Padre Soler: Fandango und anderes
Es war ein purer Zufall, der mich auf eine Droge stoßen ließ, von der ich nicht ablassen kann. Eine CD eines Freundes im CD-Wechsler meines Autos kam zwischen Hagen und Dortmund zum Erklingen. Ein düster-lebenslustiger Reigen von Variationen über einen immer wiederholten Bass, der zwischen Dur und Moll wechselte, und mich immer mehr in seinen Bann schlug, der Rhythmus war unentrinnbar, magisch und voll einer Strenge und Selbstbeherrschung, die die Ausbrüche und Dissonanzen erst ermöglichten. Bis ich zum Fahrtziel kam, war das Stück schon das dritte Mal in meiner Anlage gelaufen.
Es war folgende, von mir noch immer hochgeschätzte Aufnahme
Bei den vielen Einspielungen, die ich bis jetzt gehört habe, hat sie immer noch die Nase vorne. Das liegt zum einen an der richtigen Tempowahl, es gibt langsamere, die mir dann mit ihrer untänzerischen Schwere weniger gefallen, und schnellere, die nicht diese hypnotische Gewalt aufbauen können, wie es Scott Ross gelingt. Es ist allerdings - das muss ich zugeben - für jeden anderen Interpreten schwer, die Zuneigung zu einer Einspielung zu nehmen, die einmal das Eweckungserlebnis darstellte. Ich werde im weiteren andere Einspielungen vorstellen, wobei die Frage des Tempos (und des Instruments) eine Rolle spielen wird, wenn es um eine Beurteilung der Aufnahme gehen wird.
Ein Zeitgenosse, Giacomo Casanova, beschreibt den Fandango, wie er ihn in Madrid erlebt hat:
ZitatEs lässt sich kaum beschreiben. Jedes Paar, Mann und Frau, führt jemals nie mehr als drei Tanzschritte aus, spielt mit den Kastagnetten den Rhythmus des Orchesters, macht tausend und eine Gebärde von unbeschreiblicher Wollust. Hier findet man den totalen Ausdruck der Liebe, vom Anfang bis zum Ende, vom ersten verlangenden Seufzer bis hin zur Ekstase des Genusses. Ich hatte den Eindruck, dass die Tänzerin nach einem solchen Tanz ihrem Tänzer unmöglich etwas verweigern könnte, denn der Fandango lässt alle Sinne in einer heftigen Leidenschaft entflammen. Der Genuss, den ich beim Betrachten dieses Bacchanals empfand, entrang mir beinahe einen Aufschrei.
Wie zur Bestätigung erfahren wir über Soler, dass er ein asketischer Mönch gewesen ist, der die Einsamkeit seiner Zelle liebte. Es erklärt, wie stark seine Fähigkeit zur Beherrschung, aber auch wie stark das Gefühl war, das er beherrschte und von dem wir in diesem gewaltigen Torso erfahren. Denn kurz vor dem Ende bricht das Stück ab. Üblicherweise wird der Anfang wiederholt.
Liebe Grüße Peter