Aufnahmen der Capricci - Klavier

  • Hi Ralph,
    habe es mir gerade noch mal in Ausschnitten angehört.
    Will mal so sagen: Es muß ja nicht so extrem sein wie Richter. Leider habe ich die Noten nicht, aber für meinen Geschmack könnte das Tempo ein wenig langsamer sein. Nur mein Geschmack!
    Allerdings, egal, welches Tempo Du nimmst, ich finde, Du solltes einzelne Phrasen etwas mehr ausklingen lassen. Das können nur ein paar Hundertstelsekunden sein, aber das Publikum würde dann für meinen Geschmack mehr die Möglichkeit haben, die Phrasen mitzuatmen.
    Schon den ersten Akkord würde ich ein ganz kleines wenig länger halten, nur um die Spannung zu erhöhen, was dann kommt...... Also den dramaturgischen Aufbau würde ich anders machen, weniger direkt.

    Aber genug der Klugscheisserei, so, wie Du es machst, ist es auch ganz logisch, ich finde es nur ein wenig zu direkt und ein wenig "kalt" . Aber vielleicht willst Du es ja genau so, und dann halte ich natürlich mein vorlautes Maul, bin ja nun auch kein Fachmann für Schubert- Sonaten.

    :wink:

  • Hi Michael,

    nein, ich möchte auf keinen Fall, dass es kalt klingt! Kann aber deine Kritik verstehen. Es liegt aber z. T. wirklich an der Stresssituation, habs gerade mit einer Aufnahme vom Vormittag (beim Üben) vergleichen, die einen Tick ruhiger ist, der aber glaube ich viel ausmacht. Leider ist die Aufnahme unbrauchbar, da der Flügel sehr schlecht ist und das Pedal ganz laut quietscht.

    Hast du mal die Aufnahme mit Kempff gehört? Die ist noch etwas flotter, aber klingt ganz toll. Irgendwie klingt's bei ihm trotzdem nicht gehetzt. Das macht eben große Künstler aus...

  • Zitat

    habs gerade mit einer Aufnahme vom Vormittag (beim Üben) vergleichen, die einen Tick ruhiger ist, der aber glaube ich viel ausmacht.

    Man muß halt den schnelleren Puls bei 'ner Aufführung miteinkalkulieren. Finde es interessant, daß Du es tatsächlich beim Üben einen Tick ruhiger gespielt hast. Es ist wirklich keine Frage des Tempos.
    Ich fühle mich bei Auftritten immer gerne wie ein Rezitator oder auch Schauspieler, möchte dem Publikum unbedingt auch Zeit geben, den Aufbau und die Dramaturgie eines Werkes mitverfolgen zu können. Dadurch ergeben sich durchaus unterschiedliche Tempi wg. den jeweiligen akustischen Verhältnissen. Am schlimmsten ist es , in einem total trockenen Saal zu spielen. Das hatte ich gerade eben noch mit Klaviertrios von Beethoven , Faure und Haydn. Heute abend hatte ich einen Saal, der einen so was von überhaupt nicht trägt........ Dann muß ich aufpassen, nicht hastiger zu werden und den Pausen trotzdem Ihren Raum zu lassen, aber mit 46 Jahren bin ich da nun auch ziemlich abgebrüht...... :rolleyes:

    :wink:

  • Habe mir mal eben den Anfang mit Kempff angehört:
    Erstaunlich!
    Das ist ganz intim aus einem Guß gespielt, schnell, aber nicht gehetzt. Ohne Tempogimmicks, dafür aber mit einem ungeheuer differenziertem Anschlag, welcher alleine einem die Struktur ohne Umschweife sofort verständlich macht.
    Viele Wege führen nach Rom..... :D

  • Jaaaaaaa, der Riesenunterschied bei Kempff ist, daß er die Töne "halten" kann. Er kann tatsächlich den ersten Ton schon halten, ohne daß dieser abbricht und die Melodielinie ruiniert. Das klingt fast wie ein Streicher, der den Ton ohne Probleme halten kann. Das können nur wenige Pianisten.Höre Dir mal die Überleitung bei 18-20 sec. an und dann dieses runde und blühende h. Der Ton steht einfach rund klingend da, unglaublich gut!

    "

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  • aaaaaaa, der Riesenunterschied bei Kempff ist, daß er die Töne "halten" kann. Er kann tatsächlich den ersten Ton schon halten, ohne daß dieser abbricht und die Melodielinie ruiniert. Das klingt fast wie ein Streicher, der den Ton ohne Probleme halten kann.


    Oder man hat einen Kompressor benutzt, der die Dynamik bei der Aufnahme bzw. Abmischung/Mastering ein wenig einebnete...

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Sorry, daß ich da widerspreche: Sicher, ein Kompressor kann einen solchen Effekt vorgaukeln. Aber selbst bei der nicht optimalen Tonqualität bei youtube kann ich noch unterscheiden, was ein Anschlag und was eine Kompression bewirkt.

    Das hier ist kein Vorgaukeln, das sind selbst bei youtube-nichtqualität nachvollziehbare feinste Anschlagsnuancen.
    Um den etwaigen Schnitt bei 21sec lokalisieren zu können, fehlt mir leider die CD, um diese an meiner großen Abhöre im Wohnzimmer, welche solch etwas durchaus gnadenlos aufdecken kann, anzuhören.

    Hast Du Dir das Tonbeispiel bei youtube überhaupt angehört?

  • Hast Du Dir das Tonbeispiel bei youtube überhaupt angehört?

    Ja, natürlich! Es war ja auch nur eine Mutmaßung meinerseits, zumal man mit Kompression den Effekt erzielen kann, dass ein Klavierklang (oder sonstiger perkussiver Klang) weniger schnell abzuklingen scheint, da die dynamischen Spitzen abgemildert werden. Entsprechend klingen die Töne dann mehr "gehalten".

    Aber ich bin zugegebenermaßen auch kein Experte auf dem Gebiet.

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Ist mir schon klar, hatte selber mal in den 90ern ein Tonstudio mit 'nem Freund und gebe auch gerne zu, bei meinen Aufnahmen mit Orchester, welche man bei Rapidshare herunterladen kann, ganz bewußt mit einem ziemlichen Kompressionseffekt beim Abmischen gearbeitet zu haben. Dadurch erklingt sowohl das Orchester als auch mein Cello voller. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, daß wir das so geschmackvoll gemacht haben, daß es so gut wie nicht auffällt.

    Diese youtube-clips sind doch eine einzige Kompression, von einer guten Tonqualität sind die meistens Lichtjahre entfernt und die Kempff- Aufnahme spielt sich doch im Prinzip in einer einzigen Lautstärke ab.

    Aber den Anschlag kann ich trotzdem hören, das, was hinter der youtube- eigenen Kompression überhaupt übrig bleibt.

    Es gibt das Phänomen des Pianisten, der einen Ton scheinbar "halten" kann, also die Illusion, daß der Ton u.U. sogar noch crecendiert.
    Es ist eine Illusion, und zu den Pianisten, welchen diese Gabe beschieden war, gehören z.B. S. Richter und B. Evans.
    :angel:

  • Diese youtube-clips sind doch eine einzige Kompression, von einer guten Tonqualität sind die meistens Lichtjahre entfernt


    Auf die Gefahr hin, dass das spitzfindig kommt: Dir ist aber schon klar, dass Kompression im Sinne von Dynamikreduzierung (eben beim Kompressor im Tonstudio) und Kompression im Sinne von Datenreduzierung (zB. eine WAV-Datei auf mp3-Format komprimieren, was bei zu kleiner Bitrate auch hörbar die Tonqualität verschlechtert) 2 verschiedene Dinge sind? Letzteres wird bei youtube gemacht!

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Zitat

    Auf die Gefahr hin, dass das spitzfindig kommt


    Jeder hat sein Hobby.

    Ich befand mich eigentlich in einer Unterhaltung über Interpretationsmöglichkeiten zu Schuberts Klaviersonate in G-Dur.

    Du kannst gerne jetzt hier spitzfindig sein, aber ganz ehrlich, das nervt.

    Zitat

    Auf die Gefahr hin, dass das spitzfindig kommt: Dir ist aber schon klar, dass Kompression im Sinne von Dynamikreduzierung (eben beim Kompressor im Tonstudio) und Kompression im Sinne von Datenreduzierung (zB. eine WAV-Datei auf mp3-Format komprimieren, was bei zu kleiner Bitrate auch hörbar die Tonqualität verschlechtert) 2 verschiedene Dinge sind?


    Ja, natürlich ist mir das klar. Suchst Du ein Haar in der Suppe, oder was ist hier plötzlich los?
    Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß dieses verdammte Tonbeispiel bei youtube wie auch alle anderen Tonbeispiele bei youtube in der Qualität nochmals verringert ist.

    Und schon wieder ein thread, auf welchen ich am besten nicht geantwortet hätte. Nur weiter so!

    So, ich klinke mich hier mal aus, das führt zu gar nichts.

    Tschüss

  • Sorry, Michael, war echt nicht als persönlicher Angriff gemeint... Ich möchte mich entschuldigen, wenn es so rüberkam!

    Gruß,

    Normann

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • OK, hatte heute abend auch ein anstrengendes Triokonzert und stundenlanges Autofahren im Schnee.

    Bitte: Mich freut Dein Einlenken und ich danke Dir sehr dafür.

    Bitte glaube mir einfach mal, daß ich als auch langjähriger Pianist, Tonstudioerfahrender Hifi- Enthusiast und täglich ausübender Musiker einen wirklich toll angeschlagenden Klavierton auch aus einem youtube- Datenmüll identifizieren kann.

    All das, was Du angesprochen hast, kenne ich sehr gut und es ist ja auch wichtig und interessant, darauf hinzuweisen.

    Aber eine Kompression ist trotzdem noch etwas anderes und kann letztendlich nicht darüber hinwegtäuschen, ob jemand in der Lage ist, eine musikalische Phrase zusammenzuhalten oder nicht.

    Mir fehlen jetzt die Parameter, wie ich das beschreiben soll, dazu muß man selber am Klavier sitzen und einen Ton anschlagen. Und es gibt Unmengen an Möglichkeiten, am Klavier einen Ton anzuschlagen. Und manchmal klingt es sogar, und ganz selten bleibt der Ton quasi stehen. Beim Cellopizzicato habe ich das auch erlebt und auch selber hinbekommen, einen angepizzten Ton, der scheinbar sogar noch ein Crescendo machte.

    Mir ging es um diese Illusion, welche möglich ist. Und glaube mir, ich bin mir zu 100% sicher, genau dieses Phänomen in der Kempff- Aufnahme gehört zu haben.

    Bei manchen Bill Evans Aufnahmen z.B. , also Aufnahmen von einem Pianisten, der nach Augenzeugenberichten genau dieses Phänomen beherrschte, bin ich mir dagegen gar nicht sicher. Mikro direkt an den Klaviersaiten, dazu eine hörbare Kompression und vielleicht sogar noch ein Limiter hintendrauf.
    Und Bingo: Der Ton hält.

    Ich weiß, was Du meinst.
    ;+)

  • Hier noch eine Mikroton-Improvisation auf einem verstimmten Flügel:

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    (So sind die Flügen in unseren Überäumen an der Hochschule meisten gestimmt...)

  • Hallo Nannerl,
    Hut ab vor der Etüde von Rachnaninoff: die sitzt
    bei Bach trau ich mich nicht recht: vielleicht hat bei dem Wirbel die Klarheit mitunter das Nachsehen. Wenn ich persönlich was sagen darf: Bach auswendig zu spielen bringt oft nicht viel.
    Zum Franzosen: ich kenn das Stück nicht, finde es aber sehr nuanciert vorgetragen.
    Oft gilt die Einstufung "Hochschulniveau" als schubladisierend, es besagt wohl eher, daß man die meisten Techniken zu 100% behrrscht.
    Gesamteindruck: sicheres Auftreten, gute ausgereifte Technik, vielleicht zuviel Programm aufeinmal.
    PS: da fehlt mir persönlich die Schule des WTC und ein bisserl Clementis Gradus, wobei du letzteres vom Blatt spielen können müßtest.
    Gesamturteil: hohes Niveau, das vielleicht konzentriert werden könnte.

    Liebe Grüße Robert :klatsch: :klatsch: :klatsch:

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