Penderecki, Krzysztof – Verrat an der »Avantgarde«?

  • Anlässlich des bevorstehenden Festes habe ich mal wieder Penderecki's 2.Symphonie, die Weihnachtssymphonie gehört, das Werk, mit dem er vor allem aus der Ecke der avantgardistischen Glasperlenspieler nur Hohn und Spott geerntet hat. Aus heutiger Sicht alles Schnee von vorgestern. Was bleibt ist ein klangstarkes Opus, das zumindest mich nach wie vor vor sehr beeindruckt allerdings ohne das all zu viel Weihnachtsstimmung aufkommt.

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    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • Was bleibt ist ein klangstarkes Opus, das zumindest mich nach wie vor vor sehr beeindruckt allerdings ohne das all zu viel Weihnachtsstimmung aufkommt.

    Der Titel Sinfonie Nr.2 "Weinachtssinfonie" resultiert ja nur aus der Verwendungs eines Weihnachtsthemas in einem Satz und wird von Penderecki gar nicht gerne gesehen. Ich meine gelesen zu haben, dass der Titel gar nicht von ihm stammt.
    Diese, wie ich auch finde, herausragend tolle Sinfonie hat so wenig mit Weihnachten zu tun, wie Ostern mit Pfingsten.

    Aber ist ne Klasse Sinfonie, die ich am liebsten mit Wit (Naxos) höre ... im Gegensatz zu den Langeweilern hoch 3 - Nr.7 und 8, bei denen ja nun absolut "nöscht los ist".

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    Beste Weihnachtsgrüsse an alle Capriccios und noch einen schönen 1. und 2.Weihnachtstag.

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    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • "Musik darf nicht immer komplizierter werden.." K.P.

    Diesem Satz Pendereckis ist gewisslich beizutreten, wenn man emotional expressiv noch verständlich wahrnehmbar bleiben möchte als Komponist oder Improvisateur.

    Auch sein Kollege Lutoslawski gehört hier in diesem Zusammenhang diskutiert, z.B seine 3. Sinfonie die etwa gleichzeitig zur pendereckischen sogenannten Weihnachtssinfonie entstand.

    Antoni Witt als dirigentische Referenz scheint auch nicht ganz unwichtig bei den obigen Betrachtungen.

  • Penderecki war ein Held in meiner Jugend. Ich hatte (neben und zusätzlich zu Rockmusik, die seinerzeit als eine Art Religionsersatz fungierte), Jazz und vor allem Free Jazz entdeckt und war für schräge Töne sehr offen. Da lief mir diese Platte über den Weg:


    "Actions", für Freejazzorchester.
    (EDIT: amazonlink klappt nicht, bei jpc gibts sie nicht mehr...)

    Aus meiner heutigen Sicht nicht das Beste was er je gemacht hat, aber damals ein Türöffner.
    Dann kamen die ersten Sachen (ich hatte einen Freund der auf schräges Zeug stand, wir waren 16, das erste war die Sinfonie 1 aus dem Plattenbestand seines Vaters), dann das Frühwerk, meist für Streicher, später die Lukaspassion, die mich vollständig aus den Socken gehauen hat. Noch später die Sinfonien 2,3,4, in denen er tonaler, traditioneller wurde, das war wie Brahms mit Chilli :D

    Und nun, in der Gegenwart, erlebt er bei mir eine Renaissance.

    "Verräter an der Avantgarde" -- da kann ich nix mit anfangen. Was soll das denn sein, "die Avantgarde", kann man die verraten? Beleidugen? Unsinn.

    Was Penderecki in meinen Ohren ausmacht, und zwar über alle Schaffensphasen hinweg, ist seine ungeheure emotionale Wucht. Das mag alles unendlich komplex und ausgetüftelt sein, weiß ich nicht, das nachzuvollziehen fehlt mir die musikalische Bildung... aber im Kern ist es Bauchmusik. Und zwar ganz großartige. "Utrenja" ist für mich sein Meisterwerk.

    Ich muß aber auch sagen daß ich seine ganz späten Sachen nicht kenne (Sinfonien 7&8 etwa), die ja hier besonders inkriminiert werden. Vielleicht wurde er ja Schal, aber hach was solls...
    Aber ohne, beispielsweise, seine Cellokonzerte möchte ich nicht leben...

    Was ich ja zum Glück auch nicht muß :D

    So, das gesagt zu haben in diesem verdienstvollen Thread war mir ein Bedürfnis.


    LG :)

    "Verzicht heißt nicht, die Dinge dieser Welt aufzugeben, sondern zu akzeptieren, daß sie dahingehen."
    (Shunryu Suzuki)

  • ich war damals 1966 bei der Uraufführung der Lukaspassion im Dom zu Münster dabei. Der Andrang war so groß, daß wir (ein Schulfreund und ich) uns gut ohne Eintrittskarte an den Eingangskontrollen vorbeiquetschen konnten. Heute ist mir das doch etwas peinlich, daß ich damals wähnte, einem musikgeschichtlichen Großereignis beigewohnt zu haben.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Nun ja, wenn es damals ein großes Erlebnis für dich war (da war ich drei :D ) und wenn es dich mitprägte, wie auch immer --- was ist daran peinlich? Nichts.

    Ich hatte ähnliche Erlebnisse bei einem Pink Floyd Konzert. Mit hyper Andrang und kostenlos reinkommen und so. Pink Floyd finde ich heute auch zum Speien - aber was mal groß war ... Naja ich war eben jung, mir ist nix peinlich ;)

    War ne tolle Zeit und gut

    LG :)

    "Verzicht heißt nicht, die Dinge dieser Welt aufzugeben, sondern zu akzeptieren, daß sie dahingehen."
    (Shunryu Suzuki)

  • Erscheint am 03. Juni 2020:

    (AD: 20. Juli 2018, Felsenreitschule, Salzburg, live von den Salzburger Festspielen)

    Sarah Wegener, Sopran / Lucas Meachem, Bariton / Matthew Rose, Bass / Slawomir Holland, Sprecher

    Warsaw Boy's Choir
    Krakow Philharmonic Choir
    Orchestre Symphonique de Montreal
    Kent Nagano

    "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • Die Streichquartette und das Streichtrio von Penderecki standen schon einige Male im Zentrum von CD-Einspielungen. Neu scheint mir aber die Aufnahme des 4. Streichquartetts von 2016 zu sein. Ob sich für dieses 6-min-Werk allerdings die Anschaffung lohnt, vermag ich noch nicht zu sagen.

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

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