KREISLER, Georg: Heute Abend: Lola Blau

  • KREISLER, Georg: Heute Abend: Lola Blau

    Heute Abend: Lola Blau
    Musical für eine Schauspielerin

    Musik und Text (Ausnahmen unten bei der Liedfolge): Georg Kreisler

    UA: 17.10.1971 Kleines Theater in der Josefstadt (Wien)
    Inszenierung: Conny Hannes Meyer
    Lola Blau: Topsy Küppers
    Klavier: Heinz Hruza und Georg Kreisler

    Zum Komponisten:
    Georg Kreisler, geb. 18.7.1922 in Wien, Musiker, Kabarettist, Komponist, Satiriker und Schriftsteller. Vielfach bekannt geworden in den 50er und 60er Jahren mit zeitkritischen, oft makabren Chansons (etwa „Taubenvergiften im Park“), sieht sich aber als universeller Künstler, nimmt das Schriftstellerische und vor allem auch seine Bühnenwerke (etwa die Oper „Der Aufstand der Schmetterlinge“) mindestens genauso ernst wie seine Chansons. Musste 1938 in die USA emigrieren. Kontakt mit anderen Exilanten. Wurde amerikanischer Staatsbürger. U.S. Army. In England stationiert. GI Shows (teilweise zusammen mit Marcel Prawy). Als Dolmetscher in Deutschland Verhöre einiger Nazi-Größen. Nach Kriegsende in den USA Filmmusik-Mitarbeit unter anderem bei Charlie Chaplin. Entertainer in New York. 1955 Rückkehr nach Wien. Zunächst Zusammenarbeit mit Gerhard Bronner und dem Kabarett-Team um diesen, dann Schallplatten- und Konzertkarriere mit eigenen Chansons, vielfach auch gesungen von seinen Ehefrauen Topsy Küppers und später Barbara Peters. 1958 Umzug nach München, 1976 nach Berlin, 1988 nach Salzburg, 1992 nach Basel, seit 2007 wieder Salzburg. Seit 2001 vermehrt Romane, Kurzgeschichten und Essays sowie Bühnenkompositionen. Entfernt mit Fritz Kreisler verwandt. Tochter Sandra Kreisler ist als Schauspielerin und Sängerin ebenfalls bekannt geworden (derzeitiges Hauptprojekt „Wortfront“). Im Netz findet man leicht Werkverzeichnisse, Textproben und weitere Informationen zu Georg Kreisler.

    Kurzinhalt:
    Die junge, politisch naive jüdische Schauspielerin und Sängerin Lola Blau muss mit Kriegsbeginn von Wien aus über Linz und Basel in die USA emigrieren und kehrt nach einer Karriere als Show- und Sexstar incl. alkoholbedingten Abstürzen kabarettistisch resignierend nach Wien zurück.

    Entstehung:
    Laut Georg Kreisler selbst („Lola und das Blaue vom Himmel“, Edition Memoria - Schumann, 2002) trat seine damalige Noch-Ehefrau Topsy Küppers 1971 an ihn heran, möglichst rasch ein Soloprogramm zusammenzustellen. Aus Zeitmangel griff Kreisler zum Großteil auf bereits vorhandenes Liedmaterial zurück und entwickelte damit die Geschichte zum Musical, mit durchaus autobiographischen Zügen (Thema Emigration).

    Aufführungsgeschichte:
    Topsy Küppers errang damit einen Riesenerfolg, sie spielte das Werk viele Jahre. Nach der Trennung kam es zu einem Urheberrechtsstreit zwischen dem Ex-Ehepaar, der erst nach einigen Prozessen zugunsten von Georg Kreisler entschieden wurde. In oben genanntem und unterhalb abgebildetem Buch, das auch das komplette Libretto enthält, geht Kreisler sehr genau (allerdings völlig einseitig) auf die Angelegenheit ein. „Heute Abend: Lola Blau“ wurde in viele Sprache übersetzt und wird weltweit auf den unterschiedlichsten Bühnen gespielt. Für die Hauptdarstellerin bietet sich eine breite Palette der Darstellungskunst an, zwischen „zerbrochenen“ Chansons und großem Entertainment. Für einen Showauftritt in den USA lässt Georg Kreisler offen, ob die Darstellerin einen Strip bietet oder eine große Shownummer singt. Vielfach sind die Inszenierungen praktikabel auch für Tourneen entworfen, meist ohne Bühnenbild, nur die Hauptdarstellerin, ein Klavier und ein paar Requisiten. Ton- und/oder Bild- sowie Filmzuspielungen zur Verdeutlichung des zeithistorischen Hintergrunds werden im Libretto empfohlen. Einige Nebenfiguren werden je nach Inszenierung von der Hauptdarstellerin selbst, von der musikalischen Leitung, von weiteren Mitwirkenden oder vom Band geboten – oder weggelassen, wie auch so manche Musiknummer.

    Aktuelle Aufführungen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

    Theater HintenLinks Krefeld, 19.2., 20.2., 23.4., 24.4.2010, mit Anuschka Gutowski.
    (Eine großartig dem Original verpflichtete und gerecht werdende Produktion.)

    Schauspielhaus Graz Ebene 3, 1.3. und 25.3.2010 mit Steffi Krautz
    (Ein Beispiel für die praktikablen Tourneeproduktionen – wenig äußerer Aufwand, starke Wirkung des Werks)

    Kleine Bühne Flensburg, 12.03.2010, 17.04.2010, 08.05.2010 (letzte Aufführung) mit Gabriela Kuhn.
    (Eine eindringliche Produktion, vielfach auch der Originalvorlage verpflichtet.)

    Brandenburger Theater, 1., 3. und 24.4.2010, mit Heike Maria Förster.
    (Eine sehr ambitionierte Produktion, salopp würde ich sagen: Regietheater im besten Sinn. Wurde 2008 in Duisburg erstmals aufgeführt, gastierte schon in Wien. Musikalische Besonderheit: Akkordeon statt Klavier.)

    Neuinszenierung im Clack Theater, Lutherstadt Wittenburg, erste Termine 19. und 23.6.2010, mit Alexandra Herhausen.

    Liedfolge:

    Im Theater ist was los
    Sie war liab
    Sympathie
    Die Wahrheit vertragen sie nicht
    Weder noch
    Wie kommt es
    Der zweitälteste Frauenberuf
    Ich hab a Mäderle
    Sie ist ein herrliches Weib
    Sex is a wonderful habit
    Der Herr ist mir fremd
    Fängt's schon wieder an
    Heut will ich mich besaufen
    Ich hab dich zu vergessen vergessen
    Ich liebe dich
    Frau Schmidt
    Alte Tränen
    Im Theater ist nichts los
    Wo sind die Zeiten dahin
    Zu leise für mich

    Musik und Text aller Lieder: Georg Kreisler
    Musik „Fängt´s schon wieder an“: Fred Gordoni
    Text „Heut werd ich mich besaufen“: Tamar Radzyner
    Musik „Wo sind die Zeiten dahin“: Wolfgang Amadeus Mozart (1. Satz „Sonata facile“)

    Persönliche Anmerkung:
    Ich durfte 1997 im Wiener Theater Pygmalion als Einspringer eine Vorstellung des Werks mit ein paar Proben davor am Klavier begleiten und bin seither ein totaler Fan dieses Musicals, möchte es sogar als mein Lieblingsbühnenwerk fürs Leben bezeichnen. Versuche, jede verfügbare Aufnahme zu bekommen und habe im deutschen Sprachraum seit damals bereits über 30 verschiedene Inszenierungen gesehen.

    CD Aufnahmen
    (Persönliche Höreindrücke 1)
    Ich beschränke mich zunächst auf die derzeit bei amazon oder jpc erhältlichen Aufnahmen.
    Teilweise sind sie derzeit auch (nur) als mp3 Downloads verfügbar.

    In der Uraufführungsbesetzung erschien bei Preiser Records eine Doppel LP. 1990 wurde diese Aufnahme auch als Doppel CD (Preiser 90044) veröffentlicht, ergänzt mit einigen weiteren Liedern aus den 60ern, die Georg Kreisler für Topsy Küppers geschrieben hat. Dies ist das Dokument eines großartigen Werks, welches an einem persönlichen Schicksal die Zeit von 1938 bis nach dem Krieg in Form eines Hörspiels mit Chansons einfängt. Den zeitgeschichtlichen Hintergrund besorgen Radioeinblendungen und Tagesschlager. Die meisten Chansons vertiefen Lolas Gefühlswelt, ein paar sind gekonnte, intelligente Shownummern. Hört man die Aufnahme, ist man gebannt und erschüttert – die Tragik der Emigranten des 20. Jahrhunderts wie die geradezu beängstigend gut ausgefeilte Interpretation durch Topsy Küppers nehmen total gefangen. Die hörspielartigen Überleitungen zwischen den Chansons leben vom Lokalkolorit der Umgebungen (Wien, Schweiz, USA). Zwar sind die beiden Pianisten Heinz Hruza und Georg Kreisler bei den Credits genannt, man verschweigt aber die Sprecherinnen und Sprecher der markanten kleinen Nebenrollen. Die Zimmerwirtin zu Beginn spricht breiten Wiener Dialekt, Lola meldet sich am Telefon – ganz die junge, naive, hoffnungsvolle Künstlerin – mit bewusst erotischem Tonfall, um nach dem Erkennen des anderen Gesprächsteilnehmers in einen natürlichen Sprachduktus zu wechseln. Vom ersten Lied an erweist sich Topsy Küppers als kongeniale Chanson-Interpretin zwischen Sprechgesang und für ihre Zwecke fulminant wechselnden Gesangsnuancen. Sie gewinnt jedem Lied den nötigen Charakter ab, und das ist in den etwa 100 Minuten Spieldauer des Werks eine wahrlich großartige Leistung. Die Psychologie der Lieder ist nuanciert ausgearbeitet. Man hört, wenn man genau aufpasst, dass sie keine Wienerin ist. Doch Topsy Küppers „spielt“ die Wienerin genauso intensiv und vielseitig wie alle anderen Rollen, in die Lola zu schlüpfen hat. Ihre Stimme steht bei der Aufnahme schön im Vordergrund. Man versteht jede winzigste Nuance. „Sympathie“ oder „Weder noch“ sind so verinnerlicht, wie „Die Wahrheit vertragen sie nicht“ oder „Sie ist ein herrliches Weib“ den nötigen „Drive“ haben. Am Schiff nach Amerika spricht der jüdische Passagier Herr Berger die Lola an. Man vermutet es und es liegt nahe: Das ist Georg Kreisler selbst, der uns als Herr Berger begegnet. „Sex is a wonderful habit“ wird von Topsy Küppers fast gehaucht, es ist das Lied, das sie als Sängerin in den USA einführt. Der Hall erzeugt die Konzertatmosphäre. Und die große Shownummer, von Kreisler freigestellt, ist bei Topsy das Lied „Fängt´s schon wieder an“ (Musik: Gordoni), mit Bigband begleitet. Der Hörspielcharakter unterstreicht sich, als Lola zu einer Instrumentalpassage vor sich hin sinniert, Zitate aus dem Lied „Sie war liab“ wiederholt. Der Zuhörer beginnt mit ihr zu hinterfragen, welche Rolle ein Künstler auf der Bühne eigentlich spielt, wie weit er er selbst bleibt in dem was er tut. Georg Kreisler zitiert sich akustisch selbst mit einem englischen Lied aus der „Georg Kreisler Show“ – letzter Beweis des autobiographischen Hintergrunds dieses Werks. Die große Shownummer nach der Rückkehr nach Wien, in der sich Lola Blau einem Theaterdirektor in verschiedenen Nationalcharakteren vorstellt, spart die Schweizerin aus. (Das ist die einzige Kürzung bei Topsy Küppers, viele Nachfolgerinnen werden mehr weglassen als sie.) Topsy Küppers´ Aufnahme ist eine starke Vorgabe für künftige Darstellerinnen der Lola Blau, die vielen Farben, mit denen sie die Lieder auslotet, scheinen wenig Spielraum für neue Facetten offen zu lassen. Beim Lied „Heut will ich mich besaufen“ ist Tamar Radzyner für den Text genannt, bei „Wo sind die Zeiten dahin“ wird allerdings Mozart als Komponist (der Sonata facile) verschwiegen. Das wunderbar nachdenkliche Schlusslied „Zu leise für mich“ wird ganz langsam interpretiert. Hier merkt man, wie die Zeit seither schneller geworden ist. Etliche Coverversionen lassen sich weit weniger Zeit für dieses Finale. Fazit: Die Referenzaufnahme des Werks, Vorbild und Maßstab. Wer die Aufnahme im Ohr hat, wird jede andere an ihr messen.



    Die Produktion im Stadttheater Fürth (Regie: Werner Müller, Bühnenbild: Ruth Zadek) wurde ab 10.4.1999 gespielt. Es wird wohl eine „konservative, werkgetreue“ Inszenierung gewesen sein. Man hört Radiomusik, Bahnhofsgeräusche, die für die 78 Minuten Spielzeit der CD (Stadttheater Fürth STF-03) verknappten Zwischentexte, zum Teil von zwei Männerstimmen geboten (Raimund Gensel, Sevan Minasian), und man hört vor allem die berührende Geschichte der jüdischen Künstlerin Lola Blau, die 1938 von Österreich über Basel in die USA emigrieren muss, dort Showkarriere macht und als resignierende, politisch bewusster gewordene Kabarettistin wieder in Wien landet.

    Der Mitschnitt beginnt gleich mit „Im Theater ist was los“. Am Klavier ist Thomas Fink ein hörbar hochkarätiger, routinierter Begleiter derartiger Produktionen. Er orientiert sich viel am Original, weiß aber mögliche sinnvolle Freiheiten sehr schön (und einfühlsam!) auszukosten. Die Frau Fini, die Lola Blau zum möglichst raschen Auszug aus der Pension Aida nötigt, wird hier weggelassen. Jutta Czurda ist eine echte Dame, auf jeden Fall stimmlich. Sie wäre auch (und ist es sicher) eine ideale Interpretin der großen Chansons der Damen Dietrich oder Leander, und es gibt von ihr (ebenfalls vom Stadttheater Fürth produziert) auch eine Brecht CD. Noch in Wien singt Lola „Sie war liab“, in Basel dann „Sympathie“, „Die Wahrheit vertragen sie nicht“, „Weder noch“ und „Wie kommt es“, auf dem Schiff nach Amerika (in Herrn Bergers Monolog eingeflochten) „Der zweitälteste Frauenberuf“, „Ich hab a Mäderle“ und „Sie ist ein herrliches Weib“, in den USA (sehr bluesig) „Sex is a wonderful habit“, „Der Herr ist mir fremd“, als Shownummer „umnebelt mit Big Band im Hall „Love me“, „Heut´ werd ich mich besaufen“ und „Ich hab dich zu vergessen vergessen“, und wieder zurück in Wien „Alte Tränen“, die große Präsentationsnummer vor dem Theaterdirektor „Im Theater ist nichts los“, als Kabarettnummer hier nachgereicht die „Frau Schmidt“ sowie als langsam verklingendes Finale „Zu leise für mich“.

    Man hört, dass Jutta Czurda auf der Bühne „arbeitet“, aber sie kann offenbar gut „tanzen“, ohne dabei stimmliche Einbußen in Kauf nehmen zu müssen. Ein Profi durch und durch, vielleicht die stimmstärkste Lola zumindest der CD-Einspielungen, in der großen Tradition des deutschsprachigen, von Frauen gesungenen Chansons. Das an sich recht liebevoll gestaltete achtseitige Beiheft verschweigt allerdings Tamar Radzyner als Textdichterin von „Heut´ werd ich mich besaufen“.

    Ewa Teilmans spielte im August 2000 ihre Produktion von Georg Kreislers „Heute Abend: Lola Blau“, die einige Jahre im Repertoirebetrieb aufgeführt wurde, auf der Bühne der freien Waldorfschule in Münster zusammen mit dem Pianisten Wilhelm Rodenberg für CD ein (CD Musicom 010908). Es ist kein richtiger Livemitschnitt. Man hört Ewa Teilmans zwar „über die Bühne gehen“ und Szenen von rechts oder links singen, es gibt aber keinen Applaus, keine Geräusche, nur hin und wieder wohl Rodenberg als zweite Stimme. Die stark am Original orientierten Zwischentexte sind auf CD-Länge gekürzt, die Monologe (Berger, Schmidt, Pförtner) kann man im Klappcover nachlesen. Die CD beginnt direkt mit Lolas Telefonat mit Onkel Paul. Statt der Frau Fini ist hier ein Herr Josef für die Pension Aida verantwortlich. An sich zeigen Teilmans und Rodenberg aber großen Respekt vor der Vorlage, Rodenberg spielt ziemlich genau, was im Klavierauszug steht, nimmt sich kaum Freiheiten. Es fehlen keine Musiknummern, auch das „Mäderle“ und Mozarts „Sonata facile“ („Wo sind die Zeiten dahin“) sind auf der CD enthalten. (Somit bietet Ewa Teilmans neben Topsy Küppers, was die Musik betrifft, den vollständigsten CD-Mitschnitt des Werks.) Als Shownummer wählt Ewa Teilmans Cole Porters „My heart belongs to daddy“. Von Anfang an strahlt die Künstlerin (zu selbstverständliche?) Souveränität aus. Sie hat mit dem Pianisten genau alle Rubati einstudiert, damit man auch wirklich jede Nuance gut versteht. „Sex is a wonderful habit“ singt sie mit einem ganz bewusst volkstümlich-deutschen Akzent. Die Aufnahme wirkt von den verfügbaren für mich am pädagogischsten.

    Weitere CD-Aufnahmen gibt es etwa mit Stella Fürst, Ines Martinez, Ursula Ruhs, Heike Maria Förster und Morag McLaren (letztgenannte englischsprachig, aus London).

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Lieber Alexander,

    vielen Dank für diese detaillierte Einführung in ein wirklich außergewöhnliches Musical. Ich würde gerne mehr dazu schreiben, denn ich verehre Georg Kreisler seit Jahrzehnten und sehe in ihm einen der größten Virtuosen der leicht zu praktizierenden, aber enorm schwer zu meisternden Klaviatur des Wortes (oder des textierten Klaviers) überhaupt. Die von Robert so dankenswert verlinkte Fernsehsendung gibt ja immerhin einen ersten Eindruck von Kreislers besonderer Qualität und Klasse, aber wer ihn wirklich schätzen will, kann dies natürlich nicht auf der Basis von kurzen Ausrissen aus seinen klassischen Liedern tun, sondern muss diese vollständig kennen um ihren Aufbau als lauter kleine Minidramen mit der scharfen Würze exquisiter Satire erkennen und würdigen zu können. Wenn man nicht gleich die - teilweise ohnehin vergriffenen - Originalausgaben seiner Schallplatten sammeln will, die ihren Reiz bis heute nicht verloren haben, gibt es dazu wahrscheinlich keinen besseren Weg als über diese beiden Sammlungen:

    ..........


    Leider habe ich LOLA BLAU erst vor sehr Kurzem kennen gelernt, obwohl mir einige Lieder daraus, die Kreisler hier geschickt recycelt hat, wohl vertraut sind. Daher möchte ich mich noch etwas eingehender damit befassen, bevor ich mich dazu äußern kann. Empfehlen kann ich dieses Musical aber gar nicht intensiv genug - vor allem, aber beileibe nicht nur in der Originalfassung von Topsy Küppers, für die es geschrieben wurde.

    Bis demnächst also in diesem Thread, der hoffentlich ein großes Echo findet.

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Da sich der Enthusiasmus auffällig in Grenzen hält, möchte ich noch auf ein besonders schönes Lied ovn Georg Kreisler hinweisen, das unsere Nationalhymne sein könnte. Es heißt Der Musikkritiker und ist in Gänze hier zu hören: "

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.
    "

    Leider verbieten die Copyrightgesetze ein vollständiges Zitat, aber was ich veröffentlichen darf, ist meine rudimentäre Paraphrase:

    Beißend Kreisler umkreißend

    Heute findet keine Zeitung
    Irgendwo noch mehr Verbreitung
    Durch Musikkritiker.

    Um trotzdem nicht stumm zu bleiben
    Geh ich zu Capriccio schreiben
    Wie’n Musikkritiker.

    Ich hab ganz viel Ahnung, was Musik ist,
    Habe mehr gehört als viele Leut’,
    Weil nur gilt, was meinem Ohr ein Glück ist.
    Predige ich euch, was sicher reut.

    Weil man aber große Ziele
    Besser trifft bei diesem Spiele
    Als Musikkritiker,

    Ziele ich auf was ganz Hehres
    Und dazu noch Populäres
    Als Musikkritiker.

    Da ich kein Banause bin von Haus aus,
    Drum gefällt Gefälliges mir nicht,
    Und so fecht' ich meinen Strauß mit Strauss aus,
    Nicht dem Johann, nein, den andern mag ich nicht.

    Wer dem Publikum zu willig,
    Find’ ich, ist doch viel zu billig,
    Als Musikkritiker.

    Schwärmen alle für die Anne,
    Haue ich sie in die Pfanne
    Als Musikkritiker.

    Wie könnt’ ich mit ihr zufrieden sein,
    Hab ich doch ein absolutes, manisch' Ohr?
    Niemals kriegt sie wirklich saub're Töne rein,
    Und sogar ihr russisch kommt mir spanisch vor.

    Statt der Beatles mag ich Yoko Ono
    Wenn sie auch nur kleine Brötchen bäckt.
    Und ich preise Berio und Nono,
    Wenigstens sind die noch nicht verdregkt.

    Da bin ich konsequent,
    Verkenne kein Talent,
    Solang' es möglichst unbeliebt
    Ist und nur Wenige vergnügt.

    Doch schreit das Publikum „Hurra!'',
    Das nützt euch nichts, dann ich bin da!
    Sind manche Leser
    Mir dann noch böser
    Dann ist es mir im Grunde sogar recht,
    Denn nur wer kontrovers ist, ist nicht schlecht!

    Dass die Welt es wisse,
    Lest die lustigen Verrisse
    Des Musikritikers!

    Es lebe die Kritik!

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Lieber Rideamus,

    ich habe noch das meiste auf LP, habe mir inzwischen allerdings auch einige CDs zugelegt. Den Musikkritiker findet man auf

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Vielen Dank für diesen interessanten Thread! Ich kenne das Musical bisher nur dem Namen nach, aber ich LIEBE Georg Kreislers Chansons. Es wäre wohl an der Zeit, mich mal mit seinen Bühnenwerken zu beschäftigen. Daß er mit Chaplin gearbeitet hat war mir völlig neu.
    Danke auch für den Musikkritiker. Ich liebe ja besonders die Stelle
    "Hindemith, Strawinsky und Varèse
    sind zwar gut, doch ich bin bese"

    Ein Paradies ist immer da, wo einer ist, der wo aufpasst, dass kein Depp reinkommt...

  • Ich war ganz überrascht, hier eine so ausführliche und informative Einführung in das mit bislang ganz unbekannte Kreisler-Musical zu finden; dabei schätze ich den Künstler sehr.

    Inzwischen aber kenne ich das Stück, war nämlich am Silvesterabend im Theater: In Heidelberg gabe es eine Aufführung (Premiere bereits im letzten Februar).

    Es war eine durchaus beeindruckende Sache, knapp 90 Minuten, mit nur zwei Künstlern: Nicole Averkamp als komödiantisch und sängerisch überzeugende Lola, mit nicht unbedingt schöner, aber charakteristischer, das Grelle betonender Stimme, eher rauh als zart, absolut "stimmig", da nicht überzeichnet wurde, Jens Schlichting, musikalische Leitung und am Klavier, auch szenisch mitspielend, Regie: Katrin Herchenröther - alles im Zwinger1 (Theater Heidelberg). Von diesen Dreien kenne ich bislang nur den Pianisten als versierten Liedbegleiter.

    Das Bühnenbild war aufs Wesentliche beschränkt, dennoch nicht karg, mit vielen Requisiten (z. B. war - makaber und passend - während der gesamten Phase, die Lolas Exil in den USA behandelte, eine große Hakenkreuzfahne über einen offenen, schäbigen, kleinen Reisekoffer ausgebreitet) und einer Leinwand im Hintergrund, auf die Bilder projiziert wurden, etwa: Hitlers Einmarsch in Wien, Bahnhof.

    Noch einmal: eine herausragende Leistung der Protagonistin - ein witziger und dabei nachdenklich stimmender Jahresausklang!

    Weitere Vorstellungen: 10.01., 29.01., 19.02.2014, jeweils 20:00 Uhr. Näheres: "http://www.theaterheidelberg.de/spielplan/produktion/444".

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • In der nächsten Saison wird "Heute Abend: Lola Blau" im Neuen Musiktheater Linz in der Black Box gespielt. Premiere ist am 13. Dezember. Weitere Vorstellungen am 16. und 17. Dezember, am 2., 9. und 13. Jänner sowie am 16., 17. und 25. Februar 2016.

    :wink:
    Renate

    Unsre Freuden, unsre Leiden, alles eines Irrlichts Spiel... (Wilhelm Müller)

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