Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn man einigermaßen informiert über den NS und die Shoah diskutiert.
Viel mehr als über die NS-Zeit an sich wurde hier ja über den Umgang damit, über bestimmte Filme, Dokumentationen oder Bücher gesprochen. Und da geht es doch vor allem auch um Eindrücke, Meinungen und Haltungen. Wenn hier drei oder vier Leute erzählen, wie sie Bruno Ganz als Hitler fanden oder was der Kinofilm über Hannah Arendt in ihnen ausgelöst hat, dann hat das mit einer einigermaßen informierten Diskussion über den NS wenig zu tun, mit Wissenschaft noch weniger, aber es ist doch schön und interessant zu lesen, auch ohne theoretischen Überbau (der mich persönlich natürlich auch interessiert).
Was über einen Austausch von Meinungen und Erfahrungen hinausgeht, überfordert als Erwartungshaltung meiner Meinung nach den Rahmen, in dem wir hier - ja - "quatschen".
Für weitgehend unbeleckte Mutmaßungen über die Eigendynamik von »Obrigkeitshörigkeit« und das »Böse«, zu dem »jeder Mensch im Stande« ist, ist das Thema »Völkermord« schlicht ungeeignet.
Auf der einen Seite hast du damit ganz bestimmt recht, auf der anderen Seite sind dieser eine ganz bestimmte Massenmord und der ihn umgebende Krieg so sehr ein Bestandteil des öffentlichen Lebens, der kollektiven Erinnerung und nicht zuletzt auch der persönlichen Erinnerung jeder Familie, dass es jeden Einzelnen zum Nachdenken darüber zwingt. Das kann dann nicht immer theoretisch reflektiert passieren, da sind dann natürlich auch viele Alltagshypothesen dabei. Sicher, kein Thema ist so ungeeignet "für weitgehend unbeleckte Mutmaßungen", aber gleichzeitig trägt kein anderes die Herausforderung dazu so sehr in sich.
Deshalb kann »Lesen« dazu beitragen, dass aus »Gequatsche« ein »Gespräch« wird.
Ja, im Prinzip natürlich schon. Aber ich glaube, dafür ist das hier einfach der falsche Ort. Einen auch nur einigermaßen ähnlichen Kenntnisstand aller Mitdiskutanten können wir hier nicht erreichen, man kann schließlich nicht bestimmte Titel vorgeben, die vor dem ersten Gesprächsbeitrag zu lesen sind. Das funktioniert nicht und das will hier natürlich auch niemand.
Was ist die Alternative? Die, die sich gut auskennen, geben denen, die sich nicht so gut auskennen, Literaturhinweise. Quatsch nicht rum, hör mit den Mutmaßungen auf, da steht alles wesentliche zum Thema drin. Damit ist aber erstens das Gespräch vorbei und zweitens entsteht, ob man will oder nicht, eine Art von Lehrer-Schüler-Hierarchie. Und beides finde ich für unsere Plattform hier viel unschöner als ein sicher manchmal zielloses und oberflächliches Rumgequatsche.