Beethoven: Variationen – Eine Übersicht

  • Beethoven: Variationen – Eine Übersicht

    Beethoven – Variationen

    „Wer Fuge sagt sagt Bach…. Mit gleichem Recht könnte man behaupten wer Variation sagt sagt Beethoven“ schreibt Jürgen Uhde in seinem Reclam-Buch zu Beethovens Klaviermusik. Variationen sind ein bedeutsamer Teil des Beethovenschen Schaffens. Es sind gut 40 selbstständige Variationswerke und eine fast gleich große Anzahl Variationssätze in Sonaten Sinfonien Konzerten etc. Gerade in den Variationen zeigt sich die geniale Kunst und großartige Fantasie Beethovens.
    Bei den Variationen hat Beethoven wahrhaft revolutionär gewirkt er hat die gattung aus der improvisatorischen Unterhaltung in die Regionen höchster Unterhaltungskunst gehoben, er verlieh jeder Variation das Gepräge eines lyrischen Charakterstücks. Bereits mit seinen Righini-Variationen sprengte er die bisherige figurative Enge. Ist bei Mozarts und Haydns Variationen das Thema immer noch vollständig erkennbar, so reduziert er die Anforderungen auf ein Minimum, notwendig ist nur das nackte Skelett der melodischen und harmonischen Gestalt. Die verschiedenen Aspekte des Themas werden zunehmend isoliert und bilden oft einzeln die Grundlage für eine ganze Variation.

    Wer Variationen von Beethoven hört lernt den anderen Beethoven kennen, nicht den pathetischen dramatischen Beethoven mit dem Griff in den Schicksalsrachen sondern den Beethoven mit dem unglaublichen Spaß am Klavierspiel. Den Beethoven der Lust an ungewöhnlichen Klängen, Rhythmen und Effekten, an Überraschungen an Witz und der unglaublichen Phantasie. Wer glaubt Beethoven das sei Eroica, Schicksalassinfonie, Ode an die Freude, Fidelio, Egmont, Coriolan, dem empfehle ich die Variationswerke. Da bekommt man Lust auf und Spaß an der Musik.

    Leider sind mit der Entstehung des allgemeinen Beethovenbildes von dem Titan, dem Leidenden, dem Kämpfer und Überwinder von den vielen faszinierenden Variationswerken die meisten dieser Werke sowohl im Konzertleben wie auch in der Schallplatten- (CD-) Produktion unberechtigter Weise völlig vergessen. Lediglich die Variationen op. 34 und op. 35 (Eroica-Variationen), die Variationen WoO 80 und natürlich die Diabelli-Variationen - als das bedeutendste Variationswerk der Musikgeschichte zusammen mit Bachs Goldbergvariationen - finden sich noch im Repertoire der Konzerte und CDs.

    Ich kenne mich nicht näher im CD-Betrieb aus, aber die einzige mir bekannte Gesamtaufnahme der Beethovenschen Variationen für Klavier ist bei Teldec erschienen, mit Rudolf Buchbinder als Pianist eine m.E. sehr schöne und empfehlenswerte Aufnahme.

    Ich beabsichtige in der nächsten Zeit an dieser Stelle die Variationswerke kurz vorzustellen und möchte sie allen Lesern besonders ans Herz legen. Es lohnt sich, sie machen Lust auf mehr, sie sind voller Überraschungen, Witz und faszinierender Klänge. Sie sind ein äußerst lustvolles Hörerlebnis und zeigen allen die Beethoven nur als den Komponisten der 5. Sinfonie u.ä. kennen ein ganz neues Beethoven Bild, von dem leider in der breiten Öffentlichkeit nicht so viel bekannt ist. Zudem ist es ungemein spannend zu sehen was ein Mensch mit viel Phantasie alles aus einer einfachen Melodie machen kann.
    Ich halte Variationen deshalb für ein extrem reizvolles Milieu, weil sie ungeheuren Spass an Musik vermitteln, ein sehr lustvolles Erlebnis sind, dabei extrem abwechslungsreich und gleichzeitig aber auch dem mehr intellektuellen Musikhörer sehr viel Analysemöglichkeiten bieten.

    Vielleicht kann auch der eine oder andere Pianist angeregt werden sich einmal mit diesen Werken auseinander zu setzen und sie in sein Repertoire aufzunehmen und so das Konzertwesen zu beleben und zu erweitern. Auch könnte ich mir vorstellen, dass diese Werke den Musikunterricht beleben und vielleicht bei jungen Menschen den Spaß an klassischer Musik wecken könnten, denn für meinen Geschmack sind sie auch oft ausgesprochen fetzig witzig und rhythmisch. An den Anfang der Vorstellung möchte ich eine Übersicht über Beethovens Variationswerke stellen. Zuerst die eigenständigen Variationswerke und dann eine Liste der Variationssätze in Sonaten, Sinfonien etc.

    Es ist die fantastische Variationsbreite und unglaubliche Spannkraft der Beethovenschen Rhythmik durch Sforzati, Staccati, abrupte Dynamik-Änderungen und Pausen bereichert ein wichtiges Element der Kompositionen Beethovens insgesamt. Was sich besonders gut bei den Righini-Variationen und den der Diabelli-Variationen aber auch op 105 und 107 beobachten lässt. Gerade an diesen Variationen kann man m.E. auch erkennen, dass Beethoven sich wohl bei der Entwicklung seiner Motive von seiner Umwelt, d.h. die Geräusche und Bewegungsabläufe sowohl in der Natur wie auch der technischen und menschlichen Umwelt hat stark inspirieren lassen.

    Variationswerke

    HESS 72 Thema und Variationen in A von 1803
    Op. 34 6 Variationen F Dur (1802).
    Op. 35 15 Variationen mit Fuge Es Dur Eroica-Variationen (1802 ).
    Op. 44 Klavier-Trio in Es No. 10, 14 Variationen über ein eigenes Thema (1800 – 1803 ).
    Op. 66 12 Variationen in F Klavier und Cello über Ein Mädchen oder Weibchen (1798 ).
    Op. 76 6 Variationen in D Dur über einen Tuerkischen Marsch (1809).
    Op. 105 6 variierte Themen Für Klavier und Flöte 01 über cottage maid (1817-18 )
    Op. 105 6 variierte Themen Für Klavier und Flöte 02 über ein schottisches Lied.
    Op. 105 6 variierte Themen Für Klavier und Flöte 03 über „a schueserl u a reinderl
    Op. 05 6 variierte Themen Für Klavier und Flöte 04 über lost rose.
    Op. 105 6 variierte Themen Für Klavier und Flöte 05 über chiling o goiry
    Op. 105 6 variierte Themen Für Klavier und Flöte 06 über “oh have you not heared”.

    Op. 107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 01 über “ i bin a tiroler bua” (1817-18 ).
    Op. 107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 02 über ein schottischea Lied
    Op.107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 03 über ein Lied aus Kleinrussland
    Op. 107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 04 über ein schottisches Lied.
    Op. 107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 05 über „a madel ja a madel"
    Op. 107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 06 über ein schottisches Lied.
    Op. 107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 07 über „schoene Minka“.
    Op. 107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 08 über ein schottisches Lied.
    Op. 107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 08 über ein schottisches Lied
    Op. 107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 09 über ein schottisches Lied .
    Op. 107 10 variierte Themen Für Klavier und Flöte 10 über ein schottisches Lied .


    Op. 120 33 Veränderungen (C-Dur) über einen Walzer von Anton Diabelli (1819-23)
    Op. 121a Klavier-Trio in B Trio N°11 G Dur 10 Variationen über „Ich bin der Schneider Kakadu“ (1823 )
    WoO 28 Variationen in C für 2 Oboen und Englisch Horn über 'La Ci Darem La Mano' aus Mozart's 'Don Giovanni' (1796/97 ).
    WoO 40 12 Variationen über 'Se vuol ballare' aus Mozart's 'Le Nozze di Figaro' F-Dur (1792/93 ).
    WoO 44b Variationen für Mandoline und Cembalo in D-Dur (1796 ).
    WoO 45 12 Variationen für Klavier und Cello in G-Dur aus Haendels Judas Makkabaeus - Tochter Sion (1796 ).
    WoO 46 7 Variationen für Klavier und Cello in Es-Dur über „Bei Maennern welche Liebe fuehlen (1801 ).
    WoO 63 9 Variationen in c Moll übereinen Marsch von Dressler (1782).

    WoO 646 leichte Variationen in F Dur über ein schweizer Lied für Klavier oder Harfe (1790).
    WoO 65 24 Variationen in D-Dur über die Arietta Venni amore von V Righini (1796 ca. 1802 überarbeitet)
    WoO 66 13 Variationen in A Dur über Dittersdorfs Arietta “Es war einmal ein alter Mann“ aus dem Singspiel „Das rote Käppchen“ (1792 ).
    WoO 67 8 Variationen C-Dur für Klavier zu 4 Händen über ein Thema des Grafen Waldstein (1791-92 ).
    WoO 68 12 Variationen C Dur über das Menuett a la Vigano aus dem Ballett “Le nozze disturbato” (1795 ).
    WoO 69 9 Variationen A-Dur über das Thema von Paisiello „quant e piu bello“ aus der Oper „La molinara“ (1795 )
    WoO 70 6 Variationen G Dur über das Duett “Nel cor piu non mi sento” aus der Oper „La molinara“ von Paisiello (1795 ).
    WoO 71 12 Variationen A Dur über den russ. Tanz aus dem Ballett „Das Waldmädchen“ von Wranietzky (1796 )
    WoO 72 8 Variationen C Dur über die Romanze „Un fievre „aus der Oper „Richard Löwenherz“ von Gretry (1796-1797 ).
    WoO 73 10 Variationen B Dur über das Duett “La stessa la stessissima” aus der Oper „Falstaff“ von Salieri (1799 ).
    WoO 74 „Ich denke Dein“ Lied in D Dur mit 6 Variationen für Klavier zu 4 Händen (1790, 1803/4 ).

    WoO 75 7 Variationen F Dur über das Quartett „Kind willst Du ruhig schlafen“ aus der Oper „Das unterbrochene Opferfest“ von Peter Winter (1799 ).
    WoO 76 6 Variationen F-Dur über das Terzett Taendeln und scherzen aus der Oper „Soliman II“ von Süßmayr (1799 ) .
    WoO 77 6 leichte Variationen G Dur über ein eigenes Thema (1800 ) .
    WoO 78 7 Variationen C Dur über God save the king (1803 ).
    WoO 79 5 Variationen D Dur über Rule Britannia (1803 ).

    WoO 80 32 Variationenin c Moll über ein eigenes Thema (1806)

    Variationssätze in Kompositionen


    Die Nummer hinter der Werksnummer gibt die Satznummer an.
    Op. 1 Nr 3 2 Klavier-Trio No. 3 In C Moll, Andante Cantabile Con Variazioni.
    Op. 8 5 Serenade, in D, Thema con Variazioni; Andante quasi allegretto- Variationen I-IV
    Op. 11 3 Klavier-Trio in B Dur, Gassenhauertrio, Allegretto
    Op. 12 Nr 1 2 Violin-Sonata in D - Tema con Variazioni I - IV - andante con moto.
    Op. 14 Nr 2 2 Sonate No. 10 G-dur ; Andante.
    Op. 18 Nr 5 3 Streichquartet No. 5 in A Dur, Andante cantabile.
    Op. 20 4 Septet in Es, -Tema.Andante con variazioni.
    Op. 25 4 Serenade für fFlöte,violine & viola in D,-Andante con variazioni.
    Op. 26 1 Klaviersonate No.12 in As-dur Andante con Variazioni.
    Op. 30 Nr 1 3 Violin-Sonata No 6 in A major- Allegretto con Variazioni I - VI.
    Op. 30 Nr 2 2 Violin-Sonate No 7 in C Moll - Adagio cantabile.
    Op. 38 4 Klavier-Trio in Es, 4. Andante Con Variazioni.
    Op. 47 2 Violin-Sonate Nr 9 in A 2. Satz.
    Op. 55 4 Sinfonie Nr 3 Es Dur Eroica - Finale. Allegro Molto.
    Op. 56 2 Konzert f Klav, Viol,Cello und Orch C-dur »Tripelkonzert« - Largo.
    Op. 57 2 Sonate Nr. 23 f Moll ('Appassionata') Andate Con Moto.
    Op. 60 2 Sinfonie Nr 4 B Dur - Adagio.
    Op. 61 2 Violinkonzert D-dur - Larghetto.
    Op. 67 2 Sinf onie Nr 5 c Moll - Andante con moto.
    Op. 70 Nr 2 2 Klavier-Trio No. 6 In Es, Allegretto.
    Op. 74 4 Streichquartett Nr 10 in Es Harfenquart, Allegretto con Variazioni.
    Op. 77 Fantasia in Gmoll H Dur, .
    Op. 80 Fantasie fuer Klavier Chor und Orchester c Moll
    Op. 92 2 Symphonie Nr 7 A, Allegretto.
    Op. 96 4 Violin-Sonate Nr 10 in G, 4.Satz.
    Op. 97 3 Klavier-Trioin B Trio N°7 B Maj 'l'Archiduc' , Andante Cantabile.
    Op. 104 2 Streichquintet in c Moll - Andante cantabile con variazioni
    Op. 109 3 Sonate No.30 E-dur Gesangvoll, Mit Innigster Empfindung.
    Op. 111 2 Sonate No.32 c-moll Arietta. Adagio Molto Semplice E Cantabile.
    Op. 125 3 Sinfonie Nr 9 d Moll, Adagio molto e cantabile.
    Op. 125 4 Sinfonie Nr 9 d Moll, Finale.
    Op. 127 2 Streichquartett Nr 12 in Es, Adagio Ma Non Troppo, Molto Cantabile.
    Op. 132 3 Streichquartet No.15 in A Moll - Molto adagio (Heiliger Dankgesang eines Genesenenden)
    Op. 135 3 Streichquartett Nr 16 F - Lento Assai E Cantate Tranquillo.
    WoO 036 Nr 1 3 Klavier-Quartet in s Dur, Thema con variazoni.
    WoO 037 3 Trio for piano,flute & bassoon in G-Tema andante con variazioni.
    WoO 047 Nr3 2 Kurfürstensonaten No.3 in D, -Menuetto.Sostenuto.


    Ganz besonders empfehlen möchte ich die Variationen:

    Op. 121a Klavier-Trio in B Trio N°11 G Dur 10 Variationen über „Ich bin der Schneider Kakadu“ (1823)
    Einer langen langsamen Einleitung, die das Thema thematisch vorbereitet aber von gänzlich anderem Charakter ist, folgt überaschend das fröhlich verspielte Thema mit klanglich äusserst reizvollen Variationen.
    [WoO 65 24 Variationen in D-Dur über die Arietta Venni amore von V Righini (1796 ca. 1802 überarbeitet)
    WoO 80 32 Variationenin c Moll über ein eigenes Thema (1806)
    Op. 34 6 Variationen F Dur (1802).
    Op. 35 15 Variationen mit Fuge Es Dur - Eroica-Variationen (1802).
    Op. 44 Klavier-Trio in Es No. 10, 14 Variationen über ein eigenes Thema (1800 – 1803).
    Op. 66 12 Variationen in F Klavier und Cello über Ein Mädchen oder Weibchen (1796 ).
    WoO 66 13 Variationen in A Dur über Dittersdorfs Arietta “Es war einmal ein alter Mann“ aus dem Singspiel „Das rote Käppchen“ (1792).
    WoO 69 9 Variationen A-Dur über das Thema von Paisiello „quant e piu bello“ aus der Oper „La molinara“ (1795)
    WoO 70 6 Variationen G Dur über das Duett “Nel cor piu non mi sento” aus der Oper „La molinara“ von Paisiello (1795).
    WoO 71 12 Variationen A Dur über den russ. Tanz aus dem Ballett „Das Waldmädchen“ von Wranietzky (1796)
    WoO 72 8 Variationen C Dur über die Romanze „Un fievre „aus der Oper „Richard Löwenherz“ von Gretry (1796-1797).
    WoO 73 10 Variationen B Dur über das Duett “La stessa la stessissima” aus der Oper „Falstaff“ von Salieri (1799).

    wie ebenso die variierten Themen op 105 und 107.

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
    ----------------------------
    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

    2 Mal editiert, zuletzt von Erzherzog (6. Juni 2009 um 11:50)

  • Lieber Erzherzog,

    Dein Eröffnungsbeitrag gefällt mir gut! :) :) Das Beethoven sooo viele Variationen verfasst hat, war mir nicht gegenwärtig.

    Nur eine Anregung in Sachen Layout: Füge doch einfach Absätze in den Text ein, dann wird das janze übersichtlicher für´s Auge.

    Herzliche Grüße, :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Ich habe den Umbruch mal über den Quellcode geändert.

    Allgemein, wenn der eingegebene Text aus Word im Umbruch nicht gehörcht, am besten den gesamten Text markieren und in den Quellcode (2. Reiter) hinein kopieren. Dann übernimmt das System den Text nach seinen eigenen Vorgaben. Meist sieht es dann besser aus, nicht nur in sich, sondern auch im Umfeld.

    Dazu bitte auch die FAQ beachten.

    :wink: Rodeamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • scheint niemand bemerkt zu haben, ich hatte in der Zusammenstellung die Diabelli-Variationen vergessen

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
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    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • Bitte lasst Euch unbedingt mal von den variierten Themen opp. 105 und 107 inspirieren, da gibt es wirklich etwas sehr lohnendes zu entdecken.

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
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    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • Bitte lasst Euch unbedingt mal von den variierten Themen opp. 105 und 107 inspirieren, da gibt es wirklich etwas sehr lohnendes zu entdecken.

    Habe ich anscheinend nicht auf Festplatte und auch noch nicht gehört, jedenfalls nicht so bewußt, dass ich es erinnern und den Werkbezeichnungen zuordnen könnte. Kannst Du eine CD empfehlen (möglichst keine 15 CD - Box)?

    Gruß
    Henning

    Stattdessen sind Sie Knall und Fall mitten im Unterricht vom Gymnasium abgegangen.
    GULDA: Ja, ich hab' gesagt, Herr Professor, darf ich aufs Klo, und bin nicht wiedergekommen. Ich glaub', es war in der Mathematikstunde .
    Warum sind Sie nicht in der Pause gegangen?
    GULDA: Das wär' ja fad gewesen. Keiner lacht. Die Tür ist eh offen. Ich wollte schon, daß es prickelt.

  • RE: Beethoven: Variationen – Eine Übersicht

    Beethoven – Variationen

    Die Nummer hinter der Werksnummer gibt die Satznummer an.
    Op. 1 Nr 3 2 Klavier-Trio No. 3 In C Moll, Andante Cantabile Con Variazioni.

    Das Streichtrio op.3 enthält meiner Erinnerung nach ebenfalls einen Variationensatz?

    Zitat


    Op. 60 2 Sinfonie Nr 4 B Dur - Adagio.
    Op. 61 2 Violinkonzert D-dur - Larghetto.

    Beides keine Variationen, der Satz aus der Sinfonie ganz gewiss nicht.

    Zitat


    Op. 109 3 Sonate No.30 E-dur Gesangvoll, Mit Innigster Empfindung.
    Op. 111 2 Sonate No.32 c-moll Arietta. Adagio Molto Semplice E Cantabile.
    Op. 125 3 Sinfonie Nr 9 d Moll, Adagio molto e cantabile.
    Op. 125 4 Sinfonie Nr 9 d Moll, Finale.
    Op. 127 2 Streichquartett Nr 12 in Es, Adagio Ma Non Troppo, Molto Cantabile.


    Quartett op.131, 3. Satz andante, ma non troppo e molto cantabile

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Beides keine Variationen, der Satz aus der Sinfonie ganz gewiss nicht.


    Jedenfalls nicht in dem Sinne, daß ein "Variationssatz" als Form entsteht.
    Wollte man jeden Satz, der irgendwie ein Thema auch mal variiert, zu "Variationen" erklären, kommt man wohl irgendwann zu dem Schluß, daß es überhaupt nur Variationen gibt...

    Am Ende sind die Bachschen Suiten, wo sehr ähnliche Gestalten durch verschiedene Tanzcharaktere geführt werden, auch noch Variotionen?

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • ...oder Sonatensätze...

    Aber insbesondere langsame Sätze neigen bei Beethoven dazu, wenn sie keine ausgewiesenen Sonaten sind, eine Art variierende Reihungsform einzunehmen, ohne dass man da m.E. von einem Variationssatz im eigentlichen Sinne sprechen kann.

    Lucius Travinius Potellus
    Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. (B.Franklin)

  • ...oder Sonatensätze...

    Wenn in der Durchführung mal bloß nicht Variationen der Themen auftauchen, etwa...

    Es gibt schon Grenzfälle, die langsamen Sätze der 5ten, 7ten und 9ten, da wird das erste Thema gern bei jeder Wiederkehr etwas variiert, während das zweite relativ unverändert den Kontrast bildet, der in einem echten Variationssatz eigentlich aus verschiedenen Variationen eines Themas generiert wird. Das macht ja die besondere Herausforderung der Form aus: Alle Kontraste aus einem Motiv oder Thema zu gewinnen. Insofern würde ich die genannten Symphonie- bzw Konzertsätze nicht unter Variationen zählen. Echte Variationssätze in Konzerten gibts von Mozart und Haydn, bei Beethoven fällt mir keiner ein.
    Dagegen sind die Finalsätze der 3ten und 9ten schon sehr nah am Variationssatz, und die Chorphantasie natürlich... Wenn man mal die durchführungsartigen Partien nicht als Ausschlußkriterium begreift...

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Op. 30 Nr 2 2 Violin-Sonate No 7 in C Moll - Adagio cantabile.

    Kein Variationssatz. Der erste Themenkomplex wird zwar bei der Wiederholung variiert, aber dazwischen liegt der Moll-Teil. Es ist also eine ABA'-Form (mit einer abschließenden Coda), während Variationssätze die Form AA'A''A''' usw. haben. Natürlich hängt auch der Mollteil in diesem Adagio motivisch mit dem A-Teil zusammen, aber das ist bei Beethoven quasi immer der Fall, und das macht ihn nicht zur Variation.

    Viele Grüße,

    Christian

  • "variierende Reihungsform" :juhu: ;( ?(

    mein Gott, so Spitzfindig bin ich nicht, ich bin ein musikalischer Laie. :stern:

    Wenn mir aber bei einer so langen Liste mal ein echter falscher dazwischen geraten ist, so bitte ich um Entschuldigung. :troest:

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
    ----------------------------
    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • Wenn in der Durchführung mal bloß nicht Variationen der Themen auftauchen, etwa...

    Es gibt schon Grenzfälle, die langsamen Sätze der 5ten, 7ten und 9ten, da wird das erste Thema gern bei jeder Wiederkehr etwas variiert, während das zweite relativ unverändert den Kontrast bildet, der in einem echten Variationssatz eigentlich aus verschiedenen Variationen eines Themas generiert wird. Das macht ja die besondere Herausforderung der Form aus: Alle Kontraste aus einem Motiv oder Thema zu gewinnen. Insofern würde ich die genannten Symphonie- bzw Konzertsätze nicht unter Variationen zählen. Echte Variationssätze in Konzerten gibts von Mozart und Haydn, bei Beethoven fällt mir keiner ein.
    Dagegen sind die Finalsätze der 3ten und 9ten schon sehr nah am Variationssatz, und die Chorphantasie natürlich... Wenn man mal die durchführungsartigen Partien nicht als Ausschlußkriterium begreift...

    Das andante der 5. beginnt ebenso wie die Finali von 3. und 9. (nach deren Einleitungungen) als strenger Variationensatz. Während bei den Finali m.E. sehr deutlich Mischformen realisiert werden, weil die Variationenstruktur doch sehr deutlich mit einer Sonatenform u.a. überlagert wird (ähnliches gilt übrigens auch für die Finalfuge von op.106 und op.133) hätte ich bei den langsamen Sätzen keine Schwierigkeiten von Variationssätzen zu sprechen. Dass es einen kaum variierten Zwischensatz gibt, ist hier, wie auch im allegretto der 7. m.E. kein Einwand. Das ist ja bei Haydn, von dem Beethoven die Form der "Doppelvariationen" übernimmt, oft sehr ähnlich.

    Die Durchführungstechniken in Sonatensätzen sind auch bei Beethoven, dessen Variationen sich mitunter sehr weit von den melodischen gestalten der Themen entfernen können, meist sehr deutlich von Variationstechniken zu unterscheiden. Außerdem fehlt die Spannung mit einer Kontrasttonart normalerweise bei allen Variationen (bzw. wenn sie da ist, wird sie nicht sonatenmäßig aufgelöst) Das Adagio der 4. Sinf. ist meiner Erinnerung ein Sonatensatz und nicht mit einem Variationensatz zu verwechseln, kein Grenzfall.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Das andante der 5. beginnt ..... als strenger Variationensatz. Während bei den Finali m.E. sehr deutlich Mischformen realisiert werden ....... hätte ich bei den langsamen Sätzen keine Schwierigkeiten von Variationssätzen zu sprechen. Dass es einen kaum variierten Zwischensatz gibt, ist hier, wie auch im allegretto der 7. m.E. kein Einwand.

    Okay, bei der 5ten spricht auch Kloiber von Variationensatz, ich würde es variierte Liedform nennen... Bei der 7ten wird eigentlich mehr die Instrumentation aufgefüllt, fugiert, kontrapunktiert etc, auch wenn der Anfang erstmal sehr nach Variationssatz klingt: durch die klaren Kontraste zu einem garnicht variierten Seitensatz bleibt das für mich ganz klar eine Liedform mit Durchführungs- und Variationselementen. Daß Beethoven in so starkem Maße mit Variationstechniken Lied- und Sonatenformen anreichert, bestärkt ja das vom Erzherzog zitierte Anfangsstatement...
    Deswegen jetzt überall Variationssätze zu sehen, finde ich übertrieben, man nennt ja bei Bach auch nicht alles Fuge, wo Fugentechniken auftauchen...

    Die Durchführungstechniken in Sonatensätzen sind auch bei Beethoven, dessen Variationen sich mitunter sehr weit von den melodischen gestalten der Themen entfernen können, meist sehr deutlich von Variationstechniken zu unterscheiden.

    Darauf wollte ich hinaus.

    Gruss
    Herr Maria

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Die 7. sehe ich auch als Grenzfall (ich würde das wohl eher als Rondo mit variiertem Refrain bezeichnen), aber die 5. ist für mich mehr oder minder *der* sinfonische Variationensatz nach Haydn, auch wenn es die C-Dur-Episoden usw. gibt (die freilich alle thematisch zusammenhängen).

    Es ist aber vielleicht auch bezeichnend, dass, was bei Haydn meist erst in der Coda geschieht, nämlich eine gewisse Lockerung der Variationenreihe bei Beethoven in den sinfonischen Sätzen schon vorher auftritt. Bei der 5. ist das sicher auch mit einer "poetischen Idee" verbunden, der Vorgriff auf den Finaljubel, der zunächst verhallt. Bei der 9. sind Variationen am Beginn angemessen für die "entrückte" Stimmung, aber der freiere Teil, der sich nicht mehr stur an das Schema hält (und in der dann auch die Fanfaren auftreten, nimmt ja, wenn ich recht erinnere, etwa ein Drittel des Satzes ein).

    Bei den Finali der 3. und 9. hat man ja den Eindruck, dass die ersten paar Variationen bewusst in sehr schlichter Weise gestaltet sind, noch ganz im Rahmen von traditionellen Klaviervariationen. Umso stärker dann die Steigerung, wenn das simple Schema verlassen wird.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • die 5. ist für mich mehr oder minder *der* sinfonische Variationensatz nach Haydn, auch wenn es die C-Dur-Episoden usw. gibt (die freilich alle thematisch zusammenhängen).

    Da will ich auch garnicht mehr widersprechen, man kann auch den C-Dur-Teil als Variante des Themas auffassen, vor allem rhythmisch...
    Der sinfonische Variationssatz nach Haydn ist für mich das Eroica-Finale...

    Bei den Finali der 3. und 9. hat man ja den Eindruck, dass die ersten paar Variationen bewusst in sehr schlichter Weise gestaltet sind, noch ganz im Rahmen von traditionellen Klaviervariationen. Umso stärker dann die Steigerung, wenn das simple Schema verlassen wird.


    ...weil Beethoven da, wie Du schon beschreibst, die Form dynamisiert und dramatisiert, ohne das Grundprinzip, alles aus einer Idee zu entwickeln, zu verlassen.
    Bei der 9. ist es schon sehr schwierig und vielleicht garnicht angemessen, Formen aus der Instrumentalmusik anzuwenden - die Versuche, da eine Sonatenform reinzuinterpretieren, empfinde ich immer als etwas gewaltsam; für eine reine Variationsform passiert auch zuviel anderes - vor allem das "Seid umschlungen" paßt da nicht rein. Aber daß Variationstechniken aufs virtuoseste benutzt werden, ist ja klar. Allein die kontrapunktischen Streichervariationen, dann der Marsch, die Fuge, die Stretta-Teile....

    Gruss
    Herr Maria

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht


  • Der sinfonische Variationssatz nach Haydn ist für mich das Eroica-Finale...

    Das ist für mich eigentlich schon zu frei und originell, obwohl natürlich ungeachtet der Freiheiten durchaus als Variationssatz zu fassen.

    Zitat


    ...weil Beethoven da, wie Du schon beschreibst, die Form dynamisiert und dramatisiert, ohne das Grundprinzip, alles aus einer Idee zu entwickeln, zu verlassen.
    Bei der 9. ist es schon sehr schwierig und vielleicht garnicht angemessen, Formen aus der Instrumentalmusik anzuwenden - die Versuche, da eine Sonatenform reinzuinterpretieren, empfinde ich immer als etwas gewaltsam; für eine reine Variationsform passiert auch zuviel anderes - vor allem das "Seid umschlungen" paßt da nicht rein.

    Die drei gewaltigsten Finali beim späten Beethoven, 9. Sinf., op.106 und op.133 verwenden alle solche Mischformen. Das der 9. ist das längste und bunteste. Rosen hebt hier die Gemeinsamkeit in der stilistischen Vielfalt mit der Zauberflöte und den späten Haydn-Oratorien hervor. Auch dort reicht die Spanne von der Trivialmusik bis zum "Erhabenen" wie Choral, Fuge usw. (Die beiden Fugenfinali sind nicht so vielfältig, aber man nehme etwa die Sätze 2-5 von op.130 oder als das vielleicht schlagendste Beispiel für stilistische Vielfalt, die Diabelli-Variationen)

    Die Sonatenformaspekte sind im Finale der 9. allerdings ziemlich deutlich, wenngleich natürlich unkonventionell. Nach der Einleitung entsprechen die ersten drei Strophen dem "Hauptthema". Die B-Dur-Episode alla marcia fungiert sowohl als Seitensatz wie auch als "scherzando"-Abschnitt, das folgende instrumentale Fugato als eine erste Durchführung + Reprise mit dem Text der ersten Chorstrophe. Dann kommt ein weiteres Seitenthema mit "Seid umschlungen", wieder ein Durchführungsabschnitt mit der Chor-Doppelfuge usw. Gewiss ist das keine reguläre Sonatenform, sondern eben eine Fusion aus Sonatenrondo und Variationen in einer wohl bewusst auf stilistischer Vielfalt ausgelegten Buntheit.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Nach der Einleitung entsprechen die ersten drei Strophen dem "Hauptthema". Die B-Dur-Episode alla marcia fungiert sowohl als Seitensatz wie auch als "scherzando"-Abschnitt,

    Interessante Konzeption: kantables Hauptthema, marschartiges Seitenthema, wenn, ja wenn nicht das "Seitenthema" eine ziemlich genaue, melodisch und harmonisch eng am Thema sich bewegende Charakter-Variation darstellen würde.

    Gewiss ist das keine reguläre Sonatenform, sondern eben eine Fusion aus Sonatenrondo und Variationen in einer wohl bewusst auf stilistischer Vielfalt ausgelegten Buntheit.

    ebent. Das ist ja überhaupt beim späten Beethoven eine Tendenz, die Formen zu vermischen, in einem nur noch durch die Phanasie geregelten Strom Sonaten-, Fugen-, Variationen- und Rondoelemente durcheinanderzuwirbeln.
    Was sicher dazu beigetragen hat, daß allerlei Mutmaßungen über heimlich zugrundeliegende Programme angestellt wurden. Und von den Romantikern in allerlei "Symphonischen Phantasien", "Symphonischen Dichtungen" mit oder ohne "Programm" weitergeführt wurde.

    Gruss
    Herr Maria

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Das Seitenthema als kontrastierende Ableitung (Begriff von Schmidt-Beste im Buch "Die Sonate") ist ja bei Beethoven nicht so selten: zwei Themen im gegensätzlichen Charakter aus demselben Material abgeleitet.

    Lucius Travinius Potellus
    Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. (B.Franklin)

  • Interessante Konzeption: kantables Hauptthema, marschartiges Seitenthema, wenn, ja wenn nicht das "Seitenthema" eine ziemlich genaue, melodisch und harmonisch eng am Thema sich bewegende Charakter-Variation darstellen würde.

    Natürlich ist das alla marcia eine Variante des Themas. Aber es folgt eben und das ist eher sonaten- als variationsmäßig auf eine Modulation ("vor Gott") in einer Kontrasttonart. Und "Seid umschlungen" ist endgültig neues Material. Entscheidend ist die Etablierung einer neuen Tonart, bei vielen Haydn-Sinfonien sind Haupt- und "Seitenthema" von der melodischen Gestalt her beinahe identisch (zB Sinf. 104,i)
    Es ist ja beinahe schon ein Gemeinplatz, als distinguierter Hörer diese Finale banal oder schwach zu finden, aber ich halte das für ganz falsch. Zum einen "funktioniert" es unbestritten, wie zahllose "naive" Hörer bezeugen können, zum anderen hängt es m.E. ungeachtet seiner Buntheit enger und schlüssiger zusammen als z.B. das Finale von Mahlers 2. Sinf.

    Im Finale der 9. (wie in der Großen Fuge) überlagern sich (mindestens) Formprinzipien: Variationen eines Grundthemas, Sonatensatzform und die Form mehrsätziger Werke. So fungiert der "Seid umschlungen"-Abschnitt als "langsamer Satz", der "alla marcia" als Scherzo usw.
    In op.133 bringt der erste molto moderato Abschnitt Entspannung ähnlich einem langsamen Satz und obwohl das Hauptthema der Fuge nicht fehlt, wird die Melodik mehr von dem neuen Kontrapunkt (in 16teln) bestimmt. (Ebenso wie der erste Abschnitt vom "gezackten" punktierten Kontrasubjekt charakterlich bestimmt wird, das freilich wieder mit dem Hauptthema verwandt ist.) Die späteren 6/8-Abschnitte sind nicht gerade traditionell scherzando-artig, aber ein wenig von diesem Charakter haben sie schon. Auch in op.106 gibt es einen Abschnitt, der als ruhiger Einschub wirkt.
    Bei traditionellen einzelstehenden Variationen hat man ja auch oft eine, die wie ein "langsamer Satz" wirkt (oft auch im Tempo verlangsamt) und dann ein bewegtes Finale der Variationenreihe. Sehr schöne Beispiele hierür etwa Mozarts KV 331 und das Finale des Klarinettenquintetts.

    Das wohl berühmteste Werk, das diese Organisationsform mit von einem Thema abgeleiteten Varianten und Abschnitten, die traditionellen Satzcharakteren in einem langen Satz entsprechen, später umgesetzt hat, ist Liszts h-moll-Sonate.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

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