Bax, Arnold - der schweigsame Master of the King's Music

  • Bax, Arnold - der schweigsame Master of the King's Music

    Es haben schon drollige Posten im Königreich überlebt: Es gibt einen Poet Laureat, also eine Art Hofdichter (derzeit ist es Carol Ann Duffy, die sich würdig in die Tradition von Dichtergiganten wie Thomas Shadwell, Laurence Eusden und John Masefield einreiht); und natürlich gibt es auch noch konsequenterweise den Master of Queen's (oder King's) Music, also so eine Art Hofkomponist, und auch dieses Amt ist mit Namen wahrer Genies bestückt, man denke nur an Namen wie William Shield, William Cusins oder Walford Davies. Der Himmel weiß, was den anderen Davies, also Peter Maxwell, veranlaßt hat, sich auf die Sache einzulassen. Vielleicht brauchte er das Geld, da er ja als Opfer einer Betrugsaffäre von heute auf morgen ziemlich blank dastand.
    Jedenfalls war auch Arnold Bax Master of King's Music, und zwar von 1942 bis 1953, seinem Todesjahr. Irgendein Fluch scheint auf dem Amt zu liegen: Kaum übernimmt es einer, schon fällt ihm nichts mehr ein. Wenn es bei relativ guten Komponisten wie Edward Elgar, Arthur Bliss oder Malcolm Williamson so war und sogar bei einem ziemlich guten wie Peter Maxwell Davies so ist - weshalb sollte es dann im Fall eines Arnold Bax anders sein?

    Biografisches
    Geboren wird Arnold Bax am 8. November 1883 in Streatham im Süden von London. Seine Familie ist so wohlhabend, daß Bax nie gezwungen ist zu arbeiten oder mit seiner Musik Geld zu verdienen. Er wird an der Royal Academy of Music in Klavier und Komposition ausgebildet. Die Dichtung des Iren William Butler Yeats fasziniert ihn dermaßen, daß er zum Wahliren wird, zumindest geistig. Unter dem Pseudonym Dermot O'Byrne schreibt er einige Novellen, in denen er sein literarisches Talent unter Beweis stellt. 1905 schreibt er seine erste sinfonische Dichtung, natürlich über eine irische Volksheldin, "Cathaleen-ni-Hoolihan" (von Yeats in einem Drama verewigt, das Werner Egk als Vorlage zur "Irischen Legende" diente). Mit "In the Faery Hills" (1909) findet Bax genug Anerkennung, daß er beschließt, ab jetzt Komponist zu sein.

    Eine heftige Liebesbeziehung und eine ermüdende Ehe später wird Bax 1937 geadelt, findet eine neue Beziehung und komponiert und komponiert. Dabei merkt er gar nicht, wie ihm seine Inspiration zunehmend abhanden kommt und sich seine Musik bald nur noch in inhaltsleeren Floskeln erschöpft. 1940 zieht er nach Storrington (Sussex), schreibt seine Autobiografie "Farewell, my Youth", wird 1942 zum Master of the King's Music ernannt - und stellt damit seine kompositorische Tätigkeit fast völlig ein. Gerade noch drei Filmmusiken entstehen und zwei konzertante Werke für Klavier und Orchester. Der Tod meint es gut mit Bax: Er stirbt am 7. Oktober 1953 während eines Urlaubs in Cork - und damit in seinem geliebten Irland.

    Die Musik
    Anfangs schreibt Bax üppige Nachromantik der wabernden Sorte: Weiche Bläsersätze heben sich von einem Hintergrund wuselnder Streicher ab.Werke wie "The Garden of Fand", "November Woods" und vor allem "Tintagel" können als durchaus eindrucksvoll empfunden werden. 1921 schreibt Bax die doppelchörige Motette "Mater ora Filium" und ändert, offenbar nach einer Durchsicht der Partituren von Sibelius und Strawinskij, seinen Stil: Die schwitzenden Klangtapeten werden getrocknet, im Vordergrund gibt es jetzt etwas wie Kontrapunkt, mitunter sogar eine interessante herbe Linienführung. Die Erste Symphonie (1922), aus einem früheren Klavierwerk entstanden, schwitzt zwar wieder zuviel, aber die Deodarant-Verabreichung in den Sinfonien 2 und 3 zeigt Wirkung. Speziell die Dritte (1929) ist für einen britischen Komponisten dieser Zeit erstaunlich nahe an einem expressionistischen Gestus. Die Sinfonien 4, 5 und 6 wiederholen das in 2 und 3 angewandte Vokabular auf der Basis einer leicht modernisierten Romantik. Die Siebente ist dann eigentlich nur noch ein trauriges Kapitel - Sie besteht aus Phrasen und Floskeln, die viel wollen und wenig erreichen.

    Dessen ungeachtet wird Bax in Großbritannien als Sinfoniker sehr geschätzt. Seine Sinfonien gelten als wichtigster britischen Sinfonie-Kanon neben dem von Ralph Vaughan Williams, und zeitlebens konnte sich Bax auch nicht über den mangelnden Einsatz prominenter Musiker für seine Werke beklagen.

    Doch was bleibt heute von ihm, das die Bekanntschaft lohnt? - "Tintagel" ist ein akzeptables Beispiel üppigster Wagner-Nachfolge und die Zweite und Dritte Symphonie sollte man gehört haben, weil sie gute Beispiele einer britischen symphonischen Tradition sind, in der auch Komponisten wie Moeran, Dyson und Howells auf Wohlwollen trafen, obwohl ihre Sprache im Grunde veraltet war. Interessant sind einige Werke aus Bax' kammermusikalischem Schaffen, das oft originelle, farbintensive Kombinationen nützt, etwa "In memoriam" für Englischhorn, Harfe und Streichquartett, "Fantasy Sonata" für Viola und Harfe und "Threnody and Scherzo" für Fagott, Harfe und Streichsextett. Hier durch die kleinen Besetzungen zu mehr Disziplin gezwungen, ufert Bax auch nicht in jenen Schwulst aus, der Teile seiner Orchestermusik nahezu unerträglich macht.

    Arnold Bax ist mit Sicherheit kein Komponist, auf dessen internationale Durchsetzung man pochen sollte. Er ist allerdings eine Spielart der britischen Musik, die für deren wachsende Fangemeinde von Interesse sein mag: Er bietet Nebel, Zwielicht und gälisch intonierende Romantik. Man kann es mögen auch ohne es für bedeutende Musik auszugeben.
    :wink:

    Na sdarowje! (Modest Mussorgskij)

  • Hallo mal wieder!

    Ich freue mich, dass genau die Komponisten, die ich aus dieser Generation schätze, nun mit fetten Einführungsbeiträgen versehen wurden:

    1872 – 1958 Ralph Vaughan-Williams
    1874 – 1934 Gustav Holst
    1876 – 1972 Havergal Brian
    1879 – 1941 Frank Bridge
    1880 – 1939 John Foulds
    1883 – 1953 Arnold Bax

    Dass unsere Einschätzungen dann jeweils nicht so harmonieren, belebt zumindest die Diskussion.
    ;+)

    Weniger begeistert haben mich bislang Joseph Holbrooke (1878 – 1958) und Haydn Wood (1882 – 1959), die so klingen, als wären sie ihre eigenen Großväter ...
    Cyril Scott (1879 - 1970) kenne ich jetzt nur sehr flüchtig und John Ireland (1879 – 1962) gar nicht, aber ich denke bislang, dass das eigentlich genug Engländer in meiner Sammlung sind (geboren zwischen 1870 und 1890) - ich habe anderswo größere Lücken.
    :wink:

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Lieber Edwin,

    nun weiß ich nicht, ob ich ein weing erbost sein soll, dass du mich nicht mal gefragt hast, oder einfach froh, dass du mir die Aufgabe abgenommen hast - ich entscheide mich mal spontan für beides zugleich. ;+)
    Tja, der gute alte Arnold Trevor. Mein Avatar. Meine große Liebe, die aus einer anfänglichen Hasseliebe zur echten Liebe geworden ist. Pathetisch formuliert.

    Ich habe noch gar nicht die ganze Einleitung gelesen und habe momentan wenig Zeit, selbst wa sinnvolles dazu beizutragen. Nur so viel: bei Bax lohnt sich sowas von die Kammermusik wie ich finde, ganz grandiose Musik.

    Er wird von Schlüren nicht umsonst der Druide der Musik genannt.

    :wink:
    Wulf

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Hallo Edwin,

    dieser Thread kam nicht richtig in Fahrt, aber es wundert mich auch nicht. Ich stimme Deiner Schilderung des Komponisten Bax im wesentlichen zu.

    Ich bin ja, wie ich schon an anderer Stelle schrieb, im Besitz des "The musical companion" von 1934, einem 751 Seitigen Musikführer, den ich immer gerne gelesen habe. Zur Erheiterung lese ich mal vor, was zu den Komponisten Bruckner und Mahler steht. "... the ästhetic judgement of most serious musicians has decided that his symphonies replete as they are with pedantic technicallys and self concious manners, are in no wise worthy to rank with the great masters" ( Bruckner) und Mahler is "interesting at times but labourisly put together and lacking that vital spark of inspiration".

    Viel mehr steht da auch nicht, aber warum soll man über solche schlechten Komponisten auch viele Worte verlieren? Dagegen Arnold Bax: Das ist schon eine ganz andere Hausnummer und mein englischer Führer bespricht ihn relativ ausführlich und weiß ihn nicht genug zu preisen! Zitat: "Arnold Bax is possibly one of the most original composers the world has ever seen. With a perfect command over resources of descrition..." usw. usw. Und die Lobhudelei geht immer weiter "extremely important contributians in the history of symphony" usw.

    Also nachdem ich nun gelernt hatte, daß Bruckner und Mahler ziemlich schlechte Komponisten waren und sich dieser englische Führer mit seinem Lob des Arnold Bax gar nicht mehr einkriegte, war ich doch sehr gespannt und habe mir die Sinfonien mit dem Handley mal geholt. Zumal ich das Tintagle mit Boult schon hatte und mir dies doch sehr gut gefiel. Nun die 1. und 3. Sinfonie gefallen mir gar nicht mal schlecht - auch wenn selbst das an die großen Komponisten nicht wirklich heran reicht. Das ist süffig orchestriert und harmonisiert und hat seine Reize. Dann hörte ich in die 2., die 4. und 5 Sinfonie und ich konnte mir nicht helfen - ich fand die Musik einfach nur langweilig. Es fehlen mir einfach die guten musikalischen Themen, die die Musik in Gang bringen - nur Orchestration und nette Harmonien können es nun wirklich nicht sein.

    Mein englischer Führer meint allerdings, daß die Sinfonien "full of lovely themes and touches" sind und gerade das kann ich nicht finden - touches mag irgendwie sein aber "themes"? In welche der Sinfonien sollte ich denn vielleicht doch noch mal rein hören?

    Gruß Malcolm

    Der Hedonismus ist die dümmste aller Weltanschauungen und die klügste aller Maximen.

  • Hallo Malcolm,

    Zitat

    In welche der Sinfonien sollte ich denn vielleicht doch noch mal rein hören?


    ich persönlich liebe die 6. und 7. Sinfonie sehr, bin nicht soooo ein Fan der 3. und 5. Sinfonie, finde die 4.Sinfonie ziemlich interessant und unterbewertet und bin auch ein Freund der 1.und 2. Sinfonie.
    Edwins Urteil betreffend der 7.Sinfonie teile ich unter keinen Umständen, ich finde sie abgeklärt, im Aufbau stringenter als die anderen und mit immer noch lohnenden melodischen und harmonischen Einfällen, obwohl Bax sich zu diesem Zeitpunkt angeblich totgeschrieben hatte.

    Und es gibt bei Bax eine große Fülle an melodischen Einfällen, sie sind in den Sinfonien aber oft schroff und auch weitscheifig, als Beispiel dafür würde ich mal in die 6.Sinfonie reinhören.

    Meine Liebe zu Bax hat sich in den 80er und 90er Jahren über viele Jahre entwickelt, sie kam nicht plötzlich, es war keine Liebe auf den ersten Blick.

    Du hast ja geschrieben, daß Du nur reingehört hast.

    Vielleicht braucht es einfach etwas Zeit, und ich würde mir auch Zeit mit dem Hören geben und jede Sinfonie erst mal komplett hören.
    Und die Dinger auch nicht nacheinander hören, da wird man doch erschlagen.

    Also, ich würde raten, sich für jede Sinfonie Zeit zu nehmen, jeder eine Chance geben.

    Sie haben es verdient.

    :wink:
    Michael

  • Ich muß vielleicht noch ergänzen, daß Bax sich immer in ein einsames schottisches Bahnhofshotel zurückzog, um zu komponieren.
    Er hatte oft gar keinen festen Wohnsitz, war immer unterwegs.
    Er war sehr von Irland,von Literatur (er war selber ein bekannter Dichter unter dem Namen Dermot O'Byrne) und von Naturgewalten beeinflußt.

    Gerade höre ich mir nochmal den 1. Satz der 2.Sinfonie an. Und da ist direkt der beeindruckende Anfang, welcher eine rauhe Stimmung, eine beklemmende Atmosphäre von Kälte vermittelt. Und ich habe den Eindruck, daß schon dort fast alle Mosaiksteinchen, aus denen sich der weitere Verlauf dieses Satzes ergibt, eingearbeitet sind.

    Natürlich findet man dort nicht den "big tune" , aber sehr viele großartige Motive, aus welchen sich eine Geschichte entwickelt, eine Reise, auf welche man sich einlassen sollte.

    Und es gibt eine Fülle von melodischen Entwicklungen, aber genau so, wie das Wetter umschlägt, Wolken den Himmel verfinstern, Sturm aufkommt etc. , genauso schnell verändern sich diese Entwicklungen und nehmen einen anderen Weg .
    Bei Bax gefällt mir vor allem dies, meiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.


    Der englische Kritiker E.Newman hat mal zu Bax bemerkt, daß er immer eine Geschichte erzählt, nur daß er leider dem Publikum nicht immer mitteilt, was für eine.

    Hier gibt es z.B. Bilder von Morar, wohin sich Bax zurückgezogen hat und wo er die Sinfonien Nr.3-7 komponierte.
    Nur, um einen Eindruck zu vermitteln, welche Umgebung dieser Komponist benötigte, um seine Inspiration zu finden:

    "http://www.undiscoveredscotland.co.uk/morar/silversands/index.html"

    Das ist eine ganz andere Umgebung als Toblach, und eine ganz andere Kultur.

    Insoferne kann man Bax m.M. nach nicht mit Mahler vergleichen.

    Was da in dem alten Konzertführer steht, ist natürlich Unsinn, es ist zu beiden Seiten übertrieben.

    Ich verstehe absolut, wenn sich jemand nicht(gleich) für Bax begeistern kann.
    Man kann Bax vorwerfen, was man will, aber er hat es seinen Zuhörern nicht gerade leicht gemacht.
    Und zu Recht, denn das war seine ganz eigene Welt.


    Und da hat er dann doch etwas mit Mahler gemeinsam....


    Wie schon gesagt, ich habe Jahre gebraucht, aber dann hat es bei mir "klick" gemacht.

    :wink:
    Michael

    P.S.,
    das, was Edwin hier geschrieben habt

    Zitat

    Arnold Bax ist mit Sicherheit kein Komponist, auf dessen internationale Durchsetzung man pochen sollte. Er ist allerdings eine Spielart der britischen Musik, die für deren wachsende Fangemeinde von Interesse sein mag: Er bietet Nebel, Zwielicht und gälisch intonierende Romantik. Man kann es mögen auch ohne es für bedeutende Musik auszugeben.

    ist sehr gut formuliert.
    Es ist schwer, etwas dagegenzuhalten.

    Aber für mich gilt es nicht, denn Bax springt mich ungemein an.
    Und in seinen besten Werken, oder den Werken von Ihm, welche MIR am besten gefallen, gestehe ich Ihm zu, daß er bedeutende Musik komponiert hat.

    Es mag vielleicht nicht bedeutende Musik für den kontinentalen Geschmack und seine Tradition sein, aber das ändert für mich nichts an der Tatsache, daß Bax einige bedeutende Musik für SEINEN Kulturkreis komponiert hat.

    Und es gibt nicht sehr viele Komponisten mit einer derartig eigenen Klangsprache wie Ihn.

    Man kann Ihn sehr leicht durch Hinweise auf Wagner oder Strawinsky fertig machen, man kann, wie Edwin, leider etwas für meinen Geschmack danebenliegen

    Zitat

    die Zweite und Dritte Symphonie sollte man gehört haben, weil sie gute Beispiele einer britischen symphonischen Tradition sind, in der auch Komponisten wie Moeran, Dyson und Howells auf Wohlwollen trafen, obwohl ihre Sprache im Grunde veraltet war.

    , da Bax Tonsprache absolut nicht veraltet war.
    Über Moeran, Dyson oder Howells kann man streiten,ich liebe auch diese Komponisten, aber Bax war wesentlich rabiater, eigener ,undurchsichtiger sowie der farbigere Orchestrator.

    Bitte, Edwin!
    Komm zurück!

    Ich würde mich gerne mit Dir darüber unterhalten, warum die Bax 2.und 3. Sinfonie in einer britischen Tradition stehen.
    Ist da nicht vielmehr ein viel größerer Einfluß von Sibelius erkennbar?

    Du magst ja Recht haben, aber für mich stehen diese Sinfonien erst einmal in einer, wie soll ich sagen, nordischen, skandinavischen Musiktradition.
    Und Bax hat etwas ganz eigenes daraus gemacht.

    Über eine weiter anregende Diskussion über Bax würde ich mich sehr freuen.

    :wink:
    Michael

  • Hallo Malcolm,

    nicht gleich die Flinte ins Korn werfen. Da hat sich eine falsche Erwartungshaltung aufgebaut, die natürlich nicht erfüllt werden konnte. Genährt durch einen nicht seltenen britischen Musikführer, der die seinigen gerne ausführlischst behandelt. Dass Bruckner und Mahler schlecht wegkommen, nun ja. Gegen eine ausführlichere Besprechung gibt es aber nichts einzuwenden.

    Bax Symphonien sind sicher sein unzugänglichstes Gelände, wenn es dich interessiert, möchte ich dir gerne die Tondichtungen ans Herz legen, wie z.B. Tintagel (sein berühmtestes Werk), oder The Garden Of Fands etc.

    "

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    " Atherton dirigiert Tintagel
    "
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    " Marc Elder über Tintagel

    Die anderen Tondichtungen sind auch auf youtube verfügbar.


    Ganz anderen, sehr zauberhaften Ton, schlägt Bax in seiner Kammermusik ein, z.B. im Elegiac Trio
    "

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    Mich hat die Musik Bax`gleich in ihren Bann gezogen, obgleich ich die selben Schwierigkeiten wie Du zunächst hatte. Eine Zeit, bevor ich überhaupt die Tondichtungen oder gar Kammermusik kannte, hatte ich alle Symphonien mehrfach gehört. Stets mit Faszination, aber auch mit einem merkwürdigen Gefühl, ihn immer vergleichen zu müssen, da mir wie Dir Themen fehlten. Sie fehlen aber nicht. Was du meinst, ist die fehlende Einprägsamkeit der Themen, mit denen man sonst so verwöhnt wird. Manches wirkte auf mich ulkig, oder gar hilflos, es dauerte, bis ich merkte, dass es ein spezifisches Idiom ist, das wirklich eine Geschichte erzählen will. Sehr hilfreich dazu sind die Ausführungen Handleys.

    Ob seine Smyphonien - insbesondere meine Lieblinge 3,5 und 6 an die "großen Meister" heranreichen, ist eine Frage, die sich nicht so schnell klären lässt. Was einprägsame und dennoch durchgeistigte Themen angeht, sicher nicht. Rhythmisch ist Bax nicht leicht zu nehmen, Handley betont den hohen agogischen Anteil, der intendiert ist und den man setzen sollte, damit manches nicht einförmig wirkt.

    Bax war so gefesselt vom Keltentum, dass seine Musik selbst wie ein Druidentrunk klingt. Im Epilog vermag er Stimmungen durhc Orchestration zu evozieren, wie ich es kaum von einem anderen Komponisten kenne.
    Ich freue mich, wenn jemand die Musik für sich entdeckt, ob man sie "durchsetzen" sollte, die Frage möchte ich wegen Voreingenommenheit lieber anderen überlassen.


    Hi Michael,

    vielen vielen Dank für deine tolle Beschreibung. Bis auf unsere unterschiedliche Wertung der 3. gehe ich mit dir absolut konform. :yes:

    :wink:
    Wulf

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Zitat

    Hi Michael,

    vielen vielen Dank für deine tolle Beschreibung. Bis auf unsere unterschiedliche Wertung der 3. gehe ich mit dir absolut konform.

    Hi Wulf,
    das mit der dritten ist so eine Sache, vielleicht auch Tagesformabhängig oder Einspielungsabhängig.
    Unter Barbirolli finde ich die dritte ziemlich gut, das ist eine faszinierende Einspielung, an welche m.M. nach keine andere herankommt, selbst Handley nicht.

    Bax ist halt auch ein Komponist, der unbedingt einen adäquaten Interpreten benötigt.
    Nun, dies war natürlich vor allem Handley. :juhu:
    Und natürlich ist seine späte Gesamtaufnahme, welche bei Chandos endlich zustande kam, ein Geschenk sondergleichen.

    Aber in der 3.Sinfonie ist Barbirolli für mich immer noch unübertroffen.

    Die einzige für mich wirklich enttäuschende Handley-Aufnahme war die 6.Sinfonie.
    Da hatte ich viel mehr erwartet, vielleicht zu viel.

    Es ist schade, aber ich muß gestehen, daß mir die del Mar SOWIE die Lloyd-Jones besser gefallen.
    Überhaupt ist der Naxos Lloyd-Jones Zyklus keinesfalls zu unterschätzen!


    Ein Ranking der Bax-Sinfonien ist für mich eh schwierig, denn jede einzelne hat Ihren ganz eigenen Reiz, auch die dritte!

    Ich habe einfach nach vielleicht 20 Jahren Bax-Sinfonien hören mal Fazit getroffen.
    Und tatsächlich habe ich mit der 3.Sinfonie die meisten Einspielungen (halt alle) , höre diese aber am allerwenigstens.
    Aber warum...dem muß ich selber mal nachgehen.

    Ich kann ja versuchen, das nochmal zu ändern, warum nicht, denn es ist eine sehr starke Sinfonie, außer Zweifel.

    Kurioserweise zieht es mich immer wieder zum 1.Satz der 7.Sinfonie hin.
    Und auch kurioserweise deshalb, weil ich in dieser annerkannt schwächsten Sinfonie von Ihm eine gewisse Brahms-Nähe fühle, gerade im ersten Satz.
    Nur fühle, beschreiben kann ich das nicht.

    Ich würde die 7. als seine klassischste Sinfonie beschreiben.
    Daß sie keine Qualität hat, halte ich für nachgebeteten Humbug.
    Sie ist für mich ein wirkliches Alterswerk, abgeklärt und auch dementsprechend für Bax Verhältnisse ruhig und ausgeglichen.

    Nun ja, ein Meisterwerk ist sie wohl nicht.
    Wenn mich jemand fragt, was meine absolute Lieblingssinfonie von Bax ist, dann ist meine Antwort immer ganz klar:

    Die 6.Sinfonie!

    Diese Sinfonie ist ein Thriller sondergleichen für mich.
    Egal, welchen Satz ich anhöre, ich kann Edwins Verdikt

    Zitat

    Die Sinfonien 4, 5 und 6 wiederholen das in 2 und 3 angewandte Vokabular auf der Basis einer leicht modernisierten Romantik.

    nicht nachvollziehen.

    DAS soll eine leicht modernisierte Romantik sein?

    Für mich ist das Britischer Expressionissmus pur.

    Mir ist wenige Musik bekannt, welche derartig brutal mit Klangfarben(wenn es so richtig kalt wird, dann kann auch eine Klangfarbe brutal sein), bestürzend direkt eingesetzten Klangeffekten, dramatischen Stimmungsumsprüngen und totaler , geradezu manischer Kraft über einen hinwegbricht.

    Echt ehrlich, ich übertreibe da nicht.

    :wink:
    Michael

  • Ich schließe mich hier mal nahtlos an.

    Schon vor Jahrzehnten, noch vor der Einführung der CD (meine ganz persönliche Einführung kam erst Anfang der Neunziger), kannte ich von Bax The Garden of Fand und The Happy Forest , sowie die dritte Sinfonie. Es waren Rundfunkmitschnitte; die Interpreten müsste ich nachsehen, ich denke an Edward Downes. Von Anfang haben mir die apart abgedunkelten Orchesterfarben irgendwo zwischen angelsächsischer Folklore und Debussy zugesagt, das weiche Bläsermelos, der vielstimmige gedeckte Streichersatz. Das Fehlen ausgeprägter Melodik hat mich nie gestört; es spielt ohnehin nicht die entscheidende Rolle in meiner Hörphysiologie, obwohl ich auch nichts gegen nachpfeifbare Hollywood-Themen habe, etwa wie - um auf der Insel zu bleiben - in Malcolm Arnolds Fünfter.

    Die dritte Sinfonie erfüllte diese Kriterien in besonderem Maße. Und sie war, da deutlich umfangreicher, so spannend wie ein langer, schwül-heißer Sommertag, der bereits am Nachmittag in einem Gewitter endet, nach dem sich der Himmel wieder aufklart, ein wenig kühler, aber nicht kühl. (Das ist jetzt keine Strukturbeschreibung der Musik, sondern ein intuitives Pendant zu meiner Hörerrolle.) Jedenfalls kann ich Wulfs Begeisterung schon sehr lange nachvollziehen.

    Seit zehn, fünfzehn Jahren habe ich mit einzelne CDs zugelegt und vor allem die Integrale mit Handley. Die müsste ich noch öfters hören. Michael Schlechtriem hat wohl ganz Recht; man muss jeder Sinfonie ihre Chance geben.

    Über meine aktuelle Begeisterung für die Sechste möchte ich mich hier noch äußern; sie steht jetzt an erster Stelle und das wird sich wahrscheinlich doch nicht mehr ändern. Denn da kommt, wie selbstverständlich, das melodische Moment hinzu, die Breite der Stimmungen ist besonders beeindruckend, der Einfallsreichtum so überzeugend wie die spannende Gesamtanlage. Man beachte allein das Fanfarenthema am Anfang, rhythmisch wie in der Harmonik der Streicher. Wenn einen das nicht packt!

    Gepackt wurde ich bereits von den folgenden zwei Einspielungen, von der zweiten dann deutlich mehr als von der ersten. Ein wenig bin ich dennoch im Laufe des recht umfangreichen Werks immer gedanklich abgedriftet. Aus irgendeinem Grund gelingt es Handley nicht, die Spannung zu halten. Bostock gelingt dies bereits besser.

    Dank Michael habe ich mir nunmehr auch die folgende Aufnahme zugelegt. Und siehe da: Jetzt stimmt alles! Es eröffnet sich ein grandioses Epos, ein Film von der Insel - beziehungsweise von den Inseln, der alles einfängt, was das Herz begehrt. Norman del Mar schafft dies wohl in erster Linie dadurch, dass er so transparent, so trennscharf, so konträr, so angriffslustig, aber auch liebevoll wie nur möglich spielen lässt. Bemerkenswerterweise verstärkt sich dadurch auch all das, was die Musik auszeichnet und mit Transparenz wohl nicht primär zu erklären ist, eben Malerei und Atmosphäre. Dicke Empfehlung!

    (Soll ich mir jetzt auch noch Lloyd-Jones zulegen?? :D Eine Zugabe wäre mit drauf, der Preis sozial verträglich! )

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Lieber Wolfgang,

    vielen Dank für den sehr schönen Beitrag. Freut mich zu lesen, dass bei Dir auf ähnliche Begeisterung stoßen kann.
    Mein Erstkontakt war dessen 5. Symphonie und sie hat für mich mit ihrem an Sibelius gemahnenden, aber dennoch sehr eigenen Tonsprache und ihrem furianten dritten Satz nachwievor einen ganz besonderen Platz.

    Die 6. Symphonie ist natürlich großartig, v.a. der zweite mysteriöse zweite Satz.

    Ich liebe bei Bax aber inzwischen auch bzw sogar vor allem seine Kammermusik: das Nonett, das Oktett, das halbwegs bekannt gewordene Elegiac Trio, das Harfenquintett etc.
    Da gibt es wahre Schätze. :yes:

    :wink:

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Eine Kammermusik-CD besitze und schätze ich auch:

    Das elegische Trio müsste ich aber auch haben. Mal nachsehen!

    Gute Nacht! Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Ich finde die Naxos-Einspielungen doch sehr gelungen. Für mich sind sie die idealen Alternativ-Aufnahmen zu den Handley-Einspielungen. Ob man das als GE toppen kann die nächsten Jahre glaube ich nicht.

    VG,Maurice

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • RE: Bax Sinfonie Nr.6

    Hallo Wolfgang,

    die Handley-GA (Chandos) halte ich für eine äusserst gelungene Einspielung in jeder Hinsicht. Ein Gedanke eine Vergleichsaufnahme zu haben kommt da bei mir überhaupt nicht auf. Aber nicht alles in einer GA kann perfekt sein.

    Bereits in Michaels ausführlichem Beitrag 8 wird berichtet, das gerade die Sinfonie Nr.6 unter Handley diesesmal nicht so perfekt geraten ist. Ich habe auch die Bostock-Aufnahme in der von Dir gezeigten British Symphonic Collection.
    :vv: Diese 10CD-Box mit Bostock-Aufnahmen ist wirklich ein Schnäppchen. Bereits die enthaltene Arnold: Sinfonie Nr.5 ist der Aufnahme in der GA mit Andrew Penny vorzuziehen - aber auch die Bax: Sinfonie Nr.6 unter Bostock hat tatsächlich wie von Dir berichtet in der Tat mehr Spannnungsmomente zu bieten, als die Handley-Aufnahme.
    Man sollte aber noch differenzierter Einsteigen: Den 1.Satz finde ich mit Handley absolut gelungen. Über den 2.Satz geht Handley etwas zu flott hinweg, sodass die Malerei gringfügig auf der Strecke bleibt. Der 3.Satz steckt voller Überraschungseffekte, die bei Bostock spannender wirken; aber auch nur oberflächlich gesehen. Insgesamt bietet auch Handley eine sehr brauchbare und zudem sehr gut klingende Aufnahme der Sinfonie Nr.6 mit wunderbaren Klangfarben; die wiederum besser zur Geltung kommen, als bei Bostock. Für mich liefert Handley auch hier bei weitem kein Ansatzpunkt hier so enttäuscht zu sein, wie Michael dies mit anderer Erwartungshaltung empfindet.
    Brauche ich jetzt unbedingt Norman del Mar oder Lloyd-Johnes ???

    ;+) Dann her damit !

    :-OOOO- Wer Arnold Bax von den Capriccios noch nicht kennt:
    Ein ganz heisser TIPP für Neuentdeckungen - Hörfreude garantiert. In der GA mit Handley (Chandos) - wem sonst ! - auch in bester Soundtechnik ...

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Bax: Éire

    Will man sich mit den symphonischen Dichtungen von Sir Arnold Bax beschäftigen, so kommt man nicht umhin, in die Welt der irischen Mythen, so wie sie die Irish Renaissance sah, einzutauchen.

    Der 1883 geborene Bax war allerdings kein Ire, sondern ein waschechter Londoner, er hatte nie die bittere Armut, das Leid und Elend erlebt, in dem ein Gutteil der irischen Bevölkerung im 19. Jahrhundert vegetierte. Stattdessen wuchs er in einem Herrenhaus in Hampstead auf und musste sich nie um seinen Lebensunterhalt sorgen (s.o.). Früh begeisterte sich Bax für die Texte der Dichter der irischen Renaissance, eiferte dichtend Yeats & Co nach und ließ sein von dieser Bewegung geprägtes träumerisches wie mystisch-heroisches Irlandbild in Kompositionen einfließen. Nachdem er 1889 Yeats Versepos "The Wanderings of Oisin" (sprich: "ou-sheen") verschlungen hatte, ging Bax nach Irland, fand ein kleines Dorf an der vollkommen isolierten Küste Donegals und kehrte immer wieder dorthin zurück. Er beschäftigte sich mit der Mythologie und Geschichte Irlands, lernte Irisch und verfasst um 1907 herum ein Libretto für eine Oper, die sich um die tragische mythologische Figur "Déirdre" drehen sollte. Tatsächlich setzte er diesen Plan dann aber nicht in die Tat um, sondern verband das für die Oper entstandene mit davor schon komponiertem Material zu einem Triptychon aus drei symphonischen Dichtungen, das den Titel "Éire" (sprich: äih-ra) tragen sollte.

    Die erste Tondichtung, die wahrscheinlich als Ouvertüre zur "Déirdre" gedacht war, trägt den Titel "Into the Twilight". Der Partitur ist Yeats' gleichnamiges Gedicht vorangestellt:

    INTO THE TWILIGHT

    Out-worn heart, in a time out-worn,
    Come clear of the nets of wrong and right;
    Laugh, heart, again in the gray twilight;
    Sigh, heart, again in the dew of the morn.

    Thy mother Eire is always young,
    Dew ever shining and twilight gray,
    Though hope fall from thee or love decay
    Burning in fires of a slanderous tongue.

    Come, heart, where hill is heaped upon hill,
    For there the mystical brotherhood
    Of sun and moon and hollow and wood
    And river and stream work out their will;

    And God stands winding his lonely horn;
    And Time and World are ever in flight,
    And love is less kind than the gray twilight,
    And hope is less dear than the dew of the morn.

    ***

    Ins Zwielicht

    Zermürbtes Herz, in zermürbter Zeit
    Befreie Dich von den Netzen der Wahrheit und der Falschheit.
    Lache wieder, Herz, im grauen Zwielicht,
    Seufze wieder, Herz, im Morgentau.

    Deine Mutter Eire ist immer jung,
    Der Tau glitzert stets, stets ist das Zwielicht grau,
    Auch wenn Deine Hoffnung schwindet und die Liebe stirbt,
    Verbrennend in den Feuern einer hetzenden Zunge.

    Komme, Herz, dorthin, wo sich die Hügel aufeinandertürmen,
    Denn dort lebt die mystische Bruderschaft
    Der Sonne und des Mondes, der Senke und des Waldes,
    Des Flusses und des Baches, nach ihrem Willen formend.

    Und Gott steht dort und bläst sein einsames Horn:
    Und Zeit und Welt fliehen auf immer dahin,
    Und die Liebe ist unfreundlicher als das graue Zwielicht,
    Und die Hoffnung ist nicht so teuer wie der Morgentau.

    Übersetzung der Verf.


    Höre ich Bax Komposition, so nimmt mich ihre einzigartige Atmosphäre, ihr ganz eigener Tonfall unmittelbar gefangen. Dem Hörer begegnet eine geheimnisvolle, in der Tat heroisch-mythische Klangwelt, die ihresgleichen mE nicht hat. Ich fühle mich unmittelbar in die Welt der irischen mytholgischen Zyklen versetzt, stehe unmittelbar neben Aengus, Cú-Chullain oder Fionn mac Cumhaill.

    Die zweite symphonische Dichtung trägt den Titel "In the Faery Hills" und wurde 1910 als Einzelwerk uraufgeführt. Bax wollte hier - so schreibt er in einem Brief - die Welt der "Hidden People" (also der ganzen Feen und Leprechauns) zum klingen bringen, wobei für das Verständnis des ersten und letzten Abschnitts der Tondichtung der Untertitel "An Sluagh Sidhe" eine Rolle spielt. Dieser Titel bedeutet soviel wie "Die Feenschar". Diese Schar reitet nach irischer Vorstellung nächtens durch die Luft und nimmt bisweilen Menschen auf ihrem wilden Ritt mit. Die ersten Takte scheinen einen ruhigen Abend, das untergehen der Sonne zu malen, dann plötzlich erhebt sich mittels Flöten und Harfen, Streichertremoli ein luftiges Sirren, Hörner spielen auf zum Ritt durch den irischen Nachthimmel. Der mittlere Abschnitt malt nun wiederum auf einer Passage aus "The Wanderings of Oisin". Die Feenschar bittet einen Oisin, für sie zu singen:

    Und plötzlich gab mir eine Dame an meiner Seite
    Eine Harfe und bat mich, etwas zu singen,
    Und die lachenden Silbersaiten zu schlagen.
    Doch als ich von der menschlichen Freude sang,
    Wurde jedes fröhliche Gesicht von Trauer verhüllt
    Und dann, Patrick, bei Deinem Barte, weinten sie
    Bis einer kam, ein tränenreicher Junge war's, der sprach:
    "Nie wandelte eine traurigere Kreatur
    Als diese seltsame Barde der Menschen."
    Der ergriff die Silberharfe
    Und warf sie, auf ihre weißen Saiten weinend,
    In eine von Blättern verborgene Senke,
    Wo trübe Wasser vor dem Himmel verborgen lagen.
    Und jeder sagte mit langem, langem Seufzen:
    "Oh traurigste Harfe diese Welt,
    Schlafe dort bis Mond und Sterne für immer vergehen."

    Übersetzung der Verf.

    Bax macht das ganz wundervoll. Über den Schlägen der Harfe singt zunächst die Celli eine traurige Melodie, diese wird vom Englischhorn aufgegriffen, plötzlich hört man in Violinen und Föten erste Tränen fließen. Dann singt das Fagott die traurige Melodie erneut, das Weinen wird stärker, plötzlich singt die Oboe in hoher Lage die traurigen Worte des Knaben, die Harfe bleibt stumm und verschwindet. Die Reise der Feen durch die irische Nacht nimmt wieder Fahrt auf.

    "Roscatha" - "Schlachtlied" heißt die letzte symphonische Dichtung, deren Anfang mich eine wenig an die Filmmusik zur alten Zeichentrickverfilmung des "Herrn der Ringe" erinnert. Bax greift auch hier auf eine musikalische Skizze zur "Déirdre" zurück, die zu einer Szene gehört, in der sich die Anführer treffen sollten. In Bax' Worten sollte sich das so anhören:

    "Man hört den Klang ferner Hörner, die die nahende Gesellschaft ankündigen. Diener treten ein und zünden überall in der Halle große Fackeln an... Eine barbarische Marschmelodie erklingt, und die Helden und Adelsherren des Red Branch kommen in einer Prozession herein. Mit ihnen erscheinen einige Barden mit wunderschön geschnitzten Harfen, Trompeter mit gebogenen Instrumenten aus Bronze mit verzierten Mundstücken, Paukenschläger..."

    Und auch hier findet Bax wieder den richtigen Ton für die Umsetzung seiner Fantasie. Das klingt tatsächlich genau wie beschrieben, wirkt sehr repräsentativ, stattlich, herrschaftlich. Entsprechend wird diese symphonische Dichtung auch zu einem heroisch-glänzenden Ende geführt.
    Allerdings kann ich nicht verleugnen, dass ich "Roscatha" als schwächste der drei Werke empfinde. Des frühen Irlands Glanz und Gloria hat beim Hören natürlich seinen Reiz, es ist aber auch ein meines Erachtens eher eindimensional eben auf die Präsentation dieses güldenen mythologischen Heldentums ausgerichtet.

    Die einzige zyklische Aufnahme der drei symphonischen Dichtungen entstand unter der Leitung von Bryden Thomson im Februar 1985 (siehe Coverbildchen oben). Ich kann sie - wie eigentlich alles, was Thomson in Sachen Bax vorgelegt hat - rückhaltlos empfehlen und das nicht nur, weil sie ganz hervorragend klingt.

    Da wird sehr intensiv musiziert, es ist ein passioniertes Dirigat, das die Farbigkeit, die Schattierungen, die Leidenschaftlichkeit und Einzigartigkeit dieser Musik bestens herausschält, ein echtes Plädoyer für Bax, der insgesamt noch immer viel zu selten gespielt wird. Außerdem erhält man noch die wundervollen Tondichtung "The Tale the Pine-Trees Knew" (die thematisch zu den "Northern Ballads gehört"), "A Legend" (seine letzte Tondichtung) und die unter Vernon Handleys Leitung eingespielte Orchestrierung von "On the Seashore", die ebenfalls im Zusammenhang mit der "Déirdre" entstand.

    :wink: Agravain

  • Auf England-Welle und wieder mal bei Bax gestrandet.

    Die Tondichtungen lerne ich allmählich noch besser kennen. Nach zwei Jahren ( ;) ) besten Dank an agravain für seinen kompetent anschaulichen Beitrag.

    The Happy Forest und The Garden of Fand sind, vielleicht wegen ihres impressionistisch helleren und dadurch quasi gröber bunten Charakters eigentlich noch immer meine Favoriten. November Woods und Into the Twilight sind hinzugekommen. Tintagel hat sich ein wenig verbraucht - Wagner, Richard, klingt auch so ähnlich. :hammer1:
    Andere Tondichtungen will ich mir erschließen; einige kenne ich bereits. Es scheint sehr viele zu geben und sehr viele sind bei den einschlägigen Firmen (vor allem Chandos) und von den einschlägigen Spezialisten (vor allem Handley, Barbirolli, Thomson, Lloyd-Jones oder Boult) auch eingespielt worden.

    Ebenfalls gestoßen bin ich auf die höchst interessanten und für mich absolut nachvollziehbaren Aussagen des Bax-Verehrers Vernon Handley, die man bemerkenswerterweise auf einer berühmten ( :P ) Online-Lexikon-Seite findet:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Vernon_Handley

    Der entsprechende Absatz trägt eine klare Überschrift und war für mich sehr erhellend.

    Überhaupt: Je genauer man hinhört - das muss man ohnehin; beinahe hätte ich gesagt, bei jeder guten Musik -, desto klarer wird einem, dass es im guten Sinne naiv sein mag, sich von Atmosphäre, Farben und vagen oder konkreten Programmen gefangen nehmen zu lassen, dass aber sich von einer angeblich nicht vorhandenen Struktur - so die Klischees auch über Bax - ablenken zu lassen, noch lange nicht heißt, dass eine solche Struktur nicht vorhanden wäre. Zum Ausprobieren empfehle ich The Garden of Fand. Ich kenne natürlich nicht alle Aufnahmen dieses Zwanzigminüters, gehe aber davon aus, dass man sie alle genießen kann, naiv oder eben möglichst bewusst.

    :thumbup: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Da hier ja (fast) nur über den Sinfoniker Bax diskutiert wird, möchte ich nicht versäumen auch den Klavierkomponisten zu würdigen. Im Gegensatz zu seinen meisten britischen Zeitgenossen hat Bax nämlich eine ganze Reihe Klaviermusik geschrieben, vergleichbar mit der Produktion von John Ireland, Frank Bridge oder Cyril Scott. Da Bax selber ein sehr fähiger Pianist war, der gleichwohl nur bis zu seinem 30. Lebensjahr öffentlich auftrat, ist es naheliegend, dass er für das Klavier schrieb. Es war das Instrument an welchem er seine Kompositionen schuf und ausprobierte. Er schrieb also weniger Musik für das Klavier, als mehr Musik die man auch, oder zuförderst auf dem Klavier spielen konnte.
    Einen nicht unbeträchtlichen Anteil am Ausstoß von Klaviermusik hatte Bax' Muse Harriet Cohen, mit der er nicht nur ein Liebesverhältnis unterhielt, sondern für die er auch eine ganze Reihe von Klavierwerken schuf, welche diese dann durchaus kongenial umsetzte. Wer das mal hören möchte sollte hier mal hineinhören

    (Ist offenbar kein so guter Tipp für Euch, aber ich hätte jetzt bei dieser Aufnahme einen beträchtlichen Buchgewinn gemacht ). :D

    Das Verhältnis der beiden ist sogar verfilmt worden "The secret Life of Arnold Bax" mit der wundervollen Glenda Jackson als Harriet Cohen, und Ken Russel der auch Regie geführt hat, als Arnold Bax. Leider bin ich bis dato noch nicht an den Film herangekommen

    Was gibt es denn so zu hören:

    Da sind zunächst einmal seine 4 Klaviersonaten. Dieses Genre hatten die Briten nun so gar nicht auf dem Zettel. Bei Bax nehmen diese Werke einen zentralen Platz in seinem Schaffen ein. Bax hatte eine ganze Reihe Vorbilder, von denen die komponierenden Pianisten aus Russland wohl die Bestimmenden waren. Das ist seiner Musik bisweilen auch anzuhören.

    Die erste Sonate in fis-Moll von 1910 (1917-21 revidiert) folgt noch einem 4-sätzigen Schema, ist aber genau genommen in einem Satz entworfen, ähnlich der Sonate von Liszt , Das Werk entstand in der Ukraine, wohin Bax einer jungen Frau namens Natascha gefolgt war. Der Schluß dieser Sonate wurde übrigens vom gewaltigen Glockengeläut in St. Petersburg geprägt, welches er bei einem Besuch dort erfahren hatte. Zeit seines Lebens war Russland und seine Musik neben Irland das Land, welchem er sich am meisten verbunden fühlte. Auch die 2. Sonate in G-Dur von 1919/20 atmet diesen Geist. Sie ist ziemlich düsterer Stimmung, die sich zum Schluß etwas lichtet. Diese und die nachfolgende Sonate Nr. 3 in gis-Moll von 1926 sind Harriet Cohen gewidmet. Die fließenden und verschwimmenden Aspekte von Bax' Instrumentalsatz finden sich auch in der 3. Sonate wieder. Man gewinnt den Eindruck ruderlos auf dem unruhigen Meer, dessen Wogen nur gelegentlich von Momenten der Stille abgelöst werden, zu treiben. Der Einfluß von Wagner, insbesondere von Tristan und Isolde, ist deutlcih zu spüren. Zum Zeitpunkt der Komposition hatte das Verhältnis zu Harriet Cohen einen kritischen Höhepunkt erreicht, und Bax sublimiert diese Erfahrungen auf seine Weise in der Musik.
    Die 4. Sonate in G-Dur von 1932 zeigt schon den Spätstil von Bax, der mehr durch klassizistische Strenge gekennzeichnet ist. Das Werk wirkt fast schmucklos, wenn man es mit den überbordenden Harmonien seiner Vorgänger vergleicht.

    Nebn den 4 Sonaten gibt es eine Fülle von Miniaturen, die zu der Zeit sehr beliebt waren. Aber im Gegensatz z.B. zu Cyril Scott, dessen Musik häufig ziemlich beliebig wirkt, hat Bax hier fast immer etwas zu sagen. Es sind vor allem seine Schilderungen der Natur, die er seiner Begeisterung für Irland entlehnt, welche die Stimmung vieler Werke beeinflussen. Viele Titel beziehen sich auch direkt auf die Natur, wie z.B. Winter Waters, Water Music, oder A Mountain Mood oder Mediterranean. Diese Stücke alle zu beschreiben würde hier den Rahmen sprengen, und ich komme gerne noch einmal darauf zurück.
    Vor allem solltet Ihr diese Musik hören, und das geht nach meiner Meinung am Besten mit dieser famosen Aufnahme:


    Eric Parkin, den ich für eine Idealbestzung bei britischer Klaviermusik halte (er hat auch das Gesamtwerk von John Ireland eingespielt, aber auch Poulenc), hat hier eine wundervolle Aufnahme abgeliefert. Wie so oft bei Chandos ist auch die Aufnahmequalität exellent, und das Beiheft vermittelt viel Informationen, denen ich auch einiges für meinen kleinen Ausflug entnommen habe.Mit dieser Box könnt Ihr nichts falsch machen. Überhaupt hat sich Chandos um Arnold Bax sehr verdient gemacht. Die Orchesterwerke sind allesamt empfehlenswert.


    Von den Sonaten gibt es noch eine sehr gute Aufnahme mit Michael Endres, dessen Interpretation der 1. Sonate ich auch vor vielen Jahren einmal in Husum gehört habe.



    Ich würde mich freuen bei dem ein oder anderen Appetit auf die Klaviermusik von Bax geweckt zu haben. Sie gehört nach meiner bescheidenen Meinung zum Besten was im 20. Jh auf den britischen Inseln für dieses Instrument komponiert wurde.


    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Da hier ja (fast) nur über den Sinfoniker Bax diskutiert wird, möchte ich nicht versäumen auch den Klavierkomponisten zu würdigen.


    Zunächst vielen Dank an Eusebius für den schönen Beitrag, den ich mit Gewinn gelesen habe. Gleiches (in Sachen Rezeption) gilt übrigens auch für den Kammermusikus Bax. Da gibt es allerhand zu entdecken, beispielsweise das - wie ich meine - höchst eindruckvolle Klavierquintett oder das Harfenquinette oder die Streichquartette oder oder oder.

    Derzeit über zu wenig Zeit zum ausführlichen Schreiben verfügend, möchte ich auf die folgenden CDs hinweisen, mit denen man m.E. sich einen guten ersten Eindruck verschaffen kann:

     

    Schade, dass der Wulf nix mehr schreibt. Er hätte hier wahrscheinlich deutlich mehr zu sagen als ich. Vielleicht mag auch Michael ergänzen, der sich in diesem Genre naturgemäß viel besser auskennt als ich?

    :wink: Agravain

  • Ab hier aus "Eben gehört" kopiert.
    AlexanderK, Moderation

    Daraus:

    [

    Arnold Bax: Symphony No 2
    LSO, Leitung: Bryden Thomson

    Adieu
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Daraus:

    [

    Arnold Bax: Symphony No 2
    LSO, Leitung: Bryden Thomson

    Adieu
    Algabal

    Heute ganz allein im Klassiksektor? Naja... Hab die Box, da nix anderes anlag, heute fast ganz durchgehört (bis auf die 3., die ich am besten kenne). Gerade läuft das Finale der 7. Das ist schon sehr eigene und unbedingt hörenswerte Musik, die Bax da komponiert hat. Am besten gefallen haben mir die Nrn 2, 1 und 6. Jedenfalls bestätigt ein Hören der Symphonien von Bax die Ausführungen des Einführungsbeitrags zum Bax-Thread hier am Brett (der verdächtig nah am Wiki-Artikel ist) so gar nicht ...

    Adieu
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

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