Plácido Domingo - der Tenor, der auszieht, das Baritonfach zu erobern.

  • Die Würdigung (?) von Manuel Brug in der Welt ist ein echter Brug (und nur bedingt freundlich)
    Plácido Domingo wird 80: Aus dem Tenorhelden ist eine tragische Witzfigur geworden - WELT

    Ich habe den Artikel nicht lesen können, aber schon die Überschrift finde ich eine Frechheit.

    Über 'Tenorheld' kann man sich schon streiten. Was ist das eigentlich? Wenn das damit gemeint ist, was ich vermute, nämlich der 'C' schmetternde Rampensänger, dann war Domingo mit Sicherheit nie ein 'Tenorheld'.
    Und er ist beileibe auch heute noch keine 'tragische Witzfigur'. So etwas empfinde ich als eine Art 'Anpinkeln' eines Kritikers, die sich in dieser Wortwahl einfach nicht gehört.
    Domingo hat die eine Me-Too-Debatte am Hals und das aufgrund seines Verhaltens wohl auch nicht gerade zu unrecht. Aber das schmälert in keiner Weise seine überragenden künstlerischen Leistungen. Seine nun scheinbar ewigwährenden Auftritte als 'Bariton' mögen künstlerisch nicht mehr gerechtfertigt sein. Aber das waren die ganzen Konzerte der Caballé in ihren letzten Jahren auch nicht, ebenso wenig die von Carreras, Pavarotti, Gedda, de los Angeles (um nur die zu nennen, die ich selber erlebt habe). Aber die Menschen, wir alle wollten sie noch hören. Es ist ja nicht so, dass Domingo vor leeren Häusern singen würde. Natürlich ist er nun einer dieser unendlich vielen Künstler, die nicht aufhören können. Worüber aber ganz, ganz viele Menschen sehr froh sind. So what? Oper ist auch Showbusiness. Ihn deshalb (ich vermute das mal) als 'tragische Witzfigur' abzutun, geht völlig daneben. Übrigens unabhängig, dass er sich im hohen Alter noch die Erarbeitung eines neuen Repertoires zumutet.

    Domingo ist nun offiziell 80 und das sollte ein Grund sein, seine wirklich überragende künstlerische Leistung zu würdigen und auch seinen Beitrag zur Popularisierung der Oper. Er ist nicht mein liebster Tenor, aber ich würde mich sofort und ohne Zögern vor dieser grandiosen künstlerischen Lebensleistung verneigen.

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Liebe alle,

    ich kaufte diese CD und dachte beim Durchhören im Auto am Programmpunkt "Duett Otello / Iago" aus dem Rossini'schen Otello: "Die Stimme kennst Du doch", und richtig, neben Juan Diego Florez singt Placido Domingo. Die Aufnahme ist von 2006.

    Florez singt sehr gut (sehr gut, ja: mehr nicht). Domingo als Iago schlägt sich tapfer, aber es ist nun mal nicht sein Fach, ist es nie gewesen und es wird nicht besser dadurch, daß eine Stimme (damals war er so ungefähr Mitte 60) schon sehr spezifisch in diesem Fach unterwegs gewesen sein muß, um in dem Alter noch einem jungen Florez Paroli bieten zu können.

    Diese Aufnahme stammt ja aus der Zeit, als Domingo erst begann, sich baritonal zu betätigen - wir erinnern uns an die gnädigerweise nicht mehr sehr verfügbare Verdi-Baritonarien-CD von kurz danach

    Das Live-Erlebnis mag auch jetzt manchmal noch überwältigend sein. Ich habe schon sehr viele alternde Sänger gehört, die live dann doch noch eben diesen einen Moment zum Niederknien gestalteten - warum nicht auch Domingo. Aber den Rossini hätte er schon damals wirklich besser gelassen.

    Grüße!

    Honoria Lucasta

    "...and suddenly everybody burst out singing." (Busman's Honeymoon)

  • Plácido Domingo wurde ja schon öfters als Dirigent ausgebuht.

    Schuster, bleib bei deinem Leisten! Da waren die Musiker in Verbier von dem Dirigat des Maestros wohl nicht so begeistert: Orchestermusiker hauen nach Konzert ohne Domingo ab:

    Incident à Verbier
    La première partie du concert, consacrée au Concerto en ut mineur de Beethoven avec Maria João Pires et le Verbier Festival Orchestra a été très applaudie
    www.crescendo-magazine.be

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