglicherweise etwas indisponiert war (mag sein, daß sie auch tontechnisch etwas benachteiligt wurde). Sie beginnt schon etwas forciert und nervös, findet sich aber rasch, aber es bleibt der Eindruck, daß es zumindest just an diesem Datum nicht ihre Partie war. Die Stimme ist zu reif und wenig klangschön, ja manchmal gerät sie sogar in gefährliche Kreischnähe. Dazwischen merkt man natürlich ihre vokalen Qualitäten, aber von einer überzeugenden Rollengestaltung ist sie weit weg. Natürlich wird der Effekt dadurch verstärkt, daß rund um sie herum lauter Supersänger agieren.

    Als Bonus sind diverse Arien aus italienischen und französischen Opern beigegeben, die Mario del Monaco zwischen 1948 und 1952, also in seiner Hochblüte, aufgenommen hat. Sie beweisen, wie bitter unrecht jene haben, die dem Künstler vorwerfen, außer Fortezza nichts zu bieten. Die hinreißende Dramatik seines Vortrags bleibt meines Erachtens seither weitgehend unerreicht. Es wäre genauso unrecht, würde man das Gros der späteren Tenöre als vergleichsweise anämisch abtun. Mario del Monaco konnte differenzieren und er konnte die Partien mit intensivstem Leben erfüllen (sein Don José ist nicht gespielt, der wirkt durch und durch glaubhaft real). Natürlich interpretiert er die französischen Nummern in italienischem Stil con passione, aber wenn man das mag, dann ist das ganz in Ordnung. Später, als seine Stimme nachließ, da konnte er schon ein wenig zum Brüller werden, aber doch einer mit Fleisch und Blut. Ich glaube auch, daß er kein Studio-Typ war, sondern die Atmosphäre der Bühne bzw. des enthusiasmierten Auditoriums benötigte, um zu großer Form aufzulaufen.

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    Homo sum, ergo inscius.

  • MYTO 2015

    Mitschnitt einer Aufführung der Opera di Roma 1961, leider mit unzureichender technischer Ausrüstung - für den Amateurstandard ausreichend, aber weit von professioneller Qualität entfernt, besonders im ersten und zweiten Akt).
    Das Ergebnis ist sicher nichts für "Ernani"-Normalhörer, aber andererseits doch ein bemerkenswertes Dokument.
    Das liegt besonders am Dirigenten. Gabriele Santini war ja ein Toscanini-Jünger. Seine Interpretation finde ich geradezu klassisch und sogar in vielem der von Schippers nicht unähnlich. Mario del Monaco singt die Titelrolle mit einigen leichten Abnützungserscheinungen, aber doch noch immer mit betörender heldischer Sinnlichkeit. Seine Elvira ist Floriana Cavalli, deren Stimme tontechnisch besonders benachteiligt scheint. Sie ist mit der Partie, soweit sich das objektiv beurteilen läßt, ein wenig überfordert. Mir kommt vor, sie forciert des öfteren, teils bedingt durch - das sei positiv vermerkt - ihr tapferes Bestreben, nicht nur Schöngesang zu bieten, sondern auch farbige Dramatik. es gelingt halt nicht ganz.
    Cornell McNeil ist dafür ein sehr guter König. Dieser Don Carlo wirkt äußerst royal und edel, seine weniger erfreuliche Triebhaftigkeit in punkto Elvira hat fast etwas romantisch Schmachtendes, in "La clemenza" ist er aber jeder Zoll ein Herrscher. Überhaupt: dieser dritte Akt ist wunderbar musiziert und gesungen und an und für sich (wäre nicht die Tonqualität) dem der Schippers-Fassung ebenbürtig und sehr verwandt. Nicola Rossi-Lemeni als Silva singt natürlich sehr schön, wirkt aber zu wenig böse und rachsüchtig.

    Interessant als Zugabe sind Kurzinterviews, die nach der Vorstellung von einer Rundfunkreporterin mit den Darstellern gemacht wurden. Und als Bonus gibt es Ausschnitte aus einer Radioaufnahme von 1954: "Otello" unter Tullio Serafin mit Del Monaco und Capecchi, sowie der nicht uninteressant klingenden, leider vergessenen Onelia Fineschi (921-2004) als Desdemona. Das "Esultate" singt Mario nazionale natürlich einmalig, die Süßholzrasplerei bei "Già nella notte densa" haben klarerweise andere besser hingekriegt, aber der Otello bleibt für mich trotzdem eine seiner Paraderollen. Die elementare Kraft seines Organs hatte zu seiner besten Zeit genug Farbe und Gefühlsnuancen, um unvergeßlich zu bleiben.
    Anmerkung: Diese Bonus-Splitter sind leider nicht vom Originalband gemacht, sondern offenbar mit dem Mikro von einem Radioappparat (ich habe das vor Jahrzehnten in meinen Anfängen auch so gemacht und das Resultat hörte sich ähnlich an wie hier, manchmal sogar recht gut, manchmal aber klirrend oder scheppernd).

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    Homo sum, ergo inscius.

  • ARTHAUS 2017

    Eine Live-Aufnahme von 2014. Von der Monegassen-Oper hätte ich Besseres erwartet. Inszenierung, Kostüme, Bühnenbild - alles ziemlich laienhaft anmutend. Dirigent und Orchester sind zwar nicht schlecht, aber auch nicht aufregend. Ramon Vargas ist ein guter Sänger und sehr bemüht, aber kein Ernani. Schon gar nicht bei solcher Regie. Ludovic Tézier hingegen wäre ein vorzüglicher König, kommt aber nur teilweise zu solcher Geltung und macht den Eindruck, sich dessen bewußt zu sein. Alexander Vinogradov ist wie ein Pseudo-Pope hergerichtet und dementsprechend zu bedauern. Seine wirklich schöne Stimme ist hier verschwendet. Er wirkt weder grandenhaft, noch bedrohlich. Svetla Vassil(i)eva bringt zwar viel Bühnenerfahrung mit, stellt aber auch keine Elvira dar, die sich einprägt. Ein paar Jahre früher wäre es vermutlich besser gegangen, aber wer weiß das schon?

    Hier wurden Chancen vertan, und das Ergebnis ist leider ziemlich provinziell, trotz einiger potentiellen Möglichkeiten und ein paar bescheidenen Glanzlichtern.

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    Homo sum, ergo inscius.

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