Stirbt das Klassik-Publikum aus?

  • Du biss ja ok man 'n ördentlich gooten Klookschieter, nich?

    Wat heeft je seecht, ik vul je wat,

    Bravo, bravo
    traut Euch endlich und zieht mal blank,
    die Rede soll, wenn sie zu Herzen und Gemüte gehen soll, ja nicht so steif sein wie bei den Kulturbürokraten,
    derer wir ja schon genug echte und angemaßte haben
    und leider unterhaltenb müssen.

  • Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass Du zumindest eine Promotion in einem Statistik-affinen Fach vorzuweisen hast, so dass Du die Qualität dieser Arbeit seriös bewerten kannst.

    Eben weil ich kein Statistiker bin (aber leider vor grauer Zeit Hauptseminare darin besuchen mußte) verlasse ich mich nicht auf Nichtstatistiker und bevorzuge leider konservativerweise durch einen/e C4-Ordinarius/-a abgesegnete Statistik einer wirklichen Universität. Womit wir gleich wieder beim nächsten wären (warum werden Professorentitel so inflationär vergeben).

  • Liebe Diskutant*innen,
    seid Ihr so freundlich und besinnt Euch auf das Threadthema, mit Forenregel 10 im Hinterkopf, und lebt Eure heimatlichen Gefühle per PN aus? Oder Ihr eröffnet zur Not einen Dialekt-Konversationsfaden im internen Bereich? Sonst muss dieser Thread sehr bald wieder hinter Schloss und Riegel. Viele Grüße,
    Amaryllis – für die Moderation

  • Eben weil ich kein Statistiker bin (aber leider vor grauer Zeit Hauptseminare darin besuchen mußte) verlasse ich mich nicht auf Nichtstatistiker und bevorzuge leider konservativerweise durch einen/e C4-Ordinarius/-a abgesegnete Statistik einer wirklichen Universität. Womit wir gleich wieder beim nächsten wären (warum werden Professorentitel so inflationär vergeben).


    Du solltest Dich gründlicher informieren. Die Besoldungsstufe C4 ist schon vor Jahren durch W3 ersetzt worden (wiewohl es natürlich immer noch C4-Professoren gibt, falls diese vor der Umstellung berufen worden und nicht in das neue System gewechselt sind).

    Professorentitel werden übrigens nicht inflationär, sondern auf der Basis geordneter Verfahren vergeben.

    Und ab jetzt folge ich dem Aufruf der Moderation und fokussiere mich entweder auf das Thema oder schweige zu selbigem.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • dass die 20- bis 29-Jährigen (78,7 Prozent dieser Alterskohorte) häufiger in klassische Konzerte gehen als die 50- bis 59-Jährigen (nur 60,7 Prozent).

    Also, in der Einleitung der Studie lese ich:

    Zitat von concerti Klassikstudie 2016

    Ein hoher Anteil, der klassische Musik „gern“ oder „sehr gern“ hört,
    besucht auch Musikveranstaltungen. Unter den 20 bis 29-Jährigen gingen „in den letzten 12
    Monaten“ knapp 80 Prozent mindestens fünf Mal in ein Konzert - mehr als in allen anderen
    Altersgruppen.

    Jetzt mal abgesehen davon, dass hier nur "Konzert" steht und nicht "klassisches Konzert". (Eine Aussage weiter unten könnte man so interpretieren, dass hier tatsächlich "klassisches Konzert" gemeint sein könnte.) ABER ich verstehe den Satz so, dass *von denjenigen*, die "gerne" oder "sehr gern" klassiche Musik hören, 80 % (mind. 5 Mal im letzten Jahr) in (klassische) Konzerte gehen. (Das hätte man auch etwas eindeutiger formulieren können. Vielleicht ist hier aber ein Missverstehen durchaus gewollt.) An anderer Stelle (Seite 14) steht, dass 15 % der "Klassikhörer" jünger als 29 Jahre seien. Das relativiert die Zahl "80 %" schonmal deutlich.

    Man kann zusätzliche Zweifel haben, wie repräsentativ die Umfrage ist. Man könnte annehmen, dass klassik-affine Personen dem Thema gemäß mehrheitlich geantwortet haben. Aber ich muss gestehen, dass ich die Studie noch nicht so detailliert gelesen habe, ob hierzu etwas gesagt wird. Wenn jemand schon darauf gestoßen ist, nur her mit den Infos!

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

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    Also, in der Einleitung der Studie lese ich:

    Jetzt mal abgesehen davon, dass hier nur "Konzert" steht und nicht "klassisches Konzert". (Eine Aussage weiter unten könnte man so interpretieren, dass hier tatsächlich "klassisches Konzert" gemeint sein könnte.) ABER ich verstehe den Satz so, dass *von denjenigen*, die "gerne" oder "sehr gern" klassiche Musik hören, 80 % (mind. 5 Mal im letzten Jahr) in (klassische) Konzerte gehen. (Das hätte man auch etwas eindeutiger formulieren können. Vielleicht ist hier aber ein Misverstehen durchaus gewollt.) An anderer Stelle (Seite 14) steht, dass 15 % der "Klassikhörer" jünger als 29 Jahre seien. Das relativiert die Zahl "80 %" schonmal deutlich.
    Man kann zusätzliche Zweifel haben, wie repräsentativ die Umfrage ist. Man könnte annehmen, dass klassik-affine Personen dem Thema gemäß mehrheitlich geantwortet haben. Aber ich muss gestehen, dass ich die Studie noch nicht so detailliert gelesen habe, ob hierzu etwas gesagt wird. Wenn jemand schon darauf gestoßen ist, nur her mit den Infos!

    maticus

    Da ist noch eine Statistik zu Live-Konzertbesuchen irgendwo zwischen SEite 30-40.

    Gib dich nicht der Traurigkeit hin, und plage dich nicht selbst mit deinen eignen Gedanken. Denn ein fröhliches Herz ist des Menschen Leben, und seine Freude verlängert sein Leben.

    Parsifal ohne Knappertsbusch ist möglich, aber sinnlos!

  • Ich schrob hier schonmal was dazu: Stirbt das Klassik-Publikum aus?

    Oh, ich wusste nicht, dass über diese Studie hier schonmal diskutiert wurde. Da stimme ich deinem Posting zu.

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • die Rede soll, wenn sie zu Herzen und Gemüte gehen soll, ja nicht so steif sein wie bei den Kulturbürokraten,
    derer wir ja schon genug echte und angemaßte haben
    und leider unterhaltenb müssen.

    sind Dir kulturlose Bürokraten lieber?
    das ist aber, wenn es wahr sein sollte, wirklich nicht schön von Dir!

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Notebene: Wir reden von "Klassik", nicht von "Oper". Das ist nur EIN Genre innerhalb der Klassik.... Nur so nebenbei....

    Ökonomisch - verstehe ich das richtig? Heißt doch: Kostendeckende Kalkulation, n'est ce pas?
    Ich bin mir nicht sicher, ob Du eine Vorstellung von den Kosten hast, ich glaube eher nein.

    Der Großteil dessen, was hierzulande als Klassikveranstaltungen läuft, ist nämlich nicht "steuerfinanziert", sondern tatsächlich von privaten Veranstaltern organisiert, von Konzertagenturen oder Vereinen, viele auch von den Musikern direkt, da gibt es keine "Subventionen". Wenn wir jetzt die zahlreichen WOs oder Messiase oder in einem Vierteljahr die einschlägigen Passionen betrachten, da kostet eine Aufführung mit allen Nebenkosten ab dreissig- bis vierzigtausen Euro, nach oben offen. Und nein: da sind keine Starsolisten, Stardirigenten oder Starensembles, oder "abgesicherte" Wasauchimmer, das sind alles ganz normale Musiker (gerade so viel, wie man eben benötigt), die von ihrem Honorar eher schlecht als gut leben können. Wenn wir jetzt einen Raum mittlerer Größe bekommen, passen da etwa 400 Besucher hinein. Realistisch kann man etwa drei Viertel der Plätze verkaufen, wenn es mehr ist, freuen wir uns. Also 300 verkaufte Karten bei 30000 Euro Kosten macht einen kostendeckenden Preis von - wieviel? Wenn der mittlere Kartenpreis bei 30 Euro liegt, muß die Finanzierungslücke von 70-90 Euro plus pro Karte durch Sponsoring oder Anzeigenverkauf im Programmheft gedeckt werden. Und wenn Du den Herkulessaal in München haben möchtest, dann mußt Du erst mal ca. 800 Karten verkaufen, um überhaupt auf Null zu kommen. Das finanzielle Risiko trägt der Veranstalter. Im Falle eines Vereins haftet der Vorstand mit seinem Privatvermögen. Und was den "Mainstream" betrifft: unter solchen Bedingungen hält sich die Experimentierfreude gerne in Grenzen. Ich hab Letztens selber ein Telemann-Programm miterlebt (ist vielleicht nicht das Zugpferd, aber auch nicht ganz abwegig), wo es knapp nicht ausging. Das gilt übrigens auch für staatliche Intendanten: Da kenn ich einen, der liebend gerne mal was Unbekanntes auf die Bühne bringen würde, es aber nicht tut, weil er genau weiß, daß er dann weniger Karten verkauft.
    Mal Hand aufs Herz, da Dir der Erhalt der Kultur ja offenbar am Herzen liegt: Welchen Spendenbetrag (absetzbar!) überweist Du regelmäßig an einen einschlägigen Förderverein? (Ich meine: Über das hinaus, was Du vielleicht als Konsument selbst "verbrauchst"!)
    Schleuderpreise? Das braucht erst mal finanzieren!

    "Die Kunden dort abholen, wo er gerade steht" - das ist eine schöne Worthülse. Hast Du ausser "Geiz ist geil" noch Ideen dazu?


    Seit etwa 2010 Konzertbesucherzahl stagniert http://miz.org/downloads/statistik/20…zierte_Orchester_2017.pdf
    bei

    Seit 2010 etwa gleichbleibend ein viertel freie Plätze im Bundesdurchschnitt (25%) und allenfalls 18% eigeneinspielergebnisse http://miz.org/downloads/statistik/28…isse_Zuweisungen_2017.pdf

    im Schnitt 125 Euro Subvention pro verkaufter Karte und das sind Steuergelder, so wir Steuerzahler haben also sicher schon unsere Kultur bezahlt.

    Opernbesucher sind sogar um 10 Prozent in 6 Jahren zurückgegangen! Mal sehen wies weiter geht.


    Ich nehme an, Du meinst die Zahl der Opernbesucher, nicht diese selbst. Da stimmen die 10 Prozent allerdings nicht: Der Rückgang betrug von 2010/11 auf 2015/2016 rund 6,3 Prozent. Das lag daran, dass in den letzten Jahren die Gesamtahl der Veranstaltungen aufgrund von Baumaßnahmen in mehreren Häusern niedriger war (um rund 7 Prozent; die Zahl der Besucher pro Veranstaltung ist also trotz der Ausweichquartiere insgesamt leicht gestiegen). Das stand auch in der Fußnote zu Deiner Statistik.

    dass die Zuschauerzahlen etwas schneller fallen

    Ich stör' ja ungern Eure Interpretationen, aber es gibt keine wirklich tragfähige Statistik über die Zahl der Besucher, nur über die Zahl der Besuche, auch wenn das gerne mal anders kolportiert wird, je nach Motivation...
    Das ist aber nicht das Selbe.
    Wenn z.B. letztes Jahr Hundert Karten verkauft wurden und heuer nur 90, Kann das bedeuten, daß die Besucherzahl um 10% zurückgegangen ist. Das wäre worst case in Richtung der Besucherzahl. Es könnte aber genausgut bedeuten, daß letztes Jahr 10 Besucher jeweils 10 Mal da waren (oder nur einer 100 mal), und heuer 90 nur einmal. Dann wäre die Zahl der Besucher um 900% (bzw. 9000%) gestiegen...
    Verzeiht, aber das mußte sein. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.


    Als Bayer bin ich nun doch hin und wieder in München aber für jemand, der von früh bis spat schafft, sind Plätze im letzten Rang eher unangemessen. Ja freilich kann man wenn man möchte ab 53euro aufwärts pro Karte berappen, aber viele sind der Klassik zu sehr entfremdet ( worden), dass man dann doch eher zu anderen modernistischeren Vergnügen geht, oder einfach nen Skipass für die nächste Gaudi,,,,

    Ja was jetzt? Sind's die Kosten oder ist's die Entfremdung? Zum Preis eines Operntickets hier:

    150 euro plus Spesen (Taxi, Parkhaus, Imbiß) zu löhnen.

    Die 150 Euro meinen natürlich: ER und SIE a 75 Euro pro Karte (auf Platzerln wo Du wos sieahst und g`scheit hörst), di Leit solln freilich z`ammen ihre bisl Freizeit gestalten dürfen, oder? Sodala hammers ietzet

    GAP (Garmisch Partenkirchen) 43 Euro, Kitz(bühl) 49-55euro also dös sind Topskiorte und zwar für 10stunden Nutzung inklussive Sonne und Berge und Gesundheitsförderung, und sportive Bräunung gratis, so denken leider viele, es ist auch was wahres dran.
    Also kann einer für die andern Zwanzigerl eine richtig zünftige Jause halten und auch ne Mass ist noch drin.

    hmmm - Garmisch...
    Also, ICH tät da ja nach Innsbruck in die Oper fahren, wenn ich das möchte, 30 km näher und Fahrt dauert ungefähr genauso lang, wie nach München und Parkhaus ist sogar billiger als Theaterpauschale in M. Karte teuerster Kategorie kostet da um die 50 Euro, bei hervorragender Qualität und nein - kein mainstream, wenigstens nicht in der aktuellen Saison. Bei anderen kleineren Häusern (auch im sübbayerischen Raum) sind die Preise vergleichbar, ich kenn da ein paar. Ok: GAP hat eine ungünstige Randlage. Aber auch in München bekommt man für 75 Euro ganz gute Plätze, Wo ist das jetzt teurer als Skipass? By the way: in München (woanders auch) ist der MVV/ÖPNV inclusive...
    Nölen des Nölens halber?

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Und wenn Studenten das falsche Fach studieren, liegt es nicht an deren Dummheit, sondern an den mangelhaften Orientierungsmaßnahmen unserer Bildungspolitik und an der Lustlosigkeit und ewigen gelebten Frustration der Lehrenden in schule und Hochschule.

    An Dummheit liegt es sicher nicht. (Wobei das von der Definition von Dummheit abhängt...)Für einen selber ist aber jeder in erster Linie erst einmal selber verantwortlich. Und wenn jemand Abitur macht, könnte man schon unterstellen, daß er in der Lage ist, sich auch selbst zu orientieren und auch das Risiko und die Folgen einer Fehlentscheidung abzuschätzen. Einem 18-20-Jährigen kann man sowas schon zumuten. Das ist keine Frage der Bildungspolitik. Ehe die Einstellung: "sagt mir was ich will und was ich kann"...
    lustlose Lehrer gab's übrigends auch schon früher. Nachzulesen in den Interviews in Walter Kempowskis "Schule". Es ist eine statistische Binsentatsache, daß, bezogen auf den Durchschnitt aller NN (damit auch aller Lehrer) die Hälfte aller NN unterdurchschnittlich ist. Das liegt in der Natur des Durchschnitts. Nebenbei: Kempowski war im Hauptberuf Lehrer.

    Auch ich bin gegen Fantasiepreise im 3-stelligen Bereich.Gegen US-amerikanische Verhältnisse, in der reiche Sponsoren den Betrieb finanzieren (und (mit)bestimmen) und Eintrittspreise dennoch hoch sind.

    Da mußt Du nicht nach USA gehen. Italien reicht. Dreistellig ist da bei den wenigen verbliebenen Opernhäusern normal. Deutschland ist da Paradies.

    Ne, mich nervt wahnsinnig, dass man sich hier oft nur im Kreis dreht, weil es in Diskussionen nur darum geht, wer am Ende seine Sicht durchdrücken kann.

    das ist doch der Sinn eines Internetforums? War das nicht schon immer so, daß der Standardforianer nicht schreibt, weil er sich austauschen möchte, sondern weil er recht hat...? :D

    Die Kinder (Oberstufe Gymnasium),

    Ich hab's gewußt! Unsere Bildungsbürokraten haben die Anforderungen so weit gesenkt, daß jetzt schon Kinder in der gymnasialen Oberstufe sind. Ist die dann direkt am Kindergarten angegliedert? Oder erst an der Grundschule? :D

    Die Kinder (Oberstufe Gymnasium), mit denen wir in den letzten Jahren gearbeitet habe, waren ausnahmslos (!) noch nie im klassischen Konzert,

    Lassen wir mal die "Kinder" beiseite: Das war zu meiner Zeit, und das ist bei meinem fortgeschrittenen Alter schon etwas her, nicht wirklich anders. Da waren diejenigen, die schon mal in einem klassischen Konzert waren, eine absolut verschwindende exotische Minorität. Lag möglicherweise auch daran, daß es in der Provinz keineswegs eine mit heute auch nur annähern vergleichbare Dichte klassischer Konzert gab. Nicht, daß ich der Meinung wäre, daß das deswegen gut wäre, weil's früher auch so war. Ist es nicht. Aber es rückt meiner Meinung die Beobachtung doch in ein etwas anderes Licht
    Nur: wieso sollten sie hingehen, wenn schon die Eltern (vielleicht sogar schon die Großeltern) nicht hingegangen sind? DAS wäre doch mal eine interessannte Information, ob es da Korrelationen gibt!
    Um noch eines daraufzusetzen: Wieviele waren schon mal in einem Kunstmuseum? Und welche Literatur haben sie bislang gelesen - ausser der, mit der sie per Schule zwangsweise konfrontiert wurden? Wieviele waren schon mal im Sprechtheater? Wenn ja, in welchem? Welche Berührungspunkte haben sie überhaupt mit dem, was Schwanitz als "Bildung" zu kategorisieren versuchte? (Mir ist die Problematik diese Begriffes durchaus bewußt!)
    Ist der Umstand, daß sie noch nie in einem klassischen Konzert waren, möglicherweise nur EIN Aspekt eines weit umfangreicheren Phänomens?

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • es gibt keine wirklich tragfähige Statistik über die Zahl der Besucher, nur über die Zahl der Besuche, auch wenn das gerne mal anders kolportiert wird, je nach Motivation...

    Das stimmt natürlich. Es entspricht aber üblichem Sprachgebrauch, in Statistiken von der Zahl der "Besucher" zu schreiben (oder der "Touristen", der "Patienten" usw.), auch wenn das streng genommen nur "Besuche" (oder "Touren" oder Behandlungsfälle sind).

    Christian

  • Da mußt Du nicht nach USA gehen. Italien reicht. Dreistellig ist da bei den wenigen verbliebenen Opernhäusern normal. Deutschland ist da Paradies.

    Kann sein, dass das in der Scala so ist. Ich war mal in Trieste in der Oper (Puccini), und mehrfach in Verona in (sinfonischen) Konzerten mit dem Arenaorchester im Teatro Filarmonico. Ich weiss es nicht mehr genau, aber es war weit entfernt von 3-stellig, eher so im 30 Euro Bereich.

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • Howdy!

    America nicht ganz so extrem wie du denkst,

    Philadelpia Opera: 40-120 Dollar mal 0,85 rund 33 bis 100 euro im parkett https://tix.operaphila.org/single/SYOS.aspx?p=28053

    METOPERA New York : https://www.metopera.org/MetOpera/Tickets/ Tickets to the Met start at just $25, with more than a third of Met tickets available for under $100. Here are some other ways to get access to lower-priced tickets at the Met.


    Denver, Colorado Opera: roundabout the same (35-105 Euro) http://my.operacolorado.org/single/SYOS.aspx?p=396


    You all folks gotcha,
    its itty bitty better think first twice and relax awhile


    So long my dears

    and CU!


    Gute Nakt!

  • Im Juni waren wir als Begleitung der Staatskapelle Dresden Gäste beim Konzert des Orchesters im neuen Konzertsaal Breslaus.
    Überraschend war für uns Dresdner der hohe Anteil junger Zuhörer.
    Leider waren die Verständigungsmöglichkeiten mit den jungen Menschen begrenzt, wir sprechen nicht die polnische Sprache und die Kenntnisse des Englischen ist in Polen noch gering, aber es ist erkennbar, dass die Neugier auf Dinge, die den Westeuropäern wichtig sind, doch vorhanden ist.
    Auch in Deutschland ist der Anteil der Bevölkerung, der die Hochkultur nutzt, begrenzt. Irgendwann wird auch einem größeren Anteil junger Menschen das Smartphon langweilig werden und einige werden sich auch der Hochkultur zuwenden.
    Ich bin auch aus einem "hochkulturfernen Elternhaus" fast durch Zufälle in den Einfluss Franz Konwitschnys geraten und bin geblieben.

  • Ich habe hier gelegentlich den Eindruck dass manch einer davon ausgeht es gäbe bei jüngeren Menschen nur entweder oder, also entweder Pop oder Klassik. Ich habe in meiner Jugend überwiegend Pop Musik gehört, aber nebenbei Mozart Sonaten geübt. Später wurde dann Jazzmusik wichtiger, und erst ab Mitte der 20er gewann die Klassik die Oberhand. Auch heute höre ich noch regelmäßig Popmusik, vielleicht nicht mehr die Aktuelle aber die aus meiner Jugend auf jeden Fall. Und Jazz sowieso. Ich denke dass es sehr viele junge Menschen gibt, die gerne beides hören. Wenn man das Publikum in Konzerten von "Altrockern" betrachtet, dürfte der Altersdurchschnitt nicht wesentlich von dem in Klassikkonzerten abweichen. Musik ist also nicht unbedingt eine Generationenfrage. Mehr wohl eine Einstellung.

    Nur wollen sich eben die meisten Menschen lieber mit Musik befassen die mehr emotional ausgerichtet und einfach zu konsumieren ist. Und im Falle der Popmusik identifizieren sich junge Menschen eben mehr damit, weil sie aktuell ist, als mit Musik der Vergangenheit.

    Übrigens sagen die Statistiken über frequentierte Konzerte wenig über den tatsächlichen Musikkonsum aus, denn der findet heutzutage überwiegend durch elektronische Medien statt. Das hat sowohl mit der Verfügbarkeit zu tun, als auch mit den Kosten. Das Klassikpublikum ist auch viel größer als die Summe der Konzertgänger. Interessant wäre also zu erfahren, wie der Zugriff auf klassische Musik bei Streamingdiensten einzelner Altersstufen aussieht.

    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • In Würzburg soll es eine Studenten-Flatrate für das Mainfrankentheater (Oper, Schauspiel, Philharmonisches Orchteser, Ballett...) geben.
    Grund: Zu wenig junges Publikum.
    5% der Plätze sollen dafür reserviert werden
    Konsequenz: der Studentenwerksbeitrag würde um 2 Euro pro Semester steigen.
    Studentenwerk ist dagegen.
    Da würden ja Leute zahlen müssen, die gar nicht hingehen...

    (Bezahlen nicht ganz ganz viele Studenten Dienste des Studentenwerkes, die sie nie in Anspruch nehmen..? Also, von allen Angeboten des Studentenwerkes war ich nur in der Mensa... selber schuld, oder?)

    Am Ende würde gar das Theater 140.000 Euronen p.a. vom Studentenwerk bekommen, und es ginge gar kein Student hin? TsTsTsTs...

    2350 der 35000 Würzburger Studenten haben sich in einer online-Petition dafür ausgesprochen.
    Das sind 6,7%. Gleiche Größenordnung wie die Klassikanhänger in der Allgemeinbevölkerung, tendenziell sogar etwas mehr.
    Es haben wollen heißt allerdings noch nicht hingehen.

    Bereits heute gibt es in Würzburg kostenlose (!) Karten für Erstsemester. Restkarten gibt es für alle auf Studentenausweis für 9 Euro. Bei einer Auslastung von ca. 75% noch nicht einmal ein Pokerspiel an der Abendkasse. (ich war in den 70ern als Wehrpflichtiger in WÜ. Damals hat die Karte 5 DM gekostet und es war immer etwas frei...)
    Zu wenig junges Publikum.
    (hatten wir schon oben)

    Vielleicht auch zu wenig altes.
    739+92 Plätze macht 821 Plätze. 25% davon sind im Mittel leer: 205... 41 für die Studi-Flatrate. Bleiben 164...
    (Ok: es werden normalerweise nicht beide Häuser parallel bespielt. Ändert aber nichts an der Grundüberlegung.)
    Kartenpreis max. 44 € (Premiere Musiktheater), mittlere Kategorie Musiktheater normal ca. 30 €.
    Also: am Preis kann's nicht liegen...


    Soweit zu: Schleuderpreise

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • am Preis kann's nicht liegen...

    Das stimmt zweifellos, aber ansonsten waren in dem Artikel der SZ (ich nehme an, dass Du den auch gelesen hast und daraus zitierst) einige Dinge falsch bzw. unvollständig:
    Die Online-Petition ist offen für Studierende aller Hochschulen, nicht nur der Würzburger, und ist deshalb höchstens als allgemeines Stimmungsbild zu gebrauchen. Wie viele der Würzburger Studierenden überhaupt von der Petition wissen, kann man nicht feststellen. Für irgendwelche Hochrechnungen taugt sie jedenfall nicht. Die Studentenparlamente aller drei Würzburger Hochschulen haben sich hingegen mit großer Mehrheit für die Flatrate ausgesprochen. Im Schauspielhaus Bochum gibt es eine solche Flatrate übrigens bereits seit 2013 für einen Euro pro Semester. Dort wurden z.B. zwischen dem Spielzeitbeginn am 21.9.2014 und dem 28.2.2015 knapp 5000 Flatrate-Karten an Studierende vergeben. Auch in Dortmund und Wuppertal gibt es ähnliche Angebote.

    Christian

  • Das sind 6,7%. Gleiche Größenordnung wie die Klassikanhänger in der Allgemeinbevölkerung, tendenziell sogar etwas mehr.

    Tendenziell deutlich weniger, oder? Dafür ist die concerti-Studie mal zu gebrauchen, da wird die Allensbacher Werbeträgeranalyse 2015 zitiert (S. 10). Danach sind 31% der in Deutschland Befragten offen gegenüber klassischer Musik ("höre ich sehr gern"/"auch noch gern") und 10% sind Intensivhörer ("sehr gern").

    Nur: wieso sollten sie hingehen, wenn schon die Eltern (vielleicht sogar schon die Großeltern) nicht hingegangen sind? DAS wäre doch mal eine interessannte Information, ob es da Korrelationen gibt!

    Das ist glaube ich gar nicht so ominös. Was sich ab den Nullerjahren als fehlendes Publikum bemerkbar machte, war die erste Generation an Musikhörern, die primär popmusikalisch aufgewachsen ist. Deren Eltern wurden zu alt für Konzerte und sie selbst gingen lieber auf Popkonzerte. Dass den eigenen Kindern dann nicht wieder Klassik beigebracht wird, ist anzunehmen.

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