Goethe-Lieder: Der Dichterfürst und die Musik

  • Ich denke , dass Genasts Begriff "durchkomponiertes Strophenlied" durchaus seine Berechtigung hat, da es fliessende Übergänge vom Strophenlied zum durchkomponierten Kunstlied gibt. Und das bereits bei Mozart, ncihts erst bei Beethoven, Mendelssohn oder gar Schubert. Wenn man sich Mozarts "Der Zauberer" ansieht, hat man noch ein Strophenlied reinsten Wassers vor sich. Jede Strophe ist gleich, und jede Strophe hat einen klaren Anfang und ein klares Ende. Man kann theoretisch nach jeder Strophe aufhören zu singen und zu spielen. rein musikailsch gesehen, natürlich nicht auf die im Text erzählte Geschichte bezogen. Bei der Abendempfindung sieht das bereits ganz anders aus. Hier wird das Thema musikalisch variiert, es gibt keine Strophen, nach denen man aufhören kann und wieder neu anfangen muss, das Lied muss in einer Tour durchgesungen werden Bei Schubert hat man z.B. mit "Nähe des Geliebten" ein Strophenlied, mit "Du bist die Ruh" oder "Der Lindenbaum" einen Übergang und beim Erlkönig oder Gretchen am Spinnrad eine durchkomponiertes Lied mit noch erkennbarer Strophenform. Das ist nicht immer so einfach abzugrenzen wie es schienen mag.
    :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Dass es da fließende Übergänge gibt, ist völlig klar. Die Frage ist, wie sie bezeichnet werden (meines Wissens eben nicht "durchkomponiertes", sondern "variiertes Strophenlied").

    Tharon.

  • Wenn man Grundformen benennen will. so sind es Strophenlieder, variierte Strophenlieder, durchkomponierte Lieder. Man kann dann noch epochenabhängig weitere Formen auffinden, wie etwa Ariette (zwischen Arie und Lied), Szene (Bsp. "An die Hoffnung" von Beethoven), Kantate usw. Viel wichtiger als solche Bezeichnungen finde ich allerdings inhaltliche Fragen wie die "Wort-Ton"-Beziehung, worum es ja Goethe ging.

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Liedgesang scheint ja hier nicht eben der Renner zu sein, obwohl die meisten Komponisten seit Mozart auch immer wieder Lieder komponiert haben, und zwar zum Teil als zentralen Gattungsteil. Einer der fast nur Lieder komponiert hat, und nach meinem dafürhalten zu den besten Liedkomponisten überhaupt zählt, ist Hugo Wolf. Er hat eine große Zahl von Goethes Gedichten vertont, die auch vielfach aufgenommen wurden und auch auf dem Podium immer mal wieder gesungen werden.
    Einer meiner bevorzugten Aufnahmen dieser Lieder ist jene:

    Geraldine McGreevy ist eine so wunderbare Sängerin, und bei diesen Aufnahmen ist sie sensationell. Ich habe sie früher öfter im Rahmen der Liedertage beim Klavierfestival Ruhr gehört, und wir (glücklicherweise teilt meine Frau die Liebe zum Liedgesang) waren jedes Mal aufs Neue begeistert. Man höre sich aus dieser Einspielung einmal das Lied "Ganymed" an. Diese Ruhe und sanfte Steigerung der Emotion ist einfach grandios komponiert, und Frau McGreevy findet genau den richtigen Ton der Übermittlung. Ich habe noch eine ganze Reihe weiterer Interpretationen dieses Liedes (z.B. Ian Bostridge), aber keine reicht an diese Darstellung heran.
    Auch alle anderen Lieder auf dieser CD sind großartig gesungen. Zu Graham Johnson muß man eigentlich nichts mehr sagen, er gehört ohne Zweifel zu den beständigen Größen der Liedbegleitung. Es ist für mich immer wieder ein Fest hier hineinzuhören.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

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