Janáček - Glagolitische Messe

  • Was ist von Marek Janowskis Aufnahme aus dem Jahr 2013 zu halten?

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Was ist von Marek Janowskis Aufnahme aus dem Jahr 2013 zu halten?

    also diese hier:

    soviel die Hörschnipsel hergeben:
    gleiche Fassung wie Mackerras 2 (Chandos)
    mit kleineren Macken:
    Pauken zu undeutlich für meinen Geschmack
    Orchester relativ oft auseinander (Bass-Instrumente am Beginn von Track 5 als Beispiel. Wobei Mackerras da auch nicht viel besser ist)
    Track 9 ist Kopie von Track 1 ... was soll das?

    Trotzdem - ein Vergleich dieser Aufnahme mit Mackerras 2 wäre sicher für jemand, der letztere schon hat, interessant. Also nur zu!

    Ich bin bekanntermaßen ein Anhänger von rein tschechischen Aufnahmen und warte auf die Netopil-CD. Wir können dann ja mal gemeinsam schauen, was die Unterschiede sind?!

    LG
    Khampan

  • Nachdem es bei jpc Teile der Michael-Gielen-Edition güstig gab, ist mir seine Einspielung aus dem Juni 1988 mit Ellen Shade (Sopran), Márta Szirmay (Alt), Thomas Moser (Tenor), Günther Reich (Bass), Imrich Szabo (Orgel), Slowakischer Philharmonischer Chor Bratislava, Einstudierung: Pavol Procházka und dem SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg in die Sammlung geraten.

    Besitzt sie zufällig jemand von den Kenner_innen und kann sie ungefähr einordnen?

  • Die Frage nach der Gielen-Aufnahme war mir entgangen:

    Besitzt sie zufällig jemand von den Kenner_innen und kann sie ungefähr einordnen?


    Eine Antwort darauf gab ich schon vor ziemlich genau 10 Jahren:

    Wie auch immer, viel kaputt machen wird man sicher nicht, egal mit welcher Aufnahme man einsteigt. Auch Gielen ist toll, übrigens (mit slovakischem Chor).

    was ich freilich, nachdem ich gerade nochmal hineingehört habe, ein wenig relativieren möchte:
    Musikalisch toll, man würde bei Gielen nicht unbedingt so viel Emphase erwarten wie er hier an den Tag legt.
    Aber es gibt kleine Schwächen:
    - das Orgelsolo ist deutlich zu langsam. Was auch abartig schwer ist (hab's probiert), eigentlich unspielbar. Manche bekommen's trotzdem hin.
    - Klangtechnisch war der SWR damals noch nicht auf der Höhe der Zeit. Die Dynamik ist zudem stark komprimiert. Immerhin gut anhörbar.

    Allerdings gibt es inzwischen aus meiner Sicht eine ziemlich eindeutige Referenz, und zwar die Aufnahme von Netopil.

    Die beiden Aufnahmen von Mackerras sind nach wie vor hervorragend, wenn auch jede mit einem kleinen Haken (Supraphon-Aufnahme 1984 noch nicht in der von Mackerras wiederhergestellten Urfassung; Chandos-Aufnahme 1994 ohne tschechischen Chor+Solisten), und auch viele andere Aufnahmen sind exzellent. Ebenso die guten alten wie Kubelik, Ancerl würde ich Gielen vorziehen.
    Auf jeden Fall steht Gielen gut im Mittelfeld.

    :wink: Khampan

  • Bělohlávek

    erst kürzlich entdeckt:

    Glagolitische Messe (Urfassung)
    Sinfonietta (mit dem originalen Beckenschlag im Finale!)
    Taras Bulba
    Fiddler's Child (Des Spielmanns Kind / Šumařovo dítě)

    Tschechische Philharmonie
    Hibla Gerzmava, Veronika Hajnová, Stuart Neill, Jan Martiník
    Prager Philharmonischer Chor
    Jiří Bělohlávek

    Eine der letzten Aufnahmen des 2017 zu früh verstorbenen Meisters, vermutlich deshalb ist von der Doppel CD die zweite nur halb voll.
    CD 2 kann man ohnehin eine kostenlose Zugabe betrachten, denn CD 1 mit Glagolitischer Messe und Sinfonietta ist das Geld auf jeden Fall wert. Vorläufig habe ich nur die Messe einmal ganz gehört. Sie ist etwas wilder und unkontrollierter als bei Mackerras und Netopil, aber das macht die Sache umso spannender.
    Sagenhaft engagierter und guter Chor. Keinerlei Schwächen bei den Solisten. Im Orchester ein paar kleinere Unfälle, schon verziehen!

    Die Sinfonietta habe ich nur quer gehört, soweit war alles super. ENDLICH traut sich nach Mackerras jemand den Beckenschlag im Finale an die richtige Stelle zu setzen. :clap: :clap: :clap:

    Ein kleiner Wermutstropfen: Klanglich wäre noch etwas Luft nach oben gewesen, speziell die Pauke könnte knackiger sein. Wenn man nicht mit guter Lautstärke hört, kommt sie zu schwach rüber, schade. Für Lauthörer wie mich ist das zu verschmerzen.

    :wink: Khampan

  • Die wurde noch nicht erwähnt:

    (P) 1982 EMI "His Master's Voice" ASD 4066 [39:03]
    rec. 09.-10. Januar 1981 (The Great Hall, Birmingham University)

    Felicity Palmer (s)
    Ameral Gunson (ms)
    John Mitchinson (t)
    Malcolm King (b)
    Jane Parker-Smith (Orgel)
    City of Birmingham Symphony Chorus & Orchestra
    D: Simon Rattle

    Das war meine erste Einspielung (zuerst 2014 gehört) - ist eine britische Produktion, zu deren Aussprache ich zwangsläufig nichts sagen kann (Language Coach: Antonín Tučapský; Chorus Master: Nicholas Cleobury). Allerdings ist das Ganze sehr farbig interpretiert mit feiner Dosierung der Dynamik, wie ich finde.

    Ansonsten kenne ich noch die Einspielung von Rudolf Kempe (Decca 1974).

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Rattle

    Das war meine erste Einspielung (zuerst 2014 gehört) - ist eine britische Produktion, zu deren Aussprache ich zwangsläufig nichts sagen kann (Language Coach: Antonín Tučapský; Chorus Master: Nicholas Cleobury). Allerdings ist das Ganze sehr farbig interpretiert mit feiner Dosierung der Dynamik, wie ich finde.

    Die Rattle-Aufnahme habe ich nur quer gehört. Ja ganz brauchbar.
    Witzig dass der Chor bei seinem allerersten Wort "Gospoti" statt "Gospodi" ausspricht. Ansonsten sind mir keine Schwächen aufgefallen.
    Auch Kempe kann man gut anhören.
    An die Emphase der tschechischen Produktionen, zumal der Urtext-orientierten mit Mackerras (Supraphon*), Netopil und Bělohlávek kommen die allerdings nicht heran.

    *die ältere (Supraphon-)Aufnahme von Mackerras hat noch nicht den ganzen wiederhergestellten Urtext zur Grundlage, finde ich trotzdem der späteren Chandos-Aufnahme überlegen.

    :wink: Khampan

  • Gestern habe ich mir drei Aufnahmen der Glagolitischen Messe angehört. Solche geballten Ladungen gibt's bei mir selten, aber bei einem phantastischen Stück wie diesem kann ich das mal machen.

    Und zwar waren es die Aufnahmen, die Khampan im vorherigen Beitrag genannt hatte – das heißt nur fast: Bei Mackerras habe ich doch die dänische Chandos-Aufnahme genommen, weil ich diese Aufnahme am Besten kenne und ich das mit Netopil und Bělohlávek vergleichen wollte. Als schlecht empfand ich keine der Aufnahmen. Im Vergleich wirkt Mackerras, wie Edwin oben schreibt, tatsächlich etwas durchbuchstabiert. Auch kommt der Tenor an seine Grenzen, was in diesem Zusammenhang (als Ausdruck der Emphase) aber irgendwie passt. Die Netopil-Aufnahme wirkt agogisch flexibler, es gibt wunderschöne Orchesterklänge, aber sie wirkt auf mich – wie soll ich sagen – etwas zu leicht. Das Düstere, das dieses Werk ja zur Genüge auch hat (bis zum Ende des Agnus Dei, wie mir wieder aufgefallen ist, so dass es die beiden abschließenden Instrumentalsätze wirklich noch braucht), das Düstere also scheint mir fast etwas unterspielt. Das Orgelsolo kommt ein wenig zu domestiziert rüber. Bleibt Bělohlávek – und diese Aufnahme überzeugt mich am stärksten. Der Chor ist wirklich großartig. Die Tempi sind minimal langsamer als bei den beiden anderen (abgesehen von der sehr bewegten Intrada, die als Abschluss des Werks in dieser Aufnahme ganz besonders überzeugt), aber gleichzeitig wirkt die Musik noch dramatischer, ich möchte fast sagen opernhafter (aber in ganz positivem Sinne!). Die Blechbläser sind (wie oben von Khampan angedeutet) nicht unfehlbar ;) (wär mir aber vielleicht nicht aufgefallen, wenn ich diese Aufnahme nicht mit Kopfhörern gehört hätte), das stört aber angesichts des engagierten Spiels und der bewegenden Interpretation überhaupt nicht, wofür der instrumentale Mittelpart im Credo ein besonders gutes Beispiel ist. Übrigens empfand ich die Pauken als durchaus präsent (sogar mehr als in der Netopil-Aufnahme), sie sind lediglich etwas hallig einfangen (vielleicht meinte Khampan das?).

    Ein ganz schöner Beitrag zur Glagolitischen Messe hier, der sich mit Janaceks Umgang mit dem liturgischen Text befasst und den instrumentalen Mittelteil des Credo, wie ich finde, plausibel deutet: https://www.domradio.de/radio/sendunge…der-vorstellung.

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