J. S. Bach - Sechs Suiten für Violoncello Solo BWV 1007 - 1012
Dieser Thread soll den Suiten für Violoncello Solo von Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) gewidmet sein. Ich möchte mich nicht mit Einzelheiten zu Bach und dem Wer selbst befassen. da gibt es Literatur in Hülle und Fülle. Vielleicht als Einstieg nur ein paar Links und einige allgemeinere Bemerkungen zur Lage auf dem Platten-/CD-Markt.
Über Bach informiert Wikipedia recht ausführlich und imo kompetent und zutreffend: http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Sebastian_Bach . Hier findet der geneigte Leser auch eine Vielzahl weiterführender Links und Literaturempfehlungen.
Auch über die Suiten selbst gibt es bei Wikipedia einen eigenen Artikel: http://de.wikipedia.org/wiki/Suiten_f%…llo_solo_(Bach) der zumindest einen ersten Überblick über den streng formalen Aufbau des Werkes gibt.
Auf der Seite http://www.platte11.de von Heinz Gelking ist im Juli diesen Jahres ein interessantes Interview mit dem deutschen Cellisten Werner Matzke erschienen, in dem dieser zu den meisten strittigen Fragen bei der Aufführung der Suiten sehr persönlich Stellung nimmt: http://www.platte11.de/article/interv…h-bwv-1007-1012 . Meines Erachtens absolut lesenswert.
Es gibt seit vergangenem Jahr ein Buch von einem kanadischen Musikjournalisten Eric Siblin "Auf den Spuren der Cellosuiten - Johann Sebastian Bach, Pablo Casals und ich", das bei mir - vielleicht auch wegen einer zu hohen Erwartungshaltung - einen sehr zwiespältigen Eindruck hinterliess. Ich hab darüber bei amazon eine Rezension verfasst, auf die ich interssierte Leser verweisen möchte:
Die Rezension ist unschwer zu finden.
Ich sammle Aufnahmen der Suiten schon seit einigen Jahren und kann auf einen Fundus von derzeit 140 verschiedenen Gesamteinspielungen von etwa 130 unterschiedlichen Interpreten blicken. Da es sich um die "Paradestücke" der Cello-Literatur handeln, debutieren viele junge Cellisten mit ihnen. Kaum ein Cellist, der etwas auf sich hält, kommt um mindestens eine Gesamteinspielung herum; viele nehmen sie im Laufe ihrer Karriere mehrfach auf. Die meisten Aufnahmen besitze ich von Janos Starker, nämlich insgesamt vier aus den Jahren 1952 (der Zyklus blieb unvollständig, nur die Nos.1, 3, 4 und 6), 1957/59, 1963/65 und 1992. Enrico Mainardi soll sie ebenfalls wenigstens viermal aufgenommen haben; davon habe ich bisher aber nur die Aufnahme aus den Jahren 1962/63.
Was kann man zu den vielen Aufnahmen sagen ? Vorweg eine Art "Disclaimer": ich bin kein Musiker, kann noch nicht einmal Noten lesen, erst Recht kein Musikwissenschaftler oder -historiker, sondern ein laienhafter Sammler, der den Großteil seines rudimentären Wissens der eifrigen Lektüre der diversen Booklets und Linernotes verdankt. Wenn ich also versuche, meine Eindrücke zu schildern, so wird sich dem einen oder anderen möglicherweise ein oder mehrere Organe herumdrehen, ob meiner ungeschickten und wenig präzisen Ausdrucksweise. Das liegt ganz einfach daran, dass ich es ungeheuer schwer finde, ohne das richtige Fachvokabular mich ausdrücken zu können. Ich bitte daher schon mal vorab um Nachsicht.
Ich würde die Aufnahmen in wenigstens drei Gruppen aufteilen wollen: Da sind zunächst die Aufnahmen, die der historischen Aufnahmepraxis huldigen. Dazu gehören die beiden Einspielungen von Anner Bylsma, Jaap ter Linden, Phoebe Carrai aber auch die von Peter Wispelwey und anderen. Kennzeichend hierfür ist der Versuch, die Suiten auf möglichst originalen Instrumenten in einer Weise zu spielen, wie man glaubt, dass sie zu Zeiten Bachs gespielt worden sein könnten. Dass dies - gerade bei der sechsten Suite, in der statt des üblichen Violoncello ein fünfsaitiges Instrument verlangt wird - auf Probleme stößt macht Matzke in dem obigen Interview sehr plastisch deutlich. Die zweite Gruppe würde ich als die modernen Einspielungen bezeichnen. Man könnte sie mit der legendären Aufnahme von Pablo(Pau) Casals beginnen lassen, der ersten Einspielung überhaupt aus den dreißiger Jahren. Casals hat als erster die Suiten aus dem Dornröschenschlaf reiner Übungsstücke wachgeküsst und sie öffentlich zur Aufführung gebracht. Dass er sie dabei in einer - zur damaligen Zeit - sehr modernen Art spielte, dürfte nicht zuletzt dem Umstand geschuldet sein, dass es so etwas wie historische Aufführungspraxis erst sehr viel später gab. Casals war sicherlich stilprägend für viele nachfolgende Generationen von Cellisten. Ein wichtiger Interpret in diesem Zusammenhang ist Pierre Fournier, dessen Aufnahme für die DGG aus den sechziger Jahren ein großer Publikumserfolg war; vielleicht, weil sie in ihrer wenig revolutionären Art mit viel Leichtigkeit und Esprit auch leicht konsumierbar ist. Moderne Interpreten sind etwa André Navarra, Maurice Gendron, Paul Tortelier und von den jüngeren Cellisten Jean-Marie Queyras, Steven Isserlis oder Bruno Cocset. Zur dritten Gruppe würde ich diejenigen zählen, die sich abseits des Mainstream um eine betont eigenwillige Interpretation bemühen. Da fielen mir auf Anhieb Matt Haimovitz, Anne Gastinel, Mischa Maisky oder Gavril Lipkind ein. Zum Teil spannend, manchmal auch eher eigenwillige Aufnahmen, die nicht unbedingt jedermanns Sache sind.
Zum Schluss noch zu den Kuriositäten. Neben den genannten Aufnahmen gibt es nicht wenige Transkriptionen für andere Instrumente. Das hat durchaus seine Berechtigung, hat doch Bach selbst die 5. Suite für die Laute transkribiert (oder war´s doch eher umgekehrt ?). Da Bach nicht nur ein exzellenter Organist und Cembalist war, sondern - wenn man der Überlieferung glauben darf - auch ein ausgezeichneter Bratscher, dürfte die Vermutung nicht ganz abwegig sein, dass er selbst die Suiten auf der Viola gespielt hat. Von den Übertragungen seien hier bespielhaft erwähnt das Bariton Saxophon (Henk van Twillert), Klavier (Godowsky)die Viola (Nobuku Imai, Michael Zaretsky, Barabara Westphal u.a.), Blockflöte (Marion Verbruggen, Lendeert de Jonge), Violoncello da spalla (Sigiswald Kujiken, Ryo Terakado und demnächst Dimitry Badiarev), Gambe (Paolo Pandolfo) Harfe (Veronika Drake), Marimba (Ivan Mancinelli) und Laute (Nigel North). Von den Übertragungen finde ich am gelungesten die für Gitarre etwa von Andreas von Wangenheim oder Kazuhito Yamashita. Anders als die Streichinstrumente erlaubt die Gitarre als Zupfinstrument eine echte Mehrstimmigkeit, wie sie sonst nur zu erahnen ist.
Was ist meine persönliche Lieblingsaufnahme ? Nun, das wechselt. Je nach Stimmung ziehe ich eine gute historische Aufnahme, wie die von Wispelwey oder Bylsma den eher modernen vor. Immer wieder komme ich aber auf die Aufnahmen von Janos Starker aus den sechzigern und von 1992, sowie die jüngere Aufnahme von Wen-Sinn Yang (2005) zurück. Und manchmal habe ich Lust, einfach nur in den ausladenden breiten Tönen von Mischa Maisky zu schwelgen.
Peter Wispelwey (1998)
Janos Starker (1963/65)
Wen-Sinn Yang (2005) 2 DVD und 2 CD
Mischa Maisky (1999)
Viele weitere wären noch zu nennen...
Welche Aufnahmen kennt und schätzt ihr ?
Viele Grüße, Bernd