Dallapiccola, Luigi – Politischer Poet unter den Reihentechnikern
Da ich gerade seine grandiose Oper Ulisse höre, dachte ich, dass es vielleicht gut wäre, mal wieder einen Thread zu einem absoluten Mainstream-Komponisten hier am Brett zu haben. Gedacht, getan - also: Luigi Dallapiccola heißt/hieß der Mann.
Geboren am 3. Februar 1904 in Mitterburg irgendwo in Istrien (heute ist das Kroatien [der Ort heißt Pazin], damals war das Österreich-Ungarn und zwischendurch war’s mal bella Italia), gestorben am 19. Februar 1975 in Florenz (das war damals wie heute bella Italia ), war und ist er der wahrscheinlich bedeutendste Komponist bella Italias seit Alessandro Scarlatti. Wer sind schon Rossini und Bellini und Donizetti und Verdi und Puccini? Was sind ihre Opern neben den maßstäblichen Werken eines Dallapiccola?
Naja, Schluss mit Polemos ...
Dallapiccolas Verdienst ist es wohl, die Paradigmen der materialorientierten Avantgarde (sprich die Dodekaphonie) in Italien eingeführt und etabiert zu haben – wobei Dallapiccola bei dieser Adaption einen überaus eigenständigen Weg gegangen ist, indem er die konstruktivistische Verfahrensweise der Zwölftontechnik und eine an strenger Kontrapunktik orientierte Kompositionstechnik mit einer explizit auf Ausdruck und Poesie zielenden, sehr italienischen anmutenden Ästhetik verschmolz.
Dallapiccolas Gesamtwerk ist recht übersichtlich, es umfasst kaum mehr als 60 Werke. Im Zentrum steht dabei das Operschaffen. Mit seinen, wohl als seine Hauptwerke zu begreifenden, Opern Il Prigioniero (1950) und Ulisse (1968) gelang ihm die einmalige Sythese von streng konstruktivistischer Zwölftontechnik mit einer recht deutlich an der italienischen Tradition der Oper von Bellini bis Puccini anschließenden Ästhetik lyrischer Sanglichkeit.
Dallapiccola war zudem auch ein politischer Künstler, der nicht unberührt blieb von den Verwerfungen und Verirrungen der Jahrzehnte zwischen 1914 und 1945. So hegte Dallapiccola durchaus Begeisterung für die bohemien-italo-machohaften Künstertotalitarismen eines Gabriele d’Annuncio, für dessen abstruse Fiume-Aktion (1919) er noch Jahre später schwärmte - und er war zunächst auch nicht frei von Symphathien für das Marsch-auf-Rom-System von Mussolinis Faschisten. Doch bereits in der ersten Hälfte der 1930er Jahre erfolgte die deutliche Abkehr von solchen Positionen und eine Hinwendung zu einer unnachgiebig kritischen Sicht, die in Werken wie den zwischen 1938 und 1941 entstandenen Canti di prigionia und eben der Oper Il Prigioniero (hier setze ich meine ganze Hoffung in Matthias Oberg ) auch deutlichen Ausdruck fand.
So, und jetzt wird’s ernst: Was bitte kennt ihr von Luigi Dallapiccola, einem Künstler der in den politischen wie ästhetischen Irrungen und Wirrungen des vergangenen Jahrhunderts gestanden und mit ihren gerungen hat ? Was haltet ihr von seinen Werken? Welche Werke, welche Aufnahmen könnt ihr empfehlen, welche mögt ihr weniger?
Fragen über Fragen ....
Adieu,
Algabal