JUGENDWERKE - nur für die Wissenschaft interessant?

  • und nicht zu vergessen: langgaards gewaltige 1. symphonie ...

    ein meisterwerk, geschrieben mit 14-17!!!!!!!

    wobei mir be ihm die jugendwerke wesentlicher besser gefallen als die späten ...auch das gibts ...

    Muss es sein? - Es muss sein!

  • Naaa ja, dazu habe ich mich schon an anderer Stelle ausgelassen: die 1. von Langgaard ist für sein Alter sicher beachtlich, aber kein Meisterwerk und vergleichsweise harmlos gegenüber der wirklich genialen "Sphärenmusik".

    Kater Murr schrieb mit viel british understatement, die Arriaga-Streichquartette seien hörenswert. Das 3. schrieb er mit 17 und ist definitv ein Meisterwerk und eines der edelsten der gesamten Gattung. :yes:

    :wink:
    Wulf

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Soweit ich sehe, wurden bisher noch nicht Rossinis sechs Streichersonaten genannt: Unter dem Vorbehalt, dass die Datierung auf der 1. Geigenstimme stimmt, hat er die 1804, also im Alter von zwölf Jahren innerhalb von drei Tagen komponiert. Immer wieder ein herrliches Hörvergnügen...

    Viele Grüße,

    Christian

  • und nicht zu vergessen: langgaards gewaltige 1. symphonie ...

    ein meisterwerk, geschrieben mit 14-17!!!!!!!

    wobei mir be ihm die jugendwerke wesentlicher besser gefallen als die späten ...auch das gibts ...


    Ganz recht!!! Rued Langgaards symphonischen Erstling kann man ohne Zweifel zu den Werken eines hoch- und frühbegabten Meisters zählen, bei dem von jugendlicher Stilunsicherheit rein gar nichts zu spüren ist!

    Diese I. mit dem Beinamen "Klippenpastorale" stellt sich als vollendetes und reifes Werk dar, das den damals 15- bzw. 16-jährigen dänischen Tonschöpfer bereits im Vollbesitz seiner kompositorischen und instrumentatorischen Fähigkeiten zeigt.
    Dabei präsentiert er sich in dem fünfsätzigen Koloss mit knapp 70 Minuten Spieldauer als Komponist eingängiger melodischer Erfindungsgabe sowie als brillanten Orchestrierer.
    In den enormen Steigerungen und gigantischen Höhepunkten zeigt sich vor allem sein Talent für effektvolle Dramatik, die in ihrer emotionalen Wucht an Mahlersche Symphonik gemahnt - andererseits offenbart sich in den ruhigeren Passagen, vor allem im 3. Satz mit der Bezeichnung 'Sagn' ('Legende'), Langgaards Sinn für nordische Mystik, in der er einen ganz eigenen träumerisch-geheimnisvollen Tonfall anschlägt.

    Die von Wulf ins Feld geführte 'Sphärenmusik' ist zwar ohne Frage ebenfalls ein weiterer bedeutender Höhepunkt im umfangreichen Oeuvre des Komponisten, jedoch aufgrund der vollkommen anders gearteten Stilistik kaum mit der I. Symphonie zu vergleichen und darüber hinaus nicht mehr explizit als Jugendwerk zu bezeichnen, geht also am Thema dieses Threads vorbei.

    Von den drei bislang existierenden Einspielungen kann ich einzig und allein die Chandos-Aufnahme unter Leif Segerstam empfehlen:

    Rued Langgaard (1893-1952):
    Symphonie Nr. 1 h-moll "Klippenpastorale" für Orchester, BVN 32 1908-09 (rev. 1909-11)
    Danish National Radio Symphony Orchestra, Leif Segerstam
    Chandos, 1993, 1 CD

    :wink:
    Johannes

  • Zitat

    Das Problem dürfte sein, dass fast nur die großen Genien geniale Frühwerke geschrieben haben, da aber eben diese Genien meist auch unüberschaubare Werkmassen hinterlassen haben, interessiert sich kaum einer für deren Frühwerke.

    ich möchte diesen Gedanken mal weiterführen: Wer sich nur für die "reifen" Werke von "großen Genien" interessiert, erfüllt alle Definitionen eines Mainstream-Hörers: Wer sich nur für das interessiert, was ohnehin alle gut finden, kann in seinem Urteil nichts falsch machen... Klassikradio...

    Was ist mit Leuten wie Pergolesi, der mit 26 Jahren gestorben ist..?

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • anderer Ansatz:

    Ist es nicht G E R A D E (fett, gesperrt gedruckt und unterstrichen!) die Musikwissenschaft, die gelegentlich dafür sorgt, daß Werke als "unreif", als "Gelegenheitsarbeit" und dergleichen mehr etikettiert werden?????

    Beispiele gefällig? Jahns Mozartbuch und Köchels "systematisches" Verzeichnis (Anführung bewußt gesetzt)...

    Arie "Per questa bella mano" KV 612 (das wäre sogar ein Werk aus dem Todesjahr Mozarts, also alles andere als ein "Jugendwerk"): Jahn: "Für den Bassisten Gerl, welcher den Sarastro in der Zauberflöte sang, componirte er (8. März 1791) eine Arie Per questa bella mano mit obligatem Contrabaß, der von Pischlberger mit außerordentlicher Virtuosität gespielt wurde. Diese Zusammenstellung kann allerdings etwas an die Schikanedetschen Effecte erinnern, und das Interesse der Arie ruht wesentlich auf der Virtuosität des Contrabassisten, die aber doch in sehr enge Grenzen eingeschlossen ist und mit dem Violoncell nur zu ihrem Nachtheil zu wetteifern versuchen kann. Diese Beschränkung hat denn auch auf die Singstimme einigen Einfluß geübt, da Mozart von dem Gesetze ein in sich übereinstimmendes Ganze zu schaffen auch hier nicht ablassen wollte; und so ist, abgesehen von jener Curiosität, die Arie zwar gefällig und für eine kräftige Baßstimme auch dankbar, aber nicht bedeutend - kurz, sie ist als ein durch besondere Voraussetzungen bedingtes Gelegenheitsstück anzusehen."

    unbedeutendes Gelegenheitsstück...

    Missa brevis in G, KV 140: Köchel: "Während mehrere Musikfreunde und Musikdirectoren diese Messe für echt und gut Mozartisch halten, hält O. Jahn [...] dieselbe ihres geringen inneren Werthes wegen für unterschoben." Jahn: "Diese Messe ist so durchaus oberflächlich und leichtfertig und zeigt so gar keine Spur Mozartscher Eigenthümlichkeit weder in der Erfindung noch Ausführung bei großer Gewandtheit und Fertigkeit, daß sie unmöglich für echt gelten kann. Dazu kommen auch manche auffallende Abweichungen von seiner Weise z.B. daß das Gloria im 6/8 Tact beginnt und von Laudamus im 3/8 Tact fortgeht bis zu Ende." Später hat sich auch Köchel davon distanziert: ...zur Ausscheidung... und bis 1958 (4. Ausgabe/Alfred Einstein) als ...untergeschoben...

    Missa brevis in C, KV 220, "Spatzenmesse": Alfred Einstein: ...Mozarts schwächstes kirchenmusikalisches Werk... allzu salzburgisch...

    Oder Spitta et al. über Telemann...: das wäre ein eigenes Kapitel...

    Telemann der geschmacklose Polygraph. Das wohlgemerkt zu einer Zeit, als die letzte dokumentierte Aufführung Telemannscher Werke fast ein Jahrhundert zurücklag und seine Werke in den Archiven verstaubten.

    Oder auch anders herum: nehmen wir doch mal die tollen wissenschaftlichen Gutachten, die dazu geführt haben, daß in Berlin seinerzeit VIEL Geld für den vorgeblichen Flügel Bachs ausgegeben wurde (ok: man wollte es so...) oder die Werke BWV 141 - 160 - 218 - 219 - 231 - 586 - 840, die allesamt vom vielgeschmähten Telemann sind, und nicht von Bach, und wo bei - ich glaube BWV 160 (ich weiß daß mein Erlöser lebt) Spitta eben diese Kantate als Beispiel für die Genialität Bachs im Gegensatz zu der Plattheit Telemanns nimmt...

    ...und der Rest der Welt schwätzt es einfach nach, 100, 150 Jahre... denn solche Urteile haben nun auch noch das Odium der Wissenschaftlichkeit. Abschreiben bei einer "Autorität" war halt schon immer allemal einfacher, als sich selbst zwecks eigener Urteilsbildung in die Archive zu bemühen oder gar das dort gefunde Material mal zu spielen.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Hallo,

    ob es sich um höchste Qualität handelt, weiß ich nicht. Aber R. Schumann schrieb darüber:
    „Hut ab, Ihr Herren, ein Genie...“
    Wenn ich mich nicht irre, nahm R. Schumann Bezug auf das Werk innerhalb einer Rezension.

    F. Chopin: "2 Variations sur 'Là ci darem la mano de Don Juan' de Mozart” für Klavier und Orchester B-Dur von 1827/1828. Da war F. Chopin 17/18 Jahre alt.

    Dieses Werk gefällt mir sehr gut in der Aufnahme mit C. Arrau, E. Inbal, London Philharmonic Orchestra.

    Bis dann.

  • Dann gibt es da auch noch das Phänomen, dass ein Komponist so jung gestorben ist, dass er nichts anderes als Jugendwerke hinterlassen hat - Jadin, Lekeu, Prinz Louis Ferdinand - da bleibt dem Publikum nichts anderes zur Auswahl. Die sind wiederum meist völlig im Orkus der Musikgeschichte verschwunden, oder waren es zumindest, bis sich einige Foren ihrer annahmen .

    Hallo Florian,

    den Prinz Louis Ferdinand würde ich hier aber nicht reinnehmen. Das was er hinterlassen hat, ist mehr als nur als „Frühwerk“ anzusehen. Seine Klaviertrios sind seiner Zeit weit voraus und erinnern teilweise an Chopins Klavierwerke.

    Viele Grüße
    corda vuota

  • Hallo Florian,

    den Prinz Louis Ferdinand würde ich hier aber nicht reinnehmen. Das was er hinterlassen hat, ist mehr als nur als „Frühwerk“ anzusehen. Seine Klaviertrios sind seiner Zeit weit voraus und erinnern teilweise an Chopins Klavierwerke.

    Viele Grüße
    corda vuota

    Liebe Corda Vuota,

    Florian meinte wohl, daß Louis Ferdinand mit ca. 34 starb und deshalb keine Möglichkeit hatte ein "Spätwerk" zu hinterlassen - einige Werke von Lekeu haben ja auch "Spätwerk-Charakter" obwohl dieser in seinem 24ten Jahr starb. Zu Jadin kann ich leider nichts sagen da ich bisher nur den Namen kenne.

    Gruß aus Wien,

    Bernhard


    "Alles Syphilis, dachte Des Esseintes, und sein Auge war gebannt, festgehaftet an den entsetzlichen Tigerflecken des Caladiums. Und plötzlich hatte er die Vision einer unablässig vom Gift der vergangenen Zeiten zerfressenen Menschheit."
    Joris-Karl Huysmans

  • Noch ergänzend möchte ich erwähnen, das Prinz Louis Ferdinand von Preußen (1772-1806) in der Schlacht von Saalfeld fiel. Sie ging der Niederlage Preußens gegen das napoleonische Frankreich bei Jena voraus.
    So ist das wohl gewesen in den Königshäusern: Sehr gute musische und militärische Ausbildung gingen Hand in Hand. Leider hatte dies für die Nachwelt zur Folge, dass der Prinz mit nur 34 Jahren starb. Wie ich finde, ein großer Verlust, da ich just beim Schreiben hier das Andante mit Variationen in B-Dur, op.4 höre. Eine Einspielung des Trio Parnasus, die ich nur empfehlen kann! (ich muss mal schauen, wie das mit dem Cover-Verlinken funktioniert.)

    Hallo Bernhard,

    ja es ist wirklich schade, das sein musikalisches Wirken so abrupt endete. Ein Spätwerk wäre sicher spannend und sehr bereichernd für die Nachwelt geworden.

    Cora vuota

  • Da fällt mir doch sofort die Symphonie in C von Georges Bizet ein. Insbesondere den langsamen Satz mit seinem herrlichen Kontrapunkt finde ich mehr als beachtenswert.

    ... Alle Menschen werden Brüder.
    ... We need 2 come 2gether, come 2gether as one.
    ... Imagine there is no heaven ... above us only sky

  • [Blockierte Grafik: http://www.amazon.de/gp/product/images/B001PVWX9O/ref=dp_image_z_0?ie=UTF8&n=290380&s=music]

    Mal sehen ob's jetzt klappt!

    Offensichtlich nicht. Vielleicht hat mir jemand einen Tipp, wie ich die Verlinkung hinbekomme. Ich hab unter den Hilfethemen recherchiert und mich an die Anweisung gehalten. Ergebnis siehe oben. Ansonsten bitte ich den Admin, dies hier wieder zu löschen, danke.

    [Liebe corda vuota, so geht's:

    Einfach bei Amazon die ASIN-Nr. in Deinen Beitrag kopieren, dann markieren und auf den Amazon-Button klicken - fertig. Da Amazon-Bilder nicht immer funktionieren: Entsprechend geht es bei JPC, dort mit der Bestellnummer. Im Quellcode sieht das dann so aus (Leerstellen entfernen!): [am ]B001PVWX9O[/am ] bzw. [jpc ]1041822[/jpc ]

    :wink:
    Gurnemanz

    PS: Sehe grad, Algabal war schneller. Macht nichts, ich laß es mal stehen.]

  • Mal sehen ob's jetzt klappt!

    Offensichtlich nicht. Vielleicht hat mir jemand einen Tipp, wie ich die Verlinkung hinbekomme. Ich hab unter den Hilfethemen recherchiert und mich an die Anweisung gehalten. Ergebnis siehe oben. Ansonsten bitte ich den Admin, dies hier wieder zu löschen, danke.


    So klappt's! Geh mal auf meinen Beitrag zitieren und schau, wie der Code eingestellt.

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Hallo Algabal,

    Danke für den Tipp! Da schau ich doch gleich mal und versuche noch was nachzulegen. Es ist nämlich wirklich so, dass Prinz Louis Ferdinand dank dem Trio Parnassus dem Vergessen entrissen wurde. So bleibt er hoffentlich nicht nur eingeweihten bekannt. Ich denke, die Pianisten hier im Forum werden mir beipflichten, wenn ich sage, dass seine Trios recht anspruchsvoll sind.

    Viele Grüße

    corda vuota

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