"außerordentliches Pedalspiel", ja, das bestätige ich gern.
Pollini verwendet das Pedal nicht primär zum Verbinden von Klängen sondern zu deren Gestaltung, und zwar fast durchgehend. Das kann ohne Einbuße an Klarheit nur durch die Kombination von extrem präzisem Anschlag und reaktionsschnellem Einsatz aller Stufen und Zwischenstufen des Pedals funktionieren. In der Hinsicht ist er meines Erachtens einzigartig. Ich kann mich z.B. an eine "Sturm-Sonate" in der Hamburger Musikhalle erinnern, wo er am Ende des ersten Satzes es tatsächlich schaffte, das vorgeschriebene liegende Pedal zu realisieren, ohne dass die Klarheit der rollenden Bassfiguren in irgendeiner Weise beeinträchtigt gewesen wäre. Es klang so, als ob er einfach das Pedal liegen gelassen hätte, in Wahrheit wechselte er aber so schnell und präzise zwischen Ganz-, Dreiviertel- und Halbpedal, dass man keinerlei Brüche hörte. Das habe ich vorher und nachher nie mehr so gehört.
Eine Frage: Bei welchen Beethoven-Aufnahmen konkret hörst Du "eine gewisse manuelle Schlampigkeit und rhythmische Instabilität"? Pollinis Beethoven schätze ich insgesamt sehr!
Ich muss noch einmal reinhören, aber ich erinnere mich z.B. an den Anfang von op. 31/3, wo er die Pausen auf Zählzeit drei extrem abkürzt und viel zu früh zum jeweils nächsten Takt geht. So etwas meinte ich mit "rhythmischer Instabilität" (gab es auch an anderen Stellen). Und manche Passagen in der Folge sind etwas verwischt, schon noch zu hören, aber nicht mehr klar aus den Fingern artikuliert (diesen Eindruck hatte ich noch viel deutlicher beim e-moll-Konzert von Chopin in der Berliner Philharmonie). Das ändert alles nichts daran, dass ich seinen Beethoven dennoch sehr schätze, aber hätte er seinen in den späten 80er Jahren (wenn ich mich recht erinnere) von der Deutschen Grammophon angekündigten Plan verwirklicht, schon damals alle 32 Sonaten in Konzertmitschnitten zu veröffentlichen, wäre der Zyklus meines Erachtens noch besser geworden. Ich habe ihn in dieser Zeit u.a. mit einer großartigen Pastoral-Sonate und einer überwältigenden Hammerklaviersonate gehört, deren ganze Größe ich nie wieder so erlebt habe.
Christian