Gerade entdeckte ich auf YouTube etwas für mich persönlich sehr Wichtiges:
https://www.youtube.com/watch?v=yJAAlhEh_CM
Ottokar - Rainer Buese
Kuno - Richard Cowan
Agathe - Cheryl Studer
Ännchen - Janet Perry
Kaspar - Hartmut Welker
Max - Paul Frey
Ein Eremit - Siegfried Vogel
Killian - Scoll Reeve
Samiel - Wolf Harnisch
Brautjungfern - Daphné Kupferstein, Norah Amsellem, Ghislaine Papis, Raphaelle Hazard
Zwei Jäger - Jean-Jacques David, Hughes Bataille
Live, 23.03.1988, Paris, Le Châtelet, Le Nouvel Orchestre Philharmonique de Radio France,
Marek Janowski
Das ist die bekannte, vielleicht sogar legendäre Produktion von Achim Freyer, die nach Stuttgart später auch in Paris gezeigt wurde und wir dort gesehen haben. Allerdings gab es eine entscheidende Umbesetzung. Statt der Studer sang Tina Kiberg.
Nach 33 Jahren erinnere ich mich an die Feinheiten natürlich nicht mehr und selbst die allgemeineren Dinge sind mir fast alle entfallen. Ich weiß nur noch, dass wir sehr begeistert aus der Vorstellung gingen und das hoffentlich nicht nur, weil die Sitzplätze extrem unbequem waren.
Vielleicht überdeckte aber auch die Inszenierung so manches. Denn höre ich jetzt in die Aufnahme hinein, relativiert sich der Eindruck doch. Aber dazu gleich.
Ich will nicht sagen, dass sich Freyer über die Romantik und die entsprechende Rezeption des 'Freischütz' lustig machte, aber er spielte schon sehr mit den Klischees, die mit dieser Oper verbunden sind. Und das war gekonnt, war bruchlos durchgeführt. Bis dato kannte ich nur die Hamburger Götz-Friedrich-Inszenierung, die das Geschehen in der Zeit des 30ig-jährigen Kriegs ansiedelte und das Wort von Gerd Albrecht, dass man 'Fidelio' und 'Freischütz' heute eigentlich nicht mehr inszenieren könne. Und dann kam Freyer und seine Sicht und jung und blöd, wie ich damals halt so war, begeisterte mich Freyer total. Und sie hat sicherlich auch heute noch ihre Vorzüge. Die rein romantische Sicht ist wohl kaum noch machbar, Um- und Neudeutungen finde ich extrem schwierig.
Vollständig gehört habe ich die Aufnahme jetzt noch nicht, gerade einmal den ersten Akt. Wie doch Erinnerung und Überprüfung auseinanderklappen. Janowski finde ich weiterhin großartig. Inwieweit sein Dirigat zur Regie passt, wage ich aber mal zu bezweifeln. Das ist schon sehr romantisch, ist große Oper. Hartmut Welker habe ich damals sehr oft gehört, aber so richtig war er nie mein Fall. Hier macht er seine Sache durchaus gut. Das 'Bösartige' der Figur bringt er gut rüber, allerdings fehlt ihm, neben der rein technischen Ausführung mancher verzierten Passagen, das vielleicht charmant Verführende, dass ein Kaspar auch haben kann. Welker ist mir zu eindeutig.
Paul Frey habe ich damals auch als Lohengrin erlebt, er war also eher ein lyrischer Tenor mit dramatischen Qualitäten und damit anders als Schreier in der Kleiber-Aufnahme. Und trotzdem wird er, für mein Empfinden, der großen Max-Arie überhaupt nicht gerecht. Einerseits fehlt ihm das wirklich Lyrische, um die Arie gesanglich eindrucksvoll zu gestalten, andererseits hat er aber auch nicht Kraft und v.a. die technische Qualität, um die dramatischen Ausbrüche gut zu bestehen. Es fehlt an Legato-Qualität oder z.B. auch an einer Wortgestaltung, die aus der Gesangslinie kommt. Dagegen versucht er sich mit außermusikalischen, nämlich eher naturalistischen Tongebärden und dann einer überanstrengten Höhe zu retten.
Nun bin ich gespannt auf den zweiten Akt.
Die originale Produktion aus Stuttgart, die damals auch im Fernsehen gezeigt wurde, gibt es übrigens auch auf DVD, allerdings mit einer komplett anderen Besetzung.
Wolfram