Italienischsprachige Literatur - Favoriten der Capricciosi

  • Ich bin ein großer Fan von Italo Calvino, von dem ja schon einige Werke hier genannt wurden.

    Ich auch und wenn ich meinen männlichen Lieblingshelden in der Literatur nennen sollte, würde ich sofort ohne zögern Herrn Palomar nennen. Mir sind die kurzen Geschichten vom Herrn Palomar am liebsten, dann "Der Baron auf den Bäumen", dann "La giornata di uno scrutatore/Der Tag eines Wahlhelfers".

    :wink: Matthias

  • Von Luigi Malerba, meinem "Lieblingsitaliener" im 20. Jhd., stammt auch der in einem italienischen Fantasiemittelalter spielende Roman "Pataffio", der in Sachen "Lebensprallheit" dem Rabelaisschen Sinnenpanorama kaum nachsteht, wenngleich dort eher der Mangel als der Überfluss verwaltet wird. Zudem ist das Werk auch in seiner barockisierten deutschen Übersetzung einfach nur saukomisch, nicht zuletzt durch die verschiedenen Soziolekte der handelnden Personen, von den Bauern über Priester und Soldaten bis zum "Graffzog", dessen Herrschaft eigentlich schon beendet ist, bevor sie richtig begonnen hat.

    :wink:

    GiselherHH

    "Er war verrückt auf Blondinen. Wäre Helga auch noch adlig gewesen, der gute Teddy wäre völlig durchgedreht."

    Michael Gielen über Theodor W. Adorno, der versucht hatte, Gielen seine Frau auszuspannen.

  • Nr. 1 Giuseppe Tomasi di Lampedusa: Der Leopard (Il Gattopardo)
    Nr. 2 Carlo Manzoni: Der Finger im Revolverlauf (I promessi sposi).

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Meiner bescheidenen Meinung nach hat im 14. Jh. überhaupt niemand Romane im heutigen Sinne verfasst. :hide:

    Ja genau und deswegen sind Werke wie die Divina Commedia oder der Tristan, die weder Lyrik noch Dramatik sind, die "Romane" ihrer Zeit. Das Problem hat Robert aber nun gelöst, indem er als Threadstarter alle Gattungen zugelassen hat und dann kommt natürlich ganz oben auf die Liste, gleich nach Dante und Boccaccio:

    Franceso Petrarca Sonette :juhu: :juhu: :juhu:
    Die haben mcih zu Zeiten sowas von begeistert, dass kein anderer Name als "Laura" für mich infrage kam. Trägt sich immerhin leichter als Beatrice (italienisch ausgesprochen!) was dann zweite Wahl gewesen wäre.
    und dan schiebe ich gleich auch noch
    Dante La vita nuova nach.
    Io tenni i piedi in quella parte della vita di là dalla quale non si puote ire più per intendimento di ritornare.
    Hoffe das ist richtig aus dem Gedächtnis zitiert. Klingt ja

    Calvino scheint ja hier viele Fans zu haben. was mich aber wundert ist, dass ausser Peter noch niemand Moravia genannt hat. Ich mag den zwar nciht, aber er war doch sehr berühmt. Und was d'Annunzio angeht..... darüber wäre noch sehr seriös zu diskutieren.
    Wie hiess noch mal der nette Titel von Calvino: der Ritter, den es nicht gab..... :rolleyes: :pfeif: :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Ja genau und deswegen sind Werke wie die Divina Commedia oder der Tristan, die weder Lyrik noch Dramatik sind, die "Romane" ihrer Zeit.

    Die Gattungsdefinition wäre eigentlich einen eigenen Thread wert. Für hier ist sie ja nun auch nicht notwendig, wenn ich aber trotzdem noch kurz etwas dazu sagen darf: Ich gehe für mich ganz persönlich von einem Dualismus Dichtung-Prosa aus und differenziere dann epische, lyrische, dramatische Dichtung bzw. epische, lyrische, dramatische Prosa. Freilich sind die Commedia und der Tristan Epik, aber epische Dichtung, und ein Roman fiele bei mir unter epische Prosa. Aber das ist eine ganz privatime Auffassung von Gattungen, die sonst wirklich niemand übernehmen muss, und natürlich auch ein bisschen Wortklauberei. ;+) Heutzutage gibt es ja auch kaum noch epische oder dramatische Dichtung, wodurch sich Goethes Epik-Lyrik-Dramatik-Dreiklang gewissermaßen zu Dichtung-Prosa-verteilte Rollen gewandelt hat.

    Lieber Robert,
    wenn du jetzt alle Gattungen zulassen möchtest, könntest du vielleicht auch - der besseren Übersichtlichkeit halber - den Threadtitel entsprechend abändern?

    Liebe Grüße,
    Areios
    :wink:

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Ja genau und deswegen sind Werke wie die Divina Commedia oder der Tristan, die weder Lyrik noch Dramatik sind, die "Romane" ihrer Zeit. Das Problem hat Robert aber nun gelöst, indem er als Threadstarter alle Gattungen zugelassen hat und dann kommt natürlich ganz oben auf die Liste, gleich nach Dante und Boccaccio:

    Da werde ich umgehend meine Liste bearbeiten, denn da stehen Platzhalter für Boccaccio (von dem habe ich meinem Jüngsten auf dem Weg nach Essen gleich zwei meiner Lieblingsnovellen erzählt) Ariost und andere ...

    Zitat


    Franceso Petrarca Sonette :juhu: :juhu: :juhu:
    Die haben mcih zu Zeiten sowas von begeistert, dass kein anderer Name als "Laura" für mich infrage kam. Trägt sich immerhin leichter als Beatrice (italienisch ausgesprochen!) was dann zweite Wahl gewesen wäre.
    und dan schiebe ich gleich auch noch

    Petrarca gehört auch zu meinen Hausgöttern ...

    Zitat

    Dante La vita nuova nach.
    Io tenni i piedi in quella parte della vita di là dalla quale non si puote ire più per intendimento di ritornare.
    Hoffe das ist richtig aus dem Gedächtnis zitiert. Klingt ja

    Aus dem Capitolo 14 ... von mir aus dem Capitolo 26

    Mostrasi si piacente a chi la mira,
    che dà per li occhi una dolcezza al core,
    che 'ntender no la può chi no la prova

    Zitat

    Calvino scheint ja hier viele Fans zu haben. was mich aber wundert ist, dass ausser Peter noch niemand Moravia genannt hat. Ich mag den zwar nciht, aber er war doch sehr berühmt. Und was d'Annunzio angeht..... darüber wäre noch sehr seriös zu diskutieren.
    Wie hiess noch mal der nette Titel von Calvino: der Ritter, den es nicht gab..... :rolleyes: :pfeif: :fee:

    Calvino steht bei mir tatsächlich gern gelesen im Regal. Eine Lesung im Rundfunk hat mich damals begeistert. Und um d'Annunzio brauchst Du Dir keine Sorgen mehr zu machen, der gehört zu den Streichkandidaten. Über seine Gesinnung mag man ja streiten, nicht aber um seine Kunstfertigkeit. Kunst und Moral sind zwei verschiedene Pötte ...

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Sein berühmtestes Gedicht

    Der Regen im Pinienhain

    [Wegen urheberrechtlicher Bedenken entfernt; vgl. hier: "http://www.mein-italien.info/literatur/annunzio.htm". Gurnemanz]


    La pioggia nel pineto

    del bosco non odo
    parole che dici
    umane; ma odo
    parole più nuove
    che parlano gocciole e foglie
    lontane.
    Ascolta. Piove
    dalle nuvole sparse.
    Piove su le tamerici
    salmastre ed arse,
    piove sui pini
    scagliosi ed irti,
    piove su i mirti
    divini,
    su le ginestre fulgenti
    di fiori accolti,
    su i ginepri folti
    di coccole aulenti,
    piove su i nostri volti
    silvani,
    piove su le nostre mani
    ignude,
    su i nostri vestimenti
    leggeri,
    su i freschi pensieri
    che l'anima schiude
    novella,
    su la favola bella
    che ieri
    t'illuse, che oggi m'illude,
    o Ermione.

    Odi? La pioggia cade
    su la solitaria
    verdura
    con un crepitio che dura
    e varia nell'aria secondo le fronde
    più rade, men rade.
    Ascolta. Risponde
    al pianto il canto
    delle cicale
    che il pianto australe
    non impaura,
    né il ciel cinerino.
    E il pino
    ha un suono, e il mirto
    altro suono, e il ginepro
    altro ancora, stromenti
    diversi
    sotto innumerevoli dita.
    E immensi
    noi siam nello spirito
    silvestre,
    d'arborea vita viventi;
    e il tuo volto ebro
    è molle di pioggia
    come una foglia,
    e le tue chiome
    auliscono come
    le chiare ginestre,
    o creatura terrestre
    che hai nome
    Ermione.

    Ascolta, Ascolta. L'accordo
    delle aeree cicale
    a poco a poco
    più sordo
    si fa sotto il pianto
    che cresce;
    ma un canto vi si mesce
    più roco
    che di laggiù sale,
    dall'umida ombra remota.
    Più sordo e più fioco
    s'allenta, si spegne.
    Sola una nota
    ancor trema, si spegne,
    risorge, trema, si spegne.
    Non s'ode su tutta la fronda
    crosciare
    l'argentea pioggia
    che monda,
    il croscio che varia
    secondo la fronda
    più folta, men folta.
    Ascolta.
    La figlia dell'aria
    è muta: ma la figlia
    del limo lontana,
    la rana,
    canta nell'ombra più fonda,
    chi sa dove, chi sa dove!
    E piove su le tue ciglia,
    Ermione.

    Piove su le tue ciglia nere
    sì che par tu pianga
    ma di piacere; non bianca
    ma quasi fatta virente,
    par da scorza tu esca.
    E tutta la vita è in noi fresca
    aulente,
    il cuor nel petto è come pesca
    intatta,
    tra le palpebre gli occhi
    son come polle tra l'erbe,
    i denti negli alveoli
    son come mandorle acerbe.
    E andiam di fratta in fratta,
    or congiunti or disciolti
    ( e il verde vigor rude
    ci allaccia i melleoli
    c'intrica i ginocchi)
    chi sa dove, chi sa dove!
    E piove su i nostri volti
    silvani,
    piove su le nostre mani

    ignude,
    su i nostri vestimenti
    leggeri,
    su i freschi pensieri
    che l'anima schiude
    novella,
    su la favola bella
    che ieri
    m'illuse, che oggi t'illude,
    o Ermione.

    [align=left]
    auf Italienisch gesprochen :
    "

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    ."

  • Caro Roberto, das klingt wirklich wie Musik..... ist halt ein Italiener! :angel:

    Was d'Annunzio angeht, gehe ich jetzt mal rein ästhetisch an die Sache ran um nicht politischer Vorurteile bezichtigt zu werden. "Kunstfertigkeit", wie Peter sagt, hatte er gewiss und ist in diesem Sinne der Zwillingsbruder von Giacomo Puccini. Aber wenn man ein Kapitel seines "Il piacere" gelesen hat, reicht das erstmal für einige Wochen, will man nciht zuckerkrank werden.
    Pardon, aber ich kann solchen Schwulst wie bei d'Annunzio nur in homöopathischen Dosen geniessen.
    Der hat nciht die Spur von Ironie oder Selbsthinterfragung sondern nimmt seine Ergüsse so was von ernst und gewichtig, dass man dran erstickt, wenn man nichts ausspucken darf.
    Leider kann ich ihn nicht mal mit Wagner vergleichen, so gerne ich das würde, aber Wagner hatte einfach mehr innovatives Talent.

    Ansosnten, lieber Peter teilen wir ja in italienischen Dingen fast die gleichen Vorlieben- kennst du den Bassani schon? Und Elsa Morante?

    übrigens: Alessandro Barricco ist so ziemlich das genaue Gegenteil von D'Annunzio- sein Roman "Seta" (Seide) ist ein echtes Juwel. Steht auch oben in meiner Liste.

    :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Hier meine überarbeitete Fassung:

    1) Dante Alighieri: La vita nuova. Die große Comoedia werde ich dann anderswo unterbringen.

    2) Alessandro Manzoni: Die Verlobten (I Promessi Sposi)

    3) Giovanni Boccaccio: Decamerone

    4) Italo Calvino: Der geteilte Visconte (l visconte dimezzato),

    5) Cesare Pavese: Der schöne Sommer (La bella estate) - für die Turiner Romane

    6) Ludovico Ariosto: Der rasende Roland (Orlando furioso)

    7) Umberto Eco: Der Name der Rose (Il nome della rosa)

    8) Francesco Petrarca: Canzoniere - wenn das Werk aufgenommen werden darf, muss es genannt werden

    9) Torquato Tasso: Das befreite Jerusalem (La Gerusalemme liberata)

    10) Alberto Moravia: La noia (La noia)

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Von Luigi Malerba, meinem "Lieblingsitaliener" im 20. Jhd., stammt auch der in einem italienischen Fantasiemittelalter spielende Roman "Pataffio", der in Sachen "Lebensprallheit" dem Rabelaisschen Sinnenpanorama kaum nachsteht, wenngleich dort eher der Mangel als der Überfluss verwaltet wird.

    Schön, dass Du Malerba nennst- einer meiner Lieblingsromane stammt von ihm- ein ironisches Sittengemälde Roms zu Beginn des 16. Jahrhunderts: Es geht um die Sünde, den Teufel ... und andere interessante Dinge ;+) Leo X. ist tot, sein Nachfolger Adrian von Utrecht noch nicht in Rom angekommen, in der Stadt geht es drunter und drüber. Malerba schreibt mit leichter Hand und ist dabei nie flach und oberflächlich.

    Das Cover der deutschen Originalausgabe war natürlich schöner - ein typisches Wagenbach-Buch: ein liebevoll gestaltetes Kunstwerk ;+)

    Der Name der Rose wurde ja schon mehrfach genannt - das hieße also Eulen nach Athen tragen. Trotzdem eines meiner Lieblingsbücher, wobei mir das Foucaultsche Pendel fast ebenso gut gefallen hat. Mit dem Namen der Rose hat Eco ja einen regelrechten Boom auf dem Gebiet der historischen Romane ausgelöst. Oft kopiert und nie erreicht.

    :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Caro Roberto, das klingt wirklich wie Musik..... ist halt ein Italiener! :angel:

    :fee:

    Cara Fairy,
    ich denke D'Annunzio entsprach wohl dem Zeitgeist mit seiner Überschwülstigkeit, aber stell Dir vor, den "Regen" haben wir noch in der Schule auswendig gelernt, neben ein wenig Leopardi und Carducci: Das Standardrepertoire eben.
    Na ja, die italienische Mentalität ist für mich immer wieder ein Grund zum Staunen, die Leute sind recht freundlich, verfügen meist über ein schauspielerisches Talent mit entsprechender Mimik, wohl eine Folge des Einflusses des Meeres, des blauen Himmels, einer gewissen Unbekümmertheit und wohl auch der vielen Kulturgüter wegen: mir scheint ganz Italien ein Museum zu sein, und Protzer meinen sogar, daß sich die Hälfte der Kulturgüter dieser Welt in Italien befänden.
    Robert

  • Mir ist erst jetzt aufgefallen, wie wenig Italienisches in meinen Bücher-Regalen steht. Eco, Dante, klar, aber ansonsten...
    Als junger Student habe ich ganz gern "Vögel in Käfigen und Volieren" von Andrea de Carlo gelesen und andere Sachen von ihm.
    Wirklich interessant fand ich die "Lebensläufe" von Vasari (passt hier aber vermutlich nicht rein) und - ebenfalls als junger Student - "Amado mio" von Pasolini. Damals habe ich dessen Filme und Schriften mit großem Interesse aufgenommen. Müsste man auch mal wieder machen.

    Jein (Fettes Brot, 1996)

  • Ich muß gestehen, daß ich als italienischer Staatsbürger mit deutscher Schulbildung doch wenig von der italienischen Literatur kenne, etwa dramatische Werke, wie Goldonis unglaubliche Komik in seinen Werken (eines davon im Original zufällig im Wiener Brurgtheater gesehen, mit dem Piccolo di Milano und Giorgio Strehler), oder Pirandellos "Personen suchen einen Autor", vielleicht wohl auch, weil wir hier vor allem durch deutsche Gastbühnen bespielt wurden, auf dem Land eigentlich mit gar nix und ich die neuere italienische Literatur erst gar nicht kenne, dies aber als eine persönliche Nachlässigkeit ansehe. Das Hauptaugenmerk wurde in etwa immer auf Konversation gerichtet, damit man was von dieser wunderschönen Sprache versteht, und zumindest die Menschen hier versteht.

  • Ich hatte heute nachmittag das Vergnügen an einer Einführung in die Commedia dell'arte teilnehmen zu können in italienisch- den Dialekten der diversen Figuren zu folgen war nciht so ganz einfach. Ich glaube, diese Gattung muss man einfach kennen um die italienische Literatur in Gänze würdigen zu können.
    Das Theater, wie Robert ja oben auch andeutet, liegt bereits im Alltagsleben der Leute auf der Strasse. wenn ich nur an meine Nonna denke- ihre Dialoge und Monologe ware nallesamt bühnenreif und insbesondere die Mimik, Gestik und Stimmfärbung dazu.
    Pathos ist zwar immer inbegriffen, aber Schwulst und Pathos sind immer noch zwei paar Schuhe- zumal Letzteres durch Komik gebrochen werden kann, bei D'Annunzio Komik, Ironie etc aber leider Fremdworte sind.
    saluti e baci di Colombina :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • 2. G. Boccaccio: Il decamerone ebenfalls ein ganzes Universum, wenn auch von der viel menschlicheren Sorte- alle Schwächen und Stärken der menschlichen Spezies deftig, leibevoll und komisch

    Boccaccios "Decamerone" ist ja gerade so etwas wie das Buch Weltliteratur der Stunde. Gibt es eigentlich eine gute, neuere deutsche Übersetzung dieses Meisterwerkes, in dem das, was Fairy Queen da schreibt, das Deftige, das Komische, das Lebendige, Menschliche, auch für den modernen Leser erlebbar wird?

    Ich kenne die Übersetzung von Karl Witte, die mir die verbreitetste zu seien scheint, aber merklich aus den 1820er Jahren stammt. Wenn ich sie neben den italienischen Text lege, finde ich sie sehr genau (auch Boccaccios Italienisch ist kein einfaches, sindern enthält lange, komplex ineinander verschachtelte Satzkonstruktionen), aber das Italien des 14. Jahrhunderts im Deutsch der 1820er kennen zu lernen, schafft eine doppelte historische Distanz. Als zweite Übersetzung kenne ich die von Klabund, die ich trotz des neueren Entstehungsdatums sprachlich mindestens genauso sperrig finde wie die von Witte. So betulich und altertümelnd muss Boccaccio doch auf Deutsch nicht sein! Zudem hat Klabund nur einige Novellen ausgewählt, neu angeordnet und die Rahmenhandlung komplett weggelassen.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Also ich hab die Version von Albert Wesselski, erschienen als Insel Taschenbuch. Als ich die beiden Bände vor Jahrzehnten kaufte und verschlang, fand ich den Text sehr interessant :D . Als Copyright steht da 1909, vielleicht immer noch nicht modern, aber im Vergleich zu 1820 doch etwas aktueller. :humor1:

  • Ich habe die Übers. von Witte in einer Ausgabe von ca. 1960 (mit "galanten" Stichen von 1757; vermutlich mehrfach? durch spätere Herausgeber redigiert), die anscheinend weiterhin von Artemis/Winkler angeboten wird, neulich begonnen zu lesen. Während ich den Vorspann (Vorrede an die edlen Damen und Pest in Florenz) etwas langatmig fand, habe ich den ersten Tag recht zügig gelesen und bin nun fast mit dem zweiten Tag durch. Mit Sprache/Stil insgesamt keine größeren Schwierigkeiten, d.h. es wirkt von wenigen Ausdrücken abgesehen nicht archaisch oder schwer lesbar.

    Spoiler anzeigen

    Außer der Vorlage für Lessings Ringparabel kommt mir bisher mindestens eine andere Geschichte sehr bekannt vor, die muss ich schonmal irgendwo gelesen haben: Die bedauernswerte Sultanstochter, die auf der Reise zur Hochzeit verschlagen wird und durch eine erkleckliche Anzahl Betten des Mittelmeerraums gereicht wird, bis sich ein glimpfliches Ende ergibt. Vielleicht gibt es die so ähnlich auch in 1001 Nacht oder in Potockis Handschrift von Saragossa?

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Beim Wiederentdeckung dieses Threads kommen viele alte Erinnerungen hoch....
    Was das Decamerone angeht, kann ich leider mit keiner guten deutschen Übersetzung dienen.Ich habe eine neue frz. Übersetzung von Giovanni Clerico, 2006 bei Gallimard erschienen und ich denke , dass die rabelaisgestählten Franzosen vielleicht ohnehin näher am Geist des Werkes sein dürften. Meine deutsche Ausgabe ist von einer Herta Lorenz übersetzt und in Klagenfurt erschienen. Ohne Jahreszahl. Offenbar ist das irgendeine Buchclubausgabe oder so was, keine Ahnung wie die zu mir gefunden hat......
    Im Moment gibt es in "Die Zeit" ein Dekameron-Projekt, wo jede Woche eine Kurzgeschichte erscheint- bis zum Ende der Pandemie ?
    Als wir vor Jahren hier über Boccaccio schrieben, hätten wir uns nicht träumen lassen, dass er solche Aktualität gewinnen würde. Mir wäre die Divina commedia im Moment lieber. Da ist man 100% sicher, dass nach dem Inferno Purgatorio und Paradiso folgen. :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

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