Franck, César: Psyché – Sinnlich schön wie eine griechische Statue

  • Franck, César: Psyché – Sinnlich schön wie eine griechische Statue

    Zur Erinnerung: Der gebürtige Lütticher Franck, dessen Eltern übrigens aus der Aachener Gegend stammten, wirkte nach dem Umzug nach Paris dort jahrzehntelang als Organist an verschiedenen Kirchen, insbesondere war er von 1858 bis zu seinem Tod Titularorganist der Kirche St. Clothilde. Diesem Amt wandte er auch deshalb viel Zeit und Herzblut zu, da seine frühen Kompositionen noch nicht auf sehr große Anerkennung stießen; erst in seinen letzten Lebensjahren entstanden seine erfolgreichsten und berühmtesten Werke. An der Orgel entwickelte er einen sehr persönlichen polyphonen Stil, der nicht nur seine eigenen Kompositionen prägte, sondern auch seine zahlreichen Schüler wie d' Indy, Lekeu, Chausson und Duparc entscheidend beeinflußte.

    Ein Werk, das schon seit Jahrzehnten zu meinen Lieblingen zählt, erfreut sich bis heute nicht der Aufmerksamkeit, die es verdient hätte:

    »Psyché« - Poème symphonique pour orchestre et chœurs :juhu:

    Für mich ist dies eines der schönsten und bezauberndsten Werke der französischen Spätromantik, die ja nicht wenige großartige Schöpfungen hervorgebracht hat. Es ist geprägt durch einen bei Franck sonst nicht so häufig vorzufindenden Melodienreichtum, eine an Wagner geschulte virtuose Orchesterbehandlung und eine anhaltend lyrisch-poetische, märchenhafte Grundstimmung.

    “Amor und Psyche ist ein antikes Märchen, das uns in dem Roman Der goldene Esel des Lucius Apuleius aus dem Jahre 170 n. Chr. überliefert ist. Psyche ist die Tochter eines unbekannten Königs. Sie ist so schön, dass alle aufhören Venus, die Göttin der Schönheit und der Liebe, zu verehren. Verärgert ruft Venus ihren Sohn Amor und befiehlt ihm, Psyche dazu zu bringen, sich in einen schlechten Mann zu verlieben. Der Vater schickt seine Tochter – wie das Orakel des Gottes Apollon ihm befohlen hat – ein Brautkleid tragend, an eine einsame Bergspitze, auf welcher sie einen furchtbaren Dämon heiraten soll. Doch anstatt des Dämons wird sie von Zephyr, dem Herrn der Winde, auf Anweisung Amors, der selbst der überirdischen Schönheit Psyches erliegt, in ein märchenhaftes Schloss gebracht. In diesem Schloss sucht ihr Gatte sie Nacht für Nacht auf, doch tagsüber verschwindet er, ohne dass sie ihn je zu Gesicht bekommt. Da sich Psyche so einsam fühlt, gewährt er ihr einen Besuch von ihren Schwestern. Amor warnt sie aber, sie dürfe sich nicht von ihnen verleiten lassen herauszufinden, wer er sei. Die Schwestern, zuerst froh, Psyche wohlbehalten vorzufinden, sind schnell vom Neid verzehrt. Bei einem weiteren Besuch gelingt es ihnen, das naive Mädchen davon zu überzeugen, dass sie eine Schlange geheiratet habe, die ihr wegen ihrer furchtbaren Gestalt nie bei Tageslicht gegenübertrete und die die nun Schwangere verschlingen werde. Aus Angst um ihr ungeborenes Kind und um sich selber befolgt sie den Rat ihrer Schwestern und wartet in dieser Nacht mit einer Öllampe und einem Messer auf ihren Mann.

    Als sie ihren Geliebten beleuchtet, erblickt sie kein Ungeheuer, sondern den schönen Körper des geflügelten Amor. Psyche – von Liebe zu ihrem göttlichen Gatten überwältigt – merkt nicht, wie ein Tropfen des heißen Öls auf Amors Schultern fällt. Der Gott, der seiner Mutter ungehorsam gewesen ist, fühlt sich betrogen, fliegt davon und lässt Psyche untröstlich zurück.

    Venus, voller Wut darüber, dass ihr Sohn ihre Befehle missachtet hat und stattdessen mit Psyche ein Kind gezeugt hat, macht sich auf die Suche nach dem Mädchen. Psyche muss verschiedene lebensgefährliche Aufgaben für die Göttin erledigen. Dank der Hilfe von Ameisen, sprechenden Schilfrohren oder Türmen gelingt es ihr, sie zu lösen. Bei der letzten Aufgabe lässt sie sich aber von dem Wunsch, ihren Geliebten zurückzuerobern, überwältigen. So öffnet sie das Kästchen, das eine Schönheitssalbe der Proserpina, der Gemahlin des Pluto, enthielt. Sie trägt die Salbe auf, welche eigentlich für Venus bestimmt war, und fällt in einen todesähnlichen Schlaf.

    Amor, der sich inzwischen von seiner Verbrennung erholt hat, eilt ihr zur Rettung. Da er Psyche immer noch liebt, scheucht er mit seinen Flügeln ihren Schlaf wieder in das Kästchen zurück. Während Psyche das Kästchen abliefert, fliegt Amor zu Jupiter und erlangt die Erlaubnis, Psyche zu heiraten. Der oberste Gott hat Nachsicht und macht Psyche unsterblich.

    Psyche gebiert Amor eine wunderschöne Tochter, welche den Namen Voluptas (Vergnügen) erhält.”

    (Quelle: Wikipedia)

    Neben dem Umstand, dass es nur wenige Einspielungen gibt, dürfte die bedauerliche Unpopularität des romantisch-verträumten Stücks darauf zurückzuführen sein, dass zwei Fassungen existieren: Eine mit Überlänge und eine lediglich Fragmentarische. Dies hat folgenden Hintergrund:

    Das Werk entstand 1887-88 zur gleichen Zeit wie die Sinfonie d-moll. Es ist Francks Meisterschüler und Freund Vincent d’Indy gewidmet. Die „Vollversion“ ist von knapp einer Stunde Dauer und bezieht in vier der acht Sätze einen Chor aus Sopran-, Alt- und Tenor-Stimmen ohne Bässe ein.

    1. Satz: Le sommeil de Psyché. Lento

    2. Satz: Psyché enlevée par les zéphyrs. Allegro vivo

    3. Satz: Les jardins d'Éros. Poco animato

    4. Satz: Choeur. Lento

    5. Satz: Psyché et Éros. Andantino ma non troppo lento

    6. Satz: Le châtiment. Quasi lento

    7. Satz: Souffrances et plaintes de Psyché. Lento

    8. Satz: Apothéose

    Zur Uraufführung gelangte Psyché am 10. März 1888 in Paris in der Société National de Musique unter der Leitung des Komponisten. Großer Erfolg war dem Stück von Beginn an nicht beschieden; es wurde als zu lang empfunden. Insbesondere die Chorsätze wurden als wenig gelungen kritisiert.

    Somit extrahierte Franck vier orchestrale Stücke zu einer viersätzigen Suite, die er „Quatre Fragments pour orchestre“ untertitelte:

    I Sommeil de Psyché. Lento

    II Psyché enlevée par les Zéphirs. Allegro vivo - Poco più lento - Tempo I - Poco più lento

    III Les jardins d’Eros. Poco animato - Un peu plus large

    IV Psyché et Eros. Allegretto modéré - Poco più lento

    Diese gestutzte Orchesterfassung der Psyché wird seither gelegentlich aufgeführt und eingespielt. Viele Dirigenten wie Toscanini und Giulini beschränken sich gar auf den großartigen 4. Satz „Psyché et Eros“ (mir gefällt hingegen „Les Jardins d'Eros“ noch besser).

    Ich muß sagen, dass ich auch die vollständige Fassung keineswegs als zu ausgedehnt empfinde. Mitunter kann ich auch eine gute Stunde reinen Wohllauts und schwelgerischer Klänge recht gut vertragen :) Ich mag auch die Chorsätze, wenngleich sie etwas einfach gehalten sind. Folgende Einspielung ist zwar etwas betulich, aber für mein Empfinden mit viel Gespür für Francks Klangfarben aufgenommen:


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    Für die etwa 25minütige Kurzversion, die viele vorziehen werden, möchte ich diese Aufnahme empfehlen – das Orchestre de Paris und Barenboim sind hier voll in ihrem Element.

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    Alles ist sehr klangsinnlich und glutvoll aufgenommen – auch die übrigen Werke auf dieser sehr empfehlenswerten Aufnahme von 1976, die als Schmankerl noch das von Christa Ludwig gesungene Lied „Nocturne“ enthält. Die wunderschöne Tondichtung „Les Eolides“ leidet hier unter dem lieblosen Spiel des Orchestre de la Suisse Romande; auch Ansermet vermochte die Truppe hier 1965 nicht zu beflügeln. Die New Yorker unter Masur etwa haben das weit besser hinbekommen.

    Weitere Psyché-Aufnahmen gibt es z.B. mit den Bostonern unter Monteux, dem Concertgebouworkest unter van Beinum oder dem Conservatoire-Orchester unter Cluytens (kenn ich noch nicht näher, dürfte aber sehr empfehlenswert sein). Überhaupt nicht überzeugt hat mich Yuri Ahronowitsch mit dem Gürzenichorchester Köln.

    Bin gespannt, ob ich hier jemanden für dieses Werk interessieren kann und was Ihr darüber denkt.

    Cheers,


    Lavine :wink:

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Mon Général, ich kenne das Werk LEIDER noch nicht, aber die Geschichte aus den Metamorphosen hat mich von jeher besonders fasziniert und Dein Bericht macht mich nun neugierig wie ein Flitzebogen!


    Man muss sich auch mal die Symbolik dieser Geschichte auf der Zunge zergehen lassen: die Liebe und die Seele haben es so schwer zusammen zu kommen und müssen eine ganze Menge Proben bestehen und leiden!


    Warum beider Kind die Wollust ist, verstehe ich aber nicht- eigentlich müsste es logischerweise die Schönheit sein, wenn man dem platonischen Ideal der Antike folgen würde. Oder die Harmonia.


    Ich hoffe, dass ich Francks Werk bald hören kann. Wenn er diese zauberhafte Metarmorphose so vertont hat, wie ihr angemessen ist,- und ich vertraue dem guten Geschmack des Général- hat das Potential fûr ein Lieblingsstück.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Ma plus digne Reine,

    Ihr versteht ganz Recht: Ohne die Liebe ist die Seele nicht zu verstehen, und wenn beide zueinander finden, ist auch die Wollust nicht mehr weit. Voluptas, Schönheit und Harmonie können in meinen Augen durchaus zu einer Einheit verschmelzen... :D

    Im alten Griechenland wurde Psyche oft mit Schmetterlingsflügeln dargestellt, da das Wort nicht nur "Atem" oder "Seele", sondern auch "Schmetterling" bedeuten kann. Woher kommt also wohl der Ausdruck "Schmetterlinge im Bauch haben"? Auch in späteren Epochen war das Thema Psyche und Eros in der bildenden Kunst sehr populär. Herausragende Beispiele sind Raffaels Bilderzyklus im Gartensaal der römischen Villa Farnesina und Antonio Canovas Marmorgruppe, die Ihr im Louvre bewundern könnt.

    Man findet das Traumpaar außerdem auch auf der Fassade des Kunsthistorischen Museums zu Wien, wo ER sich gewiß täglich davon inspirieren läßt :stumm:

    Avec mes salutations chaleureuses (et ceux de la princesse czardas),

    Lavine :wink:

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Warum beider Kind die Wollust ist, verstehe ich aber nicht- eigentlich müsste es logischerweise die Schönheit sein, wenn man dem platonischen Ideal der Antike folgen würde. Oder die Harmonia.


    Liebe Fairy,

    Ich würde den griechischen Originalnahmen mit "Sinnengenuß", auch mit "Wohlleben", durchaus auch im Sinne von "gutem Leben" übersetzen. Dann passt es doch, wenn man etwa an eine epikuräische Philosophie des guten Lebens denkt, die wirklich etwas ganz anderes war als ein "Gib Gas, ich will Spaß"-Hedonismus. Glücklicherweise waren die griechischen Mythen noch völlig frei von jedem Platonismus. - Ich betrachte Platon als eine Art Supergau der Philosophiegeschichte. - Und auch die griechische und hellenistische Philosophiegeschichte ist nicht so platonisch geprägt, wie es heute, in einer Geschichte der Sieger, so aussehen mag.

    Auch "Voluptas" hat noch nicht den eindeutig negativen Beiklang wie bei den Kirchenvätern. Bei Lucius Apeianus, der aus dem griechischen Mythos ein lesenswertes sehr hübsches Märchen gedichtet hat, bestimmt nicht. Um 170 u. Z., als er das Märchen schrieb, war auch im lateinischen Raum der Epikuräismus noch eine sehr starke Konkurrenz zum Platonismus und zur Stoa, die freilich besser von den Christen teilbeerbt werden konnten.

    Lieber Lavine,

    danke für deine schöne Einleitung, die mich darauf sehr neugierig gemacht hat, endlich einmal die komplette Version zu hören. Ich kenne bislang nur die Kurzversion, die mir schon sehr gut gefällt. Ohne hier viel Vergleichsmöglichkeit zu haben, finde ich hier Barenboim auch richtig gut: Schwelgerisch in schönem Klang, aber doch akzentuiert.


    Was mich besonders neugierig macht, ist dein Hinweis auf Monteux. Das könnte ich mir gerade auch mit den Bostonern besonders gut vorstellen, von dem ausgehend, was ich von Monteux bislang kenne. Aber wo gibt oder gab es denn ein Komplettaufnahme von Monteux? Ich habe gerade keine finden können.

    :wink: Matthias

  • Bonjour, und merci für diese schönen Beiträge!

    der "Supergau der Philosophiegeschichte" hat immerhin einen Satz produziert, der mir wohl auch hier wieder im Kopf herumspukte: "die Schönheit ist der Weg des Fühlenden zum Geiste" .

    Da die Telnehmer des Gastmahls dabei aber durchaus sinnliche Schönheit im Geiste hatten und den Weg zu ihr auch allzu gerne fühlten, bekomme ich die Kurve zur Wollust dann doch noch. :angel:

    Selbst wenn der Mythos noch gar nichts mit Platon zu tun hatte.

    Mir würde aber auch die Idee, dass Amor und die Schönheit zusammen die Seele zeugen oder die Seele und die Schönheit zusammen die Liebe gefallen.


    Was natürlich in keinster Weise bedeutet , dass ich die Voluptas für unwert halte, ein Kind der Liebe und der Seele zu sein. Im Gegenteil: wenn dieser bezaubernde Mythos nciht nur in der bildenden Kunst die Antike überlebt hätte, wäre uns manch Grausliches erspart geblieben.

    Wie auch immer: ich will Psyche!!!! (nicht die Schmetterlinge, die hab ich sowieso, sondern die Musik und den Canova!)

    :fee:

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  • Guten Morgen,

    Wilhelm Mohr schreibt in seiner Monographie "Caesar Franck" (Tutzing 1969) über Psyché: "Es ist ungemein bezeichnend für Franck, wie er sich des antiken Stoffes angenommen hat. Aus dem heidnischen Mythus wurde unter seinen Händen und in seiner seraphischen Seele ein Hymnus auf die himmlische, erbarmende Liebe, ein Erlösungs-Seelendrama. Das Werk besteht aus drei Teilen: Psyches Schlaf; die Gärten des Eros; Psyches Verstoßung, Leiden und Verklärung. Hinter der hochinspirierten, ausdrucksstarken Musik und den etwas schablonenhaften Textworten rührt uns ein Urthema der Menschheits-Seelenentwicklung an: die Kunde von der Seele des Menschen im Zustand des Unbewussten, Unschuldigen, die durch den Drang nach Erkenntnis schuldig wird, verstoßen die Welt durchirren muss, bis ihr durch einen Akt der Gnade Erlösung und eine neue Seligkeit geschenkt wird, die sich von der Seligkeit im unbewussten Zustand darin unterscheidet, dass sie mit gereinigtem und geläutertem Bewusstsein an der höheren Welt teilhaben darf. "

    Hallo Matthias,

    war Epikur eigentlich auch ein Epikuräer? ^^

    Leider hat Monteux nur die Kurzversion, aber keine Gesamtaufnahme vorgelegt, diejenige unter Otaka scheint mir die einzig verfügbare zu sein. Es gibt ein 13-CD-Paket "Sunday Evenings with Pierre Monteux" mit sehr interessantem Repertoire. Darüber hinaus findet sich die Psyche-Suite auch auf diesem Doppelalbum, das Du beim Dreibuchstabenversand bestellen kannst:


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    Ich kenne die Aufnahme leider nicht, stimme Dir aber zu, dass sie hochinteressant sein dürfte.

    Cheers,

    Lavine :wink:

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Lieber Lavine,

    danke für den Hinweis. Dann werde ich mir wohl Monteux und Otaka vormerken müssen.

    war Epikur eigentlich auch ein Epikuräer?

    Genau genommen war "Epikuräer" ja die Fremdbezeichnung. Die Selbstbezeichnung der Schule um Epikur war "der Garten" (kephos) und in dem waren alle gleich, auch die ganz unerhörterweise zugelassenen Frauen, Nicht-Bürger, Sklaven. Epikur war zwar der Schulgründer, aber das galt auch für ihn. Es gab auch noch ein Paar andere kluge Denkerinnen und Denker im Garten, von denen leider noch weniger überliefert ist, mit Ausnahme des viel späteren Lukretz. Aber zu dem Zeitpunkt hatte sich auch schon einiges verändert. Der frühe Garten war gelebte "Flaschenpost" und in Bezug auf die Einbeziehung von Frauen usw. sogar radikalisierte, als Antwort auf das Problem, wie man zusammen leben und einige Ideale gelebt erhalten könne in einer Welt, in der die radikale Polisdemokratie historisch abgeräumt war und damit die radikaldemokratische Philosophie von Lukretz Lehrer Demokrit und seiner Gruppe auf absehbare Zeit ihre Realisierungschance verlohren hatte.

    Als Antwort auf deine Frage also: Ja, aber .... aber der Garten hat wenig mit den Pappkameraden zu tun, auf die von Seiten der platonischen Akademie oder im Talmud und bei einigen Kirchenvätern eingedroschen wird.

    Auf Franck bezogen scheint mir aber Mohrs Interpretation sehr schlüssig. Immerhin wirklich nicht die schlechteste Christianisierung.

    der "Supergau der Philosophiegeschichte" hat immerhin einen Satz produziert, der mir wohl auch hier wieder im Kopf herumspukte: "die Schönheit ist der Weg des Fühlenden zum Geiste" .

    Klingt gut, liebe Fairy, aber überzeugend? Das ist doch sehr voraussetzungsreich, etwa in Bezug auf die "erinnerte" "höhere" Einheit von Gutem, Wahrem und Schönem und einem privilegierten Zugang zum "Geiste".

    :wink: Matthias

  • Erfreulicherweise gibt es Barenboims schöne Pariser Psyché-Aufnahme nun sehr günstig bei Brilliant. Leider sind die schönen Stücke wie Rédemption, Nocturne, Le Chasseur Maudit durch eine entbehrliche Aufnahme der d-moll-Sinfonie ersetzt worden - für dieses Werk gibt es einfach zu viele bessere Alternativen (Munch vor allem!). Dennoch sollte man wegen Psyché zuschlagen!



    Die kurz erwähnte Amsterdamer Einspielung unter van Beinum konnte ich kürzlich in voller Schönheit genießen - trotz ihres Alters klingt die Aufnahme gut, sie stellt eine durchaus interessante Alternative dar.



    Cheers,

    Lavine :wink:

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • César Franck

    Seit 1959 ist CS mein Lieblingskomponist, seit ich die Bamberger unter André Cluytens mit seiner D-moll hörte. Nach und nach entdeckte ich andere Werke, z.B. Psyche. In Prag fand ich eine bezahlbare LP von Supraphon, die ich bis heute wie einen Schatz hüte. Das war eine vollständige Aufnahme mit Chor. Leider sind die meisten Aufnahmen nur orchestral. In New York fand ich beim leendären Sam Goody noch eine vollständige Aufnahme. Später entdeckte ich noch Les Béatitudes und Redemption. Alles weitgehend ignorierte und selten bis nie aufgeführte Meisterwerke.
    Selbst einige mir bekannte Musikologen kannten CF nicht, waren aber schnell überzeugt.
    Ich habe Youtube schon durchforstet, fand aber die Chorpassagen auf Psyche (Nr. 4 und 6) nicht. Kennt jemand einen Internetlink zu ihnen?

  • In Prag fand ich eine bezahlbare LP von Supraphon, die ich bis heute wie einen Schatz hüte. Das war eine vollständige Aufnahme mit Chor.

    Könnte gut sein, dass es die Aufnahme mit den Prager Sinfonikern unter Jean Fournet gewesen ist ... :


    Ich habe Youtube schon durchforstet, fand aber die Chorpassagen auf Psyche (Nr. 4 und 6) nicht. Kennt jemand einen Internetlink zu ihnen?

    Avec plaisir: Nr. 6 "

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    Cheers,

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  • Ich besitze die Aufnahme mit Jean Fournet bereits seit 1974 als LP. Leider habe ich bis dato keine weitere vollständige Aufnahme gefunden. Alles andere als eine vollständige Einspielung ist hingegen vollkommen indiskutabel! Die verkürzte Version (die ich auch in der Einspielung mit Barenboim besitze) ist nur ein schwaches Abbild dieses großartigen Werkes. Mich hat das Werk seit dem Moment wo ich es kennengelernt habe in den Bann gezogen. Nun hat ja die Musik von Franck generell sinnliche Züge (eines der besten Beispiele ist wohl seine Violinsonate), aber dieses Werk strotzt nur so vor Sinnlichkeit. Da kommt auch in keiner Sekunde Langeweile auf, sondern es ist spannend vom Anfang bis zum Ende.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Einer meiner Allzeit-Favoriten

    Wie schön: Jemand kennt mal Psyché! Es ist ja tatsächlich sehr seltsam, wie unbekannt das Stück ist, vor allem die große Fassung mit Chor.

    Ich habe sie zum ersten mal eher zufällig gehört, weil sie auf irgendeiner CD mit drauf war. Und ich weiß noch genau, wie das Stück nebenher lief, ich irgendetwas ganz anderes machte, aber sofort hellhörig wurde. Franck, die "Modulationsmaschine", wie Debussy ihn nannte, kannte und schätzte ich schon länger.

    Aber Psyché ist etwas ganz besonderes: Die griechische Sage wird in einer Atmosphäre geschildert, die d'Indy als "durchflutet von Licht ohne Schatten" bezeichnete. Psyché ist ganz anders als Debussys "L'Aprés-midi", aber die Atmosphäre ist dieselbe, und das Glücksgefühl für mich beim Hören auch :kuss2: Ich höre das Stück vielleicht einmal im Jahr, aber dann ganz, konzentriert, bei halbem Licht und im Sessel. Dann bin ich ganz woanders.

    Man landet dann in einer Welt vom Liebesgott Amor und den "Windwesen", den Zephyren, bei der unglücklichen – und am Ende göttlichen – Psyché. Wie Franck die Charaktere reden lässt, ist spannend: nämlich gar nicht. Die Schilderung der Handlung übernimmt komplett das Orchester: Es ist der Akteur und verkörpert die Personen sozusagen in Personaluinion. Der Chor hat eine andere Aufgabe. Er steht quasi am Spielfeldrand und spricht Drohungen an die Handelnden aus oder erklärt Handlungsdetails. teils sehr dramatisch, aber meist deklamatorisch. Dass man Franck schon nach der Uraufführung zum Vorwurf gemacht hat, die Chorsätze seien zu schlicht gehalten, trifft daher natürlich nicht richtig: Der Chor singt eher Rezitative als Arien (und ich finde die Chorsätze gerade wegen ihrer Reinheit zum wegfließen).

    Ich habe die Freude, das ganze Werk als neue Notenausgabe herausgeben zu dürfen und bin seit einiger Zeit in die Partitur vertieft. Dass dort irgendetwas schlicht ist, kann niemand behaupten. Franck hat die Meisterschaft im Orchestrieren hier bewiesen. Er hat keine filmmusikalischen Knallbonbons gezündet, aber er hat die programmatische Grundstimmung des Werkes perfekt und bis in Mikro-Details absolut professionell umgesetzt.

    Und so klingt die "Psyché" auch. Ich habe sie bisher noch nie live gehört, ich hoffe, das ergibt sich mal (wenn also mal jemand von einer Aufführung hört...)

    Solange muss ich Vorlieb nehmen mit der vom Thread-Ersteller genannten Einspielung des walisischen BBC-Orchesters. Sie fängt die Stimmung wunderbar ein und musiziert eng an der Partitur, die, was Akzente und Spieltechniken anbelangt, sehr genau ausformuliert ist: Franck wollte offenbar nichts dem Zufall überlassen.

    Ich möchte wirklich jedem, dessen Herz für die Hochromantik schlägt, dieses Werk empfehlen.

    Life is a lot like Jazz: It's best when you improvise (George Gershwin)

  • Danke für die Erinnerung an die Besprechung eines Werks, das merkwürdigerweise noch nie in meinen Focus gelangt ist - zumal ich gerade für klangsinnliche französische Orchestermusik sehr empfänglich bin! Deine Erläuterungen wecken jedenfalls meine Neugier.

    Solange muss ich Vorlieb nehmen mit der vom Thread-Ersteller genannten Einspielung des walisischen BBC-Orchesters.

    Es gibt wohl noch mindestens eine weitere Einspielung:

    https://www.amazon.de/Psyche-Strauss…apricciokult-21
    Chœurs de la RTB-BRT, Orchestre de Liège, Ltg.: Paul Strauss

    Die Rezension des Amazon-Rezensenten macht auf mich einen kompetenten Eindruck (was man ja von Amazon-Besprechungen nicht immer sagen kann).

    Hier noch das Bild zur genannten Aufnahme mit dem BBC Welsh Chorus, dem Orchestra of Wales und Tadaaki Otaka:

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

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