Eigenes von Roi des étoiles

  • vielleicht gefällt es dir bei späterem lesen doch noch ein
    wenig besser. das würde mich freuen.

    Das, lieber Jörg, ist gut möglich. Was "stimmig" ist bzw. so empfunden wird, ist ohnehin schwierig oder gar unmöglich zu fixieren, da die genannten Metaphern bei Dir, mir und anderen Lesern ganz unterschiedliche Assoziationen auslösen dürften, und: Was der eine als alt und abgelebt liest, erscheint dem anderen frisch und neu.

    Werde jedenfalls auch Dein letztes Gedicht nicht aus den Augen verlieren und gehöre mit Sicherheit beim nächsten wieder zu Deinen geneigten Lesern. Frohes Schaffen weiterhin!

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • ich danke dir, lieber gurnemanz.

    bin schon kräftig am arbeiten. das nächste wird entweder, wie geplant,
    wieder das thema 'augen' aufgreifen - aber ganz anders - oder aber -
    inspiriert durch eine unglaubliche beeindruckende moderne skulptur in
    der krypta von winchester - von der ich viele fotos gemacht und vor der
    ich in absoluter stille gut eine halbe stunde verbringen konnte (eines
    meiner 'lebens'erlebnis)se) - ebendiese verarbeiten. mal sehen,
    wohin mich die muse drängt und die muße mich läßt.

    herzlich

    jörg

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • LXXII.

    Aria III: Deine Augen

    Blicke, zerrissen -
    zwei Reste vom Blau

    Sternwind, gehäutet,
    und Farben,
    hinter Brauen gefloh’n

    Lichter verhallen,
    tagblinde Worte -
    aus Pupillen rinnt Sand

    In der Hand schwimmen Träume;
    spurlos,
    bloß Körper aus Glas

    Dann eine Iris,
    um Zeilen gebunden -
    Stille,
    bis ein Wimpernschlag bricht

    Zwei Lider,
    zu Erde verscharrt -
    fast Blicke,

    augapfelblau


    (c) 2009, Jörg Borse

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • Das, lieber Jörg, überzeugt mich wiederum restlos! Witzigerweise hatte ich zunächst "Blitze, zerrissen" statt "Blicke, zerrissen" gelesen; in der Tat: Wie ein Gewitter fährt Dein neuestes Werk hernieder, mit Blitz und Donner, so scheint es wenigstens mir. Kraftvolle Bilder, prall und lebendig. Klasse!

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • lieber gurnemanz, danke! es freut mich wirklich sehr, daß dir das
    gedicht so gut gefallen hat und du dies in so lobenden worten zum
    ausdruck gebracht hast! merci beaucoup :)

    herzlichschon einmal ein schönes we wünschend

    jörg

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • LXXIII.

    Nachtstücke I

    Sternendickicht.

    Kein Traum,
    kein Weg aus den Augen

    Schlaf schneidet ins Blau

    Im Mund irren Engel -
    kein Tod, der entkommt

    Nur Worte,
    mondlos,

    ... selbst eine Rose versagt


    (c) 2009, Jörg Borse

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • Lieber Sternenkönig,

    sehr erfreulich, daß Deine Schaffenskraft nach wie vor lebt: Etwas, das mich an Deinen Gedichten gelegentlich irritiert hat - hier überzeugt es mich, nämlich der Gebrauch vermeintlich oder wirklich abgelebter Topoi: Traum, Schlaf, Tod... Rose. Ja, in der konzentrierten Verdichtung dieser Miniatur liest sich's für mich stimmig. Mir erscheint es weniger als Gedicht, mehr als eine Art Gedicht-Skizze (vielleicht merkwürdig formuliert, aber ich hoffe, Du verstehst, was ich meine...?). Jede Ausschmückung, jedes Beiwerk hätte vermutlich nur gestört?

    Danke!

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • lieber gurnemanz,

    erneut, ganz herzlichen dank für deine worte. ich freue mich sehr.

    und ja, die schaffenskraft lebt sehr stark :-), wird aber wg.
    beruflicher umtriebe stark zurückgedrängt zur zeit. außerdem bin ich
    am sichten, überarbeiten, nutzbar-machen meines alten oeuvres - so ist
    viel, viel arbeit in sehr, sehr langer stille zu verbringen - danach kommt aber
    umso mehr :)

    und ja, du hast wiederum recht mit deiner interpretation. hier soll ein
    'hermetisches' gedicht entstehen, ein in-sich-geschlossenes, fast mit
    'autistischem' charakter. ein auf vielen verschiedenen ebenen
    interpretierbares werk, das alles 'versatzstücke' der romantik und
    theologie aufgreift, die jedoch 'zu nichts mehr taugen bzw. führen'.
    ein wahres hoffnungsloses, enttäuschtes (liebes-, und lebensgedicht).
    ach, ich könnte noch so vieles schreiben dazu... doch ich schweige
    lieber still

    dafür grüße ich dich ganz 'laut' :)


    jörg

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • doch ich schweige
    lieber still

    Hoffentlich nicht! Danke, lieber Jörg, für Deine Erläuterung: Jetzt wird mir noch deutlicher, daß durch die gleichsam "autistische" Konzentration auf "Versatzstücke" letzlich dasjenige bedeutungstragend zu werden scheint, was nicht gesagt wird - bin gespannt, wie es weiter geht.

    Hast Du übrigens schon mal geplant, Deine Gedichte als Buch herauszugeben?

    Weiter alles Gute!

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • lieber gurnemanz,
    das stillschweigen bezog sich nicht auf das literarische stillschweigen, sondern auf das notwendige aufhören beim interpretieren meines eigenen gedichtes :-). ich könnte da ja ganze essays schreiben zu jedem einzelnen.
    und bezogen auf das werk, ja, da wid noch sehr viel kommen. großes ist geplant und in arbeit ...

    und bzgl. buch, ja, auch das ist geplant, aber, wer veröffentlicht heute noch lyrik.?!? das ist alles seeeehr schwierig, leider ...

    hinweise und empfehlungen also herzlichst willkommen.... :P
    einen schönen sonnigen sonntag
    jörg

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • [...] wer veröffentlicht heute noch lyrik.?!? das ist alles seeeehr schwierig, leider ...

    Tja. Bleibt mir nur, Dir ganz fest die Daumen zu drücken, lieber Jörg!

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • LXXIV.


    Kouros

    Nachtschalen,
    gesenkt

    Geronnene Worte,
    Stirn
    aus zerbrochener Hand

    Mund um die Jahre,
    Spuren -
    fast ein Blatt als Gesicht

    Ein Bild noch, verletzt;
    sandlos die Augen:
    dann Traum -

    wie eine Windhaut bricht


    (c) 2009, Jörg Borse

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • Das, lieber Jörg, finde ich sehr beeindruckend, kraftvoll-klar in der Konzentration, mit klug berechneter Ökonomie?!

    Allerdings mußte ich erst eine Bildungslücke schließen, indem ich herausfand, was ein kouros ist: Erst die Vorstellung der Statue ermöglichte mir, Deine Miniatur verstehend aufzunehmen.

    Sehr, sehr schön, Dein kouros!

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • lieber gurnemanz,

    sei wieder einmal bedankt für deine lieben und lobenden worte und das
    stete Begleiten meiner arbeit. beides freut mich wirklich sehr, und ich
    danke sehr herzlich dafür!!!

    einen wunderbaren abend

    jörg

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • LXXV.

    Erdschrift

    Zungenspuren -
    traumlachenschwer

    Geruch von drei Worten,
    Erdloch,
    eine Fährte als Haar

    Ein Satz schält noch Wolken,
    Nüstern,
    selbst Schritte schmecken nach Gras

    Ein Blatt schneidet Tage,
    und auf Äpfeln fault
    ein moosnasser Mund

    Am Dampf spürt man Silben,
    und zwei Lippen zerfallen
    wie feuchtes Papier

    Dann ducken sich Wege,
    und ein Traum wittert Schrift -
    Wundschweiß,
    aufgelassene Namen:

    Eine Worthaut liegt bloß


    (c) 2009, Jörg Borse

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • Kräftige Farben, mittenhinein ins Erdige, Feuchte, Dunkel-Sinnliche: Auch das, lieber Jörg, spricht mich an. In einer zukünftigen Edition Deiner Werke dürfte Erdschrift nicht fehlen. Danke erneut!

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • lieber gurnemanz, sei auf das herzlichste bedankt . auch diesmal . ich
    weiß die treue begleitung meiner werke wirklich sehr, sehr zu schätzen
    und freue mich darüber. danke

    jörg

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • LXXVI.

    Traumlos

    Milchlose Worte,
    Traumschwellenschnee

    Wind in den Jahren:
    Ich weiße die Tore,
    den Schlaf unter’m Arm

    Zwei Lippen wasche ich aus,
    und mit Kreide mal’ ich
    mir Zeichen ins Haar

    Auf den Scheitel streue ich Mehl,
    und von den Wänden
    hab’ ich die Wolken gelöst

    Dann fallen Tücher,
    und beide Lider lege ich ab -
    Laken zerrinnen;
    selbst die Haut
    schmeckt nach Asche und Kalk

    In Schleier hülle ich Strähnen:
    Bald flocken Träume,
    und ich tauge zum Schlaf

    Aus Papier falt’ ich noch Tauben,
    doch kein Mond verrät,
    wie er die Schwingen vermischt

    Denn das Gewicht der Augen
    mißt man nach Traum:
    Einer wendet die Schalen -

    und selbst mein Atem ist wund


    (c) 2009, Jörg Borse

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • Diesmal, lieber Jörg, löst die Lektüre bei mir wieder einmal ambivalente Empfindungen aus: Die bleichen, fahlen Töne, die ich wahrnehme, sprechen mich nicht so recht an, treffen bei mir nicht so wie andere Deiner Gedichte; dieses ist mir zu - "weiß". Dabei habe ich nicht das Gefühl, daß es am Text, am Werk selbst etwas Unstimmiges oder gar Mißlungenes zu bemängeln gäbe, im Gegenteil: Sprachlich wirkt das alles durchdacht und gut konzipiert, "richtig".

    Und ich könnte mir gut vorstellen, Dein Werk bei späterer Gelegenheit wieder ganz anders aufzunehmen.

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

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