Um nochmals auf die Diskussion zurück zu kommen, ob es sich hier um ein gelungenes oder misslungenes Werk handelt: Desto öfter ich das Stück höre, je mehr entdecke ich die Stärken des Werkes, die für mich in der oft kammermusikalischen Behandlung der Streicher besteht. Was da an Interaktionen zwischen den Streichern abläuft ist schon oftmals sehr faszinierend für mich und zeugt von grossem handwerklichen Können Schönbergs. Und wenn selbst ein Boulez findet, er müsse es aufnehmen, dann kanns so schlecht ja nun auch wieder nicht sein . Einfach ein höchst respektables Jugendwerk, das selbstverständlich nicht mit der Bedeutung des "Liedes von der Erde" vergleichbar ist. Schönberg selber hat seine Gurrelieder später ja wohl gar nicht geschätzt und hat sich bei der späten Uraufführung nicht vor dem Publikum verbeugt (obwohl es ein grosser Erfolg war), sondern nur vor den Musikern.
Was die Aufnahmen betrifft: Die Aufnahme mit Abbado gefällt mir schon ausgesprochen gut, vor allen Dingen wegen der wundervollen Wiener Philharmoniker, die einen (eben wiener) Schmelz in den Streichern haben, den dieses Werk braucht, um zu wirken. Und abbado nimmt sich auch entsprechend Zeit, was tatsächlich bei Rattle nicht so der Fall ist. Auch sind die Sängerleistungen bei der Abbadoaufnahme toll- Libvosek als Waldtaube- wirklich beeindruckend, aber auch alle anderen sehr gut.
Letzte Woche habe ich die Gurrelieder live bei den Luzerner Festspielen hören können, mit dem Tonhalle Orchester, vereinigt mit dem Orchestre de la suisse Romande, unter Zinman- ich denke das wird auch noch mal eine CD geben. überhaupt scheint es, dass das Werk zwar selten aufgeführt wieder, aber wenn, wird dann auch gleich eine CD daraus gemacht. Die Aufführung war von Orchester udn Chor her sehr gut, allerdings waren die Sängerleistungen äussert durchwachsen und das Dirigat etwas grobschlächtig.
Gruss Syrinx