MEYERBEER: Les Huguenots – Kommentierte Diskographie
Meine Lieben,
"Die Hugenotten" sind leider nur sehr selten, eigentlich fast nie zu hören. Schließlich sind sie nicht nur extrem in den Anforderungen, sie verlangen auch nach einem großen Ensemble und einer entsprechenden Ausstattung. Dabei zählen sie zu den wahren Perlen der Opernliteratur. Authentisch ist bekanntlich die französische (und gewissermaßen auch die deutsche) Fassung. Aber italienisch gesungen entfaltet dieses Werk seine Wirkung nicht minder, vielleicht nicht gerade in der Sutherland-Corlelli-Version, aber zweifellos in dieser:
Label: BONGIOVANNI 1975(??, Datum der CD ist nicht eruierbar). Es handelt sich um eine Scala-Live-Aufnahme aus 1955. Leider, und das ist der große Wermutstropfen (man müßte eigentlich sagen: Wermutshumpen) ist sie gekürzt und sehr unvollständig (unter anderem fehlt der ganze Schluß). ich weiß nicht, ob das Absicht war (die kompletten "Hugenotten" aufzuführen, scheint ja direkt ein Ding der Unmöglichkeit), oder sind Teile des Originalbands nicht mehr kopierfähig gewesen.
Trotzdem: An dieser Aufnahme kommt meines Erachtens kein Meyerbeer-Liebhaber vorbei, denn Tullio Serafin übertrifft sich hier selbst, zieht alle Register seines Könnens, stimmt Orchester und Stimmen in einmaliger Weise aufeinander ab und gibt dieser Oper atemberaubende Spannung (und das ohne etliche Spitzentöne). Der Altmeister bewies hier wieder, daß er auf dem Opernsektor einfach genial war.
Wie nicht anders zu erwarten, stand ihm ein hochkarätiges Ensemble zur Verfügung. Ich möchte besonders die Königin Antonietta Pastoris hervorheben. Sie bietet zauberhaftes Timbre und blendende Musikalität. Lang und hoch möge sie leben (sie ist 1929 in Mailand geboren). Anna de Cavalieri (in ihrer amerikanischen Heimat besser bekannt als Anne McKnight) singt die Valentina sicher und routiniert, allerdings nicht so seelenvoll, wie ich das gern habe. Ein wenig fehlt ihr die Wärme. Als Raul (so der Name in der italienischen Form) glänzt Giacomo Lauri Volpi trotz seiner 63 Jahre, die man seinem Organ nicht anhört. Den Nevers gibt Giuseppe Taddei, den Marcello Nicola Zaccaria, den Saint Bris Giorgio Tozzi. Höchstnoten für alle! Nicht angegeben ist die ganz hervorragende Sängerin des Urbano (es gibt auch eine Cantus Classics-Edition, wo sie hoffentlich genannt ist - Kundige werden das vermutlich ergänzen).
Als Bonus hört man Lauri Volpi noch in Donizettis "Favorita", allerdings in unerfreulicher Tonqualität, sowie in zwei Aussschnitten aus dem "Trovatore". Im ersten singt Rolando Panerai als Luna Lauri Volpi freilich glatt an die Wand, im zweiten (aufgenommen in Amsterdam 1954) hört man - no na net - die Stretta. Technisch für Lauri Volpi keine Poblem, aber unangenehm effekthascherisch und fast möchte ich sagen, etwas zu sehr schmierenkomödiantisch, wenngleich das natürlich kein passender Terminus ist.
Täusche ich mich oder hat unser Rideamus nicht etwas zu dieser Aufnahme zu sagen?
Liebe Grüße
Waldi