Schubert / Wilhelm Müller: Die Winterreise - Wenn der Boden entzogen ist... eine Annäherung

  • Hier gibt es einen schönen Film über dieses alte, inzwischen so gut wie ausgestorbene Handwerk.

    Danke ! Sehr bereichernd - ist schon ein Unterschied , ob man bloß davon liest oder zusehen darf !

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Ich habe wie gesagt gerade auch keinen Zugriff auf die NSA, und leider hat unsere Bibliothek "vergessen", zu dieser Ausgabe auch die Kritischen Berichte zu abonnieren.

    Im Alter lässt das Gedächtnis nach... Ich habe jetzt festgestellt, dass ich vor über 15 Jahren die Winterreise-Noten von Freunden geschenkt bekam, und zwar die Ausgabe für mittlere Stimme (obwohl ich eher die Ausgabe für "Krächz-Stimme" benötige :D ).
    Laut Angaben ist es der Urtext der Neuen Schubert-Ausgabe (Bärenreiter und Henle), erschienen bereits 1979 von Walther Dürr, bei mir steht noch "durchgesehene Ausgabe 2000".
    Das ersetzt natürlich nicht den Kritischen Bericht, aber im Vorwort steht Folgendes:

    Zitat

    [...] Das Manuskript des ersten Teils besteht vorwiegend aus ersten Niederschriften; nur die Urfassungen der Lieder "Gute Nacht" und "Rückblick" hatte Schubert bereits herausgetrennt und durch Reinschriften ersetzt. [...] Streichungen, Änderungen, Unklarheiten in Artikulation und Dynamik führten freilich dazu, dass Schubert für die Drucklegung dieses Teils des Zyklus (erschienen Anfang Januar 1828 bei Tobias Haslinger in Wien) das Autograph nicht verwenden konnte: Er ließ eine Kopistenabschrift anfertigen, in die er wiederum zahlreiche Änderungen eintrug, die zum Teil den Notentext, vor allem aber Artikulation und Dynamik betrafen. Eine Reihe von Liedern ("Wasserflut", urspr. in fis-moll, "Rast", usrpr. in d-moll, und "Einsamkeit", usrpr. in d-moll) ließ er überdies in eine tiefere Tonart transponieren. Diese Abschrift war dann die Vorlage für die Erstausgabe, bei der Schubert jedoch noch weitere Korrekturen vornahm. Für die hier vorliegende Ausgabe des ersten Teils diente daher - als "Fassung letzter Hand" - die Erstausgabe als Vorlage; [...]


    Das Autograph des zweiten Teils ist durchweg Reinschrift., angefertigt im "Oct. 1827" (so Schuberts Datum bei "Die Post"). [...] Für diesen zweiten Teil war dann Schuberts Reinschrift Vorlage für die Erstausgabe, die dieser auch in der Regel getreulich folgt - abgesehen von den Transpositionen zweier Lieder ("Mut", urspr. in a-moll, und "Der Leiermann", usrpr. in h-moll). Daher waren auch die kurz vor Schuberts Tod, im Dezember 1828, erschienen Erstausgabe und das Autograph gemeinsame Vorlage für die vorliegende Neuausgabe.
    [...]

    In meiner Ausgabe für mittlere Stimme ist immer auch die Originaltonart angegeben, daher nachfolgend noch einmal eine Tabelle der Tonarten. Es sind im Anhang zusätzlich 6 sogenannte "Alternativ-Transpositionen" angegeben:

    Liedoriginalmittl. StimmeAlternativ-Tr.
    Gute Nachtd-mollc-moll
    Die Wetterfahnea-mollg-moll
    Gefrorene Tränenf-molles-molld-moll
    Erstarrungc-mollb-molla-moll
    Der LindenbaumE-DurD-Dur
    Wasserflute-molld-moll
    Auf dem Flussee-molld-moll
    Rückblickg-mollf-moll
    Irrlichth-molla-moll
    Rastc-mollb-molla-moll
    FrühlingstraumA-DurG-Dur
    Einsamkeith-molla-moll
    Die PostEs-DurDes-DurC-Dur
    Der greise Kopfc-mollb-molla-moll
    Die Krähec-mollb-molla-moll
    Letzte HoffnungEs-DurDes-Dur
    Im DorfeD-DurC-Dur
    Der stürmische Morgen d-mollc-moll
    TäuschungA-DurG-Dur
    Der Wegweiserg-mollf-moll
    Das WirtshausF-DurEs-Dur
    Mutg-mollf-moll
    Die NebensonnenA-DurG-Dur
    Der Leiermanna-mollg-moll


    Die mittlere Stimme ist jeweils um einen Ganzton heruntergesetzt, die zusätzlichen Alternativ-Transpositionen dann noch einmal einen Halbton niedriger.
    Die Notwendigkeit der Alternativtranspositionen zur mittleren Stimme erscheint mir allerdings nicht ganz einleuchtend, denn bei "Gefrorene Tränen" gibt es ein hohes f, (was dann zu e erniedrigt wird), aber bei "Erstarrung" sogar ein hohes ges (dann zu f erniedrigt). Wenn also dieses f nicht überschritten werden soll, dann braucht man die Alternativ-Transposition von "Gefrorene Tränen" eigentlich nicht, wo schon normal (also für mittlere Stimme) nur das f auftritt. Aber das nur aus meiner laienhaften Sicht, ein professioneller Sänger kann das sicher ganz anders begründen...

    Ist denn hier keiner vom Fach, der die Diskussion klären könnte ????

    Noch einen schönen Sonntag (das graue kalte Wetter hat mir die Ruhe gegeben, hier noch einmal nachzuhaken).

    Gruß, Stephan.

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    Was ist heute Kunst ? Eine Wallfahrt auf Erbsen. (Thomas Mann, Doktor Faustus, Kap. XXV)

  • Sehr schön, vielen Dank! Die ÖNB ist wirklich vorbildlich bei der Digitalisierung und freien Zugänglichmachung ihrer Bestände. Wenn sich doch nur die Gesellschaft der Musikfreunde daran ein klitzekleines Beispiel nehmen würde! Da hatte ich manchmal den Eindruck, dass es leichter gewesen wäre, eine Arbeitserlaubnis im Innersten von Fort Knox zu bekommen.

    Hallo Christian, eine technische Frage: Kennst Du das Download-Programm "Multi-Scan Downloader", das auf imslp von einem gewissen "piupianissimo" angeboten wird. Ich habe mir damit schon vieles in hoher Scan-Qualität von den verschiedensten Bibliotheken heruntergeladen (soweit sie von dem Programm unterstützt werden). Das ging auch bei der ÖNB früher, aber die haben anscheinend irgendetwas in ihrem digitalen Archiv verändert und jetzt klappt der Download nicht mehr.
    Ja, die Gesellschaft der Musikfreunde ist ein Ärgernis, da kommt man gar nicht ran. Beim Beethovenhaus Bonn werden zwar Scans angeboten, aber immer mit dem störenden Wasserzeichen des Beethovenhauses mitten auf der Seite und dazu nur in geringer Auflösung. Als ich einmal Malte Boecker darauf ansprach, sagte er salopp, "Na ja, wir wollen ja vor allem unsere eigenen Faksimile-Publikationen verkaufen"...

    Stephan

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    Was ist heute Kunst ? Eine Wallfahrt auf Erbsen. (Thomas Mann, Doktor Faustus, Kap. XXV)

  • Das ersetzt natürlich nicht den Kritischen Bericht, aber im Vorwort steht Folgendes: (...)

    Das bringt zumindest insofern weiter, als es zeigt, dass Schubert vom Autograph bis zur Drucklegung noch selbst zahlreiche Änderungen vorgenommen hat. Es handelt sich also beim Erstdruck nicht um eine "instruktive Ausgabe" des Herausgebers (was bei vielen posthum veröffentlichten Werken Schuberts das Problem ist; vor allem wenn deren Autograph dann noch verschollen ist) sondern um das, was der Komponist selbst veröffentlicht haben wollte. Auch dass der Erstdruck des zweiten Teils sehr genau Schuberts Reinschrift folgt, spricht deutlich dagegen, dass der Herausgeber dann plötzlich eigenmächtig zwei Lieder transponiert haben könnte. Insofern ist die Entscheidung sehr plausibel, als Primärquelle nicht das Autograph sondern den Erstdruck zu betrachten, und damit natürlich auch dessen Tonartenverhältnisse beim Transponieren für andere Stimmlagen beizubehalten. Die "Alternativ-Transpositionen" könnten auch einfach dem Umstand geschuldet sein, dass der Verlag natürlich auch Kunden gewinnen wollte, die es (z.B. aus früheren Ausgaben) gewohnt waren, die Lieder in anderen Tonarten zu singen bzw. zu spielen.

  • denn bei "Gefrorene Tränen" gibt es ein hohes f, (was dann zu e erniedrigt wird), aber bei "Erstarrung" sogar ein hohes ges (dann zu f erniedrigt). Wenn also dieses f nicht überschritten werden soll, dann braucht man die Alternativ-Transposition von "Gefrorene Tränen" eigentlich nicht, wo schon normal (also für mittlere Stimme) nur das f auftritt

    Ich bin zwar nicht "vom Fach", habe mich aber mal laienhaft mit einigen Liedern singenderweise beschäftigt. Die erwähnte Stelle in "Erstarrung" ist der Kulminationspunkt einer vergleichsweise langen Phrase ("durchdringen Eis und Schnee mit mei- nen heißen Tränen..."), und das in einem Lied, in dem es ohnehin kaum Atempausen gibt. Die Stelle in "Gefrorne Tränen" ist weniger heikel. Zudem ist die gesamte Tessitura (der "Tonhöhen-Durchschnitt", wenn man so will) in "Erstarrung" erheblich höher.

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Kennst Du das Download-Programm "Multi-Scan Downloader", das auf imslp von einem gewissen "piupianissimo" angeboten wird

    Nein, das kenne ich gar nicht.

    Als ich einmal Malte Boecker darauf ansprach, sagte er salopp, "Na ja, wir wollen ja vor allem unsere eigenen Faksimile-Publikationen verkaufen"...

    Wenigstens eine ehrliche Antwort. Ich hatte auch bei der Gesellschaft der Musikfreunde öfter den Verdacht, dass da pekuniäre Interessen eine wichtige Rolle spielen. Ich musste einmal für eine zehnminütige Joachim-Ouvertüre, die Brahms für Klavier zu vier Händen bearbeitet hat, einige hundert Euro bezahlen, obwohl ich das Angebot einer befreundeten Musikwissenschaftlerin hatte, mir von ihrem Mikrofilm (für den sie genauso viel bezahlt hatte) eine Kopie zu machen. Das konnte ich aber nicht annehmen, weil die Rechte halt in Wien liegen, wo man deshalb jeden Preis verlangen kann. Noch schlimmer ist es aber, wenn man wichtige Quellen gar nicht mehr einsehen kann, egal gegen welche Bezahlung. Das hat manchmal schon etwas von einer Geheimloge... Zum Glück ist das aber unter den Archiven und Bibliotheken eine - wenn auch gewichtige - Ausnahme. Normalerweise funktioniert die gegenseitige Hilfe sogar zwischen Verlagen gut: Ich habe bei meiner Arbeit für Bärenreiter mal eine wichtige und sonst nicht zugängliche Brahms-Quelle kostenlos und ohne irgendwelche Einschränkungen von einem Konkurrenz-Verlag bekommen, einfach nach einem Telefonat mit dem Verlagsleiter.

  • Ich bin zwar nicht "vom Fach", habe mich aber mal laienhaft mit einigen Liedern singenderweise beschäftigt. Die erwähnte Stelle in "Erstarrung" ist der Kulminationspunkt einer vergleichsweise langen Phrase ("durchdringen Eis und Schnee mit mei- nen heißen Tränen..."), und das in einem Lied, in dem es ohnehin kaum Atempausen gibt. Die Stelle in "Gefrorne Tränen" ist weniger heikel. Zudem ist die gesamte Tessitura (der "Tonhöhen-Durchschnitt", wenn man so will) in "Erstarrung" erheblich höher.

    Das würde dann also mein Unverständnis für die Alternativtransposition sogar noch bestärken... aber wahrscheinlich hat Christian recht, dass da auch etwas der merkantile Gedanke dahintersteht.

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    Was ist heute Kunst ? Eine Wallfahrt auf Erbsen. (Thomas Mann, Doktor Faustus, Kap. XXV)

  • Danke ! Sehr bereichernd - ist schon ein Unterschied , ob man bloß davon liest oder zusehen darf !

    Das ist wirklich außergewöhnlich!!! Am meisten hat mich verblüfft, wie "einfach" die Möglichkeit ist, Fehler zu korrigieren. Und ich stelle mir jetzt vor, wie mühsam es ist, die gesamte Tristanpartitur in der Art herzustellen... kein Wunder, dass früher eigentlich immer erst die Stimmen gedruckt wurden und die Partituren später erschienen.
    Übrigens haben die Bilder von Würzburg ganz schön Wehmut hervorgerufen... ich hoffe ja trotzdem, dass es dieses Jahr mit einem Besuch zum Mozartfest noch klappt (Leif Ove Andsnes mit MCO).

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    Was ist heute Kunst ? Eine Wallfahrt auf Erbsen. (Thomas Mann, Doktor Faustus, Kap. XXV)

  • Auch ich fand den Film sehr interessant. :thumbup: Danke, Christian!

    Ja, Würzburg ... hach. Wirklich eine tolle Stadt. Mir hat der Lockdown ja letztes Jahr (auch) einen Strich durch die Rechnung gemacht, da ich Tickets für das Mozartfest hatte. Ich rechne ja eher mit nächstem Jahr ...

    "Welche Büste soll ich aufs Klavier stellen: Beethoven oder Mozart?" "Beethoven, der war taub!" (Igor Fjodorowitsch Strawinsky)



  • W.reise hab ich mir schon seit Jahrzehnten nicht mehr angetan - habe sie bis hier und heute (in meiner Jugend eine der FiDi/Moore-Einspielungen exzessiv gehört habend!) einigermaßen im Ohr --- und spüre einfach, dass ich da in aller Regel (u. teilweise wohl schon nach Minuten) über meine psychischen Grenzen geriete :!:

    übr. eine m. E. wirklich brisante Frage: ich meine, wer hat schon in dem Alter, in dem man eben üblicherweise ein Musik-Studium aufnimmt, sich ausreichend nervlich-psychisch-mental erforscht, um eindeutig zu wissen, dass ich zur intensiven geistigen Auseinandersetzung mit existenziellen Musiken dauerhaft psychisch in der Lage bin....

    <= gibt es da für StudentInnen, denen irgendwann glasklar geworden ist, dass sie es nicht sind, irgend eine Art 'Auffangbecken' an den heutigen Musikhochschulen - oder schlittern solche Leute (so sie nicht die Energie u. Traute haben, sich möglichst rasch umzuorientieren!) über kurz oder lang vermutl. in Medikamentenabhängigkeit u./od. Alkoholismus ? ? ?

    >>selbst wäre ich, hätte ich seinerzeit das Abi geschafft und ein Musikstudium aufgenommen, (u. v. a. da fast alkohol-unverträglich - und n e i n, das soll kein schräger Scherz sein!!), entweder ab und an in der Psychiatrie gelandet u../od. ein (wohl reichliches unleidliches) zynisch-schizoides Biest geworden - da bin ich mir doch leider ziemlich sicher :( <<

    <= dieser Einwurf war noch nicht einmal angedacht, als ich mich vor 'ner Dreiviertelstunde zu diesem Eintrag** hingesetzt hatte.....
    <= aber eigentlich doch keineswegs OT: der entzogene Boden eben mal nicht auf Müller/Schubert und den Wandersburschen gemünzt, sondern auf (v. a. potentielle!!) InterpretInnen - man denkt u. assoziiert halt meist irgendwie um die Ecke als Sozialwissenschaftler ;)

    **wollte eigentlich bloß mal auf diesen Lazar Berman - Klavierabend v. 1981 hinweisen Lazar Berman plays Schubert-Liszt, Liszt, de Falla - video 1981 - YouTube: Berman begann seinerzeit mit sechs Liszt-Arrangements von Schubert Liedern, zu Anfang 'Leiermann' u. 'Täuschung' - ob das wirklich was zum thread beitragen kann, weiß ich nicht, mich (+ meine Eltern) hat's jedenfalls gepackt... >das der Franzl sich auch mindestens zwei Lieder aus der W.reise vorgeknöpft hat, war mir bis dato unbekannt!<

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow

  • übr. eine m. E. wirklich brisante Frage: ich meine, wer hat schon in dem Alter, in dem man eben üblicherweise ein Musik-Studium aufnimmt, sich ausreichend nervlich-psychisch-mental erforscht, um eindeutig zu wissen, dass ich zur intensiven geistigen Auseinandersetzung mit existenziellen Musiken dauerhaft psychisch in der Lage bin....

    <= gibt es da für StudentInnen, denen irgendwann glasklar geworden ist, dass sie es nicht sind, irgend eine Art 'Auffangbecken' an den heutigen Musikhochschulen - oder schlittern solche Leute (so sie nicht die Energie u. Traute haben, sich möglichst rasch umzuorientieren!) über kurz oder lang vermutl. in Medikamentenabhängigkeit u./od. Alkoholismus ? ? ?

    Ein "Auffangbecken" gibt es nicht, aber es gibt vielfältige Beratungs- und Hilfsangebote. Die werden aus vielen verschiedenen Gründen in Anspruch genommen, aber wohl eher selten, weil jemand bei der Winterreise an seine psychischen Grenzen gerät. Angesichts der gerade stattfindenden größten Kulturvernichtungsaktion seit dem zweiten Weltkrieg ist ehrlich gesagt die Winterreise noch das kleinste Problem für Musikstudenten.

  • Kulturvernichtungsaktion ...

    Zur Zeit wird nur „Warten auf Godot“ gespielt. X(

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    Was ist heute Kunst ? Eine Wallfahrt auf Erbsen. (Thomas Mann, Doktor Faustus, Kap. XXV)

  • das der Franzl sich auch mindestens zwei Lieder aus der W.reise vorgeknöpft hat, war mir bis dato unbekannt!<

    Ich fand Deinen Einwurf interessant und habe das hier gefunden - eine Liste von Liszt Transkriptionen, nicht nur Schubert. Sie ist alphabetisch geordnet nach Komponisten. Also findet man Schubert weit unten.
    Liszt hat auch viel Schubert gespielt und wohl auch dirigiert !
    Es ist aus Wikipedia, also weiss ich nicht, wie korrekt, aber immerhin ein Anfang.......

    https://en.wikipedia.org/wiki/Transcriptions_by_Franz_Liszt

    irgend eine Art 'Auffangbecken' an den heutigen Musikhochschulen - oder schlittern solche Leute (so sie nicht die Energie u. Traute haben, sich möglichst rasch umzuorientieren!) über kurz oder lang vermutl. in Medikamentenabhängigkeit u./od. Alkoholismus ? ? ?

    Ich habe noch nie gehört, dass jemand wegen Beschäftigung mit einem musikalischen Werk psychologische Hilfe braucht. Wenn, dann geht es um Lampenfieber.

  • übr. eine m. E. wirklich brisante Frage: ich meine, wer hat schon in dem Alter, in dem man eben üblicherweise ein Musik-Studium aufnimmt, sich ausreichend nervlich-psychisch-mental erforscht, um eindeutig zu wissen, dass ich zur intensiven geistigen Auseinandersetzung mit existenziellen Musiken dauerhaft psychisch in der Lage bin....

    <= gibt es da für StudentInnen, denen irgendwann glasklar geworden ist, dass sie es nicht sind, irgend eine Art 'Auffangbecken' an den heutigen Musikhochschulen - oder schlittern solche Leute (so sie nicht die Energie u. Traute haben, sich möglichst rasch umzuorientieren!) über kurz oder lang vermutl. in Medikamentenabhängigkeit u./od. Alkoholismus ? ? ?

    Ich denke mal, dass weit über 90 % derer, die Musik studieren, das Einstudieren der Winterreise ohne bleibende Schäden überleben. Weit. Also wohl auch mehr als 98 % oder so.

    Und die anderen?

    Nun, ein Restrisiko bleibt immer ... studiere ich Geologie, so könnten die Außeneinsätze mit irgendwelchen Allergien in Konflikt geraten. Studiere ich Biologie oder Chemie, könnte ich auf irgendwelche Labordämpfe ungünstig reagieren. Gelernte Bäcker reden von Mehlallergien, studierte Juristen erwiesen sich als zu sozialunkompatibel, um Mandanten zu beraten, Lehrer geraten mit Ende 30 in den Burnout ...

    Das Leben ist ein Risiko und endet meistens tödlich.

    WIr sind damals übrigens Fahrrad ohne Sturzhelm gefahren. Vollkaskomentalität is nich. Wir wurden nicht mit dem SUV von der Schule abgeholt. Wir haben uns nachmittags mit Freunden getroffen und waren irgendwann abends wieder zuhause, ohne dass alle halbe Stunde das Handy klingelte und besorgte Eltern fragten, ob es uns gut geht.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Das Leben ist ein Risiko und endet meistens tödlich.

    Mein Vater sagte immer: "Manch einen trifft der Blitz auf dem Scheißhaus"...

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    Was ist heute Kunst ? Eine Wallfahrt auf Erbsen. (Thomas Mann, Doktor Faustus, Kap. XXV)

  • übr. eine m. E. wirklich brisante Frage: ich meine, wer hat schon in dem Alter, in dem man eben üblicherweise ein Musik-Studium aufnimmt, sich ausreichend nervlich-psychisch-mental erforscht, um eindeutig zu wissen, dass ich zur intensiven geistigen Auseinandersetzung mit existenziellen Musiken dauerhaft psychisch in der Lage bin....

    Daß einen die Winterreise - und auch andere Musik, die an Existenzielles rührt - so stark mitreißen und niederdrücken kann, daß man selbst in psychische Not gerät (zumal dann, wenn man entsprechend prädisponiert ist), das kann ich mir schon ganz gut vorstellen.

    Es hat schon seine Berechtigung, daß der Titel dieser Diskussion "Wenn der Boden entzogen ist..." enthält.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • das der Franzl sich auch mindestens zwei Lieder aus der W.reise vorgeknöpft hat, war mir bis dato unbekannt!

    Liszt hat insgesamt 55 Schubert-Lieder für Klavier bearbeitet, darunter 12 aus der Winterreise. Diese sind in der Neuen Liszt-Ausgabe in Band 21 (6) erschienen:

    Ich denke mal, dass weit über 90 % derer, die Musik studieren, das Einstudieren der Winterreise ohne bleibende Schäden überleben. Weit. Also wohl auch mehr als 98 % oder so.

    Und die anderen?

    Nun, ein Restrisiko bleibt immer ... studiere ich Geologie, so könnten die Außeneinsätze mit irgendwelchen Allergien in Konflikt geraten. Studiere ich Biologie oder Chemie, könnte ich auf irgendwelche Labordämpfe ungünstig reagieren. Gelernte Bäcker reden von Mehlallergien, studierte Juristen erwiesen sich als zu sozialunkompatibel, um Mandanten zu beraten, Lehrer geraten mit Ende 30 in den Burnout ...

    Das Leben ist ein Risiko und endet meistens tödlich.

    Sehe ich genauso, weshalb ich auch den Begriff "Auffangbecken" unangemessen finde. Musikstudenten sind zwar junge aber (meist) erwachsene und freie Menschen, die selbst entscheiden, welches Risiko sie einzugehen bereit sind. Natürlich ist das "Restrisiko" bei Pianisten mit künstlerischem Hauptfach erheblich größer als bei Schulmusikern. Das ist den jungen Leuten aber in aller Regel sehr bewusst.

  • Autograph Winterreise

    Nachtrag:
    Wer nicht nur den Erstdruck, sondern auch das Autograph ansehen, bzw. sogar als pdf herunterladen will (hohe Auflösung im Originalformat !!), der findet das bei der Morgan Library, New York:

    Autograph der Winterreise

    Die Qualität ist in meinen Augen sogar besser als der mickrige s/w-Druck des Faksimiles, das von Dover Publ. 1989 veröffentlicht wurde. Inzwischen gibt es einen sicher besseren Druck bei Laaber, der aber auch mindestens 4mal so teuer ist.

    Bei amazon steht zwar nicht verfügbar, aber direkt beim Verlag oder auch über stretta-music.de kann man es bekommen.

    Edit:
    Sorry, der Amazon-Link funktioniert nicht.

    also dann hier

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    Was ist heute Kunst ? Eine Wallfahrt auf Erbsen. (Thomas Mann, Doktor Faustus, Kap. XXV)

  • Sorry, der Amazon-Link funktioniert nicht.

    Tip: Bei Büchern nicht die ISBN-13-Nr., sondern die ISBN-10-Nr. verwenden:

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

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