Verhaltenstherapie behandelt die Symptome einer Krankheit, ihre direkten und sichtbaren Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen. Das ist aber nur die Spitze des Eisberg und funktioniert lange nciht bei allen psychischen Krankheiten. Schon gar nciht bei lange zurückliegenden bzw sich über lange zeiträume entwickelnde Psycho-Pathologien. Nicht selten ist zwar ein Symptom verschwunden, wird aber dann bald durch ein anderes ersetzt- was zum Teufelskreis werden kann. (...)
Ausserdem: die Psychoanalyse im Sinne von Freud hat sich seither entscheidend weiterentwickelt und es ist viel zu kurz gegriffen, die heutigen Strömungen psychoanalytisch gefärbter Therapien auf Sexualneurosen aus der Kindheit zu reduzieren.
Leider sprengt das diesen Thread- ich wollte es so nur nciht stehen lassen, denn ich stehe der Amerikanisierung und Rentabilisierung in der Psychologie ziemlich skeptisch gegenüber.
Liebe Fairy,
eine eingehende Diskussion um die Psychoanalyse sollten wir in diesem Thread tatsächlich nicht führen, ich selber habe mich zwar mal ein wenig damit beschäftigt, bin aber auch kein wirklicher Experte. Du hast sicher recht, dass es Erkrankungen gibt (Psycho-Pathologien), bei denen Psychoanalyse erfolgreich wirken kann. Es gibt aber zahlreiche andere Formen von psychischen Störungen, bei denen auch andere Therapiemethoden viel besser wirken. Ich will keineswegs die Verhaltenstherapie besonders in den Vordergrund stellen, sie ist natürlich nur eine von mehreren Alternativen. Festzuhalten bleibt aber auch, dass die Psychoanalytiker konkurrierende Therapieformen lange Jahre aktiv bekämpft haben, ihrerseits aber selten zu Erfolgskontrollen über die Resultate ihrer eigenen Arbeit bereit waren.
Meine Bemerkung über den "verengten Blick" bezog sich in der Tat auf die klassische Psychoanalyse, die fast völlig auf das Aufspüren angeblich verdrängter kindlicher Sexualneurosen fixiert war. Inzwischen hat sich, auch das ist richtig, die moderne Psychoanalyse in so viele verschiedene Denkschulen verzweigt, dass die Grenzen zu anderen Modellen und therapeutischen Ansätzen fließend werden. Und das muss ja nicht das Schlechteste sein.
Andererseits haben die Neu-Psychoanalytiker sich im Bereich der Theorie zumeist in einen akademischen Jargon hineingesteigert, der praktisch nicht mehr verständlich ist (furchterregendstes Beispiel: Jacques Lacan). Und eines muss man Urvater Freud ja zugute halten: Er schrieb ein wunderbar klares und anschauliches Deutsch und konnte einprägsame Bilder und Modelle entwerfen. Diese Sprachkunst hat sicher viel zum damaligen Siegeszug der Psychoanalyse beigetragen. Und ich wage mal die freche These: Autoren wie der hier von Peter traktierte Oberhoff, die in populär gehaltenen Büchern (wie eben ein Opernführer) mit psychoanalytischen Begriffen hantieren, greifen letztlich immer auf die bekannten, orthodoxen Vorstellungen Freuds zurück. Allein schon aus dem Grund, weil vermutlich weder sie selbst noch ihr Publikum die exaltierten Spitzfindigkeiten der neuesten psychoanalytischen Theoreme verstehen :hide: