Janáček – Der Meister aus Mähren

  • Der italienische Akkordeonist Teodoro Anzellotti spielt Auf verwachsenen Pfaden und einige kurze Tanzsätze von Janacek.

    Die Bearbeitung ist eigentlich gar keine, denn Janacek hat den Zyklus ad hoc zusammengestellt und zunächst ohnehin teilweise an die Realsierung per Harmonium gedacht. Ich muss gestehen, dass mich noch nie zuvor die Bearbeitung einer Klavierkomposition - sei es als Orchestrierung, sei es für Orgel, sei es für Gitarre - derart emotional gepackt hat wie hier. Es wird deutlich, dass die Atmosphäre und Klanglichkeit nicht weniger Passagen aus dem Zyklus vom Klavier anders, aber eher neutraler vermittelt werden als hier auf der Quetsche ( ;+) :hide: ). Ich denke an die Friedecker Muttergottes - zum Beispiel. Ich denke an die Imitation des Ein- und Ausatmens. Ich denke an das Anschwellenlassen eines Tons. Noch einfacher: Es ist die Nähe zur Natur, die klanglich eigenwilliger verkörpert wird als in der Klavierversion - auf die ich weiterhin nicht verzichten möchte - selbstverständlich. Ich besitze rund sechs Aufnahmen; im Internet findet man noch viele mehr; neben bekannten Namen haben auch junge tschechische Pianistinnen und Pianisten an diese wunderbare Musik gedacht.

    Die CD ist sehr chic gemacht. Vor lauter Chic gibt es allerdings keine Informationen, die über die Titel in drei Sprachen, den Namen des Solisten und das Impressum hinausgingen. Es ist nun kein Problem, Informationen über das Werk aufzutreiben. Weiß man - bei allen Vorbehalten! - über die biographischen Hintergründe der Komposition - also vor allem die Erinnerung an das glückliche Miteinander zwischen dem Vater (der nun eigentlich kein Familienmensch war, wie ich dachte) und der früh verstorbenen Tochter -, so erhöht dies nur den emotionalen Reiz der Musik, die beileibe nichts vordergründig Naives in ihrem Wesen hat.

    Empfehlung! Siehe auch: Janáček: Die Klaviermusik

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Ich kenne ebenfalls "Auf verwachsenem Pfade", gespielt von der Akkordeonistin Stefanie Schumacher. Und das hat mich ebenfalls sehr beeindruckt. Mehrere zeitgenössische Komponisten haben in Auseinandersetzung mit dem Janáček-Stück Kompositionen für Akkordeon verfasst, die das Werk umrahmen. Sehr empfehlenswerte CD, wie ich finde.

    :wink:
    Renate

    Unsre Freuden, unsre Leiden, alles eines Irrlichts Spiel... (Wilhelm Müller)

  • Da mir das durch den Einwurf zur Jenufa einfiel, kennt jemand schon dieses kleine Büchlein? :

    Die Rezensionen klingen ja enthusiastisch und jedes Buch über Janacek wird von mir ja sowieso begrüßt, aber kennt es schon jemand?

    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

  • Hallo Succubus,
    ich habe das Buch gelesen, das kann man nur bedingt empfehlen, das Buch von Michael Ewans ist wesentlich besser !
    Michael Ewans, "Janáčeks Opern" Reclam gibt es beim Amazon Marketplace !
    Und über die Hintergründe der Familienverhältnisse, liest man in dem nuen Buch folgendes : Interessanterweise hat die Autorin der Theatervorlage, Gabriela Preissová, nach dem Opernerfolg den Stoff noch mal zu einem Roman verarbeitet und da erfahren wir , wer mit wem bluts- und nicht blutsverwandt ist, und was die Mörderin für eine grauenhafte Vorgeschichte mit ihrem Mann gehabt hatte.
    Diesen Roman findet man leider nur im Original auf tsch.!

    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Concertino für Klavier, drei Streicher und drei Bläser

    Braucht man für diese Kammermusik einen Dirigenten? Einer der Kurzkommentatoren bei yt stellt diese Frage, auf die es vermutlich keine klare Antwort geben wird. Wer Lust hat, zwei semi- bis professionelle Einspielungen von Janaceks so gänzlich monolithischer Komposition zu vergleichen:

    https://www.youtube.com/watch?v=gPfeevsVJ4o

    https://www.youtube.com/watch?v=wU4PijlPiEk

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Ich weiß nicht genau, was es mit dieser Diapason-Reihe auf sich hat; der knappe franz. Beitext sagt nichts über exakte Quellen, Remastering, Lizensierung etc. (die Aufnahmejahre stehen dabei; vermutlich alles Supraphonaufnahmen), aber für Janacek haben sie eine herausragende Zusammenstellung von Aufnahmen, die sonst nicht so einfach zu bekommen sind bzw. aufgrund der Kopplungen die Anschaffung von drei oder mehr CDs erfordern würden. Klang ist in meinen Ohren gut bis sehr gut für das Alter, die Klavierstücke haben deutliches Rauschen und bei der Mono-Aufnahme der Violinsonate ist die Violine mir etwas zu dominant (wie häufig bei älteren Violinaufnahmen), diese Aufnahme (von dreien oder mehr Suks mit unterschiedlichen Begleitern) ist sonst, soweit ich sehe, nur auf einem 6-CD-set Suk "Early Recordings" erhältlich (sicher lohnend für Fans des Geigers, aber für eine Viertelstunde vielleicht nicht). Die beiden Hauptwerke, Sinfonietta (Ancerl) und 2. Quartett (Smetana 1965, vermutlich identisch mit der bei Testament erschienen? Die gängigen Denon/Supraphon-CDs haben meines Wissens spätere Aufnahmen von ca. 1976 bzw 1985 (live)) sind in ordentlichem Stereo und verdienen m.E. ihren legendären Ruf.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • für Janacek haben sie eine herausragende Zusammenstellung von Aufnahmen, die sonst nicht so einfach zu bekommen sind bzw. aufgrund der Kopplungen die Anschaffung von drei oder mehr CDs erfordern würden.

    ich würde eher sagen, das ist wie ein Sampler, dessen Programm man kaum im Zusammenhang anhören möchte.
    "Sur un sentier brousailleux" = "Auf verwachsenem Pfade" heißt normalerweise auf französisch "Sur un sentier recouvert", es dürfte sich dabei höchstens um eine (zufällige?) Auswahl handeln etc.
    Die Ancerl-Sinfonietta ist sicher nicht das neue Remastering von Denon/Supraphon.

    Ich persönlich finde 1 gute CD immer lohnender als so ein billiges Sammelsurium.

  • Der verwachsene Pfad heißt auf einer französischen CD (kvapil, calliope) genauso, bei firkusny(dg) heißt es 'herbeux'. Das klavierstück ist nicht komplett und offenbar ein Füller. Für den Rest mag, wer möchte, sich drei andere CDs oder eine 6erbox für eine sonate bestellen. Ich hätte außer dem quartett nichts davon gekauft, wenn ich es nicht so günstig einzeln gefunden hätte.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • ch persönlich finde 1 gute CD immer lohnender als so ein billiges Sammelsurium.

    Ich persönlich finde die Zusammenstellungen von Diapason d'Or meist sehr gut , jedenfalls in interpretatorischer Hinsicht und unter Zugrundelegung meines Geschmacks . Natürlich sind sie nicht komplett , aber sie geben Hinweise auf Einspielungen , die oft unter der Masse ( nicht : der Klasse ) neuerer Aufnahmen verschüttet werden . Sieh dir doch mal die Boxen an - welche Firma hat denn Zusammenstellungen auf dem Niveau ? Natürlich gibt es auch Ausnahmen , und die Geschmäcker sind verschieden , aber deine Aussage ist so nicht zutreffend . Sie ist "so falsch , daß nicht einmal das Gegenteil richtig ist ". (Von wem stammt das noch mal ? )

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Diese "Diapason d'or" Reihe gibt es normalerweise nur zusammen mit der frz. Klassikzeitschrift "Diapason". In ihr werden die Aufnahmen noch einmal ausführlicher vorgestellt. Ein Sammelsurium würde ich diese CD-Reihe ganz gewiss nicht nennen. Ich verdanke ihr viele Entdeckungen, wie beispielsweise die verblüffende Mondscheinsonate mit Aline von Barentzen (1960), die sonst nirgendwo auf CD erhältlich ist.

  • Deckt sich auch mit meinen Erfahrungen: die Diapason-Reihe ist zwar oft zusammengestellt, aber nicht unbedingt willkürlich. Und tatsächlich haben sie manche ältere Einspielungen weltweit als einziger auf CD veröffentlicht. Wenn da manche CDs nicht so gelungen sein sollten, gibt es andere Titel, die erst recht der Knaller sind.

    Allerdings bedaure auch ich die magere Datenlage - ist ein bißchen so ähnlich wie bei Praga, da muß man auch immer nachrecherchieren.

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

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