Kritikberechtigung - Wer die Eiche kratzt

  • Das kann man in Wien auch sehr gut beim Komponisten Cerha beobachten - eine derart starke Identifikation mit dem "großen Alten" ist mir auch nur noch suspekt ...

    Naja, der Cerha war mal ein guter Komponist...

    Wegen der im Mai 2023 in Kraft getretenen Forenregeln beteilige ich mich in diesem Forum nicht mehr (sondern schreibe unter demselben Pseudonym in einem anderen Forum), bin aber hier per PN weiterhin erreichbar.

  • Ähm, dass diese altgedienten Künstler vielleicht besser sind als jüngere, kann nicht zufällig sein?

    Ob man bei Interpreten von "besser" oder "schlechter" sprechen kann, ist ja eine grundsätzliche Frage, die hier schon oft erörtert wurde...
    Blomstedt ist auch mein Liebling, trotzdem bewundere ich Yuja Wang (auch ohne sie anzuschauen). Für mich kein Widerspruch.

    „Music is a nexus. It's a conduit. It's a connection. But the connection is the thing that will, if we can ever evolve to the point if we can still mutate, if we can still change and through learning, get better. Then we can master the basic things of governance and cooperation between nations.“ - John Williams

  • Ob man bei Interpreten von "besser" oder "schlechter" sprechen kann, ist ja eine grundsätzliche Frage, die hier schon oft erörtert wurde...

    Natürlich kann man das. Auch wenn ich kein Fan von Yuja Wang bin, aber dass sie besser spielt als jemand, der erst seit 5 Jahren Klavier lernt, steht ja wohl außer Zweifel. Auch wenn beide "Interpreten" sind.

    Blomstedt ist auch mein Liebling, trotzdem bewundere ich Yuja Wang (auch ohne sie anzuschauen). Für mich kein Widerspruch.

    Auch ich sehe keinen Widerspruch. Ich finde, dass einzig Leistung zählen sollte. Also egal, ob jemand 25 oder 90 ist. Insofern sind wir uns eh einig! :cincinbier:

    Wegen der im Mai 2023 in Kraft getretenen Forenregeln beteilige ich mich in diesem Forum nicht mehr (sondern schreibe unter demselben Pseudonym in einem anderen Forum), bin aber hier per PN weiterhin erreichbar.

  • Es wird immer wieder behauptet. Dass es wirklich vorkommt, hat mir noch keiner zeigen können. Ich halte es auch für höchst unwahrscheinlich, dass ein "interessierter Laie" zu einem tieferen Verständnis einer Sache kommen kann als jemand, der über ein unvergleichlich größeres Talent verfügt und zudem sein ganzes Leben dieser Sache widmet. Und auch wenn es für den ein oder anderen hier jetzt ganz hart kommt: ich bin der festen Überzeugung, dass z.B. ein Daniel Barenboim, ein Kirll Petrenko oder ein Andras Schiff mehr von Musik versteht und tiefer in ihre Geheimnisse eingedrungen ist als wir hier alle zusammen, egal wie viele CDs wir im Schrank oder wie viele Opern wir schon gesehen haben.

    wir müssen jetzt natürlich ein bißchen vorsichtig sein bezügl. "tieferes Verständnis".

    ich fang mal so an:

    ich nehme an, sowohl die Anhängerschaft wie auch die Gegnerschaft von Schönberg seinerzeit bestand aus Profimusikern wie aus Laien. Die Grenze verlief jedenfalls nicht entlang der Grenze Profi-Laie.

    Nun kann man der Meinung sein, daß die Fähigkeit, von Schönbergs Musik fasziniert zu sein, ein tieferes Verständnis von Musik verrät als das Gegenteil. Dann hat man auf der einen Seite eine Teilmenge von Laien, die über dieses Verständnis verfügen, im Unterschied zu einer Teilmenge der Profis auf der anderen Seite.

    Und das Argument funktioniert genauso, wenn man der Meinung ist, Schönbergs Musik sei der Untergang der abendländischen Musik. Auch dann hätte man Laien, die das kapieren, und Profis, die das nicht kapieren.

    Solche Verhältnisse sind doch die Regel im Musikleben. Wann sortieren sich schon vertretene Standpunkte nach Profis und Laien?

    Oder hast du einen anderen Punkt?


    edit
    ich sehe grade, die Diskussion ist eigentlich schon weiter. Lasse das hier dennoch so stehen, und muß erstmal lesen.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Viertens - und dieser Punkt wird wieder für Unmut sorgen, ich weiß - wage ich anzuzweifeln, wie sehr Musiker die Leistung des Dirgenten beurteilen können, der sie gerade dirigiert. Zum Beispiel ist ja Thielemann bei Musikern großteils anerkannt, weil er sie hofiert und in den Mittelpunkt stellt. Dabei dirigiert Thielemann (aus meiner Sicht) völlig inakzeptabel und vor allem oft nicht das, was in der Partitur steht.

    Ich versuche nur, zu verstehen, was Du meinst. Also Du sagst, dass Musiker (welche eigentlich?) die Leistung von Thielemann nicht einschätzen können bzw. nicht richtig einschätzen können bzw. Du zweifelst an, wie sehr sie das können.

    Andererseits sagst Du von Dir, dass Thielemann aus Deiner Sicht völlig inakzeptabel dirigiert. - Darf ich das so verstehen, dass Du damit sagst, dass Du die Leistung Thielemanns einschätzen kannst?

    Du sagst, dass Thielemann oft nicht das dirigierte, was in der Partitur steht - hast Du Beispiele dafür?

    Wie gefällt Dir eigentlich seine Aufnahme der Elektra (bei DG)? Oder die zweite Sinfonie Schumanns in der jüngsten Aufnahme?

    Du weißt natürlich, dass etliche Komponisten ihre eigenen Angaben in der Partitur später revidierten? Mir fallen spontan Schumann, Bruckner, Mahler, Sibelius ein. Oder dass andere Komponisten als Interpreten ihrer eigenen Werke bisweilen nicht alle Angaben des Notentextes befolgten? Bartók wäre da ein Beispiel.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Wenn ein Künstler dauerhaft viel Publikum erreicht begeistert, kann so manche Expertenkritik in den Bereich der belächelten anekdote abrutschen.

    ohoh... das Eis hat schon Risse...
    Wenn man den Elfenbeinturm verläßt und die Publikumsresonanz als Kriterium in freier Luft betrachtet - dann wäre Ton Koopman ein künstlerischer Zwerg gegenüber Helene Fischer...
    (liegt vermutlich daran, daß er nicht so attraktiv wie die Dame ist: klein, dick, alt und Brillenträger...)
    :versteck1:
    ok: Schmarrn-Modus aus

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Aber hier ging es ja um die Behauptung, ein laienhafter Musikzugang könnte gerade wegen seiner Unprofessionalität eher "den Kern der Sache treffen".

    ok, ich sehe, dein Punkt war etwas anders gelegen. Dazu wüßte ich jetzt auch nicht mehr als von putto schon gesagt.

    ich hatte das auf dem Hintergrund gesehen, daß die Berliner Philharmoniker wegen ihres Profitums es doch prinzipiell besser wüßten als x-beliebiger Laie, wobei nicht die Rede davon gewesen war, daß der Laie wegen seines Laientums besser urteilen könne.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Zweitens denke ich, dass nicht nur künstlerische Gründe, sondern auch Marketing-Gründe eine Rolle spielen.


    Marketing-Gründe - bei einem dem deutschen Massenpublikum eher wenig bekannten Dirigenten, der eher unspektakulär aussieht, keine Interviews gibt (Gespräche mit Kollegen ausgenommen) und Studioaufnahmen meidet? Ja, der Petrenko ist schon ein Marketing-Traum! :megalol: :megalol: :megalol:

    Drittens weiß ich nicht, was sonst noch alles für die Bestellung eine Rolle gespielt hat.


    Wollen wir es mal mit einer naheliegenden Annahme versuchen. Vielleicht hält dieses Ensemble aus erfahrenen Top-Musikern Petrenko einfach für einen exzellenten Dirigenten? Und vielleicht haben die einfach ein wenig, aber nur ein ganz klein wenig, Fachkompetenz mehr als Du (und ich)?

    Viertens - und dieser Punkt wird wieder für Unmut sorgen, ich weiß - wage ich anzuzweifeln, wie sehr Musiker die Leistung des Dirgenten beurteilen können, der sie gerade dirigiert.


    Petrenko hat sie aber nicht "gerade dirigiert", er hat eigentlich keine übermäßig umfangreiche BPhil-Vergangenheit vorzuweisen. Und glaubst Du wirklich, was Du hier schreibst? Dass international erfahrene Spitzenmusiker nicht begreifen, ob ein Dirigent gut oder schlecht ist? Wer begreift das dann? Du? Ich? Deine Choraushilfen-Bekannte?

    Es geht hier meiner Meinung nach um was anderes. Wie sehr darf man jemanden kritisieren? Ich sage: Genauso wie es für Satire keine Grenzen geben darf, gibt es für Musikbeurteilungen keine Grenzen. Man darf hier alles sagen, was im Einklang mit dem Gesetz ist. Es gibt keine Musik-Meinung, die man nicht schreiben darf.


    Das hatten wir doch jetzt schon x-mal. Brauchen wir es wirklich noch im Durchgang (x+1)? Aber bitte: ja, darf alles geschrieben werden. Du musst nur damit leben, dass Deine Gesprächspartner Dir etwas entgegnen, das sie ebenso frei formulieren dürfen.

    Und ja, ich finde die betreffende Pianistin völlig unmusikalisch. Nur weil jemand international Konzerte gibt, ist er/sie noch lange nicht gut.


    Du kannst nur leider noch nicht einmal in groben Ansätzen darlegen, was dieses Urteil ("völlig unmusikalisch") rechtfertigt.

    Und wenn jemand in großen Konzertsälen mit Top-Orchestern schwerste Werke der Klavierliteratur spielt, dann ist dieser jemand "gut". Das heißt natürlich nicht, dass er/sie Weltklasse, herausragend oder irgendwie so etwas sein muss. Hast Du mal versucht, das erste Tschaikowski-Konzert fehlerfrei zu spielen? Wer das vor Publikum hinbekommt, kann Klavier spielen. Dass man damit noch nicht automatisch in den Interpreten-Olymp gehört, ist hoffentlich klar, denn auch auf diesem Niveau gibt es noch Abstufungen, die z. T. sogar erheblich sein mögen.

    Das ist wie im Sport. Der beste deutsche 100-m-Sprinter kann nicht mit einem Bolt mithalten. Aber: versucht mal, so schnell zu rennen wie der beste deutsche 100-m-Sprinter. Viel Spaß...

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Ich versuche nur, zu verstehen, was Du meinst. Also Du sagst, dass Musiker (welche eigentlich?) die Leistung von Thielemann nicht einschätzen können bzw. nicht richtig einschätzen können bzw. Du zweifelst an, wie sehr sie das können.

    Andererseits sagst Du von Dir, dass Thielemann aus Deiner Sicht völlig inakzeptabel dirigiert. - Darf ich das so verstehen, dass Du damit sagst, dass Du die Leistung Thielemanns einschätzen kannst?

    Du sagst, dass Thielemann oft nicht das dirigierte, was in der Partitur steht - hast Du Beispiele dafür?

    Wie gefällt Dir eigentlich seine Aufnahme der Elektra (bei DG)? Oder die zweite Sinfonie Schumanns in der jüngsten Aufnahme?

    Du weißt natürlich, dass etliche Komponisten ihre eigenen Angaben in der Partitur später revidierten? Mir fallen spontan Schumann, Bruckner, Mahler, Sibelius ein. Oder dass andere Komponisten als Interpreten ihrer eigenen Werke bisweilen nicht alle Angaben des Notentextes befolgten? Bartók wäre da ein Beispiel.

    Gemeint habe ich, dass Zuhörer eine Leistung MÖGLICHERWEISE besser beurteilen können als Ausführende. Aber das ist ein sehr dünnes Eis.

    Thielemanns Elektra- und II.-Schumann-Aufnahme kenne ich nicht, aber gern ein Beispiel aus jüngster Zeit: In der Wiener Frau ohne Schatten (vor einem Monat) hat er die Orchesterschläge ganz zu Beginn komplett unterschiedlich gestaltet, und zwar aus meiner Sicht sinnlos und störend. Ganz zu schweigen von seinen zahlreichen Generalpausen und eher beliebigem Hervorheben bestimmter Orchestergruppen.

    Live gehört habe ich ihn mit dem Ring, mit Parsifal, mit der Ariadne und der FroSch, denn nach Möglichkeit mache ich einen Bogen um ihn (und sein Kernrepertoire). Ich will mich ja nicht sinnlos ärgern und mich stundenlang dafür anstellen.

    Wegen der im Mai 2023 in Kraft getretenen Forenregeln beteilige ich mich in diesem Forum nicht mehr (sondern schreibe unter demselben Pseudonym in einem anderen Forum), bin aber hier per PN weiterhin erreichbar.

  • Das hatten wir doch jetzt schon x-mal. Brauchen wir es wirklich noch im Durchgang (x+1)? Aber bitte: ja, darf alles geschrieben werden. Du musst nur damit leben, dass Deine Gesprächspartner Dir etwas entgegnen, das sie ebenso frei formulieren dürfen.

    Selbstverständlich. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eingeschnappt reagiert zu haben.
    Zum restlichen Beitrag ist ja schon alles gesagt. Wir werden uns da nicht einig werden, ist auch okay!

    Wegen der im Mai 2023 in Kraft getretenen Forenregeln beteilige ich mich in diesem Forum nicht mehr (sondern schreibe unter demselben Pseudonym in einem anderen Forum), bin aber hier per PN weiterhin erreichbar.

  • Das sind jetzt eigentlich beides Gedanken, die in andere Diskussionen gehören, aber wenn es hier nuna ufkommt:

    Viertens - und dieser Punkt wird wieder für Unmut sorgen, ich weiß - wage ich anzuzweifeln, wie sehr Musiker die Leistung des Dirgenten beurteilen können, der sie gerade dirigiert. Zum Beispiel ist ja Thielemann bei Musikern großteils anerkannt, weil er sie hofiert und in den Mittelpunkt stellt. Dabei dirigiert Thielemann (aus meiner Sicht) völlig inakzeptabel und vor allem oft nicht das, was in der Partitur steht. Ein weiteres Beispiel: Für ausübende Künstler ist der Goldene Musikvereinssaal in Wien oft sehr willkommen, für Zuhörer, denen eine gute Akustik an möglichst vielen Plätzen wichtig ist, nicht.

    Mein Eindruck ist genau umgekehrt: Thielemann ist bei Musikern sicher anerkannt, aber hofieren und gut mit ihnen auskommen tut er nicht, denn bisher ist er doch noch bei jedem seiner Chefdirigentenposten im Streit gegangen, weil das Orchester ihn sich nicht mehr antuen wollte. Das Publikum und die Kritik hingegen schätzen ihn sehr. Ich habe von ihm (natürlich nicht live) schon Aufführungen gehört, die ich stinklangweilig fand, solche, die einfach unspektakulär in Ordnung waren und solche, die ich absolut genial und großartig fand (wenn er Wagner-Opern dirigiert). Also: Nein, stimmt (aus meiner Sicht) nicht. Thielemann dirigiert nicht generell völlig inakzeptabel.

    Du weißt natürlich, dass etliche Komponisten ihre eigenen Angaben in der Partitur später revidierten? Mir fallen spontan Schumann, Bruckner, Mahler, Sibelius ein. Oder dass andere Komponisten als Interpreten ihrer eigenen Werke bisweilen nicht alle Angaben des Notentextes befolgten? Bartók wäre da ein Beispiel.

    Das finde ich jetzt ein schlechtes Argument: "Es gilt das geschriebene Wort"!

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Dass Thielemann von Großteilen der Kritik sehr geschätzt wird, stimmt (leider), aber was das Publikum betrifft, bin ich ganz entschieden anderer Meinung. Wenn man sich in Wien umhört, gibt es einen sehr kleinen Teil, der ihn vergöttert, die meisten lehnen ihn ab. Das ist ja auch beim Applaus zu beobachten. Die zahlenmäßig unterlegenen Thielemann-Fans brüllen recht lange herum, der Großteil des Publikums begibt sich gelangweilt zu den Garderoben. Immer!

    Wegen der im Mai 2023 in Kraft getretenen Forenregeln beteilige ich mich in diesem Forum nicht mehr (sondern schreibe unter demselben Pseudonym in einem anderen Forum), bin aber hier per PN weiterhin erreichbar.

  • Das ist ja auch beim Applaus zu beobachten. Die zahlenmäßig unterlegenen Thielemann-Fans brüllen recht lange herum, der Großteil des Publikums begibt sich gelangweilt zu den Garderoben. Immer!

    Ich befürchte, dass ist Wunschdenken. ;) Der Großteil des Publikums würde nicht mehr kommen, wenn sie sich so langweilen würden bei Thielemannn. Heutzutage funktioniert das nicht mehr.

    Viele Grüße, Michael

  • Dass Thielemann von Großteilen der Kritik sehr geschätzt wird, stimmt (leider), aber was das Publikum betrifft, bin ich ganz entschieden anderer Meinung. Wenn man sich in Wien umhört, gibt es einen sehr kleinen Teil, der ihn vergöttert, die meisten lehnen ihn ab. Das ist ja auch beim Applaus zu beobachten. Die zahlenmäßig unterlegenen Thielemann-Fans brüllen recht lange herum, der Großteil des Publikums begibt sich gelangweilt zu den Garderoben. Immer!

    du hast sicher belastbare Zahlen zu dieser Aussage. Eigene oder Meinung einiger Bekannter ist nicht repräsentativ...

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • ich hatte das auf dem Hintergrund gesehen, daß die Berliner Philharmoniker wegen ihres Profitums es doch prinzipiell besser wüßten als x-beliebiger Laie, wobei nicht die Rede davon gewesen war, daß der Laie wegen seines Laientums besser urteilen könne.

    Ich habe das anders verstanden:

    Wer professionell Musik macht, hat einen anderen Zugang als ein interessierter Laie. Dass aber gerade der unprofessionelle Zugang des "Laien" mehr den Kern der Sache trifft, kann auch gut sein.

    "Gerade der unprofessionelle Zugang" soll also verantwortlich sein für das Treffen des "Kerns der Sache". Das geht für mich in letzter Konsequenz auch politisch in eine sehr bedenkliche Richtung. Aber das gehört nicht hierhin.

  • Ich habe das anders verstanden:

    und ich wollte sagen, daß ich das jetzt auch kapiert habe.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Eine Selbstverständlichkeit, die zu erwähnen unter Umständen nicht schadet: Unsere ästhetischen Urteile sind zu einem Gutteil zeitlich bedingt. Oben wurde die "Qualität" einzelner Komponisten angesprochen. Damals seien sie nicht anerkannt gewesen, heute aber schon. Feststellen können wir erst einmal nur die Differenz der Urteile. Was aber berechtigt uns zu dem Urteil, unser heutiges Urteil habe eine höhere Richtigkeitsgewähr als das frühere? Möglicherweise ist diese Komponist in 50 Jahren überhaupt nicht mehr anerkannt? Die Zeitlichkeit betrifft auch die Musikausübung. Mir fiel das beim Beispiel Kleiber auf. Seine berühmten Beethoven-Aufnahmen stammen aus den Siebzigern, richtig? Damals hat man Beethoven ein wenig anders gespielt als heute. Wenn ein junger Mensch, der den heutigen Beethoven kennt, Aufnahmen von Kleiber hört, ist es der Normalfall, dass ihm Ungewohntes, aus Sicht des heutigen Hörers Eigenheiten auffallen, das Gegenteil wäre schlimm. Nichts hat das damit zu tun, dass Profimusiker Kleibers Dirigat schätzen, übrigens auch Musiker, die um die 50 Jahre alt sind.

    Zum Marketing-Aspekt ebenfalls einige kurze Bemerkungen: Dass Menschen, die vor Publikum auftreten, gut aussehen, hat noch nie geschadet, war immer schon gewünscht, heute, gestern und vor hundert oder tausend Jahren. Selbst eine Maria Callas strebte einen schöneren, in diesem Fall schlankeren Körper an, obwohl sie den Opernzenit bereits erreicht hatte. Dem Nutzen der Attraktivität bei Auftritten entgegenzuhalten, dass es auch weniger attraktive erfolgreiche Künstler gibt, entbehrt jeder Überzeugungskraft, weil niemand behauptet, nur wer gut aussehe, könne erfolgreich sein.

  • Dass Thielemann von Großteilen der Kritik sehr geschätzt wird, stimmt (leider),

    Ich erinnere mich gut, dass die ersten Thielemann-CDs (Strauss & Pfitzner, Beethoven 5+7, Schumann-Sinfonien) ziemlich durch die Bank abgewatscht wurden. Ich habe den Ausdruck "Thielemann-Dreschen" in Erinnerung, der in dieser Zeit fiel. Sinngemäß habe ich den Satz "Im vergangenen Sommer war Thielemann-Dreschen das Hobby der Musikkritiker" im Kopf.

    In dieser Zeit, in welcher HIP noch voll angesagt war, war jemand, der sich auf Furtwängler berief und sich dem CD-Publikum mit Strauss und Pfitzner vorstellte, an der Grenze zum politisch Unkorrekten.

    Erst nach und nach gab es andere Stimmen. Die Wagner-Aufnahmen hatten da nicht wenig Einfluss, wenn ich das richtig beobachtet habe.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • In dieser Zeit, in welcher HIP noch voll angesagt war, war jemand, der sich auf Furtwängler berief und sich dem CD-Publikum mit Strauss und Pfitzner vorstellte, an der Grenze zum politisch Unkorrekten.

    Wobei das "politisch Unkorrekte" Thielemann ja bis heute nie losgeworden ist, auch ein Großteil der Thielemann-Diskussion hier im Forum (im entsprechenden Thread) dreht sich ja um das Thema.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Jede/r darf alles und jeden im Rahmen der Forenregeln kritisieren. Genauso darf aber auch jede/r Widerspruch gegen diese Kritik (natürlich auch im Rahmen der Forenregeln) äußern. Dieser Widerspruch kann unter Umständen auch darin bestehen, dass der ursprünglich Kritisierende sein oder ihr Urteil in einer Härte gefällt hat, die weder durch die Faktenlage noch durch die Fachkenntnis des/der ursprünglich Kritisierenden gedeckt ist.

    Damit müssen wir alle klarkommen, wenn wir hier etwas schreiben.


    ich bin nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe.

    Es gibt genug Glegenheit, wo die Qualifikation von Diskussionsteilnehmern tzr >Sprache kommen kann. Austasuscg, hinweis des useres sekbst, Erfahrungsberichte...


    was ich aber nicht verstehe, welce Rolle es für geäußerte Wertzungen uz.B. spielem soll, überwelche Qualifikation derWertede verfügt?

    was sollen also Dialoge wie:

    A: Saint-Saens ist ja bekanntlich ein zweitrangiger Komponist.
    B: unverschämt. Was kennst du überhaupt von Saint-Saens?

    ich verstehe sowas nicht.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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