Bach: Die Kunst der Fuge

  • nun HIP ist, ist mir persönlich ziemlich egal; das Ergebnis ist mitreißend und bewegend - und wie da die letzte Fuge einfach so abbricht, geht schon sehr nahe.


    Mir gefallen da die Sachen wo schon fast dreist Instrumentiert, und Bezüge zu anderen barocke Gattungen und Stilen aufgegriffen werden: wie die Contrapuncti 5,6,9 und 18.

    LG
    Tamás
    :wink:

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Eine Einspielung, auf die ich hinweisen möchte, ist die des Keller Quartetts.

    Ich hatte beim Erscheinen dieser damals von der Kritik sehr gelobten CD nur die Aufnahme von K. Gilbert. Entsprechend revolutionär klang diese Streichquartettfassung für mich, in der überdies gestalterisch sehr variabel gespielt wird. Wer nur Tasteninstrumentaufnahmen kennt, sollte mal hinein hören.

    Zwar kenne ich nicht die CD, aber ich habe das Keller Quartett vor einigen Tagen live mit der Kunst der Fuge im Konzert gehört. Die Interpretation hat mir gut gefallen, besonders weil das Keller Quartett offensichtlich einen großen Wert darauf legt, bei jeder einzelnen Fuge bestimmte Emotionen deutlich herauszuarbeiten und eindringlich darzustellen. Das Keller Quartett räumt mit dem Vorurteil, bei der Kunst der Fuge handle es sich nur um eine trockene akademische Musik, gehörig auf. Irritiert hat mich im Konzert nur, dass die erste Violine über lange Passagen sehr stark in den Vordergrund trat und die übrigen Stimmen nur wie Begleitung wirkten. Bach hat das sicherlich nicht so gewollt. Möglicherweise lag es aber auch nur an der Akustik.

    Viele Grüße
    Frank

  • Davitt Moroney, Kunst der Fuge, 1985 (1. Aufnahme)

    Auf meiner Ausgabe finde ich leider nicht angegeben, was er für ein Cembalo spielt. Kann mir da jemand weiterhelfen?

    Nähere Angaben zum Cembalo habe ich nicht gefunden.

    Davitt Moroney spielt auf einem Cembalo von John Philipps 1980 nach Andreas II. Ruckers (1646), ravaliert von Francois Blanchet (1756) und Pascal Taskin (1780).

    http://www.harmoniamundi.com/#/albums?id=138

  • Irgendwo in einem anderen Thread habe ich etwas über Sokolovs Aufnahmen der Kunst der Fuge gelesen - bei Youtube fand ich diese:


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    Herzliche Grüße

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Zwei Aufnahmen, die beide sehr extrem sind, möchte ich anfügen:
    Loeki Stardust Quartet Amsterdam. Sie spielen auf bis zu 5 Blockflöten, von Sopran bis Ultrabaß, oder wie auch immer man dieses Instrument nennt.

    Link korrigiert.
    audi

    Geradezu wahnwitzig ist ein junger Amerikaner, der die Kunst auf seiner E-Guitar -- ja -- "runterkracht". Mir fehlen die Worte, um es angemessen zu beschreiben. Man findet Herrn Ed Chang auf Youtube; einfach ART FUGUE und seinen Namen in die Suchmaschine eingeben; es müßten vier Teile gefunden werden.
    Warnung: Nicht über Kopfhörer genießen; noch tödlicher sind Kopfhörer und Rotwein!!
    Und auch wenn's nicht hierhin gehört: Geradezu präzise und ernsthaft sind seine Bearbeitungen der Streichquartette von Bartók und Janacek, zu finden auf ARCHIVE.ORG.

  • Lieber Cato,
    willkommen im Forum.
    Bitte mache Dich mit unseren FAQ vertraut, insbesondere mit unserer Coverbild-Verlinkungspraxis -> KLICK!

    Nur, wenn die Amazon- und JPC-Verlinkungen nicht funktionieren, kann (wie bei Kudo Akira) ausnahmsweise per Coverbild und img-Befehl verlinkt werden.

    Danke von der Moderation

    "...es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen." - Johannes Brahms

  • Anfängerfrage

    Danke für den Hinweis:

    Nach einigem Probieren ist es mir tatsächlich gelungen, das Cover einzufügen, so daß es auch erscheint. Ich vergaß im Capriccio-Fenster das Markieren der Nummer!

    Das heißt, "normale" Bilder aus dem Netz (von Komponisten, Dirigenten, was / wem auch immer) kann ich aber über die Funktion "Bild einfügen" einfügen, oder????

  • Das heißt, "normale" Bilder aus dem Netz (von Komponisten, Dirigenten, was / wem auch immer) kann ich aber über die Funktion "Bild einfügen" einfügen, oder????


    Leider nein, denn diese gelten als scharfe Links, und überdies sind unsere Abbildungs-Richtlinien sehr streng und erstrecken sich auf alles Bidmaterial, ob copyright-geschützt oder nicht.
    Auch das ist nachzulesen in unseren FAQ -> KLICK!

    "...es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen." - Johannes Brahms

  • im Lieblingskomponistenfaden angeregt zum yt-Spaziergang fand ich ein Video mit Probe der KdF von Hermann Scherchen in eigener Instrumentierung (fast 1 Std.)

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • in einem anderen Faden kam die Besetzungsfrage der KdF zur Sprache; wg. OT dort setze ich hier fort.

    In einem Punkt muß ich mich korrigieren: die von mir genannte Tradition des "Kunstbuches" wird eher mit dem Musikalischen Opfer als mit der KdF in Zusammenhang gebracht.

    Zur Besetzungsfrage ist der Wikipedia-Artikel "Kunst der Fuge "
    "https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Kunst_der_Fuge"

    recht ergiebig , ich zitiere daher einfach die einschlägigen Abschnitte :

    Zitat

    Zugleich folgte er [Bach] damit der alten Tradition, polyphone Tastenmusik in Partitur zu notieren, welche ihre Blüte im 17. Jahrhundert erlebt hatte und Werke namhafter Komponisten wie Frescobaldi, Scheidt, Froberger, Buxtehude und Kerll aufweist.

    Zitat

    Mus. ms. autogr. Bach P 200, Beilage 3 (ca. 1749): Auf fünf einzelnen Blättern ist der unvollendete Contrapunctus 14 nicht in Partitur, sondern auf ein „Klaviersystem“ (zwei Systeme pro Akkolade) notiert. Das Stück bricht mitten auf der Seite 5 ab, es folgt von der Hand Carl Philipp Emanuel Bachs der Vermerk: „Ueber dieser Fuge, wo der Nahme BACH im Contrasubject angebracht worden, ist der Verfasser gestorben.“ Auf der Rückseite des vierten Blattes stehen Korrekturen, wohl ebenfalls von Carl Philipp Emanuel Bach.

    Zitat

    Heute ist die Tasteninstrument-These wissenschaftlich nicht mehr ernsthaft umstritten. So führt etwa Christoph Wolff in seiner 1987 erschienen Klavierausgabe des Bachschen Werkes aus:
    „Die tasteninstrumentale Bestimmung der Kunst der Fuge ergibt sich […] nicht nur aufgrund ihres historischen Kontextes (Partiturnotation polyphoner Tastenmusik galt seit Scheidt und Frescobaldi als Konvention), sondern insbesondere aus ihrer Faktur, die konsequent auf Manualiter-Spielbarkeit Rücksicht nimmt.“

    Zitat

    1838 erschien das Werk beim C. F. Peters Musikverlag in einer auf zwei Systemen notierten Ausgabe von Carl Czerny, der Fingersatz sowie Vortrags- und Tempobezeichnungen nach eigenen Vorstellungen hinzufügte. Bis 1874 wurden davon 20.000 Exemplare verkauft.

    Zitat

    Die Kunst der Fuge galt bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts unangefochten als Klavierwerk, wenngleich als ein solches, das nicht eigentlich zur Aufführung, sondern vielmehr zum Studium bestimmt war.

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  • Eine Deutung, die evtl. oben schon genannt wurde, ist, dass die Kunst der Fuge "Clavierübung V" hätte werden sollen.

    Allerdings gibt es schon von Mozart (wobei die Autorschaft nicht gesichert ist) Bearbeitungen von Fugen aus dem WTK und der KdF für Streichtrio bzw. Quartett. Was wegen der Parallele freilich auch eher dafür spricht, dass Mozart und seinem mutmaßlichen Publikum (Van Swieten u.a.) klar war, dass die KdF ebenfalls eigentlich ein Clavierwerk ist.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Allerdings gibt es schon von Mozart (wobei die Autorschaft nicht gesichert ist) Bearbeitungen von Fugen aus dem WTK und der KdF für Streichtrio bzw. Quartett


    darauf bin ich soeben auch gestoßen ; wobei ich auch bemerkenswert finde , daß sich unter den seinerzeit in Wien rezipierten Bachwerken nicht nur WtK, sondern auch zumindest Teile der KdF befunden haben.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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  • Es gab anscheinend Kopien gesammelter Fugen, d.h. die aus dem WTK teils auch ohne Präludien, deswegen komponierte (wahrscheinlich) Mozart (oder eben der unbekannte Arrangeur) neue Adagios als eine Art Präludien zu diesen Fugenbearbeitungen. Ich finde die hörenswert.

    Lockwood erwähnt in seinem Beethoven-Buch, was Beethoven im frühen 19. Jhd. vorgelegen hat: Inventionen, WTK, Kunst der Fuge, Goldbergvariationen, evtl. Teile der h-moll-Messe (er fragte mehrmals bei Verlagen danach an, man weiß aber anscheinend nicht genau, ob er jemals etwas erhalten hat). Die Johannespassion wird oft in Verbindung mit dem "Rezitativ" in op.110 genannt, eine Kenntnis Beethovens ist aber wohl nicht nachzuweisen (eher kannte er Chromat. Fantasie & Fuge). Die Kunst der Fuge lag jedenfalls im frühen 19. Jhd. auch gedruckt vor und scheint (unter Musikern) kaum weniger bekannt gewesen zu sein als das WTK.

    Die bekannteste Hommage ist vermutlich das Finale der e-moll-Cellosonate von Brahms, das recht eindeutig auf den Gigue-ähnlichen Contrapunctus (10?) und evtl. noch einen weiteren Bezug nimmt.

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  • Es gab anscheinend Kopien gesammelter Fugen, d.h. die aus dem WTK teils auch ohne Präludien, deswegen komponierte (wahrscheinlich) Mozart (oder eben der unbekannte Arrangeur) neue Adagios als eine Art Präludien zu diesen Fugenbearbeitungen

    ich hatte die Vorstellung, das hätte den einfachen Grund, daß die Satzweisen der Präludien sich normalerweise viel weniger zur Darstellung durch Streichtrio/-quartett eigenen als die Fugen. Zumindest müßte ja die Vorstellungen dagewesen sein , daß die Präludien gggf. "fehlen", also eigentlich dazu gehören.

    Die Kunst der Fuge lag jedenfalls im frühen 19. Jhd. auch gedruckt vor und scheint (unter Musikern) kaum weniger bekannt gewesen zu sein als das WTK.


    genau.

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  • Was wegen der Parallele freilich auch eher dafür spricht, dass Mozart und seinem mutmaßlichen Publikum (Van Swieten u.a.) klar war, dass die KdF ebenfalls eigentlich ein Clavierwerk ist.

    Du hattest auch angemerkt, dass es verschiedene Numerierungen gibt.
    Bei Bärenreiter wird Kanon mitgezählt => 1 bis 18 aber Zählung der Handschrift und irgend einer Erstausgabe variiert auch ... diese Zählereichose ist mir zu trocken + mühsam => hab mir Contrapunctus 1 bis 14 angewöhnt und Kanon eben extra...

    Zitat
    Heute ist die Tasteninstrument-These wissenschaftlich nicht mehr ernsthaft umstritten. So führt etwa Christoph Wolff in seiner 1987 erschienen Klavierausgabe des Bachschen Werkes aus:
    „Die tasteninstrumentale Bestimmung der Kunst der Fuge ergibt sich […] nicht nur aufgrund ihres historischen Kontextes (Partiturnotation polyphoner Tastenmusik galt seit Scheidt und Frescobaldi als Konvention), sondern insbesondere aus ihrer Faktur, die konsequent auf Manualiter-Spielbarkeit Rücksicht nimmt.“

    Flügel bzw. Klavier hat doch bereits einen erheblicher Unterschied zum Cembalo.
    Und WTK, Gouldbergvariationen werden auch – womöglich häufiger - durch Klavier aufgeführt und eingespielt.

    Also das rechtfertigt für mich Versuche die KdF auch für andere Instrumente einzurichten und auszuführen.
    KdF-Cembalo-Einspielungen ließen mich bisher kalt, weil bisher wenig subtil, also oft sehr grob; Nuancen werden immer wieder dabei untergebuttert.

    KdF bildet für mich die unvergleichlich schönste und bewegenste Bach-Mucke überhaupt.

    Erste Begegnung mit KdF erfolgte durch Live-Mitschnitt: Klavier mit Koroliov. Mucke packte einen überfallartig, blieb auch lange KdF-Favorit .

    Dank Youtube erschnüffelte ich – gleich einem blutgierigen Vampir - die Streichquartettversion mit dem 1/2 Quartetto Italiano (Bergamo 1985, live) => besagte Teuer-Einspielung wurde umgehend beschafft.

    Zahlreiche Zusammenhänge, Farben im Ausdruck sind m.E. weder durch Cembalo oder Klavier vermittelbar:

    http://www.youtube.com/watch?v=E8Kic2fDBTo“ 01:17:03
    z.B. beim Contrapunctus 12 a (quasi obere Noten-Hälfte bei Bärenreiter) gibt es am Ende eine kurze scheinbar beiläufige Figur im Bassschlüssel (sechzentel-zweieindreiigstel mit Fermate auf letztem Viertel) . Beim ½ Quartetto Italiano verliert sich aller oberflächlichen Eindruck eines bloß formalen Schlusses oder der von Beiläufigkeit, weil diese Figur durch verhaltenes, aber gleichzeitig engagiertes Cellospiel mit höchster Intensität sich auflädt.
    http://www.youtube.com/watch?v=E8Kic2fDBTo“ 01:21:20

    Und in der Spiegelfuge 12 b 01:21:34 kommt der (quasi gespiegelte) Schluss durch zarte Violine rüber wie ein unerreichbares fernes Echo.
    http://www.youtube.com/watch?v=E8Kic2fDBTo“ 01:25:52

    Der Eindruck, wie das Quartetto Contrapunctus 12 a und b insgesamt wiedergibt, lässt sich kaum in Worte fassen.


    z.B. nach dem leidenschaftlich-aggressiven Contrapunctus 6 in stylo francese
    http://www.youtube.com/watch?v=E8Kic2fDBTo“ 30:08
    folgt der Canon per Augmentationem und gerät zum einsam-fahlen, rückblickenden und schwermütigen Dialog ...
    http://www.youtube.com/watch?v=E8Kic2fDBTo“ 33:49

    z.B. verhalten geht das Quartetto den 2. Abschnitt von Contrapunctus 14 an, also das Thema in den Achteln.
    Durch Klang der Streicher ist es in resignierter Farbe getränkt.
    http://www.youtube.com/watch?v=E8Kic2fDBTo“ 01:34:30
    Dann flechtet sich das 1. Thema von Contrapunctus 14 variiert über Violine mit ein bzw. Abschnitte daraus und wird später vom Cello übernommen....

    Durch das Spiel vom Quartetto schlägt dieser Abschnitt quasi wie von selbst allmählich um in höchste Intensität. Nimmt sich wieder zurück, als könnte die Spannung doch noch besänftigt werden, um aber gezwungenermaßen weiterhin Atem schöpfen zum Aufbau erneuter schier unlösbarer Spannung . ....

    Die Streichquartettversion mit dem halben Quartetto Italiano bleibt KdF-Favorit.

    So wird einen die Auffassung der KdF als bloßes Lehrwerk für Fugen bzw. Kanons schlechthin nicht möglich, weil der schier unerschöpfliche Gehalt dieser Bach-KdF-Mucke verkürzende Klassifizierungen mühelos zerschlägt.

    Egal ob von Bach beabsichtigt oder nicht:
    wenn KdF einschmissen wird, dann quasi als ganzes Stück.
    Für mich kommen alle Teile zusammenhängend rüber; auch und vor allem durch ihre Kontraste zwischen den einzelnen Fugen und Kanons.
    Contrapunctus 14 ist für mich selbstverständlich am Ende der Wiedergabe zu setzen....

    Wie ist es überhaupt möglich dem unvollendeten Contrapunktus 14 noch einen Choral („Vor deinen Thron..“) folgen zu lassen; ohne damit diese unvergleichliche Mucke zu bagatellisieren; und nach diesem jähen und beklemmenden Abbruch....

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Wie ist es überhaupt möglich dem unvollendeten Contrapunktus 14 noch einen Choral („Vor deinen Thron..“) folgen zu lassen; ohne damit diese unvergleichliche Mucke zu bagatellisieren; und nach diesem jähen und beklemmenden Abbruch....


    wenn man davon ausgeht, daß kein am Stück aufzuführendes Großwerk intendiert war (egal, wie man es heute damit hält), dann war logischerweise der beigefügte Choral nicht als unbedingt am Ende zu spielen gedacht , sondern einfach bloß Zugabe.
    CPE Bachs eigene Worte:

    Zitat

    Der selige Herr Verfasser dieses Werkes wurde durch seine Augenkrankheit und den kurz darauf erfolgten Tod ausser Stande gesetzet, die letzte Fuge, wo er sich bey Anbringung des dritten Satzes namentlich zu erkennen giebet, zu Ende zu bringen; man hat dahero die Freunde seiner Muse durch Mittheilung des am Ende beygefügten vierstimmig ausgearbeiteten Kirchenchorals, den der selige Mann in seiner Blindheit einem seiner Freunde aus dem Stegereif in die Feder dictirert hat, schadlos halten wollen.“

    also man darf sich da vielleicht so einen Dialog vorstellen:

    Kaufinteressierter:
    mh, moment, das Ding ist ja gar nicht fertig - also für mein gutes Geld ...
    CPE Bach: ja, leider war es Verf. nicht vergönnt , die letzte Fuge zu Ende zu bringen , aber dafür gibt's als Extrbonus einen vom selben Verf. aufs kunstreichste ausgeführten Choral ..
    Kaufinteressierter: na schön, das will ich mal akzeptieren ...

    ---
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  • also man darf sich da vielleicht so einen Dialog vorstellen:

    Kaufinteressierter: mh, moment, das Ding ist ja gar nicht fertig - also für mein gutes Geld ...
    CPE Bach: ja, leider war es Verf. nicht vergönnt , die letzte Fuge zu Ende zu bringen , aber dafür gibt's als Extrbonus einen vom selben Verf. aufs kunstreichste ausgeführten Choral ..
    Kaufinteressierter: na schön, das will ich mal akzeptieren ...

    das ist höchst nachvollziehbar, wenn um Kohle geht....
    .. aber quasi "prinzipiell" bleiben meine Vorbehalte gegen den Choral nach der Contrapunctus 14 -Mucke bestehen

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Die Streichquartettversion mit dem halben Quartetto Italiano bleibt KdF-Favorit.


    Auf jeden Fall danke für den Tipp!

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • Der Choral fehlt meiner Erinnerung nach auf fast allen meiner Aufnahmen.
    Die Ausnahme ist Scherchens (Wien/Westminster stereo) und der macht den so langsam und expressionistisch, dass es durchaus beeindruckend ist, selbst wenn es kaum zum Rest passt. Amfortas sollte jedenfalls mal eine der Scherchen-Aufnahmen/Mitschnitte sich reinziehen. Scherchen war nahezu besessen von dem Stück, hat um 1950 schon einmal die Vuataz-Fassung eingespielt und später eine eigene erstellt (in der teils die recto-inverso-Versionen des Themas Streichern bzw. Bläsern zugeordnet werden, damit man sie leichter erkennt). Dann gibt es noch einen oder zwei weitere Mitschnitte, wie den aus Toronto, zu dem die Probe auf Youtube gehören.

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    (B. Pascal)

  • Der Choral hat eine Frühfassung im Orgelbüchlein.

    Ein besonderer Gag ist, dass die erste Zeile der Melodie samt Verzierungen aus 14 Noten besteht und alle Zeilen zusammen 41 Noten haben. B+A+C+H=14, J+S+B+A+C+H= 41 (I=J, d. h. J=9, S=18).

    Ansonsten finde ich diese Choralbearbeitung offen gesagt schwach und eigentlich nur durch die Anekdote von C. Ph. E. Bach aufgewertet.

    Die Anekdote ist wohl erfunden, das wurde schon hier diskutiert.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

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