MOZART: Die Zauberflöte - Kommentierte Diskographie
Meine Lieben,
Zwei Diskussionsforen (bisher) zur "Zauberflöte" verlangen indirekt nach einer "trivialen" Hinterlegung durch einen Überblick über die vielen Einspielungen, die es gab und gibt. Selbst um die wichtigsten zu erfassen, wird man freilich viel Geduld aufbringen müssen. Ich möchte aber wenigstens den Anfang machen und auf eine relativ junge Aufnahme hinweisen, die meiner Meinung zu den besten gehört, die es von dieser Oper gibt.
Ich weiß nicht, warum diese Einspielung bei uns wenig Echo ausgelöst hat (selbst beim taminesken Zauberflöten wurde sie kaum erwähnt), dabei ist um ein Spottgeld zu bekommen. Zwar gebe ich zu, daß sie - außer in einem Punkt - keine absoluten Spitzenleistungen bietet (na und - muß man immer und ewig noch eins draufsetzen?), aber in bezug auf Homogenität und durchschnittlichem Niveau gehört sie dennoch zur Spitzenklasse. Und ich habe noch keine Aufnahme kennengelernt, in der die Dialoge und die Geräuscheffekte so sorgfältig und überzeugend gestaltet wurden. Daher sei der Dialogregisseur, der auch als "musical assistant " fungierte, besonders genannt: Wolfgang Riedelbauch.
Aufgenommen wurde 1990 in London. Roger Norrington leitet die London Classical Players. Die vielgepriesene Aufnahme Östmans läßt er meines Erachtens klar hinter sich. Vielleicht interpretiert er für manche eine Spur zu trocken, aber mir kommt er keineswegs langweilig vor, sondern nur sehr sorgfältig und ohne Nachlässigkeit. Keine verspielte Volkskomödie, sondern eine ernsthafte Geschichte mit Tiefgang und leisem Humor.
Die Besetzung ist recht international. Der Tenor Anthony Rolfe Johnson (* 1950) kommt aus England, Pamina (Dawn Upshaw), * 1960) und die Königin der Nacht (Beverly Hoch) aus den USA, Sarastro (Cornelius Hauptmann, * 1951) und Papageno (Andreas Schmidt, * 1960) ebenso wie der Sprecher Olaf Bär (* 1957) aus Deutschland, Guy de Mey (Monostatos, * 1955) aus Belgien. Woher die Papagena Catherine Pierard stammt, konnte ich nicht herausbekommen, vermutlich ist sie auch Britin; jedenfalls scheint sie in London wiederholt aufgenommen zu haben. Der gelegentlich geringe Akzent bei den nichtdeutschen Mitwirkenden ist ziemlich harmlos, Artikulation und die kluge Rollengestaltung ausnahmslos begeisternd. Beverly Hoch schafft die Spitzentöne mit erstaunlicher Sicherheit, Sarastro besitzt eine Timbre, das ihn als eindeutigen Gutmenschen ausweist . Gesungen wird sehr gut, wenn auch, wie gesagt, man in jeder einzelnen Partie jemand noch besseren nennen kann. Was schließlich bei Mozart keine Kunst ist. Aber 4 bis 4,5 Punkte auf der fünfteiligen Skala sind ja auch nicht zu verachten.
Ich würde die Anschaffung für jeden einschlägigen Liebhaber als absolutes Muß ansehen.
Liebe Grüße
Waldi