John Williams: Musik für die "Star Wars"-Filme - der "Nibelungen-Ring" der Filmmusik?

  • John Williams: Musik für die "Star Wars"-Filme - der "Nibelungen-Ring" der Filmmusik?

    Als George Lucas 1977 seinen Film "Star Wars" (deutscher Titel damals: "Krieg der Sterne") in die Kinos brachte, löste das Weltraum-Märchen gleich in vielerlei Hinsicht ein mediales Erdbeben aus, mit dem keiner gerechnet hatte - zuallerletzt wohl die Verleihfirma 20th Century Fox, die Lucas für Kürzungen der Regie-Gage die Marketing-Merchandise-Rechte überließ. Ein verheerender Fehler wie sich herausstellen sollte. Doch nicht nur in Sachen Marketing, Spezialeffekte, Tonsystem und Publikumgunst setzte der Film neue Maßstäbe, er sollte gleichsam auch eine neue Ära der (orchestralen) Filmmusik einläuten. Als Gegenpol zum futuristischen High-Tech-Spektakel ließ Lucas den zwar damals schon bekannten (2 Oscars für "Fiddler on the Roof" und "Der weiße Hai"), aber noch weit von späterem Weltruhm entfernten John Williams (Jahrgang 1932) einen in seinem musikalischen Idiom (spät-)romantischen Score schaffen, der dem Zuschauer etwas Halt inmitten all der fremden Wesen, fremden Welten, fernen Galaxien geben sollte. Was dabei herauskam, sollte der erste Teil einer Serie an Filmmusiken werden, die in ihrer Gesamtheit wohl als umfangreichstes und komplexestes Werk seiner Art gelten muss und der orchestralen Musik zu einem immensen Popularitätsschub verhalf. Für mich selber war diese Musik der Einstieg in die klassische Musik, ohne sie würde ich hier nicht diesen Beitrag schreiben.

    Für all diejenigen, denen die Sternen-Saga nicht genauer bekannt ist, hier noch einmal ein kurzer Überblick über die Filme. Ich liste sie dabei in ihrer narrativen Reihenfolge auf (die Teile 4-6 wurden zwischen 1977 und 1983 gedreht, die Vorgeschichte, Teile 1-3 erst 1999 bis 2005):

    STAR WARS: Episode I - The Phantom Menace (dt. Untertitel: "Die dunkle Bedrohung"), 1999, Regie: George Lucas
    STAR WARS: Episode II - Attack of the Clones ("Angriff der Klonkrieger"), 2002, Regie: George Lucas
    STAR WARS: Episode III - Revenge of the Sith ("Die Rache der Sith"), 2005, Regie: George Lucas
    STAR WARS: Episode IV - A New Hope ("Eine neue Hoffnung"), 1977, Regie: George Lucas
    STAR WARS: Episode V - The Empire Strikes Back ("Das Imperium schlägt zurück"), 1980, Regie: Irvin Kershner
    STAR WARS: Episode VI - Return of the Jedi ("Die Rückkehr der Jedi-Ritter"), 1983, Regie: Richard Marquand

    Zu jedem der 6 Filme komponierte John Williams die Musik, insgesamt kam dabei also ein Werk von etwa 12 Stunden heraus, als Klangkörper fungierte jedes Mal das London Symphony Orchestra, welches Williams bei den Aufnahmen auch stets selbst dirigierte. Williams hat für Star Wars einige der wohl bekanntesten und beliebtesten Filmmusik-Stücke aller Zeiten geschrieben, welche mittlerweile fest in der Populärkultur verankert sind. Was jedoch das eigentlich Einzigartige an der Komposition darstellt, ist neben ihrem schieren Umfang die konsequente und komplexe Verwendung der Leitmotiv-Technik im Stile von Richard Wagners "Der Ring des Nibelungen". Natürlich ist das Netz an Leitmotiven im Vergleich zu Wagners Epos nicht ganz so ausgefeilt und fein - man sollte dabei nicht vergessen für welchen Zweck die beiden Kompositionen jeweils geschaffen wurden und in welchem Zeitraum. Im Bereich der Filmmusik ist die Musik zur Star Wars-Saga allerdings ziemlich einmalig und lädt wie keine andere zur eingehenden Beschäftigung ein.

    Hier die beiden wohl bekanntesten musikalischen Themen aus der Saga:

    - Star Wars Main Theme (zugleich auch oft assoziiert mit der Figur Luke Skywalker und der Rebellen-Allianz): "

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    " (gespielt von den Wiener Philharmonikern unter Franz Welser-Möst)

    - Darth Vader's Theme / The Imperial March (Thema für die Figur des Darth Vader, teilweise auch für das galaktische Imperium): "

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    Nicht ganz so bekannt, aber ebenfalls sehr populär ...

    - Force Theme / Obi-Wan's Theme im Track "The Throne Room" (Thema für die die Figur des Obi-Wan und die mit ihm verbundene spirituelle "Macht"): "

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    - Love Theme for Han & Leia im Track "Han Solo and the Princess" (Liebes-Thema für die Figuren Han und Leia): "

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    - "The Asteroid Field" (Track für eine Verfolgungszene durch ein Asteroiden-Feld): "

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    - "Across the Stars" (Liebes-Thema für die Figuren Anakin & Padme): "

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    Das soll es für's erste sein. Ich werde versuchen, demnächst die einzelnen Soundtracks und das Leitmotiv-Geflecht genauer zu besprechen und würde mich freuen, wenn auch andere User über ihre Erfahrungen oder Eindrücke zu diesen Filmmusiken berichten könnten. Die Filme dürften ja immerhin ein paar Leute kennen ;+)

    DiO :beatnik:

    "Wer Europa in seiner komplizierten Verschränkung von Gemeinsamkeit und Eigenart verstehen will, tut gut daran, die Oper zu studieren." - Ralph Bollmann, Walküre in Detmold

  • Ich möchte ungern abschweifen, aber was den Titel Nibelungen-Ring der Filmmusik angeht, drängt sich mir ein anderer Name auf: nämlich Howard Shore mit dem Herrn der Ringe.
    Nicht nur wegen der inhaltlichen Parallelen im Film, sondern weil sich Howard Shore selbst auf Wagner berufen hat.

    So, jetzt dürft Ihr weiter John Williams huldigen, den ich auch ganz toll finde... :juhu:


    Schöne Grüße,
    Peter

  • Lieber Peter,

    selbstverständlich ist auch Howard Shores fantastische Komposition zur "Herr der Ringe"-Trilogie ein Glanzlicht der Filmmusikgeschichte, der auf jeden Fall auch einen Thread und eine Diskussion wert wäre. Ich besitze sowohl die Filme als auch die Soundtracks (allerdings leider nicht die Premium-Doppel-CD-Editionen, die später veröffentlicht wurden und auf denen die komplette Musik ist), bin aber insgesamt wesentlich vertrauter mit "Star Wars" und habe mich deshalb erst einmal auf jenes gestürzt. Wobei mir auch klar war, dass man bei Ring-Analogien im Filmbereich bestimmt gleich an Tolkiens und Jacksons Werk denkt :D

    Beste Grüße, DiO :beatnik:

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  • Oh ja, John Williams gehört für mich auf jedem Fall zu dem "Filmkomponistentriumvirat" der 1970er und 1980er Jahre, als da wären noch James Horner und der leider schon von uns gegangene Jerry Goldsmith.

    Natürlich ist auch mir schon in jungen Jahren aufgefallen, dass insbesondere die ganz hervorragende Musik zur Star Wars - Saga ausserordentlich viel von Wagners Leitmotivik profitiert hat.

    Diese Musik hat bei mir die Liebe zur Filmmusik massgeblich mitbegründet.

    Man stelle sich nur die Szene aus Episode IV vor, wo Luke auf seinem Geburtsplaneten den Sonnenuntergang bewundernd in seine Jedi-Zukunft blickt...

    An dieser Stelle möchte ich auch schon mal auf den Post-Star Wars John Williams hinweisen:

    Insbesondere möchte ich da die bezaubernden Musiken zu AI (mein geheimer JW-Favorit!), zu Jurassic Park (insbesondere den Track Journey To The Island) mit seinen beiden epischen Hauptmelodien und - natürlich - der fantastischen Musik zu Schindlers Liste erwähnen.

    Auch auf den Marsch zu den olympischen Sommerspielen in Los Angeles, sowie auf die subtile Inaugurationsmusik von Barack Obama sei an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen.

    Williams eher atonales Flötenkonzert hat bisher leider keinen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen.

    Doch nun zurück zur Rolle der Leitmotivik bei Star Wars:

    Bisher bin ich noch ein bisschen skeptisch, was den Erfolg der Verschweissung der drei erstgedrehten Teile (Episode IV bis VI) mit den erst kürzlich fertiggestellten Nachverfilmungen von Episode I bis III betrifft. Aber wie die musikalische Umsetzung der Metamorphose des jungen Anakin Skywalker zum hörigen Darth Vader mittels des dafür zuständigen Leitmotives gelungen ist darüber brauche ich mir mittlerweile keine Sorgen mehr machen: GROSSARTIG! In Episode III erklingt das Darth Vader-Motiv zum ersten Mal - ganz zaghaft auf einer Harfe vorgetragen. Es ist die Szene, wo 'Anakin wie ein Besessener eine Siedlung von Sandleuten niedermetzelt. Seinen musikalischen Höhepunkt findet das letztendlich zu einem richtigen Thema ausgeartete Darth Vader Musik im Darth Vader March. Man kann John Williams in der Tat auch eine gewisse Fähigkeit zur Musikdramatik nicht absprechen.

    Alles in Allem: Zumindest die musikalische Seite der nunmehr Hexalogie empfinde ich immer mehr für gelungen. Filmisch ist mir die Sache aber leider noch zu wenig aus einem Guss. Er wirkt auf mich immer noch ein bisschen hölzern der Übergang zwischen Episode III und Episode IV. Insbesondere die Story mit der Trennung von Luke und Leia finde ich irgendwo eigenartig, ich weiss nicht recht warum, aber das ist mir alles ein wenig zu konstruiert.

    Übrigens halte auch ich Howard Shores Herr der Ringe für leitmotivisch gelungen, auch wenn die Sache sich mir da nicht ganz so zwingend auftut. Aber das Entfachen der Signalfeuer das hat schon fast was von Siegfried.

    ... Alle Menschen werden Brüder.
    ... We need 2 come 2gether, come 2gether as one.
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  • Ich kann mich der Begeisterung über den Star-Wars-Soundtrack nur anschließen. Ganz insgeheim hoffe ich sogar, dass John Williams irgendwann mal eine Oper(ntrilogie) aus dem Material macht. Man wird ja noch träumen dürfen...

    "People are not wearing enough hats." - The Meaning of Life (Monty Python)

  • Nebenbei ist das Hauptthema zu "Star Wars" ja auch eine unverhüllte Hommage an Erich Wolfgang Korngold, es paraphrasiert das Thema aus "King's Row" und spielt auch auf "The private lives of Elizabeth and Essex" an.

    “There’s no point in being grown up if you can’t act a little childish sometimes” (Doctor Who, der Vierte Doktor)

  • Ja, das ist so eine Sache - aber die Musik von John Williams wird von vielen, teilweise sogar zu Recht als epigonal eingestuft.

    Dennoch kann man ihm einen ureigenen Stil niemals abstreiten. Diesem bleibt er auch in offensichtlich abgekupferten Sachen immer treu.

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  • Hallo Aquarius,

    auch ich bewundere eine ganze Reihe an John Williams-Scores (eigentlich fast alles), nicht nur "Star Wars". Darunter befinden sich die von Dir genannten "A.I." (einer meiner Filmmusik-Favoriten überhaupt) und "Schindlers Liste" (Meisterwerk), aber auch "Der weiße Hai", "Indiana Jones", "E.T." oder "München". Besprechungen zu diesen Scores können wir aber vielleicht in einen eigenen Thread zu John Williams verlegen.

    Zurück zu Star Wars: Die Entwicklung und Verwendung des Darth Vader-Motivs is phänomenal, auch wenn es bei seiner Einführung in Episode V meiner Meinung nach etwas zu penetrant eingesetzt wird. Die von Dir angesprochene Szene aus Episode III gehört aber glaube ich zu Episode II, jedenfalls findet dort das Massaker an den Sandleuten statt. Die kurz darauf folgende Szene, in der Anakin Padme von seiner Bluttat berichtet, ist in seiner Wechselbeziehung zwischen Handlung und Musik eine der faszinierensten Szenen der ganzen Saga überhaupt. Wie hier mit Hilfe des Vader-Motivs und des Dunkle-Seite-der-Macht-Motivs eine böse Vorahnung heraufbeschworen wird, das dürfte bei jedem, der mit dem semantischen Inhalt der Musik vertraut ist, eine Gänsehaut erzeugen. Das Vader-Motiv taucht indes übrigens zum ersten Mal schon in Episode I auf, als Yoda am Ende des Films gegenüber Obi-Wan Bedenken äußert, was die Zukunft Anakins angeht. Die letzten Noten des voll ausgespielten Themas für Anakin sind ja ebenfalls schon konkrete Anklänge an das drohende Schicksal.

    Was die Prequel-Filme ansich angeht, so habe ich im Bezug auf Episode I und II gemischte Gefühle, spreche ihnen aber im Gegensatz zu anderen Fans schon einen gewissen Wert zu. Episode III sehe ich dagegen bis auf Kleinigkeiten absolut positiv. Lucas hat hier sehr viel richtig gemacht und mich immer wieder durch seine erzählerische Konsequenz beeindruckt. Ich halte den Film innerhalb der Saga für den zweitbesten hinter Episode V (Das Imperium schlägt zurück).

    DiO :beatnik:

    "Wer Europa in seiner komplizierten Verschränkung von Gemeinsamkeit und Eigenart verstehen will, tut gut daran, die Oper zu studieren." - Ralph Bollmann, Walküre in Detmold

  • Ja, natürlich die Szene bei den Sandleuten ist aus Episode II - liegt einfach daran, dass ich die Filme schon längere Zeit nicht mehr gesehen habe :hide:

    Dass das Vader-Motiv schon in Episode I auftaucht, das habe ich noch gar nicht entdeckt - noch ein Grund mehr mich mal wieder dem Werk zuzuwenden.

    Um dem bisherigen Oevre dieses emsigen Meisters der Filmmusik-Komponisten gerecht zu werden werde ich gleich schon mal den Komponistenthread öffnen. Für das Einstellen von Werksbesprechungen habe ich momentan leider nicht genug Material greifbar - für solche Reviews braucht man Satz- äh Trackfolgen. Werde mich diesbezüglich wohl ab nächstem Wochenende im JW-Thread melden.

    Also dann später gibt es von mir mehr.

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  • Nebenbei ist das Hauptthema zu "Star Wars" ja auch eine unverhüllte Hommage an Erich Wolfgang Korngold, es paraphrasiert das Thema aus "King's Row" und spielt auch auf "The private lives of Elizabeth and Essex" an.

    Hallo Armin,

    danke für den Hinweis auf Korngolds Hauptthema für "King's Row", mit dem das Star Wars Main Theme in der Tat einiges gemein hat. Besonders in Episode IV findet man noch weitere Anleihen aus anderen Kompositionen der Vergangenheit. So scheint die Schlagwerk-intensive Musik für das Ende des Films von Gustav Holsts Planeten-Element "Mars - The Bringer of War" inspiriert zu sein. Kein Wunder, diente Musik aus "The Planets" doch anscheinend als Temp-Track (für alle, die mit Filmmusik nicht so vertraut sind: Temp-Tracks sind bereits bestehende Musikstücke, die temporär als Film-Soundtrack dienen, bevor mit der Komposition der originären Filmmusik begonnen wird, bzw. während diese in Entwicklung ist. Sie werden später meistens ersetzt). Man täte Williams aber sehr unrecht, würde man ihn als Plagiator hinstellen. Da gibt es ganz andere Kandidaten ...

    DiO :beatnik:

    "Wer Europa in seiner komplizierten Verschränkung von Gemeinsamkeit und Eigenart verstehen will, tut gut daran, die Oper zu studieren." - Ralph Bollmann, Walküre in Detmold

  • Der Star Wars-Kult treibt mitunter obskure Blüten. 1996 (also genau zwischen den beiden Film-Trilogien) gab es mit "Shadows of the Empire" eine Roman-Publikation, die die Ereignisse zwischen Episode V (Das Imperium schlägt zurück) und Episode VI (Die Rückkehr der Jedi-Ritter) behandelt. So weit, so unspektakulär. Auch das einige Videospiele auf Basis dieses Romans geschaffen wurden, ist nicht weiter verwunderlich. Als außergewöhnlich darf jedoch gelten, dass es einen Soundtrack (!) zum Roman gab. Eine interessante Idee, gewann die Welt des Romans doch durch die Musik an Plastizität und Unmittelbarkeit. Die Komposition stammte allerdings nicht von John Williams, der die Musik für alle Filme geschrieben hatte, sondern von dem US-amerikanischen Komponisten Joel McNeely (*1959). McNeely hatte von 1993 bis 95 Musik für die TV-Serie "Die Abenteuer des jungen Indiana Jones" komponiert, eine Serie, die auf einer Idee des Star Wars-Erfinders George Lucas basierte. Die große Frage war nun: Kann McNeely eine Musik schreiben, die perfekt ins Star Wars-Universum passt, dabei aber kein bloßer Williams-Plagiator sein? Die Zweischneidigkeit dieses Kompositionsauftrags war offensichtlich. Doch McNeely bestand die Prüfung mit Bravour. Seine Arbeit für "Shadows of the Empire" braucht sich vor dem Werk John Williams mitnichten zu verstecken. McNeely schaffte es, auf der einen Seite das typische musikalische Idiom des SW-Universums zu treffen, dabei aber auch eigene Elemente einfließen zu lassen, Elemente, die sich gut in die Musik der Filme einfügte.

    Ganz kurz zur Ausgangslage des Romans: Am Ende von Episode V wurde Han Solo in Karbonit eingefroren und dem Kopfgeldjäger Boba Fett übergeben. Prinzessin Leia versucht mit der Hilfe von Luke Skywalker, Lando Calrissian und dem Schmuggler Dash Rendar den Kopfgeldjäger zu stellen und seine kostbare Fracht zurückzugewinnen. Unterdessen buhlt Xizor, Anführer der einflussreichen Untergrundorganisation Black Sun, um die Gunst des Imperators und versucht Darth Vader bei ihm in Misskredit zu bringen.

    Der Soundtrack wurde eingespielt vom Royal Scottish National Orchestra & Chorus unter der Leitung von Joel McNeely.

    Titel-Folge: (Erfreulicherweise gibt es den gesamten Soundtrack bei YouTube)

    1. Main Theme and Leia's Nightmare (3:41): "

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    2. The Battle of Gall (7:59): "
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    3. Imperial City (8:02): "
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    4. Beggar's Canyon Chase (2:56): "
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    5. The Southern Underground (1:48): "
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    6. Xizor's Theme (4:35): "
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    7. The Seduction of Princess Leia (3:38): "
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    8. Night Skies (4:17): "
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    9. Into the sewers (2:55): "
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    10. The Destruction of Xizor's Palace (10:44): "
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    Der Soundtrack beginnt obligatorisch mit dem Star Wars Main Theme und leitet dann in die Passage "Leia's Nightmare" über, in der hauptsächlich John Williams musikalisches Material aus der Karbonit-Kammer-Szene aus "Das Imperium schlägt zurück" verwendet wird, was ja auch dem Inhalt von Prinzessin Leias Alptraum in der Roman-Szene von "Shadows of the Empire" entspricht. Der erste Track bietet also fast nichts Neues.

    Schon im zweiten Track "The Battle of Gall" geht es aber ans Eingemachte, ein großes musikalisches Schlachtgemälde in bester SW-Manier. Der Rebellen-Rettungstrupp gerät in ein erstes großes Feuergefecht mit den Truppen des Imperiums. Dabei schafft es McNeely souverän, keine eintönige 08/15 Action-Musik zu präsentieren, sondern gibt dem Track eine sehr differenzierte Dramaturgie was Tempo, Rhythmik und Instrumentation angeht. Interessant gleich der Beginn, bei dem zunächst ein eher ätherisch-mysteriöser Klang-Teppich erzeugt wird, der dann kurz darauf mit brachialen Posaunen kontrastiert wird. Bei 2:22 finden sich Anklänge an John Williams Musik für den Film "Hook" (Track "Flight to Neverland"). Bereits in diesem Titel zeigt sich aber, dass McNeely keine Problem damit hat, eigene geschmackvolle Melodien zu finden und sie in das SW-Idiom einzubinden. Ein fantastischer Titel mit viel Abwechslung!

    "Imperial City" knüpft an die ersten Takte von "The Battle of Gall" an und baut mit ruhigen Streicherklängen, einem dezenten Frauen-Chor-Einsatz, Solo-Trompete und Harfe einen introvertierten, mysteriösen, irgendwie auch leicht exotischen Klangteppich, der dann um Minute 3 herum durch prägnante Pauken & Trompeten eine erste Zäsur erfährt und dem Hörer einen Eindruck von der Ehrfurcht gebietenden Kulisse der imperialen Hauptstadt gibt. Nun kommt neben den Frauen auch der männliche Teil des Chores zum Einsatz. Bei 5:08 folgt ein kurzes, aber sehr schönes "klagendes" Oboen-Solo, das kurze Zeit später hörenswert mit einer Solo-Violine kontrapunktiert wird bevor ein wunderbar warmes, spät-romantisches Streicher-Thema den Höhepunkt des Tracks einläutet. Wie schon "The Battle of Gall" ein exzellent aufgebauter Track, ganz tolle Musik!

    Im Kontrast dazu bietet McNeely mit dem nun folgenden "Beggar's Canyon Chase" ein süffiges Scherzo auf, welches eine Verfolgungsjagd auf Motorrad-ähnlichen, schwebenden Vehikeln auf dem Wüstenplanet Tatooine unterlegt. Luke Skywalker wird dort in letzter Sekunde von Dash Rendar aus einer misslichen Lage gerettet, was sich bei 2:35 musikalisch im ersten triumphalen Doppel-Statement von Dash Rendars Motiv/Thema wiederspiegelt. Ein fetziger Track.

    Ruhiger geht es dann wieder in "The Southern Underground" zu. Ein kurzer, recht unspektakulärer Track ohne großen Knall, der mir aber trotzdem durch seine dezente, aber sehr schöne Melodie-Führung gefällt.

    Track 6 führt das zentrale, neue Charakter-Motiv von "Shadows of the Empire" ein, ein Thema für Xizor, den Chef der Geheimorganisation "Black Sun".Zumindest die ersten 80 Sekunden des Titels dürften für SW-Ohren zunächst einmal recht gewöhnungsbedürftig sein (auch wenn Teile davon in der Rhythmik an die Musik für die Jawas in Episode IV erinnern) was Instrumentation, Rhythmik und vor allem die aggressiven, laut-starken Dissonanzen angeht. Mit dem folgenden Chor-Einsatz schwächt sich dieser Eindruck wieder etwas ab und eine ähnliche Chor-Passage wie bei 2:10 wird sich einige Jahre später in John Williams Trauer-Musik für "Episode I" wieder finden. Ein packendes, starkes Thema, das sich aber vielleicht nicht 100% organisch in das SW-Idiom einfügt, zumindest in der Art wie es in diesem Track ausgeführt wird.

    Auch "The Seduction of Princess Leia" bietet durchaus Neues im musikalischen SW-Universum, nämlich Walzer-Takt. Nicht unpassend für eine Szene in der Xizor versucht, Prinzessin Leia zu verführen. Die Melodie dieses Walzers lässt schon erahnen, dass hier nicht Friede-Freude-Eierkuchen getanzt wird, sondern ein Schurke seine Finger im Spiel hat. Sehr hörenswert, auch wenn man sich vielleicht etwas Motiv-Arbeit mit den Themen für Xizor, Leia und Han/Leia gewünscht hätte.

    Dagegen ist der folgende Track "Night Skies" nicht nur wunderschön anzuhören, sondern bietet auch ausgiebige Motiv-Arbeit. So werden neben atmosphärischen Anklängen an die Tracks "The Battle of Gall" und "Imperial City" geschickt die Motive für Xizor, Darth Vader und die "Macht" miteinander verknüpft. Die Klangfarben und der dezente Chor beschwören eine authentische nächtliche Großstadtstimmung herauf.

    Der vorletzte Track auf der CD ist wahrscheinlich auch der mit Abstand schwächste. "Into the sewers" ist ein recht monotones Stück mit dissonantem Finale, welches man vielleicht gerne mal überspringt.

    Der Schlusstitel "The Destruction of Xizor's Palace" bietet aber glücklicherweise einen fulminanten und würdigen Abschluss des Werkes. In Länge und Struktur schließt er an "The Battle of Gall" vom Anfang der CD an, wirkt aber gerade durch den intensiven Chor-Einsatz noch einen Tick epischer. Stellenweise erinnert der Gesang ein bisschen an Orffs "Carmina Burana". Das Stück hebt sich damit von Williams Kompositionen für die Episoden IV-VI ab, in denen der Chor sehr zurückhaltend eingesetzt wurde, nimmt aber gleichzeitig schon ein Element der Musik für Episode I und III vorweg, für die John Williams mit "Duel of the Fates" und "Battle of the Heroes" zwei markante Chor-Stücke schrieb.

    FAZIT: Auch wenn die Musik nicht von Meister Williams persönlich stammt und sich letztlich relativ wenig bekannte Motive finden, ist McNeelys Komposition doch ein absoluter Hörgenuss und hat einen Platz im SW-Musik-Universum mehr als verdient.

    DiO :beatnik:

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  • schöner Review - habe diese Musik schon laaaange nicht mehr gehört. Nun schwebt sie aber schon mal vor meinem geistigen Ohr.

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  • Ich möchte an dieser Stelle auch noch auf einen interessanten Online-Artikel von Kristian Evensen hinweisen, in dem er die Star Wars-Saga und den "Ring des Nibelungen" auf mehreren Ebenen - unter anderem der musikalischen - vergleicht: "The Star Wars series and Wagner's Ring: Structural, thematic and musical connections". Einige der Parallelen wirken etwas bemüht, die meisten sind jedoch recht schlüssig. Auf jeden Fall ein lesenwerter Artikel.

    DiO :beatnik:

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  • Bei YouTube habe ich eine sehr interessante englisch-sprachige Doku über Williams und den Entstehungsprozess der Musik zu Episode V (Das Imperium schlägt zurück) gefunden. Neben der Musik für "Das Imperium schlägt zurück" werden noch eine ganze Reihe anderer Williams-Filmmusiken besprochen und ein kleines, sehr schönes Porträt des Komponisten gezeichnet. Die Bild- und Tonqualität ist leider suboptimal (vermutlich Transfer von einem TV-Mitschnitt auf VHS), aber noch brauchbar. Die Doku ist bei YouTube in 6 Teile aufsplittet:

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    Der sechste Teil ist leider in Deutschland wegen Inhalt von Sony Music Entertainment nicht abrufbar.

    DiO :beatnik:

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  • So, dann schreibe ich mal wieder ein paar Zeilen ... aber bevor ich das mache, möchte ich noch darauf hinweisen, dass in diesem Thread potentielle SPOILER-GEFAHR :!: für diejenigen herrscht, die die Filme, bzw. die Geschichte noch nicht kennen. Wer also tatsächlich noch nix von "Star Wars" weiß und sich einen der spektakulärsten Plot-Twists der Filmgeschichte erhalten möchte (geht allerdings auch nur noch, wenn man die Filme in der Reihenfolge anschaut, in der sie rauskamen, sprich: Teile IV bis VI zuerst), der möge meine (und vielleicht auch andere) Beiträge in diesem Thread in Zukunft mit Vorsicht genießen ...

    Nun aber ...

    Was mir an der von John Williams verwendeten Leitmotiv-Technik in "Star Wars" besonders gefällt, ist, dass die Motive im Gegensatz zu der sonst üblichen Verwendung dieser Kompositionstechnik im Filmmusik-Bereich

    a) nicht nur mehr oder weniger unverändert wiederholt werden, sondern variiert, erweitert und musikalisch ansprechend und sinnvoll in den Gesamt-Score eingebettet werden,

    b) nicht immer ausschließlich eine singuläre, sofort in seiner Gänze erfassbare Semantik haben und

    c) eine Figur auch mehrere Motive haben kann, mit denen sie auf unterschiedliche Weise mit anderen Figuren, Symbolen oder "Thematiken" verbunden ist und in Wechselbeziehung steht.

    Der Figur des Anakin Skywalker / Darth Vader lassen sich z.B. im Laufe der Saga an die 10 verschiedenen Motive zuordnen, so etwas findet man in keinem anderen Film, keiner anderen Filmmusik - auch nicht in Howard Shores "Herr der Ringe"-Trilogie oder Max Steiners berühmter Musik für "Vom Winde verweht":

    In Episode I begegnen wir zunächst "Anakin's Theme", welches zwar an und für sich recht kindlich-harmlos - wenn auch schon tendenziell melancholisch - daherkommt, in den letzten Takten dann aber bereits die Saat des Bösen in sich trägt - man wird diese Töne später in weit deutlicherer und brachialerer Form wieder begegnen. Neben einem musikalischen Motiv, dass Anakin mit seiner Mutter verbindet, taucht kurz darauf das "Force Theme" - eines der zentralen und in seiner Art polysemantischen Motive der Saga - auf, als Anakins außergewöhnliche Begabung und seine mögliche, schicksalhafte Bestimmung ins Licht rücken.
    Während eine musikalische Assoziation mit der dunklen Seite in Episode I noch nicht wirklich stattfindet (sieht man einmal von einem kurzen Zitat des "Darth Vader Theme" am Ende des Films ab), tritt diese in Episode II unverhohlen zu Tage, nachdem Anakin das Massaker an den Sandleuten begangen hat. Die Assoziation geschieht gleich in doppelter Form, nämlich durch Verwendung sowohl des "Dark Side Theme" (auch als "Emperor's Theme" bekannt) als auch des "Darth Vader Theme", letzteres natürlich ein deutliches leitmotivisches Foreshadowing. Bereits kurz vor der Szene mit den Sandleuten heftet sich auch noch ein anderes musikalisches Motiv an die Figur des Anakin, als dieser sich auf den Weg macht, seine Mutter zu retten - das "Duel of the Fates-Theme" aus Episode I, ein Thema für den Kampf zwischen Gut und Böse. Die kurze Verwendung dieses Stücks an jener Stelle wurde von manchen als sehr unpassend empfunden, unterlegte es doch in Episode I den spektakulären Lichtschwert-Kampf zwischen Qui-Gon Jinn / Obi-Wan Kenobi und dem Bösewicht Darth Maul. Die Verwendung des Motivs ist tatsächlich aber durchaus sinnvoll, wenn man bedenkt, dass in dieser Szene zwar kein äußerlicher Kampf zwischen Gut und Böse vonstatten geht, wohl aber ein innerer in der Figur des Anakin, der an dieser Stelle des Films der dunklen Seite zum ersten Mal gefährlich nahe kommt, obwohl er eigentlich nur das Gute will, nämlich seine Mutter retten. Trotz alldem ist das zentrale neue Motiv in Episode II natürlich das "Love Theme", das für die Beziehung zwischen Anakin und Padmé steht, eines der schönsten Themen, die John Williams je geschrieben hat. Was George Lucas als Regisseur und Drehbuchautor gerade in Episode II nur leidlich bis gar nicht gelang, nämlich der Liebesgeschichte Glaubwürdigkeit zu geben und Mitgefühl zu erzeugen, das hat Williams fabelhaft hinbekommen. Auch wenn es zunächst etwas befremdlich anmutet, dass "Anakin's Theme" aus Episode I fast vollkommen verschwunden ist und durch das "Love Theme" ersetzt wurde - der doch recht große Zeitraum zwischen den beiden Teilen und die damit verbundene Entwicklung des Protagonisten dürfen hier als legitime Erklärung gelten.
    Umso erschütternder ist es dann, das Thema völlig unerwartet gegen Ende von Episode III noch einmal in einer gequält-verzerrten Variante kurz anklingen zu hören (mir ist die Existenz des Motivs an dieser Stell auch beim wiederholten Hören des Soundtracks aufgefallen), zu einem Zeitpunkt, an dem von dem kleinen niedlichen Jungen von damals absolut nichts mehr übrig ist. Neben dem langsam "absterbenden" "Love Theme" aus Episode II gibt es in Episode III auch noch zwei neue Motive, die mit Anakin in Verbindung stehen. Das eine ist begrifflich schwer zu fassen und wurde von einem Filmmusik-Kritiker einmal hilfsweise als "Sorrow Theme" benannt. Das Thema bezieht sich nicht ausschließlich auf Anakin, aber eben auch auf dessen persönliche Tragödie. Das andere Stück ist etwas leichter zu bestimmen und bezieht sich auf Anakins zerbrechende Freundschaft mit seinem Lehrmeister Obi-Wan, welche letzlich in einem Duell auf Leben und Tod mündet - als großes Chor-Stück "Battle of the Heroes" findet sich das Thema auf der Soundtrack-CD. Gegen Ende von Episode III kehrt dann noch einmal ein Thema aus Episode I zurück, welches dort aber in Verbindung mit dem Tod von Anakins erstem Jedi-Lehrmeister Qui-Gon stand. Die Verwendung dieser Musik in Episode III an einer ganz bestimmten Stelle sorgte bei mir zuerst für Enttäuschung und gleich Sekunden später für die große Erkenntnis und Kopfschütteln über die eigene Blödheit ... das "Funeral Theme" wird nämlich in einer Parallelmontage eingesetzt in der einerseits ein Trauerzug mit der toten Padmé gezeigt wird, andererseits die Schaffung des bio-mechanischen Monstrums namens Darth Vader. Insgeheim hatte ich mir damals schon lange bevor ich den Film sah ausgemalt, dass eine pompöse Variante des Darth Vader Themas erklingen wird, wenn der Typ endlich in seinem legendären schwarzen Anzug dasteht. Deshalb die wenige Sekunden dauernde Enttäuschung, als es dann nicht so kam ... schlagartig wurde mir aber bewusst, dass hier auf musikalische Weise ein eindeutiges Statement abgegeben wurde: Was wir sehen ist nicht die Geburt des dunklen Lord Vader, sondern den Tod des Jedi Anakin Skywalker. Zum Glück wurde hier gegen mein ursprüngliches, effekthaschendes Seh- und Hörbedürfnis gehandelt ;)
    In Episode IV herrscht dann eine völlige Absenz des "Darth Vader Theme", was aber ganz einfach daran liegt, dass Williams das Stück erst für den zweiten Film (Episode V) komponiert hat. Manche haben versucht, es retrospektiv inhaltlich-musikalisch zu begründen, indem gesagt wurde, Vader habe in Episode IV noch keine so zentrale Rolle im Film gespielt wie dann in Episode V. In Episode IV ist noch General Tarkin der mächtigste Bösewicht - und Vader wurde mit einem wenig prägnanten Mini-Motiv abgespeist, welches man unter Umständen noch nicht einmal wirklich an seiner Figur festmachen kann.
    In Episode V und Episode VI repräsentiert dann ausschließlich das Vader-Thema die Figur des Darth Vader - bis auf einen Moment im finalen Kampf zwischen Luke Skywalker und dem Imperator - auch dieses ist einer der großen musikalischen Highlights der Saga: Als Vader seinem Sohn Luke zu Hilfe kommt und sich gegen seinen Meister, den Imperator, stellt, wird ihm zum ersten Mal nach seinem Übertritt zur Dunklen Seite in Episode III wieder das mit dem Guten konnotierte "Force Theme" zugestanden - ein sowieso schon packender Moment, der noch an Intensität gewinnt, wenn man der Bedeutung der Musik gewahr ist!

    Soweit also meine kleine Abhandlung über die verschiedenen musikalischen Motive, die der Figur des Anakin Skywalker im Laufe der Saga zugeschrieben werden, bzw. mit ihr in Verbindung stehen. Ergänzungen, Kritik, Fragen, Kommentare - alles ist erwünscht!

    DiO :beatnik:

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  • @ Diabolus in Opera:

    erste Reaktion meinerseits: :juhu: :juhu: :juhu: :klatsch: :klatsch: :klatsch:

    Worte folgen später!

    ... Alle Menschen werden Brüder.
    ... We need 2 come 2gether, come 2gether as one.
    ... Imagine there is no heaven ... above us only sky

  • Zitat aus dem "Eben gehört"-Faden, ich führ das mal hier weiter ...

    Vergleiche mal Anakin vs. Obi-Wan mit Schostakowitschs Hamlet - Duel Scene and Death (gibt's auf Youtube). Gibt da IMO einige interessante Ähnlichkeiten, die sich auch in anderen Star Wars-Stücken wiederfinden.

    Hab mal diese Box hervorgeholt und probegehört:

    Eine gewisse Ähnlichkeit der Orchestrierung und der damit erzeugten Klangfarben ist auf jeden Fall da. Besonders in der Musik zu den neuen Episoden I bis III klingt vieles von Prokofiev und Shostakovich mit, gerade was das Schlagwerk und dissonante (Blech-)Bläserakkorde, das Düster-brütende angeht. In Williams' "Anakin vs. Obi-Wan" finde ich im Hinblick auf die verwendete Leitmotivik vor allem die Verwendung des Darth Vader-Themas interessant, dass in dieser Form fast 1:1 in "Episode V: Das Imperium schlägt zurück" beim Duell zwischen Vader und Luke auftaucht. Was also durch die Produktionsreihenfolge der Filme schon bekannt ist, wird diegetisch als Prolepse verwendet ... interessanter Moment.

    Für alle, die mal zum Vergleich hören wollen:
    "

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    " ("Anakin vs. Obi-Wan" von Williams)
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    " ("Duel & Death of Hamlet" von Shostakovich)

    DiO :beatnik:

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  • Nachdem das Disney-Konsortium ja mittlerweile Lucasfilm einverleibt hat und mit der Ankündigung von drei neuen "Star Wars"-Filmen (Episoden VII - IX) für einen Riesenpaukenschlag sorgte (SW-Schöpfer George Lucas hatte ja selbst gesagt, dass Episode III definitiv sein letzter "Star Wars"-Film ist), stellt sich natürlich auch die Frage, wer diese neuen Filme denn vertont. Man sollte zwar meinen, es verstehe sich von selbst, dass Maestro Williams wieder verantwortlich zeichnet, aber es wird im Netz gerade auch darüber spekuliert, ob der Regisseur J.J. Abrams nicht vielleicht seinen langjährigen Projekt-Partner Michael Giacchino installiert. Nichts gegen Giacchino, aber ich fände es schon schade, wenn Williams das nicht machen würde.

    DiO :beatnik:

    "Wer Europa in seiner komplizierten Verschränkung von Gemeinsamkeit und Eigenart verstehen will, tut gut daran, die Oper zu studieren." - Ralph Bollmann, Walküre in Detmold

  • Auch wenn das vermutlich kein konstruktiver Beitrag ist, und ich jedem mit Star Wars seine Freude gönne: Die Fallhöhe zwischen dem Ring des Nibelungen und Star Wars bildet dann doch eine Rampe, auf der man eine ganze Kultur den Orkus herunterrutschen lassen könnte...

    Freundliche Grüße

    Wolfsschlucht

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    I can't listen to that much Wagner. I start getting the urge to conquer Poland.
    Woody Allen

  • Auch wenn das vermutlich kein konstruktiver Beitrag ist, und ich jedem mit Star Wars seine Freude gönne: Die Fallhöhe zwischen dem Ring des Nibelungen und Star Wars bildet dann doch eine Rampe, auf der man eine ganze Kultur den Orkus herunterrutschen lassen könnte...

    Hallo Wolfsschlucht,

    wenn Du etwas genauer liest, wirst Du feststellen, dass ich im Bezug aus den "Ring" eine strukturelle Analogie behaupte oder zumindest andeute, eine qualitative dagegen lediglich im Bereich der Filmmusik! Also, hold your horses! Im Übrigen lässt Deine despektierliche Äußerung vermuten, dass Du Dich nie eingehender mit der Musik von "Star Wars" auseinandergesetzt hast.

    DiO :beatnik:

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