Sollte dieser Thread denn wirklich noch eines Tages seine Vollendung finden? Die Kunde hört ich wohl......
Liebe Fairy, zumindest versuchen könnte man es mal wieder, den Stein nach oben zu rollen... Übrigens: Leg Dir doch wieder einen Avatar zu, es muss ja nicht die Madonna im Rosenhag sein... ;+)
Stefan Lochners Verkündigung aus dem Dreikönigsaltar im Kölner Dom wird als Vorbild angenommen. Nach der Beschreibung im Gedicht kann es sich aber auch oder einleuchtender um die „Madonna im Rosenhag“ handeln, die im Wallraff Richardz Museum hängt und die besungenen Blumen, Englein und das goldene Leder in realiter zeigt.
Ich bitte Bernd aber einstweilen die Madonnenbilder zu meinem Beitrag zum Lied Nr 6 einzustellen. So könnte sich jeder ein Bild machen, in was unser armer Jüngling mangels weltlicher Lilie nun seine Seele tauchen muss.
Gerne doch! Wieder die Variation eines alten Beitrags:
Ein paar Überlegungen zum Detail des Madonnenbildnisses. Handelt es sich hier wirklich um ein konkret bestimmbares Bild?
Zunächst mal irritiert der Vers "auf goldnem Leder gemalt". Auch wenn im Spätmittelalter im Einzelfall auf Leder gemalt wurde, zudem die Techniken des Lederschnitts und der sog. Lederplastik bekannt waren, hat keines der in Frage kommenden Bilder irgendetwas mit diesem Material zu tun. Der Bildträger ist so gut wie immer Holz, gelegentlich in Verbindung mit Leinwand oder Pressbrokat. Nun kann man spekulieren, dass Heine sich schlichtweg geirrt hat. Unabhängig davon hat er das Leder ja wohl bewusst in das Gedicht eingebracht - aber warum? Ich habe keine Ahnung.
Die von Fairy favorisierte "Madonna im Rosenhag" von Lochner würde sich in der Tat anbieten, da stimmt fast alles - die Madonna wird vor goldenem Grund von "Blumen und Englein" umschwebt (Lilien gibt es auch). Leider konnte Heine dieses Bild gar nicht kennen - es tauchte erst im Laufe der 1820er Jahre aus unbekannter Quelle auf, war damals kaum jemandem bekannt und hat sich ohnehin nie im Kölner Dom befunden.
Aus Copyright-Gründen nur ein indirekter Link zu einer digitalen Abbildung der "Madonna im Rosenhag":
"http://de.academic.ru/pictures/dewik…Lochner_007.jpg"
In der Literatur wird, wie schon Fairy sagte, durchgehend auf den sog. Altar der Kölner Stadtpatrone verwiesen, der sich ursprünglich in der Rathauskapelle befunden hatte und 1810 in den Dom überführt wurde. Zur Entstehungszeit des Gedichts handelte es sich um das mit Abstand bekannteste Werk der Kölner Malerei und war auch in druckgraphischen Reproduktionen verbreitet. Wenn Heine in unserem Gedicht und auch in Briefen über ein Madonnenbild im Dom spricht, dann meint er mit großer Sicherheit diesen Altar.
Dieser ist allerdings ein Triptychon und hat somit eine Außen- und eine Innenseite. In der Literatur wird immer nur auf die Außenflügel mit der Verkündigung Mariä verwiesen. Im folgenden Link zu sehen - mäßige Bildqualität, aber die Außenflügel sind im Netz nur spärlich vertreten. Bitte das dritte Bild von oben anklicken:
"http://www.kunstkopie.de/a/lochner-stephan.html"
Problem: das Bild hat noch nicht mal einen Goldgrund - es gibt nur einen illusionistisch gemalten Brokatvorhang. Zudem schweben keine Englein, sondern nur die Taube des Hl. Geistes (der raumfüllende Verkündigungsengel des anderen Außenflügels wird kaum gemeint sein). Blumen schweben auch nicht, es sei denn, man würde die floralen Muster des Vorhangs so interpretieren.
Andere Möglichkeit: die Innenseite des Altars - hier wird Maria mit dem Christuskind bei der Anbetung der Könige gezeigt:
"http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…ne_lochner2.jpg"
Hier gibt's immerhin Goldgrund und fliegende Englein - Blumen allerdings nur auf der Wiese oder als florales Muster.
Von der Madonnendarstellung scheint mir dagegen die irdische Maria der Verkündigung für Heines Kontext geeigneter zu sein als die Himmelskönigin der Anbetung.
Fazit: Nichts Genaues weiß man nicht. Die Fixierung der Kommentare auf die Verkündigungsmadonna ist zumindest fragwürdig. Wahrscheinlich muss man sich von der Vorstellung lösen, dass das Marienbild des Gedichts ein ganz bestimmtes, konkret benennbares Werk ist. Heine hat vermutlich die Madonna der Außen- bzw. der Innenseite des Altars im Hinterkopf gehabt, aber die Gestaltung des Bildes dem Konzept des Gedichts bzw. des ganzen "Lyrischen Intermezzos" angepasst.
Viele Grüße
Bernd