Carlos Kleiber ist ja auch so ein Fall. Ich halte ihn nicht aus. Immer sooo gehetzt und nervös. Und zwar egal, um welches Stück es sich handelt. Ein typischer Fall von "hat sich gut vermarktet und einen Mythos aufgebaut, dem er nicht entspricht".
Weil hier auch an der Eiche von C. Kleiber gekratzt wurde, zitiere ich die wunderbare Brigitte Fassbaender, einfach weil Sie es so schön ausdrückt. Und das hat nichts mit der Tatsache zu tun, ob einem nun Kleibers wenige Aufnahmen gefallen oder nicht. Frau Fassbaender hat es im Übrigen schon länger nicht mehr nötig, sich oder sonstwen vermarkten zu müssen.
Aus DIE ZEIT Nr. 27/2019:
Mit Kleiber gab es nie die Gefahr der Routine. Alles war hinreißend spontan, er forderte alles und gab alles. So etwas ist rar und ein Geschenk. Dieses Über-sich-selbst-Hinauswachsen, Aus-sich-selbst-Heraustreten, wenn alles schwerelos ist, das gibt es nirgends sonst auf der Welt. Ein unendliches Freiheitsgefühl. Ich denke, es hat mit dem Atem zu tun, mit einer Vertiefung des Atems, die ans Meditative grenzt. Danach jagen die Menschen, die singen wollen. Und so groß das Glück dann ist, die Euphorie – auch weil es einem durch eigene Kraft gelingt oder durch einen Gnadenakt, so ernüchternd ist es, diesen Zustand wieder zu verlassen.